Mutters Agenda Set of 13 volumes
Mutters Agenda 1967 1979 Edition
German Translation
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ABOUT

The 'yoga of the cell' leads to 'true matter' and eventually the victory over death. A collective transformation sufficient to create a new species on earth is needed.

Mutters Agenda 1967

The Mother symbol
The Mother

This year, all the features of the yoga of the cells become clear: "A growing conviction that a perfection achieved in matter is a far more perfect perfection than any other. The consciousness expressed in transformed cells is a marvel: it legitimises all these ages of misery. Oh, what a fuss all those gods make." This year marks the discovery of "true matter".... without fuss: "In that cellular limpidity, there are no more problems: the solution precedes the problem. That is, things arrange themselves automatically." It's another mode of life on earth - "such a natural way of being" - in a body freed from its mental shackles and the laws of false matter: "The extraordinary impression of the unreality of suffering the unreality of illness.... It does not cure illness: it annuls it - it makes it unreal.... And then you see: as the functioning gradually grows perfect, it necessarily, inevitably means victory over death." And meanwhile, Surveyor is digging the ground of the moon with its mechanical arms, while our own secrets remain buried in a little cell: "We can travel anywhere, we know what's going on anywhere.... and we don't know what's going on inside ourselves." War is raging in Biafra, the Israeli troops are marching toward Suez, American planes are bombing Haiphong, China explodes its first thermonuclear bomb.... and so on. "A tremendous conflict over earth." At stake is a new earth, or a return to the old fiasco: "A local and momentary manifestation is not ruled out, but what is needed is a collective transformation sufficient to create a new species on earth.... This fact is certain." Will we understand where the real way out is, and the Marvel concealed in a human body?

L’Agenda de Mère L’Agenda de Mère 1967 Editor:   Satprem 1980 Edition
French
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The Mother symbol
The Mother

This year, all the features of the yoga of the cells become clear: "A growing conviction that a perfection achieved in matter is a far more perfect perfection than any other. The consciousness expressed in transformed cells is a marvel: it legitimises all these ages of misery. Oh, what a fuss all those gods make." This year marks the discovery of "true matter".... without fuss: "In that cellular limpidity, there are no more problems: the solution precedes the problem. That is, things arrange themselves automatically." It's another mode of life on earth - "such a natural way of being" - in a body freed from its mental shackles and the laws of false matter: "The extraordinary impression of the unreality of suffering the unreality of illness.... It does not cure illness: it annuls it - it makes it unreal.... And then you see: as the functioning gradually grows perfect, it necessarily, inevitably means victory over death." And meanwhile, Surveyor is digging the ground of the moon with its mechanical arms, while our own secrets remain buried in a little cell: "We can travel anywhere, we know what's going on anywhere.... and we don't know what's going on inside ourselves." War is raging in Biafra, the Israeli troops are marching toward Suez, American planes are bombing Haiphong, China explodes its first thermonuclear bomb.... and so on. "A tremendous conflict over earth." At stake is a new earth, or a return to the old fiasco: "A local and momentary manifestation is not ruled out, but what is needed is a collective transformation sufficient to create a new species on earth.... This fact is certain." Will we understand where the real way out is, and the Marvel concealed in a human body?

Mutters Agenda - German translation of Mother's Agenda Mutters Agenda 1967 1979 Edition
German Translation
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Mother's Agenda 1967 Conversations with Satprem

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VORWORT

 

 

 

Diese Agenda .... ist

mein Geschenk an die,

die mich lieben.

DIE MUTTER

 

                                                            

***

29. April 1963

Mutter schenkt Satprem eine geschlossene rosa Lotosknospe

Vor einigen Tagen gab ich Z nachmittags eine solche noch nicht geöffnete Lotosknospe. Sie behielt sie in der Hand und schlief die ganze Nacht damit. Morgens legte sie sie ins Wasser und ... sie öffnete sich. Nachdem sie sie eine ganze Nacht in der Hand gehalten hatte. Sie ist von solider Beschaffenheit!

Blumen sind sehr aufnahmefähig für die Vitalität der Menschen - für die ART der Vitalität. Wenn manche Leute eine Blume halten, verwelkt sie sehr rasch, und bei anderen öffnet sie sich. Ich habe mehrmals gesehen, wie Sri Aurobindo eine halbverwelkte Blume in die Hand nahm, worauf sie sich völlig erholte - sie war sehr glücklich!

In Paris kannte ich eine Dame, die sich für eine Schülerin (von Mutter) hielt und mir immer Blumen mitbrachte. Immer, ausnahmslos, waren die Blumen verwelkt. Sie kam an und sagte mir: "Aber als ich sie kaufte, waren sie doch noch ganz frisch!" (Mutter lacht) Sie waren vollkommen am Ende. Zu guter Letzt sagte ich ihr: "Das liegt daran, daß Sie ihr ganzes Leben absorbieren!"

Sie entzog ihnen das Leben.

***

Etwas später

Letztes Mal erzählte ich dir von diesen beiden Schwingungen ... Es besteht eine ständige Bemühung, alles unter die wahre Schwingung zu bringen. Diese Subtilität der Arbeit ist sehr interessant. Eine ganze Nacht vergeht damit.

Ich habe den Eindruck, daß sich wirklich etwas anbahnt: Es besteht ein sehr starker Druck - aber was? Ich weiß es nicht. Die Leute fragen mich: "Was wird am 4.5.67 geschehen?" [[In einem Brief vom 2. Februar 1934 hatte Sri Aurobindo erklärt: "4.5.67 ist das Jahr der vollkommenen Verwirklichung." Offenbar sagte er auch, daß ab 1967 die Regierungen dem supramentalen Einfluß unterstehen würden. Besonders die Reihenfolge der Zahlen (4.5.67) scheint eine okkulte Bedeutung zu haben. ]] Ich sage ihnen: "Wartet ab, ihr werdet schon sehen!"

Sri Aurobindo übt seinerseits einen sehr aktiven Einfluß aus, und hinzu kommt diese ständige Arbeit (mit den beiden Schwingungen): selbst wenn Besucher da sind, auch bei Leuten, die ich nicht kenne, dauert sie an. Es ist, als würde sich etwas klären.

***

(Dann erkundigte sich Mutter nach Satprems Befinden, das weder physisch noch sonstwie besonders brillant ist)

... Ich kenne nur noch ein einziges Heilmittel für alles. Aber es wirkt!

***

Mai


4. Januar 1967

 

 

(Eine europäische Besucherin betreffend:)

Ich habe den Eindruck, dass sie sich entspannen muss, dass ihr Aufenthalt ihr gut täte, wenn sie sich öffnen könnte, wie sich eine Blume öffnet, entspannt.

Sie steht dem Leben angespannt gegenüber (Mutter ballt ihre beiden Fäuste): "Man muss es im Auge behalten. Aufpassen!" Könnte sie nur ... Alles in allem ist es großartig, sagen zu können: "Oh, man kann Vertrauen haben, es gibt TATSÄCHLICH etwas Konkretes, eine Gnade, in die man Vertrauen haben kann."

Das wäre ein großer Fortschritt.

(Mutter schenkt Satprem eine Blume namens "Radha")

Radha [[Radha gab sich der indischen Mythologie zufolge Sri Krischna vollkommen hin.]] steht für surrender [Selbsthingabe]. Sagen wir also: "Die Hingabe an die göttliche Fürsorge bringt den Sieg."

 

***

 

9. Januar 1967

 

 

Bist du müde?

Nein... Ich kann nicht sagen müde, ich fühle mich nicht müde... ich bin sehr... nach innen gewandt.

Ich habe den Eindruck, dort zu sein (Geste oberhalb des Kopfes), und gewöhnlich ist es nicht so. Seit heute morgen habe ich den Eindruck, dort zu sein (gleiche Geste), und dort ist es außerordentlich stark, als ob gerade etwas geschähe. Ich habe den Eindruck, eine Arbeit wird verrichtet (auch in der Nacht).

Ich weiß nicht, ob es eine Auswirkung deiner Erfahrung ist, aber mir fällt die Beschäftigung mit physischen Dingen schwer: mit Worten, Bewegungen, allen äußerlichen Dingen. Ich habe große Schwierigkeiten damit.

Es begann gestern mit dem Eindruck, dass eine sehr allgemeine Aktion im Gange ist.

 

***

 

11. Januar 1967

 

 

...Die Besucherlisten für den Nachmittag sind so lang geworden, dass ich keine Zeit mehr übrig habe. Vorher begann ich meine tägliche Arbeit (die Post zu unterschreiben usw.) um halb vier, dann wurde es vier, jetzt ist es Viertel vor fünf. Damals, als ich um vier Uhr fertig wurde, konnte ich noch Savitri übersetzen (das ist sehr lange her); später wurde ich immerhin noch um halb fünf mit der Arbeit fertig und hatte noch Zeit, etwas zu essen; jetzt werde ich erst nach fünf Uhr damit fertig (lachend), dann ist alles schon gelaufen!

Es MUSS so sein, weil es so ist.

Vielleicht ist es eine Lektion (es ist ein Hinweis), aber es hat einen Zweck [[Diese lange Periode der äußeren "Invasion" seit letztem Jahr und die verstärkten Schwierigkeiten mit "den Leuten", wie Mutter es ausdrückte, sollten in der Tat zu einer ersten ernsthaften Warnung führen, die Mutter einige Tage später, am 14. Januar, erhielt (Sri Aurobindo diktierte Mutter eine Notiz über die "kataleptische Trance", um die Transformation ohne Störung zu bewerkstelligen).]].

Ich versuche, die Lektion zu verstehen, die ich verstehen soll. Ich lerne, sehr geduldig zu sein...

Ja.

Oh, eine Geduld... Die Leute: ständig gibt es Auflehnung, Beleidigungen, all das. Für mich bedeutet dies gar nichts, und manchmal ist es sogar amüsant - manchmal finde ich es komisch. Aber wenn ich es komisch finde, bin ich nicht in bester Verfassung, denn in meiner normalen Verfassung - im wahren Zustand des Mitgefühls - beeinträchtigt es nichts, es bewirkt nicht einmal ein kleines Wellengekräusel auf der Oberfläche: nichts. Wenn es komisch ist, veranlasst es mich, an den Leuten, die dies oder jenes taten, zu arbeiten. Wenn etwas arbeitet, erscheint es mir amüsant.

Gestern stellte man mir die Frage, ob die Beleidigung - das Gefühl, beleidigt worden zu sein - und das, was man im Englischen self-respect nennt (das entspricht in etwa dem Selbstwertgefühl), einen Platz in der Sadhana haben. Selbstverständlich nicht. Aber ich sah die Bewegung sehr deutlich: dass ohne Ego, wenn das Ego nicht vorhanden ist, diese Art Gereiztheit im Wesen NICHT EXISTIEREN KANN. Denn ich ging weit zurück zu der Zeit, wo ich dies noch fühlte (vor Jahren), aber jetzt ist es nicht einmal mehr etwas Fremdes sondern etwas Unmögliches. Das ganze Wesen, und seltsamerweise sogar die physische Konstitution, versteht nicht, was dies bedeuten soll. Dasselbe trifft materiell bei einem Stoß zu (Mutter deutet auf eine Abschürfung an ihrem Ellbogen), man empfindet es nicht wie eine Verletzung [[Mutter verwendete das Wort "injure" im englischen Sinn injury: Verletzung, Wunde.]]. Es fühlt sich nicht mehr so an. Meistens geschieht überhaupt nichts, es geht völlig unbemerkt im Ganzen unter. Aber wenn doch etwas passiert, ist es nur ein sehr... sehr sanftes, sehr intimes Empfinden einer Hilfe, die fühlbar werden will, einer Lektion, die man lernen muss. Aber nicht wie es verstandesmäßig geschieht, was immer zu einem Versteifen führt, nein, eine augenblickliche Darbietung des Wesens, das sich gibt, um zu lernen. Ich spreche von allen Zellen. Das ist sehr interessant. Wollte man dies mentalisieren, könnte man offenbar sagen, dass es der Eindruck oder das Bewusstsein der göttlichen Gegenwart in allen Dingen ist und dass sich die Art des Kontakts aus dem Zustand ergibt, in dem man sich befindet.

Das ist die Erfahrung des Körpers.

Beim einzelnen Menschen ist die einzige Wahrnehmung bei einem Stoß oder einem Konflikt, einem Schock, immer eine klare Vision des Egos - des Egos, das sich immer noch manifestiert. Sie sagen: "Es ist der andere." Ich würde nicht sagen: "Oh, der da war wütend" oder "Oh, dieser hier..." Nein, es ist sein Ego; nicht einmal "sein" Ego: DAS Ego, das Prinzip Ego, das Ego-Prinzip, das sich immer noch einmischt. Das ist sehr interessant, denn für mich ist das Ego zu einer Art unpersönlicher Wesenseinheit geworden, während es für jeden anderen das ausgeprägte Empfinden seiner Persönlichkeit ist. Statt dessen ist es eine Seinsweise (man kann sie irdisch oder menschlich nennen), die hier oder da mehr oder weniger ausgeprägt vorherrscht und jedem eine mehr oder weniger ausgeprägte Illusion seiner Persönlichkeit gibt. Sehr interessant.

Ja, aber es ist ärgerlich, dass die anderen ihre Lektion nicht lernen, folglich... folglich bedrängen sie dich.

Oh, wenn sie ihre Lektion lernten, würde sich alles sehr schnell ändern.

Folglich wirst du bedrängt, verschlungen.

Das kann nicht geschehen.

Deine ganze Zeit wird in Anspruch genommen, all dein...

Man kann mich nicht verschlingen. (Lachend) Ich bin zu groß!

Dennoch wirst du materiell überlastet.

Ich stelle fest, dass es schlecht vorangeht, wenn ich mich widersetze. Solange ich den Eindruck des Fließens habe, gibt es keine Stöße mehr. Dasselbe gilt für diese Abschürfung (Mutter zeigt auf ihren Ellbogen). Wenn man sich versteift und die Dinge Widerstand leisten, stößt man sich. Wie bei den Leuten, die zu fallen wissen: sie fallen, ohne sich etwas zu brechen. Andere, die nicht zu fallen wissen, verletzen sich beim kleinsten Sturz. Das ist das gleiche. Man muss lernen, die vollkommene... Einheit zu sein. Verbessern, Richtigstellen bedeutet noch einen Widerstand.

Was wird geschehen [wenn die Invasion andauert]?... Das wird ja amüsant, wir werden sehen! (Mutter lacht) Da die anderen nicht im selben Zustand sind, werden sie sich vielleicht ärgern, aber daran kann ich nichts ändern. (Mutter lacht)

Man muss immer lachen, immer. Der Herr lacht. Er lacht, und sein Lachen ist so gut, so voller Liebe. Sein Lachen umhüllt einen in einer außerordentlichen Süße.

Auch das haben die Menschen entstellt - (lachend) sie haben alles entstellt!

 

***

 

14. Januar 1967

 

 

(Beim Betreten des Zimmers bleibt Mutter vor einer Blumenschale stehen, die gerade gebracht wurde, dann nimmt sie eine seltsame neue Variante einer Hibiskusblüte in die Hand: grau und malvenfarbig, mit einem leuchtendroten Stempel.)

Oh, die macht mir wirklich Freude!

Was ist das für eine Blume?... (Mutter nimmt die Hibiskusblüte) Sie hat eine seltsame Farbe.

Ja, das hab' ich noch nie gesehen.

Seltsam, mit dem roten Punkt hier.

Sehr seltsam.

Sie gibt einem ein eigenartiges Gefühl... Wie soll ich das erklären? Merkwürdig, so etwas wie Täuschung und Perversion, aber dennoch ist es göttlich. Was sagst du dazu?

Willst du damit sagen, dass etwas an der Erscheinung der Blume nicht stimmt?

Nein, es ist nicht das Äußere: innen.

In der Blume?

Innen, es ist... Wie soll ich es ausdrücken?... (lachend) "das göttliche Prinzip der Täuschung"!

Nicht gerade beruhigend, diese Blume.

Ja, so ist es.

Man könnte sagen: "Der Charme der trügerischen Schönheit."

Ja, etwa so.

Man kann viel vom Leben lernen... Die Blumen wissen das besser als wir. Sie sind spontan, nicht bedacht, nicht willkürlich: Die göttlichen Schwingungen drücken sich spontan aus... Im Englischen gibt es das Wort alluring [verführerisch]. Man könnte es "den allmächtigen göttlichen Charme einer verräterischen Schönheit" nennen. Natürlich liegt dies auf einer vital-physischen Ebene, nicht hoch oben, sondern da.

***

(Nach der Arbeit, am Ende des Gesprächs, scheint sich Mutter plötzlich an etwas zu erinnern)

Vor zwei Nächten klagte ich darüber, dass die Nächte mit einer düsteren Arbeit im Unterbewussten ausgefüllt sind und dass dies... (lachend) "nicht gerade amüsant sei". Es war wie ein plötzlicher Einfall; ich sagte: "Ich hätte gerne in der Nacht das volle Bewusstsein, das ich im wachen Zustand habe; etwas fehlt - und was fehlt, ist..." daraufhin versuchte ich, dieses "Etwas" zu definieren. Es war der genaue Ausdruck dessen, was die physische Schöpfung der unermesslichen Manifestation gebracht hat und was dem physischen Bewusstsein eigen ist wie nirgendwo sonst, in keinem anderen Bereich. Das Problem stellte sich so: Wenn man es im Schlaf nicht haben kann (dieses "Etwas", das das physische Bewusstsein mit sich bringt), beweist dies, dass man etwas an Präzision verliert, wenn man seinen Körper aufgibt.

Vor dem Einschlafen befand ich mich in diesem Geisteszustand, und in der Nacht hatte ich eine Reihe von Erfahrungen, die mir all die verschiedenen Bewusstseinszustände der verschiedenen Seinsstufen zeigten. Als ich morgens aufstand, erkannte ich auf sehr klare Weise den Unterschied, den das Physische hinzufügte. Und ich sah, wie dieser Unterschied im neuen physischen Zustand, der sich seiner lügnerischen Seite entledigt hätte, weiterbestehen kann. Während... ich weiß nicht, gewiss zwei Stunden lang, befand ich mich in der konkreten Gegenwart des "höchsten Herrn", wie ich dies nenne (aber man kann es nennen wie man will, völlig egal - die Wahrheit, das Bewusstsein, wie man will - alle Worte sind völlig unwichtig, es geht darüber hinaus), konkret, hier (Mutter presst ihre beiden Fäuste zusammen, um eine fühlbare Festigkeit auszudrücken), in allen Zellen, im ganzen Wesen. Ich tat weiterhin alle diese winzigen und völlig unbedeutenden Dinge - waschen, ankleiden, auch essen, sprechen -, und es war da, wie um mir zu sagen: "So wird es sein." Eine Freude, eine Macht, ein Erblühen, ganz außerordentlich! So sehr, dass ich mich schließlich fragte, warum sich dies (der Körper) nicht auch änderte... DER ZUSTAND DAUERTE NICHT LANGE GENUG AN. Er hielt nur ungefähr zwei Stunden an; nachher kehrte die alltägliche Routine zurück, alle Leute kamen mit ihren Problemen usw. (Mutter macht die vertraute Bewegung eines sich entleerenden "Kippkarrens"). Aber ich beschuldige niemanden für das Entschwinden dieses Zustandes: er verschwand, weil dies (der Körper) noch nicht fähig ist, ihn zu bewahren, das ist alles. Das heißt, während er vorherrschte, drängte es mich, eine Notiz zu schreiben... Das wollte ich dir sagen. Ich musste eine Notiz schreiben. (Mutter hält plötzlich inne und spricht, als ob ihr die Worte diktiert würden:)

 

Wegen der Notwendigkeiten der Transformation kann es sein, dass mein Körper in den Zustand einer scheinbar kataleptischen Trance eintritt.

Es wurde mir klar, dass Sri Aurobindo sprach, denn er begann seinen ironischen Ton anzunehmen und sagte:

 

Bloß keine Ärzte! Man muss den Körper in Ruhe lassen.

[["Surtout pas de docteurs! il faut laisser ce corps en paix." Mutter fügte diesen ersten Satz auf einem Zettel hinzu, den sie Satprem nach dem Gespräch schickte. Siehe die Abbildung unten.]]

 

Beeilt Euch auch nicht, meinen Tod anzukündigen (Mutter lacht), was der Regierung das Recht geben würde zu intervenieren. Bewahrt mich sorgfältig vor allen Schäden, die von außen kommen könnten: Infektion, Vergiftung usw., und... seid von UNERMÜDLICHER Geduld: es mag Tage dauern, vielleicht Wochen oder noch länger. Ihr müsst geduldig warten, bis ich auf natürliche Weise aus dem Zustand heraustrete, nachdem die Arbeit der Transformation abgeschlossen sein wird.

 

[[Es sei erwähnt, dass Mutter anstelle des Wortes "déteriorisation" das englische Wort "injure" anwandte (à l'abri de toute injure), das sie später verbesserte (siehe Gespräch vom 25. Januar).]]

Ich hatte keine Zeit, dies aufzuschreiben. Aber Sri Aurobindo selbst sagte mir: "Am Samstag, wenn du Satprem siehst." Das ist interessant.

 

 1967-01-14_res.gif

Dies wird also geschehen.

Es scheint so... Denn es kam, als ich in diesen Zustand vertieft war, da wurde mir bewusst, dass der Körper... er braucht ZEIT, darum geht es. Die schnellen Errungenschaften sind wundervoll, aber nicht von Dauer: sie entsprechen nicht dem ZUSTAND - schwingungsmäßig entsprechen sie nicht dem Zustand von etwas, das andauert. Diese Ankündigung kam, und gleich darauf hörte alles auf.

Aber ich weiß jetzt, worum es geht. Es ließ im Wesen eine Art Gewissheit zurück, eine so freudige Gewissheit... oh!

Aber liebe Mutter, man muss diese "Anweisungen" weiterleiten...

...sie müssen allen bekannt sein.

Allen.

Das heißt, allen, die mir nahestehen, die für mich sorgen und selbst den Ärzten, die sich zum Beispiel einfallen lassen könnten, die Regierung zu informieren.

Denn diese Ankündigung war sehr... zwingend, es war eine zwingende Notwendigkeit - was mir zu beweisen scheint, dass es geschehen wird. "Wegen der Notwendigkeiten der Transformation"... Es geschah während meiner Erfahrung, als mir bewusst wurde, wie viel noch geändert werden muss, damit der Körper die Sache ständig bewahren kann, damit sie andauern kann. Da geschah es. Ich wollte es aufschreiben, hatte aber keine Zeit, ich war schon schrecklich spät dran; da kam es sehr deutlich von Sri Aurobindo: "Am Samstag, wenn Satprem da ist."

Ich vergaß, es dir zu Beginn zu sagen!

Man muss eine Notiz machen, die du denen gibst, die dir geeignet scheinen.

Ja, zuerst den Mitgliedern des Trusts [der Verwaltung], denn die haben hier das Sagen, und anschließend muss es ins Englische übersetzt und verteilt werden [[In der Tat wurde die Notiz von einem der Sekretäre des Aschrams übersetzt und an fünf Leute in Mutters Umgebung verteilt, darunter Nolini. Folglich wussten es alle Personen von "Autorität".]]. Dass ja niemand auf den Gedanken kommt, die Regierung einzuschalten - es könnte ihnen nämlich einfallen, das überall auszuposaunen.

Ja, sicher. Entweder die Regierung oder...

Die Regierung wird sagen: "Das könnt Ihr nicht so belassen, sie muss beerdigt werden." Eine schöne Bescherung, das!

Es erfordert Weisheit seitens der Schüler.

Wie?

Etwas Weisheit bei den Schülern.

Ja... ja.

Keiner darf etwas anderes sagen als: "Mutter ist in Trance getreten." Das ist alles. "Sie ist in Trance."

Aber wenn sie im voraus auf die Idee vorbereitet sind, werden sie vielleicht vernünftiger sein...?

 

***

 

18. Januar 1967

 

 

(Satprem fragt Mutter, was mit dem Text der "Anweisungen" vom 14. Januar zu tun sei, falls Mutter in eine lange Trance treten sollte.)

Ich werde ihn aufheben. Wenn ich den Auftrag erhalte, den Text zu verteilen, werde ich ihn verteilen.

(Schweigen)

Ich sah recht deutlich, dass diese Trance von der Beziehung zweier Aspekte, vom Verhältnis zwischen zwei Aspekten abhängt: der individuellen Transformation, das heißt der Transformation dieses Körpers hier, und der allgemeinen, kollektiven und unpersönlichen Arbeit.

Gelänge es, ein gewisses Gleichgewicht zu bewahren, könnte man sich diesen Zustand (der verlängerten Trance) ersparen, nur würde sich dann diese gleiche Arbeit, die mittels einer solchen Trance in einigen Wochen oder Monaten (ich weiß es nicht) zu schaffen wäre, über Jahre und Jahre erstrecken. Somit ist es eine Frage der Geduld - es fehlt nicht an Geduld. Aber nicht nur das, es ist auch eine Frage des Verhältnisses zwischen beiden - einerseits dem Druck von außen, durch die äußere Arbeit (nicht die "äußere", sondern die kollektive Arbeit), und andererseits dem Druck auf den Körper für seine Transformation. Wenn die Weisheit stets vorherrscht, das heißt, wenn das Instrument beständig und unfehlbar das tun kann, was von ihm erwartet wird (nämlich den exakten Willen des höchsten Herrn ausführen), dann wäre die Trance nicht nötig. Nur falls (aus Unwissenheit) ein Widerstand bei der Ausführung bestehen sollte.

So kommt es mir vor.

Diese Möglichkeit der Transformation durch eine Trance wurde dem Körper vor... ja, vor etwa sechzig Jahren angekündigt, und periodisch danach. Und immer war da ein Gebet: "Nein, möge es nicht nötig sein: dies ist ein Mittel der Faulheit." Es ist das Mittel der Trägheit. Jetzt sind all diese Vorlieben verschwunden. Es besteht nur noch ein immer lebendigeres, wacheres Bewusstsein - wachsam und ständig auf der Hut vor möglichen unbewussten Widerständen, mit dem Wunsch, sie möchten verschwinden. Alles hängt von der Anpassungsfähigkeit und der Aufnahmebereitschaft ab.

Selbst wenn man diesem Körper sagte: "Du musst hundert oder gar zweihundert Jahre durchhalten, damit es ohne Trance geschehen kann", würde er sagen: "Das ist mir egal." Alles, was er will, ist, bewusst zu sein. Alles, was er will, ist: "Herr, ich will Deines Bewusstseins bewusst sein". Dies ist sein ausschließlicher Wille: "Deines Bewusstseins bewusst sein", das heißt, "bewusst Du selbst werden in einer anderen Seinsweise." Aber er empfindet keine Eile, denn er hat keinen Grund, sich zu beeilen.

Vorhin sagtest du (wenn ich richtig verstanden habe), dass dieser Zustand vielleicht Jahre anhalten könnte. Sprachst du vom Zustand der Trance?

Nein, das ist nicht möglich.

Das ist nicht möglich.

Nein.

Hängt die Dauer dieser Trance nicht von äußeren Bedingungen, zum Beispiel von der Vorbereitung der Welt ab?

Ich glaube nicht.

Früher zeigte sich eine andere Möglichkeit (aber sie ist Teil einer Gesamtschau aller Möglichkeiten - es gibt ja alle Arten von Möglichkeiten). Einmal (als Sri Aurobindo noch da war) hatte ich die Vision eines Untergangs der ganzen Stadt, ich glaube (ich erinnere mich nicht mehr [[Siehe Agenda Bd. 3, 20. November 1962, S. 409.]] ) durch Bomben (aber dies war nicht direkt erlebt, sondern im nachhinein als etwas wahrgenommen, das bereits geschehen war). Der Untergang hatte zur Folge, dass ich sehr tief in einer Grotte mit einer strahlenden Atmosphäre, die eine Erhaltung des Körpers bewirkte, verschüttet blieb; und dann das Aufwachen zweitausend Jahre danach. Die Erfahrung begann nach diesen zweitausend Jahren: ich sah, wie ich erfuhr, wo ich war und wie ich aus dieser Grotte herausgekommen war, die Anzahl der vergangenen Jahre usw. Das alles erschien eines Tages, und ich erzählte es Sri Aurobindo. Er sagte mir dazu: "Das ist eine der unzähligen Möglichkeiten, die sich anbieten, manifest zu werden." Mehr Bedeutung maß er dem nicht bei.

Die verschiedensten Dinge bieten sich als Möglichkeiten an.

Also siehst du keine Möglichkeit einer langen Dauer voraus; diese Trance könnte nicht lange andauern?

Ich glaube, materiell ist das nicht möglich.

Diese Trance würde im Grunde dazu dienen, die supramentale Schwingung im Körper zu verankern?

Zu transformieren, was nicht aufnahmebereit ist.

Die Veränderung vollzieht sich in Milliarden von Elementen im Körper, demnach ist es eine Mischung aus Aufnahmefähigkeit und Nicht-Aufnahmefähigkeit. Es ist noch vermischt. Und aufgrund dieser Mischung bleibt die Erscheinung noch so, wie sie ist [[Mutters physische Erscheinung.]]. Nun, das ist eine beachtliche Arbeit, verstehst du, eine ungeheure Arbeit, um in jedem Element alles aufnahmebereit zu machen. Wenn das im Detail ausgeführt werden müsste, wäre es unmöglich, aber durch den Druck der Kraft kann es stattfinden; die Trance wäre somit nötig, damit es schneller geht (verhältnismäßig schnell). Aber diese Arbeit IST BEREITS IM GANG (ich bin mir dessen bewusst), nur, verstehst du (lachend), sie kann sich über Jahrhunderte erstrecken! Sri Aurobindo sagte folgendes: Man muss einen Bewusstseinszustand herstellen, in dem man das kollektive Leben der Zellen beliebig lange bewahren kann; das heißt, der Wille des Höchsten muss ausreichend wirken, um das Gleichgewicht zwischen all diesen Dingen so lange zu bewahren, dass sich alles ändern kann. Immer wurde gesagt, dass sich die äußere Form als letztes ändern werde, dass sich die ganze innere, organische Funktion vor der äußeren Form, vor der Erscheinung ändere (es ist nur eine Erscheinung), dass sich die Erscheinung als letztes wandeln werde.

Dies scheint mir das Erbteil uranfänglicher Gewohnheiten zu sein - der Gewohnheiten der Materie. Diese Materie entstand aus totaler Unbewusstheit, und durch alle Zeitalter und alle Seinsweisen wendet sie sich dem totalen Bewusstsein zu - das geht vom einen Extrem zum anderen. Und die Gewohnheit statischer Unbewegtheit führt zu diesem Bedürfnis nach Trance. Sie sollte nicht nötig sein. Nur... (wie soll ich sagen?), wie die Dinge stehen, hängt es logischerweise von einem Gleichgewicht zwischen der Aufnahmebereitschaft des Körpers und seiner äußeren Aktivität ab: offensichtlich ist er sehr viel aufnahmefähiger, wenn er reglos ist, denn seine Energien richten sich auf die Transformation.

Noch etwas könnte den Verlauf der Umstände ändern: und zwar wird das Vital immer aufnahmefähiger und arbeitet immer mehr mit. Dieser ganze vitale Bereich, der früher ein Bereich des Aufruhrs und der entschiedenen Opposition gegen die göttliche Transformation war, arbeitet immer mehr mit. Dieser vitale Bereich ist der Bereich der Bewegung, der Aktion, der angewandten Energie, und seine bewusste Mitwirkung ermöglicht andere Methoden der Transformation (eben diese habe ich in diesen Tagen studiert). Doch es gibt noch eine ganze Welt von Dingen zu lernen.

Man muss nicht nur immer aufmerksamer werden, sondern auch aufnahmebereiter, mit einer Präzision im Detail, so dass man in jeder Sekunde weiß, was zu tun ist, wie es zu tun ist (nicht äußerlich: innerlich). Die Zellen müssen lernen, in jeder Sekunde die erforderliche Haltung einzunehmen, damit alles reibungslos abläuft, der Bewegung des höchsten Bewusstseins folgend.

Das Bedürfnis nach Unbewegtheit und unbewegter Ruhe muss durch die Macht der inneren Konzentration und des inneren Friedens ersetzt werden - ein Friede, der völlig unabhängig vom Handeln ist, der selbst bei den hektischsten Tätigkeiten unverändert fortdauert.

Und dort siehst du das Eingreifen des Vitals?

Ja.

Ich frage mich oft, was für uns die bestmögliche Haltung ist. Ist das Beste einfach ein nach oben hin offener Zustand des Schweigens, ein weites Schweigen, oder eher...

Ich glaube, das ist es.

Aber was ist die Alternative?

Oder ist eine besondere Konzentration beim Handeln nötig?

Nein, denn gerade bei der Transformation darf das Mental nicht intervenieren: das Mental bringt alles durcheinander.

Ich sehe wohl, wozu es dienen wird - warum es das Mental gab, weshalb es existiert, wozu es dienen wird -, aber das kommt später.

Das Mental wird ganz natürlich und ohne Anstrengung transformiert werden, nicht so wie beim Körper. Aber im Augenblick kann es noch nicht von Nutzen sein. Es kann nur durch die Aspiration dienen (offene Bewegung nach oben), eine ständige Aspiration - die Beständigkeit der Aspiration und der Aufnahmefähigkeit, um die Kräfte und das Licht hindurchzulassen.

Also gut. Wir sehen uns dann Samstag wieder.

Ich werde dir den Text dieser "Anweisungen" mitbringen.

Ja. Es eilt nicht - ich glaube nicht. Um sicherzugehen, sollte er bereitgehalten werden, aber... Der höchste Teil des Bewusstseins ist entschieden gegen die Notwendigkeit der Trance. Und wenn der untere Teil rechtzeitig genug aufnahmebereit werden kann, wird sie nicht erforderlich, oder zumindest wird diese Notwendigkeit dann sehr reduziert sein. Du hebst den Text einfach auf, das ist alles, halte ihn bereit [[Diese "Anweisungen" wurden einige Tage später verteilt.]]. (Mutter lacht).

 

***

 

21. Januar 1967

 

 

(Die englische Übersetzung der letzten Gespräche betreffend, die unter dem Titel "A Propos" im Aschram-Bulletin veröffentlicht wurden)

...Vor allem geht ihnen das Gefühl für KRAFT in der Sprache ab.

Was die Dinge so sehr erschwert, ist die Tatsache, dass niemand die Erfahrung dessen hat, wovon ich spreche. Das fehlt wirklich. Man kann nur jene Dinge wirklich verstehen, die man erfahren hat. Wenn man all das mental verstehen will, gelingt es nicht, es ist nicht möglich; eine tieferreichende Art des Fühlens geht verloren.

Ich habe diesen Text A und Pavitra vorgelesen (man kann keine wohlgesonneren und mehr um Verständnis bemühte Menschen finden), trotzdem war die ganze Feinheit verschwunden! - Sie haben nicht verstanden. Sie versuchten es (sie "verstanden" intellektuell, sie waren sehr interessiert), aber ich weiß es, ich sah ihren Bewusstseinszustand: Etwas war völlig verschlossen, weil es in ihnen nichts Entsprechendes gibt.

Was tun?... Die Vorstellung, wirklich verstanden zu werden, habe ich schon vor langer Zeit aufgegeben - erst in einigen hundert Jahren wird man vielleicht verstehen.

Das macht nichts.

***

(Dann zeigt Mutter zwei Notizen über Auroville.)

 

Endlich ein Ort, wo man nur noch an die Zukunft zu denken braucht.

Auroville macht gute Fortschritte und nimmt immer mehr Wirklichkeit an; aber seine Realisation schreitet nicht auf die gewöhnliche menschliche Weise voran und ist für das innere Bewusstsein deutlicher sichtbar als für die äußere Sicht.

***

(Später)

Etwas noch nicht ganz Begreifliches geschieht.

Der Körper hatte die Angewohnheit, seine Funktionen automatisch auszuführen, als seien sie etwas Natürliches, das heißt, die Frage ihrer Wichtigkeit oder Nützlichkeit stellte sich für ihn nicht: er hatte zum Beispiel nicht diese mentale oder vitale Anschauung der Dinge, was "wichtig" oder "interessant" ist und was nicht. Das gab es einfach nicht. Jetzt, wo die Zellen bewusst werden, nehmen sie gleichsam einen Abstand ein (Mutter macht eine Bewegung des Sichzurückziehens): sie betrachten sich selbst, sie beginnen, sich bei ihrem Handeln zu betrachten, und sie fragen sich häufig: "Wozu dient all das?" Dann eine Aspiration: "Wie sollte es wirklich sein? Was ist unsere Aufgabe, unsere Nützlichkeit, unsere Basis? Ja, wie sollte unsere Basis und unser "Lebensstandard" beschaffen sein?" Um es wieder mental auszudrücken, könnte man sagen: "Wie werden wir sein, wenn wir göttlich sind? Welchen Unterschied wird es geben? Was ist die göttliche Art zu sein?"

Da spricht diese ganze physische Basis, und sie besteht ausschließlich aus Tausenden von kleinen, in sich selbst absolut belanglosen Dingen, die nur in ihrer Ganzheit, ihrer Totalität, eine Daseinsberechtigung haben im Sinne einer Grundlage für ein anderes Handeln. Und dann wieder dasselbe: eine Art Aufnahmefähigkeit, ein stilles Sich-Öffnen, um sich durchdringen zu lassen, und eine sehr subtile Wahrnehmung einer Seinsweise, die leuchtend und harmonisch sein wird.

Diese Seinsweise ist noch sehr unbestimmt, aber dieses Forschen beinhaltet eine ständige Wahrnehmung (die als Vision zum Ausdruck kommt) eines vielfarbigen Lichtes - alle Farben, nicht in Schichten, sondern wie eine Ansammlung von Punkten in allen Farben (Bewegung des Tüpfelns). Vor zwei Jahren (etwas mehr, ich erinnere mich nicht genau), als ich die Tantriker traf und mit ihnen in Beziehung stand, begann ich dieses Licht zu sehen, und ich dachte, es sei das "tantrische Licht", die tantrische Art, die materielle Welt zu sehen. Aber jetzt sehe ich es ständig, mit allem verbunden, und es scheint das zu sein, was man "die Wahrnehmung der wirklichen Materie" nennen könnte. Alle nur möglichen Farbkombinationen, ohne vermischt zu sein (gleiche Geste des Tüpfelns), durch leuchtende Punkte miteinander verbunden. Als ob absolut alles daraus aufgebaut wäre. Es scheint die wahre Seinsweise zu sein - ich bin mir noch nicht sicher, aber auf jeden Fall ist es eine viel bewusstere Seinsweise.

Ich sehe das die ganze Zeit: mit offenen Augen, mit geschlossenen Augen, andauernd. Das gibt dem Körper eine seltsame Wahrnehmung sowohl von Subtilität, von Durchdringung, wenn man so sagen kann, von einer Geschmeidigkeit der Form und, nicht genau von einer völligen Beseitigung, aber doch einer beachtlichen Verminderung der Starrheit der Formen (Beseitigung der Starrheit, aber nicht der Formen: eine Anpassungsfähigkeit in den Formen). Als der Körper dies die ersten Male im einen oder anderen Teil selber fühlte, bekam er den Eindruck... er ist ein wenig verloren, mit dem Eindruck von etwas, das sich ihm entzieht. Aber wenn man sich ganz ruhig verhält und ruhig abwartet, weicht es einfach einer Art Plastizität, Fluidität, die eine neue Seinsweise der Zellen zu sein scheint.

Wahrscheinlich soll das materiell das physische Ego ersetzen; das heißt, die Starrheit der Form scheint dieser neuen Seinsweise weichen zu wollen. Der erste Kontakt ist immer sehr... überraschend. Aber Schritt für Schritt gewöhnt sich der Körper daran. Der Augenblick des Übergangs von einer Seinsweise zur anderen ist ein wenig schwierig. Es geschieht sehr allmählich, und dennoch gibt es im Augenblick des Übergangs einige Sekunden, die... zumindest "überraschend" sind.

Alle Gewohnheiten werden auf diese Weise aufgelöst. Für alle Funktionen ist es so: für den Blutkreislauf, für die Verdauung, für die Atmung - alle Funktionen. Im Augenblick des Übergangs ersetzt die eine nicht plötzlich die andere, sondern es herrscht ein fließender Zustand zwischen den beiden, der... schwierig ist. Nur dieser große, völlig reglose, leuchtende, beständige, unerschütterliche Glaube - der Glaube an die reale Existenz des höchsten Herrn, an die ALLEINIGE reale Existenz des Höchsten - bewirkt, dass alles scheinbar auf die gleiche Weise weitergeht.

Es sind wie große Wellen aller alten Bewegungen, der alten Seinsweisen und Gewohnheiten, die zurückgestoßen werden und wiederkommen, die einen zu verschlingen versuchen und wieder zurückgestoßen werden. Ich sehe, wie der Körper und das ganze körperliche Bewusstsein sich jahrelang sicherheitshalber in die alte Seinsweise zurückstürzten, um sich dem zu entziehen; jetzt habe ich erreicht, dass er das nicht mehr tut und stattdessen akzeptiert: "Gut, wenn es die Auflösung bedeutet, dann ist es eben die Auflösung." Er akzeptiert, was geschieht.

Mental... Wenn sich das im physischen Mental abspielt (das war vor vielen Jahren, aber ich beobachtete es), erweckt es in den Leuten den Eindruck, dass sie verrückt werden, und dies macht ihnen Angst (und mit der Angst passieren Unfälle), und sie stürzen sich wieder in den normalen Menschenverstand, um sich dem zu entziehen. Das Entsprechende... nicht das Gleiche, aber es ist das Äquivalent dessen, was sich im Materiellen abspielt: man hat den Eindruck, dass die ganze gewöhnliche Stabilität verschwindet. Nun, lange Zeit - lange Zeit - gab es den Rückzug in die Gewohnheit, worauf man schön ruhig bleiben und wieder von vorn anfangen muss. Jetzt wollen sie das nicht mehr: "Was immer geschieht, wir werden sehen!" Das große Abenteuer.

Wie wird man sein? Wie wird man sein? Wie... Die Zellen sagen: "Wie sollten wir sein? Wie werden wir sein?"

Das ist interessant.

 

***

 

25. Januar 1967

 

 

(Nolini liest Mutter seine englische Übersetzung des Gesprächs vom 11. Januar für das Aschram-Bulletin vor. Mutter weist darauf hin, dass sie im Französischen anstelle von "coup" oder "égratinure" das Wort "injure" gebrauchte, weil sie das englische Wort "injury" hörte.)

Sehr häufig höre ich Sri Aurobindo sprechen, und dann sage ich es zwar auf französisch, aber ich verwende das dem Englischen ähnliche Wort, weil ich ihn sprechen höre.

Häufig kommt nur der Gedanke, aber sehr oft sind es sogar die Worte, ich höre die Worte; während ich französisch spreche, neige ich dann dazu, englische Worte zu gebrauchen. Zum Beispiel spricht er immer mit mir, während ich mein Bad nehme, und er sagt mir, was ich schreiben oder sagen soll; beim Verlassen des Badezimmers muss ich jeweils Papier und Bleistift verlangen und es aufschreiben.

Immer, immer ist es so.

Ich erinnere mich, wie ich ihm vor einiger Zeit nachts sagte... ich sehe ihn fast jede Nacht, aber seit einigen Tagen hatte ich ihn nicht mehr gesehen, worauf ich ihn nachts traf... denn er ist zwar immer da (Mutter macht eine umhüllende Bewegung), aber nachts sehe ich ihn objektiv, als ob ich ihn in der subtilphysischen Welt treffen würde. Ich sagte ihm also scherzhaft: I didn't see you for a few days [ich habe dich seit einigen Tagen nicht gesehen]; da nahm er einen sehr ernsten Tonfall an, aber mit seiner ganzen Ironie: Oh, I am very busy these days [oh, ich bin zur Zeit sehr beschäftigt]. Und... (lachend) am folgenden Tag erfuhr ich, dass man gerade einen Film über Sri Aurobindo drehte [[In Bengalen, ein Film über das "politische Leben" Sri Aurobindos.]]. Ich dachte, er sei wohl dort gewesen, um ihnen gute Anregungen zu geben. Aber das ganze war so komisch! Mit unerschütterlichem Ernst: Oh, I am very busy [oh, ich bin sehr beschäftigt]. (Mutter lacht)

Auf diese Art kam das Wort "injury".

(Satprem:) Im Text dieser "Anweisungen" [für den Fall einer kataleptischen Trance], verwendest du auch das Wort "injure"; du sagst, dass dein Körper im Zustand der Trance "à l'abri de toute injure" [vor allen Schäden geschützt] gepflegt werden solle. Aber ich beließ das Wort absichtlich, denn man spricht im Französischen in der alten Bedeutung von "injures du temps" [Verletzungen der Zeit]. Willst du das auch in den Anweisungen belassen?

An jenem Tag sagte er mir (er selbst trug mir auf, es zu sagen): The bites of insects, bad contacts, things like that [Insektenbisse, schädliche Kontakte, Dinge dieser Art]. Er sagte: All injuries, poisoning by an insect, etc. [alle Verletzungen, Vergiftung durch Insekten usw.]

(Dann hört sich Mutter die englische Lesung des Gesprächs vom 30. September 1966 für die "Notizen auf dem Weg" an. Es geht darin um das Verschwinden des Skeletts im neuen Wesen und um die Notwendigkeit von Zwischenstufen. Mutter wendet sich an Nolini:)

Glaubst du, die Leute werden etwas davon verstehen?... nicht viel?

(Nolini:) Manche werden verstehen.

Manche!... wenige.

Für mich liegt das schon weit zurück. Als du die Übersetzung lasest, hatte ich komischerweise den Eindruck von etwas, das mich in einen Zustand zurückversetzt, der nicht mehr der meine ist.

Die Dinge geschehen schnell, schnell, schnell.

Ich bin noch mitten in der Erfahrung, daher ist es schwer zu beschreiben... Aber es ist ein völlig neuer Zustand. Nach einiger Zeit werde ich sagen können... (Mutter verharrt lange schweigend) was genau mit der Unwirklichkeit dieser scheinbaren Materie gemeint ist.

Ich stecke mitten in der Erfahrung und kann es noch nicht beschreiben. Es braucht Zeit.

In diesem Gespräch (über das Verschwinden der Knochenstruktur) habe ich den Eindruck, als hätte ich den einen Fuß noch hier und den anderen dort.

***

(Nachdem Nolini gegangen ist)

Was gibt's Neues?

Und bei dir?

Weißt du, ich habe den Eindruck, den genauen Eindruck (das ist eine Umschreibung), kurz davor zu stehen, einen Schlüssel zu erhaschen - einen Schlüssel oder einen "Kniff"... ein Vorgehen (ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll: das sind alles Verallgemeinerungen), jedenfalls etwas, das in einer einzigen Sekunde eine schreckliche Katastrophe verursachen könnte, falls man es besitzt, ohne vollkommen auf der wahren Seite zu stehen. Deshalb muss die integrale Vorbereitung des Bewusstseins gleichzeitig mit der Wahrnehmung der Macht einhergehen. Die Unterschiede sind so fein, dass es dem Verständnis (ich spreche nicht einmal vom gewöhnlichen Verständnis, sondern von einem völlig spiritualisierten und vorbereiteten Bewusstseinszustand, der immer noch nicht DAS Bewusstsein ist) erscheint, als ob eine winzig kleine, fast unmerkliche Bewegung eine Katastrophe auslösen könnte.

Welche Katastrophe? Ich weiß es nicht... Wie eine Auflösung der Welt [[Handelt es sich um die Auflösung des "Netzes"?]].

Wir sind hier (Geste eines sehr schmalen Grats) wie auf einer unsichtbaren Grenzlinie mit einer außergewöhnlichen, gewaltigen Macht, die einen sowohl erkennen lässt wie auch davon abhält zu erkennen, mit den winzigsten Feinheiten in der Bewegung, damit nichts zu früh geschieht, das heißt, bevor alles bereit ist.

(langes Schweigen)

Es läuft darauf hinaus zu sagen, dass Krankheiten (vom Krankwerden bis zum Sterben) nur eine Unfähigkeit sind, die nötige Spannung auszuhalten, um von einem Zustand in den anderen überzugehen, ohne in den Abgrund, in die Erschlaffung der Unbewusstheit zurückzufallen. Krankheiten sind immer ein Rückfall in die Unbewusstheit, aus Unfähigkeit, die Bewegung der Transformation aufrechtzuerhalten. Der Tod ist dasselbe - nur etwas totaler.

 

***

 

28. Januar 1967

 

 

(Mutter zeigt eine Notiz, die sie gerade geschrieben hat:)

Ich habe dies an jemanden hier geschrieben... Er ist noch nicht lange in Indien, er versteht nichts von den Indern (was kein Verbrechen ist), aber er ist voller Verachtung. Da er nicht versteht, ist er voller Geringschätzung. Ich schrieb ihm folgendes:

 

 

Man muss sich sorgfältig davor hüten, das geringzuschätzen, was man nicht versteht, denn es gibt unzählige Wunder, die für unsere enge Schau versiegelt sind.

Der Herr besitzt ungeahnte Herrlichkeiten, die Er allmählich unserem allzu begrenzten Verständnis offenbart.

 

 

Das ist eine ganze Kategorie von Denkweisen. Es gibt unzählige Leute, die sich für unheimlich intelligent halten und alles geringschätzen, was sie nicht verstehen. Das ist wirklich ein Zeichen der Dummheit selbst. Andererseits gibt es viele, die alles bewundern, was sie nicht verstehen (gewöhnlich hält man sie für "einfältig", aber ich selbst ziehe die Einfältigen, die eine Seelenwärme besitzen, vor). Sie bringen allem, was sie nicht verstehen, eine stille Bewunderung entgegen, was man für dumm hält. Aber diese haben wenigstens guten Willen, während die anderen von der Höhe ihrer vermeintlichen Intelligenz aus alles, was sie nicht verstehen, geringschätzen. Dieser Mann kam hierher und sagte: "Mit den Leuten hier kann man nicht arbeiten, sie sind Inder!" (Mutter lacht) Er sagte es ganz offen.

Es scheint, du hast neulich jemanden getroffen?

Ja, den Herrn, der für die Zeitschrift "Planète" einen langen Artikel über Indien schreiben soll.

Und wie ist er denn, dieser Herr?

Er steckt voller Sexualität. Wenn man in seine Atmosphäre tritt, gibt es ausschließlich Sex. Allein dieses Problem interessiert ihn. In seiner Zeitschrift und in ähnlichen anderen versuchen sie, den Tantrismus der "linken Hand", den "Vama Marga", zu popularisieren.

Oh!

Er stellte mir Fragen zur Sexualität und über den "Yoga der Sexualität"!

Oh!

Worauf ich die Dinge richtiggestellt habe...

Ah, gut.

Übrigens ohne viel Diplomatie. Ich sagte, das habe nichts mit dem Tantrismus zu tun. Aber seltsamerweise hat der Mann trotz dieser sexuellen Atmosphäre eine Öffnung: er hatte Sri Aurobindo gelesen, und vor etwa zwölf Jahren sagte er sich bei einem Problem (anstatt Sri Aurobindo zu schreiben): "Aber warum konzentriere ich mich nicht auf Sri Aurobindo, um eine Antwort auf mein Problem zu erhalten?" Er konzentrierte sich, und nachts sah er plötzlich, wie eine große goldene Scheibe kam, ihn erfüllte und wie ihm eine Stimme mit ungeheurer Kraft die Worte sagte, auf die er wartete, Worte der Offenbarung... Dieser Mann hat demnach eine Öffnung.

Oh, ja.

Aber dann sagte er mir: "Wahrscheinlich ist es mein Unterbewusstsein, es kommt aus meinem Unterbewusstsein, immerhin..."

(Mutter lacht) Er hat ein gutes Unterbewusstsein!

Diese Leute!... Die Gnade kommt zu ihnen und schenkt ihnen eine schöne Erfahrung, und dann sagen sie: "Es ist mein Unterbewusstsein"!

(Mutter lacht)

Als er mir das sagte, hatte ich wirklich den Eindruck, als ob Sri Aurobindo lächelte.

Ja, das amüsiert ihn.

Aber offenbar wird der Westen völlig überflutet von diesem Tantrismus und dem "Yoga der Sexualität".

Ja, das ist gefährlich. Sehr gefährlich.

Vielleicht besteht die Heilung darin, dass sie mitten hindurchgehen, ich weiß es nicht... Denn Sri Aurobindo sagte, wenn man den Punkt der Sättigung überschritten habe, sei man geheilt. Genauso, wie man geheilt ist, wenn man das Verlangen los wird. Ist man übersättigt, so ist man geheilt, man ist angewidert, und hat den gleichen Abscheu... Wohl möglich, ich weiß es nicht.

(Lachend) In der Zwischenzeit schafft es einen ganz schönen Schlamassel!

Das andere Mittel ist viel schneller: Die Aufhebung (ich meine nicht nur die materielle Aufhebung, sondern die Aufhebung des PRINZIPS der Angelegenheit; ich sagte bereits: wenn man die Animalität überschreitet, hat die materielle Tatsache keine Seinsberechtigung mehr, sie verschwindet), sozusagen augenblicklich. Aber ein anderes Mittel ist, bis zum Überdruss zu gehen.

Noch viel gefährlicher, als bis zum Überdruss zu gehen, ist, diese Geschichten mit Spiritualität zu übertünchen, einen "Yoga der Sexualität" daraus zu machen.

Oh, (lachend) wenn du ihnen das sagst, werden sie alle krank!

Aber vielleicht landet man eines Tages bei der Impotenz. Damit wäre die Sache gelaufen. Denn allein der Instinkt der Natur verleiht dieser etwas morbiden Vorstellung Macht, und wenn der Instinkt der Natur erschöpft ist... Oh, ich muss sagen, ich habe sehr alte Leute gekannt, die voller schmutziger Dinge steckten; wahrscheinlich weil sie in ihrer Jugend enthaltsam waren.

Die Sache hat etwas sehr Abstoßendes an sich, das man überwinden muss, um "Lust" daran zu finden; im Grunde ist etwas sehr Abstoßendes daran, es wird völlig abstoßend, sobald das Vergnügen vorbei ist. Also vielleicht werden sie durch den Ekel geheilt.

Viele Sekten und Gruppen wurden beschuldigt, diese Art Sexualität zu praktizieren (ich glaube, dies war die "moralische" Grundlage der Anklage gegen die Templer) - wahrscheinlich das Ergebnis der christlichen Haltung; das Christentum sprach von "Sünde", sie machten eine Sünde daraus, und dies ist das Resultat. Es ist die Reaktion darauf.

Sobald man aber des wahren Anandas fähig wird, wirkt es spontan völlig abstoßend, als ob man im Schlamm waten würde.

Die Methode der Übersättigung beinhaltet allerdings viel Vergeudung.

Dabei ist es doch nichts anderes als das Fortbestehen eines natürlichen Prozesses, der zu Beginn der Evolution nützlich war.

Ja, so ist es.

Und die Begegnung zweier Wesen muss sich durch andere Mittel vollziehen.

Sicher!

Von vielen Seiten stellt man die Frage der sexuellen Beziehung von Mann und Frau und der spirituellen Disziplin.

(Mutter verharrt einen Moment schweigend)

Um die Wahrheit zu sagen, der Herr bedient sich aller Dinge! Man ist immer unterwegs zu etwas.

Es gibt einen Augenblick, wo man die Empörung hinter sich lässt.

 

***

 

31. Januar 1967

 

 

(Über das Essen)

...Man darf auf keinen Fall hastig essen: man muss sehr ruhig essen. Das ist unerlässlich. Sehr ruhig, nicht nur langsam: mit einem sehr gemächlichen inneren Rhythmus, als hätte man alle Zeit der Welt, in einem vollkommenen Frieden.

All das (Geste zur Stirn) muss ruhig sein und in einer Art Ewigkeit leben. So verdaut man gut. Es ist schlecht, wenn das Denken sehr aktiv ist. Es bedarf einer inneren Entspannung und des Gefühls eines sehr regelmäßigen, sehr weiten Rhythmus.

***

(Etwas später)

Mir ist etwas Seltsames aufgefallen: Manchmal herrscht eine verdrießliche, mürrische Atmosphäre, und alles, was kommt, alles, was eintritt, ist so; ein andermal ist sie lächelnd, angenehm, wohlwollend, und alles, was geschieht (genau dieselben Dinge wie vorher), alles wird freudig aufgenommen, etwa so: "Ach, wie gut!"

Ich habe bemerkte, dass es weder von den Umständen noch von den Leuten abhängt, von gar nichts; es hängt davon ab... (Mutter tut, als wittere sie etwas in der Luft) als ob etwas der Atmosphäre hinzugefügt oder weggenommen worden wäre. Ist dir das aufgefallen?

Ja, ganz richtig.

Ich bin auf der Suche nach dem Schlüssel dafür.

Es ist kollektiv, unabhängig von den Wesen.

Es ist unabhängig von den Wesen, kollektiv, und es wirkt auf die ganze Welt und auf jeden Umstand. Woher kommt das? Das müssen wir noch herausfinden.

Es ist sehr seltsam. Ich habe mich das auch gefragt, denn man hat den Eindruck, dass es sogar an verschiedenen Punkten des ERDBALLES dasselbe ist.

Ja, ja, es ist weltweit, ein weltumfassender Zustand. In manchen Fällen zieht es sich hin, in anderen Fällen ändert es sich rasch. Kommt es von interplanetaren Strömungen? Ich weiß es nicht. Das müssen wir noch untersuchen.

Die Astrologen sagen, dass es an der "Opposition" der Gestirne liegt; zu bestimmten Zeiten stehen die Gestirne in Opposition zueinander oder in Konjunktion, und das erzeugt bestimmte Strömungen. So erklären sie die Tendenz der Ereignisse. Das Geheimnis besteht somit darin, zu bewirken, dass dieses Gesetz dem Einfluss von oben, dem harmonisierenden Gesetz von oben gehorcht.

Dann würden wir auf das Geheimnis vieler Dinge stoßen [[Man kann nicht umhin, an dieses "Netz" zu denken.]].

 

***

 

4. Februar 1967

 

 

(Mutter betritt das Zimmer sehr erkältet.)

Ständig waren die Atemwege zwischen Nase und Hals verstopft, und ich beging die Dummheit, mich darüber zu beklagen; ich sagte, dies sei wirklich unvernünftig, es solle gefälligst weggehen, und dann... diese drastischen Mittel.

Aber heute morgen wurde mir aufgetragen, mich "auszuruhen", das heißt, mich nach innen zu wenden; ich sagte, ich hätte etwas anderes zu tun; worauf es gewaltsam über mich kam. Das heißt, plötzlich kommt mir etwas, ich sehe es und konzentriere mich ganz natürlich darauf, und dann stelle ich fest, dass ich weggetreten bin.

So war es heute morgen bei der Arbeit.

Laufend schickt man mir Fotos von Leuten, die heiraten wollen (dies wurde zu einer Manie); man fragt mich, ob sie zusammenpassen, ob es gut gehe. Mir ist augenblicklich klar: ich sehe, was für ein Leben sie zusammen führen werden, sehr amüsant! Heute wurden mir drei solche Paare gezeigt. Der erste war ein intelligenter, sensibler Mann, mit einer empfindsamen Seite und dem Bedürfnis nach etwas, nach einer Antwort. Die Frau: reichlich dumm und recht gewöhnlich. Ganz und gar nicht für einander geschaffen. Während ich sie betrachtete, sah ich, was sich abgespielt hatte: Eines Tages wurde sie von einer sentimentalen und emotionalen Formation ergriffen, und an diesem Tag traf sie den Mann, der genau dies brauchte. Er sagte sich: "Das ist es!" Alle seine Freunde rieten ihm ab: "Nein, nein! Heirate diese Person nicht, das wird nie gehen", und sie hatten recht. Aber er sagte: "Ich fühlte etwas." Es hatte sie nur an einem Tag ergriffen, und er war zufällig da. Ich habe mir das alles angeschaut, es war sehr amüsant, und ich trat weg.

(Mutter tritt in Meditation, dann bricht sie unvermittelt ab)

Was ist das? Vor dir ist ein violettes V. Ein violettes V - nicht violett: dunkel-malvenfarbig, die Farbe des Vitals. Ein V des Sieges.

Ist etwas passiert?

Ich weiß nicht.

So groß, leuchtend, malvenfarbig. Es erschien vor dir, du saßest zwischen den beiden Flügeln. Es war für dich. Ist nichts Besonderes passiert?

(Mutter nimmt ihre Meditation wieder auf)

 

***

 

8. Februar 1967

 

 

Ich habe dir interessante Dinge zu erzählen. Es betrifft die Erkältung. Eine ungeheure Heilkraft... Alle Phasen in ihrer akutesten Form, mit einer Studie des Verlaufs jeder Phase innerhalb einiger Stunden oder Minuten (je nachdem, was es ist). Wenn man eine Erkältung hat, geht man gewöhnlich durch eine Phase, dann durch eine nächste (du weißt, wie es ist), bald steigt es hinab, bald hustet man, bald... All das ging sehr schnell, und in zwei Tagen war es vorbei. Der ganze Prozess wurde deutlich, kein mentalisierter Prozess, ganz und gar nicht: der schwingungsmäßige Prozess, der zeigt, wie die Kraft kommt, wirkt, und gleichzeitig... Ja, dies war überaus interessant, denn es zeigte den Einfluss des Unbewussten, den Einfluss der bewussten Reaktionen, den Einfluss des Willens (ungeheuer), den Einfluss der mentalen Suggestion (auch das gewaltig) und... die Wirkung der höchsten Schwingung. All dies im Detail, Tag und Nacht, die ganze Zeit; so sehr, dass ich zuweilen bewegungslos innehielt, um dem Verlauf zu folgen. Es dauerte... unser letztes Treffen war am Samstag: es dauerte also Sonntag, Montag, Dienstag - diese drei Tage.

Dass es anfing, war meine Schuld; wie ich dir sagte, beklagte ich mich die ganze Zeit über diese Reizung der Nebenhöhlen, die mir eine ständige Entzündung des Mundes und des Halses bescherten. Das hatte Folgen. Ich kann nicht sagen, dass es völlig vorbei ist, denn es bleibt noch vieles von der alten Gewohnheit, aber es kam, um eine Änderung herbeizuführen.

All dies zeigte sich in schwingungsmäßiger Hinsicht in allen Einzelheiten. Sehr interessant, ich habe meine Zeit nicht vergeudet.

Denn das, was auf eine Erkältung zutrifft, trifft offensichtlich auf jede beliebige Störung zu?

In jedem Fall ist es ein detaillierter Verlauf. Hier manifestierte sich dies in Form einer Erkältung.

Ich meine: kommt es für andere Krankheiten auch in Betracht?

Jede Krankheit entspricht einem Schwingungsmodus und repräsentiert ein ganzes Feld von Schwingungen, die richtiggestellt werden müssen. Es verdeutlicht das GENAUE Maß dessen, was in der Materie dem göttlichen Einfluss widersteht - äußerst präzise, bis fast zum Atom genau.

Überaus interessant. Wenn du nur wüsstest... Nimm zum Beispiel den Husten (nicht in der Brust: im Hals). Erste Vibration: die Reizung, die unsere Aufmerksamkeit erregt und uns husten lässt. Mit einer bestimmten Art von Schwingung, die man "zugespitzt" nennen könnte, aber sie ist nicht heftig, nur leicht aufreizend. Das ist die erste kleine Schwingung. Diese Schwingung erweckt die Aufmerksamkeit des umgebenden Bewusstseins (der Zellen im Hals), gefolgt von einer Weigerung, den Husten anzunehmen, ein Zurückweisen hier (im Hals), das anfangs fast Übelkeit erzeugt (all das wird wie durch ein Mikroskop gesehen, verstehst du, das sind winzige Dinge). Die Aufmerksamkeit fixiert sich. In so einem Augenblick gibt es mehrere mögliche Faktoren, die manchmal gleichzeitig auftreten oder einander in schneller Folge ablösen. Einer ist die Angst, etwas gehe nicht gut, und eine Furcht vor dem, was geschehen wird. Ein anderer ist der Wille, dass durch diese Reizung nichts gestört werden solle. Und dann plötzlich der Glaube, dass die Kraft fähig ist, alles sofort in Ordnung zu bringen - all das geschieht nicht intellektuell: es sind Schwingungen.

Gestern morgen passierte in einem gewissen Augenblick etwas sehr Interessantes: eine klare Wahrnehmung, dass die überwiegende Mehrzahl der Zellen (in DIESEM FALL - ich spreche nicht vom ganzen Körper sondern von dieser Stelle: Hals, Nase usw.) noch den Eindruck hat - das Ergebnis unzähliger Erfahrungen oder Gewohnheiten (es ist beides: weder deutlich das eine noch das andere, sondern beides) -, dass die Kraft der Natur, d.h. die Natur, die den Körper lenkt, eher imstande ist, sich um das Nötige zu kümmern, als die göttliche Macht: sie "ist sich gewöhnt", sie "weiß es besser". So ist das. Dieses neue Bewusstsein, das jetzt im physischen Wesen entsteht (das Mental der Zellen), oh, es schnappt dies auf wie eine außerordentliche Offenbarung, es sagt: "Ah, jetzt habe ich dich erwischt, du Schlingel! Du bist es, der die Transformation verhindert."

Das war ungeheuer interessant. Ungeheuer!

All dies habe ich jetzt vergrößert dargestellt, um es ausdrücken zu können, aber das Phänomen zeigt sich auf der Dimension der Körperzellen. Und diese Entdeckung brachte einen Blitz von leuchtender Macht mit sich: es stieg so herab, brrm! (Geste wie ein Lichtschwert, das in die Materie eindringt)

Seitdem ist es nicht mehr gewichen. Wenn ich mich an den vorherigen Bewusstseinszustand erinnern will, um ihn im Detail zu notieren: weg.

Dies sind... wunderbare Aktionen, aber in winzigen Details, deshalb erscheinen sie einem nicht außergewöhnlich.

Die von den Zellen eingenommene Haltung, der handelnde Wille, die Gewohnheit der Natur, das Eingreifen, all dies wurde sehr sorgfältig gesehen, in jeder einzelnen Phase. Denn diese Zellen (am Hals) beklagten sich; sie selbst bemäkelten, dass sich nichts ändere, dass die Dinge immer noch gleich seien. Sie sahen wohl, dass die Sache unter Kontrolle blieb, aber es gab nicht das geringste Zeichen einer Transformation. Und dieser Schnupfen zeigte sich wie unter einer Lupe, verstehst du? Er vergrößerte alles in einer Weise, dass es sichtbarer und leichter beobachtbar wurde. Alle Geschehnisse im Detail, wirklich wunderbar: eine ganze Welt - winzige Dinge, die normalerweise unserer Aufmerksamkeit entgehen, weil wir alles nur verstandesmäßig beobachten. Aber... zum Beispiel traten in einem bestimmten Augenblick im Verlauf der aufeinanderfolgenden Phasen alle Zeichen auf, dass der Wille des Körpers nachgeben und man entweder in Ohnmacht fallen oder eine Zeitlang "krank" sein würde. Da trafen die Zellen innen eine Wahl, wobei sie die Möglichkeiten im Hinblick auf den Fortschritt der Transformation abwägten: "Was kann am nützlichsten sein und das wirksamste Resultat erzielen? Soll man nachgeben und einen scheinbaren Absturz in Kauf nehmen (nur scheinbar) und in diesem Absturz der Kraft erlauben, ihre Arbeit ohne höhere Intervention zu verrichten, oder soll man dem Verlauf der bewussten Transformation folgen?" In diesem Moment kam es zu dieser wunderbaren Entdeckung der Zellen, die tatsächlich den Eindruck hatten, dass die Natur (lachend) sich besser darauf verstehe, da sie es gewohnt sei. Das war köstlich! Einfach wunderbar!

Solche Dinge geschehen gewiss in allen Menschen, nur sind fast alle unbewusst. Bei mir ist das Bewusstsein der Zellen erwacht, deshalb ist es so interessant. Wie kann man die Krankheiten vermeiden, wie die Dinge... All dies basiert auf der Erfahrung der UNWIRKLICHKEIT DER ERSCHEINUNGEN: dahinter steht ein ganz anderes Spiel als all das, was man sieht oder weiß.

Ich bin mir jetzt über die Ursachen der Allergien vollkommen bewusst (eine detaillierte Studie) und weshalb sich hier im Aschram die Fälle von Allergien häufen. Natürlich beruht es darauf... (Mutter beginnt zu husten und folgert:) Ah! verbotenes Thema.

(Nach einem Augenblick des Schweigens fährt Mutter fort:) Besonders die Nerven werden immer aufnahmebereiter für die Kraft (und folglich immer empfindlicher). Sie besitzen weder die nötige Weisheit noch das nötige Gleichgewicht, um die zunehmende Empfindlichkeit auszugleichen. Die Behandlung der Ärzte ist daher idiotisch. Gerade das Gegenteil wäre nötig: man müsste (wie soll ich sagen?) Weisheit und Frieden einflößen, aber nicht den Körper abstumpfen.

Gestern Abend geschah etwas Amüsantes. Ich erhielt Suppen aus Japan. Alles war japanisch geschrieben, unmöglich zu lesen. Als der Doktor kam (er kommt jeden Abend) fragte ich ihn: "Möchten Sie eine japanische Suppe versuchen?" Ich gab ihm ein Päckchen zum Mitnehmen. Gestern Abend kam er wieder, ich fragte ihn: "Haben Sie die japanische Suppe probiert?" Er antwortete: "Es ist eine Muschelsuppe" und fügte hinzu: "Sie ist nicht gut für Sie." Ich fragte ihn: "Warum nicht gut für mich?" (Ich fragte ihn dies einfach, um mehr über meine "Krankheit" (!) zu erfahren.) Er antwortete mir: "Oh! Sie würden eine allergische Reaktion haben." Ich schaute ihn an und sagte ihm mit großer Kraft: "Ich HABE keine allergischen Reaktionen." (Mutter lacht) Armer Mann! Es schauderte ihn... nun hat er Fieber!

Sobald die Nerven jetzt zu protestieren beginnen... Weißt du, dies ist eine Beobachtung in jeder Sekunde, und das geschieht sehr häufig, wenn sie sich für eine Empfindung interessieren: sie konzentrieren sich und folgen der Empfindung, worauf es plötzlich... (wie soll ich sagen?) das Maß, das sie normalerweise als angenehm betrachten (man kann es so ausdrücken) überschreitet. Etwas kippt, und sie stellen sich quer, sie beginnen zu protestieren. Aber wenn man es genau beobachtet, tritt der innere "Mentor" in Aktion, um ihnen zu sagen: "Jetzt können alle Empfindungen fast bis zum höchsten Grad ausgehalten werden; es ist ganz einfach eine schlechte Angewohnheit und ein Mangel an Plastizität. Verhaltet euch ruhig, und ihr werdet sehen!" (Ungefähr so.) Dann sind sie fügsam, sie verhalten sich ruhig, und alles glättet sich. Es glättet sich und... die allergische Reaktion ist vorbei. Ich glaube, jetzt kenne ich den Trick. Deshalb habe ich dem Doktor mit solchem Nachdruck geantwortet.

Das ist sehr amüsant. So lernt man die Dinge.

Aber wie soll man dies den Leuten sagen? Ich weiß es nicht.

Das ist eine äußerst feine, subtile Beobachtung.

Gleichzeitig wirkt da noch ein anderer Faktor (oh, es gibt mehrere Mittel): Wenn im Falle einer kleinen materiellen Handlung (die an sich völlig unbedeutend ist, aber trotzdem ausgeführt werden soll) gerade diese innere Unruhe herrscht, die bewirkt, dass die Sache in jedem Augenblick auf die falsche Seite kippen kann... wenn das Bewusstsein - das gesamte Bewusstsein des Körpers - mit etwas anderem beschäftigt ist, geht die Störung vorbei, ohne dass man sie überhaupt wahrnimmt. Es gibt also diese Möglichkeit, das Bewusstsein mit etwas anderem zu beschäftigen. Aber die Möglichkeit einer Krankheit oder einer Störung ist damit nicht behoben. Die ganze Zeit besteht die Wahl zwischen der Arbeit der Transformation und (oder) einem ausreichenden Gleichgewicht, um die allgemeine Arbeit fortzusetzen.

Man könnte ganze Bände schreiben, es ist wirklich sehr interessant. Es organisiert sich.

Man weiß den Wert des Mikroskopischen nicht genug zu schätzen.

Ja, genau so ist es.

 

***


 

11. Februar 1967

 

 

(Mutters "Agenda" betreffend. Satprem ordnet gerade ein dickes Bündel von Schriftstücken.)

...Jetzt, wo einzelne Abschnitte im "Bulletin" erscheinen, beginnen viele Leute, sich sehr dafür zu interessieren, und sie fragen mich: "Aber sagen Sie vielleicht nicht alles?" Ich darauf: "Alles, das ist unmöglich. Aber ich sage mehr." Und dann: "Dürfen wir es nicht erfahren?" - Niemand würde etwas verstehen.

Wenn alles vorbei ist, werden wir sehen.

Ich erzähle dir das, damit du siehst, dass es keine völlig vergebliche Arbeit ist...

Aber ich bin sicher, dass es nicht vergeblich ist, ich bin fest davon überzeugt! Ich brauche keine Ermutigung.

Es wird etwas Monumentales sein! Man sollte es lieber wie ein Monument belassen und es nicht in Stücken veröffentlichen: massiv, ein riesiger Band, und dann... (lachend) die Leute damit erdrücken! Dann werden sie nichts mehr fragen.

Soll ich damit beginnen, eine Ausgabe vorzubereiten?

Nein, nein! Wenn ich am Schluss angelangt bin, werden wir es veröffentlichen - ich bin noch nicht soweit, bei weitem nicht.

Alle die Lektionen, die ich erhalte, sind wie Peitschenschläge, um mir zu sagen: "Voilà, mach' dich auf alle Eventualitäten gefasst!" Gut. [[Kürzlich erkrankte Mutters Assistentin: das einzig positive Element ihrer unmittelbaren Umgebung. Sie wird ihren Dienst für Mutter im August 1970 einstellen.]] 

Es ist nicht vergeblich.

Oh, gewiss nicht! Wenn ich die alten Agendas durchlese, sobald sie getippt sind, sind sie voller Licht.

Ich weiß nicht.

Doch, doch, ich weiß es!

Wenn Sujata sie fertig getippt hat, werden wir sehen.

Durch meine Krankheit, als ich im Krankenhaus war, sind wir sehr in Rückstand geraten.

Ja, es war ein langer Zeitabschnitt, wo nichts aufgezeichnet wurde. Das wird eine Lücke hinterlassen. Ich sprach nicht, ich sagte niemandem etwas. Das bedeutet eine Lücke.

***

(Etwas später)

Ich möchte wirklich wissen, was ich nachts anstelle. Meine Nächte waren noch nie so völlig unbewusst - ohne dich jemals zu sehen, nichts, totale Unbewusstheit.

Bei mir auch, die letzten Nächte... Und das war absichtlich: seit einigen Nächten (vielleicht seit einer Woche)... wie soll ich sagen?... gibt es keine "Ausflüge" mehr. Ich mache keine Ausflüge mehr.

Letzte Nacht bemerkte ich zum Beispiel, dass V weg war [[Mutters Assistentin, die sonst immer bei ihr im Zimmer schlief, war in jener Nacht plötzlich von einem Fieberanfall ergriffen worden.]] (ich kehre nachts zwei- oder dreimal zum äußeren Bewusstsein zurück); natürlich sah ich die Konsequenzen und überlegte mir, was zu tun sei. Sie ging gegen zwei Uhr fort, und ich stehe jeden Tag um halb fünf auf, und ich bemerkte, dass ich diese zweieinhalb Stunden nicht geschlafen hatte (nicht "schlief", ich meine, dass ich meinen Körper nicht verlassen hatte). Ich "dachte" nicht (Gott sei Dank!), es gab nur eine Art beobachtendes Bewusstsein. Die Zeit verging mit einer so phantastischen Geschwindigkeit, dass ich selbst verdutzt war. Ich dachte, dass es noch lange dauere bis zum Aufstehen um halb fünf, doch es spielte sich ganz außerhalb der Zeit ab. Und dennoch blieb ich in meinem Körper.

Durch diesen Vorfall merkte ich also, dass ich im Begriff war, eine Art des Ausruhens zu erlernen, ohne den Körper zu verlassen. Denn in diesem Fall war ich mir sicher, dass ich "wach" war, wie man sagt, nichts, das dem Schlaf ähnelte, und ich dachte nicht nach. Es gab nur das betrachtende Bewusstsein. Aber verinnerlicht. Dann der Wille, um halb fünf aufzustehen. Einmal schaute ich zwischendurch nach der Zeit (an meiner Bettseite steht eine Uhr), es war Viertel nach drei, und ich war erstaunt, ich sagte mir: "Wie ist das nur möglich? Vor einer Minute war es erst halb drei." Dann konzentrierte ich mich ein wenig, um auch wirklich um halb fünf völlig wach zu sein. Und genau um halb fünf: "Wie ist das nur möglich? Eben war es doch noch Viertel nach drei!" Das erstaunte mich, denn ich hatte meinen Körper nicht verlassen, ich weiß, dass ich nicht geschlafen hatte, und das Bewusstsein war völlig unbewegt, fast gänzlich reglos; ein konzentriertes Bewusstsein (aber ein Bewusstsein der "Voraussicht", das sieht, was getan werden muss), einfach so, ohne Denken.

Die Zeit verlief fast augenblicklich.

Hin und wieder passiert mir das während des Tages. Ich trete in einen gewissen Zustand (es dauert nur ein, zwei Minuten), einen seltsamen Zustand: man ist voll wach und bewusst, aber gleichzeitig völlig unbewusst der Zeit und den Dingen gegenüber, die einen umgeben... nicht direkt den Dingen gegenüber, aber jedenfalls nicht auf dieselbe Art bewusst, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.

 

***

 

15. Februar 1967

 

 

(Die folgende Unterhaltung wurde aus dem Gedächtnis notiert. Sie betraf einen jungen Schüler, der nicht verstand, wie alles - Impulse, Begierden usw. - von "außen", von der universalen Natur, kommen konnte, wo doch Sri Aurobindo erklärt hatte, "wir werden zu dem, was wir in uns selbst sehen".)

Ich sagte ihm einmal, dass die Intelligenz in ihm erwache, wenn er imstande sei, sämtliche Gegensätze einander gegenüberzustellen und ihre Synthese zu bilden.

Es fehlt ihnen das Gefühl für die vierte Dimension, deshalb verstehen sie nicht. Dort existiert alles auf sehr konkrete und greifbare Art gleichzeitig, das "Außen" wie das Innen.

Théon zum Beispiel legte großes Gewicht auf die gegnerischen Kräfte, während Sri Aurobindo nicht über sie sprach. Als ich hier ankam, fragte ich ihn: "Aber gibt es denn keine feindlichen Wesen, keine gegnerischen Kräfte?" Er antwortete mir: "Doch, sie existieren, aber um sie zu meistern, ist es einfacher, sie als außerhalb zu betrachten statt in einem selbst als Teil der eigenen Natur." Er betonte die Einheit: alles ist nur das mehr oder weniger entstellte Eine, selbst die "gegnerischen" Kräfte. Im Grunde sind das, was man gegnerische Kräfte nennt, Entstellungen des Bewusstseins. Wenn diese Entstellungen in einem Wesen vorherrschen, seine Natur also entstellten Einflüssen gehorcht und nicht mehr auf den göttlichen Einfluss reagiert, können wir dies als "feindliches Wesen" bezeichnen (es gibt sie, weiß Gott!). Aber hier in Indien betont man vor allem die Idee der Einheit. Offensichtlich kam es bei der Entstehung der Welt zu einer Spaltung, aber es sind hauptsächlich die Tantriker, die diese Tatsache hervorheben; sie sagen, um die Göttlichkeit wiederzuerlangen, müsse man die Einheit der beiden Pole wiederherstellen... all dies sind Formulierungen, Redensarten, die die Lücken stopfen und sich gegenseitig ergänzen. Je nach Individuen, Zeitaltern und Ländern gibt es mehr oder weniger reine oder zutreffende Redensarten. Aber letztlich... Man könnte sagen, der Herr amüsiert sich damit, sich selbst auf alle möglichen Arten etwas zu erzählen.

Steht man ganz unten auf der Leiter des Bewusstseins, werden die Ausdrucksweisen zunehmend konkreter, absoluter, härter und negativer gegenüber all dem, was ihnen widerspricht: das sind die Religionen... Oh, übrigens: angeblich wurde der Papst zum Thema Auroville angesprochen, worauf er wissen wollte, ob es dort eine katholische Kirche geben werde!... Da fragte man mich. Ich sagte: "Nein, keine Kirchen, keine Tempel."

Aber vielleicht wäre es amüsant, wenn alle Religionen aller Länder und Zeiten durch je ein Beispiel vertreten wären. Stell dir vor: eine Stadt der Religionen!... Das Totem neben der Kathedrale! Ach, wie amüsant das wäre! Alle alten Religionen: die ägyptischen, phönizischen und skandinavischen Götter... und dann die neuen.

Sie würden sich alle streiten.

Leider haben die Menschen nicht genug Sinn für Humor. Sonst könnte man sich sehr amüsieren. Der Humor ist ein wunderbares Heilmittel.

Man könnte Besuchsreisen veranstalten wie die der Reiseagentur Cook (!). Eine Tour der Religionen, mit sämtlichen Statuen und Monumenten. Die Erklärungen dazu könnten von irgendeinem Reiseführer vermittelt werden, aber von jemandem mit einer etwas höheren Schau (oh, nicht einmal eine supramentale, nur eine etwas höhere), und man würde die menschlichen Glaubensrichtungen aufzeigen und wie oft die Menschen im Namen "Gottes" Blut vergossen haben.

Wie es scheint, war der blutrünstigste Gott am populärsten. Alle Massaker, alle Schrecken und Folterungen, die im Namen Gottes geschahen...

Dieses Thema interessierte mich sehr, ursprünglich, als die Schule erst dreißig Kinder aufgenommen hatte, wollte ich sogar einen Kurs abhalten [[Siehe im Addendum einen Brief Mutters zu diesem Thema.]] - einen Kurs über die Religionen, ihr ganzes Spektrum angefangen von den Göttern mit dem Kopf eines Vogels oder Schakals bis hin zu den Kathedralen. Oh, schon mit fünf Jahren empörte ich mich über diesen "Gott", der in Wirklichkeit ein böses Wesen war, das Blut fließen ließ.

Man könnte eine "Stadt der Religionen" bauen. Aber man müsste die Atmosphäre vermitteln.

Ein Museum der Religionen?

Nein, ein Museum wäre zu intellektuell - eine Stadt der Religionen. Man müsste die Atmosphäre wiederherstellen mit einem Tempel, einer Kirche, einer Kathedrale, einem Totem... (lachend) Den griechischen Tempel könnte man Ananta [[Ein recht exzentrischer amerikanischer Schüler.]] anvertrauen! Das wäre wirklich einzigartig auf der ganzen Welt.

Aber weißt du, es gibt immer noch so viele fanatische Menschen - mehr, als man glaubt. Man sollte glauben, mit der modernen Entwicklung wäre all dies verschwunden: ganz und gar nicht.

Je weiter ich voranschreite, desto mehr habe ich den Eindruck einer Harmonie. Eine Harmonie, das heißt, eine Vision des Ganzen, wo alles an seinem Platz ist: die Eigenschaften, die Bewegungen, selbst die Formen. Das ist etwas, das sich ausarbeitet, eine Vision nimmt Gestalt an.

Dennoch herrscht äußerlich ein scheinbares Chaos... Weißt du, ein Gleichgewicht besteht aus einer Vielfalt von Verbindungen, die sich gegenseitig stützen und eine Stabilität bilden. Aber wenn man zu einem höheren Gleichgewicht übergehen will, muss all dies gewissermaßen aufgelöst werden (Geste einer Pyramide, die eingeebnet wird), dann auf großzügigere Art neu einbezogen werden, um die Verbindungen auf einem höheren Niveau neu zu gestalten. Der Übergang vom einen zum anderen ist schwierig. Die Störung des Gleichgewichts bereitet ein neues Gleichgewicht vor.

Wir stecken mitten im Chaos.

In so einer Zeit ist die einzige Lösung eine Art Sichzurückziehen (Geste des Rückzugs nach innen), ein unerschütterliches Festhalten an etwas Höherem, um sich daran zu klammern, bis der Sturm vorbei ist. So kann man durchkommen.

***

Addendum

(Schon 1960 hatte Mutter erwogen, einen Kurs über "Die Geschichte der Religionen" abzuhalten, wie aus folgendem Brief auf die Frage eines Lehrers der Schule hervorgeht:)

"...Was war letztlich der okkulte Einfluss des Judentums auf die menschliche Evolution? Je mehr ich darüber nachdenke, desto verworrener und verstrickter erscheinen mir die Fäden von alledem, so dass allein ein Wissen "im Überflug" helfen kann, das Wesentliche herauszuschälen. Somit lege ich alles in Deine Hände, Mutter. Ich hoffe, Du kannst mir sagen, auf welche Weise wir die Frage hier angehen sollen und mir die wesentlichsten Elemente geben, auf denen ich meine Entwicklung aufbauen kann."

November 1960

Ich weiß nicht, was Pavitra dir sagte und dich fragte, aber hier ist eine Zusammenfassung von dem, was ich ihm erklärte. Schon lange trage ich mich mit dem Gedanken, den Schülern - den jungen wie den alten - die besonderen Wahrheiten aufzuzeigen, die am Ursprung aller menschlichen Religionen liegen. Jede von ihnen repräsentiert einen Ausschnitt der ganzen Wahrheit, welche über sie alle hinausreicht. In Sri Aurobindos Schriften wird dies bestens erklärt; ihr müsst sie lesen und studieren, bevor ihr euch überhaupt vorstellen könnt, wie man das Thema angehen kann. Auf jeden Fall kommt es nicht in Frage, wen auch immer zu bitten, dies zu tun. Ich behalte mir dieses Thema vor, denn man kann es nur dann nutzbringend behandeln, wenn man selber die Erfahrung gemacht hat, das heißt, die Wahrheit gelebt hat, die hinter allen Religionen liegt.

Ich hatte lediglich darum gebeten, jemand möge einen vorbereitenden Kurs über "die Geschichte der Religionen" für die Schüler abhalten, und zwar in rein äußerlicher, intellektueller und historischer Hinsicht. Es steht außer Frage, das Thema spirituell anzugehen.

Auf jeden Fall kann nichts Nützliches getan werden, bevor man nicht Sri Aurobindos Schriften zu diesem Thema sorgfältig gelesen hat (in der Synthese des Yoga, im Kapitel "Der Yoga des Wissens" spricht er über die Religionen, auch in den ersten Kapiteln von Essays über die Gita; in Grundlagen der Indischen Kultur, sowie in Gedanken und Aphorismen und vielen anderen Werken). Mach dich folglich zuallererst ans Lesen!

Ich beantworte deine Fragen daher nicht, denn es ist Teil des Kurses, den ich selber abhalten will und den ich auch noch nicht geschrieben habe.

Mit meinen Segnungen

Mutter

 

***

 

18. Februar 1967

 

 

In den letzten Tagen bedachte ich das Verhältnis, das zwischen dem, was in der Vergangenheit erreicht und begründet wurde, und der Haltung einer völligen Annahme dessen, was von der Zukunft kommt, bewahrt werden muss.

Offensichtlich herrscht in der Natur eine Tendenz nach einer langsamen Transformation der Dinge, die wir gewohnheitsmäßig als "gut" bewerten (ausdrucksvoll, gut und harmonisch), zum Neuen hin. Ich betrachtete also, in welchem Maße eine Bindung vorhanden ist: eine Bindung aus Gewohnheit, etwas sehr Spontanes und Nicht-Berechnendes. Gestern erst erlebte ich ein amüsantes Beispiel.

Kennst du die kleine S [[Ein zwölfjähriges Tamilmädchen von sehr dunkler Hautfarbe, das drei Jahre zuvor von einer europäischen Anhängerin adoptiert worden war.]] ? Hast du nie mit ihr gesprochen?... Anscheinend übertrifft sie die Jungen von sechzehn und siebzehn Jahren in Logik und neuer Mathematik. Ich habe sie heute gesehen. Sie ist offensichtlich bemerkenswert intelligent. Gestern war ihr Geburtstag. Du weißt, dass Y (ihre Adoptivmutter) im Krankenhaus ist; sie hatte mich gebeten, jeden Tag etwas für Toth zu schicken (du weißt, wer Toth ist? [[Toth ist ein Affe, der von derselben europäischen Anhängerin adoptiert wurde und ihrer Ansicht nach eine Reinkarnation des ägyptischen Gottes Toth war.]] ), denn es scheint, dass er jedes Mal, wenn er etwas von mir erhält, zwei Stunden lang völlig ruhig bleibt. Am ersten Tag schickte ich etwas. Gestern war der Geburtstag der kleinen S, und ich dachte, anstatt die Frucht für Toth beim Sekretär zu holen, könnte S um zehn Uhr zu mir kommen, damit ich ihr gleichzeitig ihre Karte und die Blumen geben könnte. Aber alles ging drunter und drüber, und es war nicht sehr "wirksam": sie erhielt meine Nachricht nicht. Als sie kam, war es zu spät, denn es war schon halb elf oder elf Uhr, und ich hatte gesagt "vor zehn Uhr". Daraufhin schrieb sie mir einen Brief... Heute sah ich die Kleine, sie ist wirklich sehr intelligent, kein Zweifel. Hier ist ihr Brief (du musst wissen, dass sie schon Französisch konnte, als sie zu Y kam, denn sie hatte es bei den Schwestern gelernt - vor etwa drei Jahren besuchte sie die Missionsschule - und seither gibt ihr Y Französischunterricht):

Liebe Mutter,

Ich bin völlig... [hier fehlt ein Wort] Dich verpasst zu haben. Gestern Abend ist niemand gekommen, um es mir zu sagen. Als man mir deine Geschenke für Toth brachte, hat man mir auch nichts gesagt.

Liebe Mutter, seit gestern morgen wollte die große S [["Die große S" ist das Kind selbst.]] Dich sehen, und jetzt, wo man mir sagt, dass es zu spät sei, und ich fühle, dass ich Dich nicht sehen werde, ist die große S sehr traurig, und das will ich nicht.

S.

Es ist kein Französisch. Man merkt wohl, dass es keine gewöhnliche Denkart ist... Ich fand es interessant. Aber für eine Französisch-Klasse wäre es überhäuft mit Fehlern.

Aber es ist ein "Ton" darinnen.

Ja, so ist es.

Ich war erstaunt, denn Y (die Adoptivmutter) kann offensichtlich gut Französisch und ist sehr wohl fähig, es ihr richtig beizubringen; sie gab sich nicht Mühe (oder wollte es nicht), ich weiß nicht was. Aber es steckt eine gewisse Kraft darin.

Oh, ja.

Interessant.

Im Grunde wollen wir... Wir wissen, dass wir keine künstliche neue Sprache brauchen, aber doch etwas ausreichend Flexibles, um sich an die Bedürfnisse des neuen BEWUSSTSEINS anpassen zu können, und diese Sprache wird sich wahrscheinlich durch die Eliminierung starrer Gewohnheiten aus einer Kombination der bestehenden Sprachen herausbilden.

Das Besondere an den Sprachen (über die Wortunterschiede hinaus) ist die Anordnung, in der man die Ideen darstellt: der Aufbau der Sätze. Die Japaner (und besonders die Chinesen) lösten das Problem, indem sie nur das Zeichen für die Ideen setzten. Dann, unter äußerem Einfluss, fügten sie phonetische Zeichen hinzu, um einen Satz zu bilden; aber die Anordnung und der Aufbau der Ideen sind immer noch verschieden. In Japan und in China ist es anders. Wenn man das nicht FÜHLT, kann man eine Fremdsprache nie wirklich beherrschen. Wir sprechen immer gemäß unserer uralten Gewohnheit (im Grunde ist es für uns nur bequemer, weil es ein Automatismus ist). Wenn ich aber zum Beispiel "empfange", ist es nicht einmal der Gedanke sondern das sich formulierende Bewusstsein Sri Aurobindos, wobei eine Art fortschreitende Annäherung im Ausdruck besteht. Manchmal kommt es sehr klar durch, aber häufig ist es eine spontane Vermischung von französischen und englischen Formen, und ich habe den Eindruck, dass sich etwas anderes ausdrücken will. Manchmal lässt er mich an der Aufzeichnung etwas korrigieren; manchmal kommt es völlig richtig durch, je nachdem... Ja, es hängt von der Durchlässigkeit ab. Wenn man sehr ruhig ist, geht es sehr gut. Doch selbst da sehe ich, dass es nicht ganz Französisch und nicht ganz Englisch ist. Es sind nicht einmal so sehr die Worte (die Worte sind nichts), sondern DIE ANORDNUNG, in der sich die Dinge präsentieren. Nachher sehe ich es objektiv: teilweise präsentiert es sich in französischer, teilweise in englischer Anordnung; dies führt zu einer Mischung, die weder das eine noch das andere ist, wodurch sich das auszudrücken sucht, was man "die neue Ausdrucksform des Bewusstseins" nennen könnte.

Das lässt mich vermuten, dass auf diese Weise etwas Form annehmen wird und dass eine zu strenge, zu enge Bindung an die alten Regeln ein Hindernis für die Entwicklung des Ausdrucks wäre. In dieser Hinsicht ist das Französische dem Englischen weit unterlegen - das Englische ist viel flexibler. Aber die Sprachen in Ländern wie China und Japan, die ideographische Zeichen verwenden, erscheinen unendlich viel geschmeidiger als unsere eigenen Sprachen.

Sicherlich!

Durch die Nebeneinanderstellung von Zeichen können sie neue Ideen und Dinge viel leichter ausdrücken.

Heute, mit dieser "neuen Logik" und der "modernen Mathematik", haben wir einen Satz neuer Zeichen, die universal anerkannt werden, d.h. dieselben Zeichen drücken in allen Ländern, ganz unabhängig von der jeweiligen Landessprache, dieselben Ideen oder dieselben Dinge aus.

Diese neuen Gedanken und Erfahrungen - diese neue Logik und die moderne Mathematik - werden jetzt in allen höheren Kursen gelehrt, aber alle Grund- und Aufbaustudien sind bei der alten Formel geblieben. Ich hatte schon ernsthaft vor, in Auroville Grundschulen und Gymnasien zu gründen, die auf dem neuen System basieren - als Versuch.

Aber wie soll man vorgehen? Dieses Problem interessiert mich sehr. Was können wir tun, um diese neue Ausdrucksweise zu erfassen?

Wir können nur... Meine Erfahrung ist: Wenn ich richtig ausdrücken will, was Sri Aurobindo sagt - er "sagt" es nicht, ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll... sein Bewusstsein selbst wirkt (Geste einer Projektion) - nun, als erstes muss das Mental ruhig sein, das ist klar. Aber die Schwierigkeit liegt im Übergang zum Ausdruck. Ich habe das studiert und gesehen, wie stark diese spontane und automatische Bindung an alte Gewohnheiten besteht.

Ja.

Man müsste sich um dieses selbe empfangende Schweigen bemühen (was ich auch zu tun versuche), und die Inspiration oder das inspirierte Bewusstsein die notwendigen Elemente sammeln lassen. Dazu muss man sehr ruhig sein. Wir müssen sehr anpassungsfähig sein, und zwar im Sinne von sehr surrendered [hingegeben]; ich meine, es mit so wenig wie möglich gewöhnlichen Tätigkeiten vermengen - fast wie ein Automat sein. Aber mit der vollen Wahrnehmung des Bewusstseins, das sich ausdrücken will, damit sich nichts dazumischt. Das ist das Wichtigste: dieses Bewusstsein empfangen und sich daran halten wie an... etwas Heiliges, ohne dass irgend etwas dazukommt. Es besteht also sozusagen ein Problem der Anziehung [[Die "Anziehung" der Worte, die dieses Bewusstsein annehmen.]] und der Konkretisierung im Ausdruck. Ich sage mir immer, wenn ich viele Sprachen beherrschen würde, könnte das von ihnen allen Gebrauch machen; unglücklicherweise kenne ich nur zwei (wirklich "kennen" trifft nur für zwei zu) und habe eine nur sehr oberflächliche und minimale Einsicht in zwei oder drei andere - das genügt nicht. Aber ich bin mit sehr unterschiedlichen Methoden in Kontakt gekommen: mit der des Fernen Orients und des Sanskrits und natürlich mit den Methoden des Westens. Das ergibt trotzdem eine gute Grundlage, die aber unzureichend ist - die Gelehrsamkeit geht mir völlig ab. Ich hatte schon immer den Eindruck, dass die Gelehrsamkeit das Denken verknöchert - das Gehirn austrocknet. (Aber ich achte Menschen sehr, die gelehrt sind, oh, und ich frage sie um Rat, aber... für mich geht das nicht!)

Vor sehr langer Zeit erzählte mir Sri Aurobindo von sich selbst, von seiner Jugend, seiner Ausbildung, da stellte ich ihm die Frage: "Warum bin ich als Individuum so mittelmäßig? Ich kann zwar alles tun - alles, was ich versuchte, konnte ich tun - aber nie auf hervorragende Art: immer so (Geste der Mittelmäßigkeit)." Er antwortete mir: "Weil dies eine große Anpassungsfähigkeit und Spannweite ermöglicht; denn die Leute, die auf einem Gebiet perfekt sind, bleiben konzentriert und spezialisiert." Damals fasste ich dies als Freundlichkeit oder als Tröstung auf, wie man sie einem Kind gibt. Aber jetzt wird mir klar, dass das Wichtigste ist, nicht starr zu sein: nichts darf starr und endgültig sein, es darf kein Gefühl einer Vollkommenheit der Verwirklichung geben - das wäre das Ende des Fortschritts. Das Gefühl der Unfähigkeit (eben im Sinne der Mittelmäßigkeit, von etwas, das nichts Außergewöhnliches an sich hat) hält einen in Erwartung (Geste der Aspiration nach oben) von etwas Besserem. Das Wichtigste ist die Anpassungsfähigkeit - Anpassungsfähigkeit und Weite: nichts als unnütz oder schlecht oder niedrig von sich weisen. Nichts als wirklich höher oder schön fixiert belassen. Immer offen bleiben, immer offen.

Das Ideal ist, diese Plastizität und Aufnahmefähigkeit, dieses Hingegebensein zu besitzen, das heißt, eine so vollkommene Annahme des Einflusses, dass sich das Instrument bei allem, was kommt, natürlich, spontan, mühelos anpasst, um es ausdrücken zu können. Bei allem: bei den bildenden Künsten, in der Musik und in der Schriftstellerei.

(Schweigen)

Von Natur aus war ich recht schüchtern, und ich hatte kein großes Vertrauen in mein Können; allerdings war da auch immer das Gefühl, alles tun zu können, falls es wirklich nötig sein sollte. Bis zum Alter von zwanzig oder einundzwanzig sprach ich sehr wenig, und nie, wirklich nie, hielt ich so etwas wie eine Rede. An Unterhaltungen nahm ich nicht teil, ich hörte wohl zu, aber ich selbst sprach sehr wenig... Dann wurde ich mit Abdul Baha - von der Baha'i Religion - in Kontakt gebracht; er hielt sich damals in Paris auf. Zwischen uns entwickelte sich eine Art Vertrautheit, und ich pflegte zu seinen Treffen zu gehen, weil mich die Sache interessierte. Dann, eines Tages, als ich in seinem Zimmer war, sagte er mir: "Ich bin krank und kann nicht sprechen; geh du und sprich für mich." Ich sagte: "Wer, ich? Ich kann nicht sprechen." Er erwiderte: "Du brauchst nur hinzugehen, dort Platz nehmen, still und konzentriert verharren, und dann wird das, was du sagen musst, einfach kommen. Geh, tu es, du wirst schon sehen!" Nun denn (lachend), ich tat, wie er mich's geheißen hatte. Es waren ungefähr dreißig bis vierzig Leute dort. Ich ging also hin, setzte mich in ihre Mitte und wurde sehr still, absolut still, ohne einen Gedanken... nichts. Plötzlich begann ich zu sprechen, eine halbe Stunde lang - ich weiß nicht einmal mehr, was ich ihnen sagte. Danach waren alle sehr zufrieden. Ich ging zurück zu Abdul Baha, der mir sagte: "Das hast du wunderbar gemacht!" Ich erwiderte: "Ich war es nicht!" Von jenem Tag an hatte ich den Dreh raus, dank Abdul Baha, verstehst du - ich pflegte ganz still zu werden, und alle Worte kamen einfach. Man muss vor allem die Empfindung des "Ichs" verlieren. Das ist die große Kunst in allem, für alles, was immer man auch tut. Ich habe mich auf die Malerei, die Bildhauerei, sogar auf die Architektur eingelassen, ich habe auch musiziert - für alles, aber auch wirklich alles trifft das zu: Wenn man sich von der Empfindung der eigenen Person trennen kann, wird man offen für... die Kenntnis der betreffenden Sache [Skulptur, Malerei usw.]. Es sind nicht notwendigerweise Personen, die sich eurer bedienen, sondern der Geist der Dinge.

Nun, ich glaube, für die Sprache sollte es dasselbe sein. Man müsste mit jemandem in Verbindung stehen oder durch dieses Wesen mit etwas noch Höherem: mit dem Ursprung selbst. Und vor allem: sehr passiv. Aber nicht untätig - passiv im Sinne von vibrierend, aufnahmefähig, aufmerksam, "Das" kommen und sich ausdrücken lassen. Man sieht ja später, was dabei herauskommt... Wie gesagt, man ist beschränkt durch sein Wissen, aber vielleicht liegt dies daran, dass man noch zu sehr eine Person ist, und wenn man völlig plastisch wäre, könnte es anders sein: es gab Beispiele von Leuten, die eine Sprache sprachen, die sie nicht kannten. Folglich...

Das ist interessant.

Für alles besteht das große Geheimnis darin, das Bewusstsein... DAS Bewusstsein ohne Begrenzungen zu halten. Und dann setzt es dies (das Instrument) in Bewegung. Später, wenn die Transformation dann stattfindet, wenn sie total und effektiv geworden ist, wird voraussichtlich eine bewusste Zusammenarbeit bestehen; aber bis jetzt handelt es sich nur um surrender, eine Selbsthingabe; dies stellt sich zur Verfügung - es gibt sich mit Enthusiasmus, mit Freude hin -, es gibt sich hin, damit DAS Bewusstsein sich seiner bedient.

Wenn es so ist, geht alles gut.

Alle alten Gewohnheiten, oh...

So gesehen, wird einem die totale Absurdität der Urteile klar, die zu mehr als 99% auf alten Gewohnheiten basieren: alte Gewohnheiten, was als gut oder schlecht, richtig oder falsch gilt usw.; das automatische Urteil, die automatische Annahme oder Ablehnung...

Diese Geschichte der kleinen S hat mich viel gelehrt. Denn ich sah die Kleine heute morgen. Sie ist schwarz - aber sie war leuchtend, wirklich leuchtend. Ich glaube nicht, dass sie sich dessen bewusst ist (höchstens in dem Maße, wie Y ihr geschmeichelt hat - das ist immer möglich), aber bei ihr ist es sehr spontan, sie versuchte nicht, sich in Pose zu werfen, sie kam nicht für ein Getue: sie kam ganz einfach, um die Frucht und die Blume für Toth zu holen. Sie stand hier vor meinem Tisch, ich sah sie eintreten und sagte: "Das ist seltsam", diese Kleine, die so dunkelhäutig ist... sie war viel heller als die anderen.

Dieser Brief ist so stark!

Sie würde keine Examen bestehen.

 

***

 

21. Februar 1967

 

 

(Botschaft zu Mutters neunundachtzigstem Geburtstag:)

 

 

Wenn Finsternis wächst und der Erde Brust erstickt

und wenn des Menschen leibliches Mental die einz'ge Lampe ist,

wird, wie der Schritt des Diebes in der Nacht, verborgen sein

der Schritt von Einem, der unsichtbar in sein Haus einsteigt.

Sprechen wird eine kaum hörbare Stimme dann, gehorchen wird die Seele,

ins innere Zimmer des Mentals wird eine Macht sich stehlen,

ein Zauber, eine Lieblichkeit des Lebens fest verschlossene Türen öffnen,

und Schönheit wird den Widerstand der Welt bezwingen,

das Wahrheits-Licht durch Überraschung die Natur erobern,

Gottes verstohlener Schritt das Herz zur Seligkeit beflügeln.

Und unerwartet wird die Erde göttlich werden.

In der Materie wird des Geistes Glut entzündet werden.

In Leib um Leib wird dann die heilige Geburt entflammt.

Es wird die Nacht erwachen zu dem Lobgesang der Sterne,

die Tage werden sein wie ein froher Pilgerzug

und unser Wille eine Kraft der Macht des Ewigen,

spiritueller Sonne Strahlen werden die Gedanken.

Wenige werden sehen, was noch niemand jetzt versteht.

Wachsen wird Gott, während die Weisen hier reden und schlafen.

Denn der Mensch wird das Kommende vor seiner Zeit nicht wissen,

und Glaube wird nicht sein, bis dieses Werk getan ist.

[[Savitri, Übers. v. Heinz Kappes, Verlag Hinder + Deelmann, S. 65]]

 

***

 

22. Februar 1967

 

 

(Mutter reicht Satprem den Text einer Antwort:)

"Warum ist die Wahl zwingend?"

Weil wir uns in einem der Augenblicke befinden, die Sri Aurobindo "Stunde Gottes" nennt, und die weltverwandelnde Evolution eine beschleunigte und intensivierte Bewegung angenommen hat.

(Schweigen)

Bist du müde?

Nicht müde: es ist die allgemeine Verwirrung.

Die Nacht geht gut, aber der Morgen... (Mutter schüttelt den Kopf)

(Meditation)

 

***

 

25. Februar 1967

 

 

(Mutter schenkt Satprem eine feuerrote Rose.)

Glaubst du, dass die Natur etwas Besseres erfinden wird?... Ich glaube nicht.

Die Welt der Pflanzen ist so schön! Noch schöner als die der Tiere. Im Hinblick auf das Bewusstsein ist sie offensichtlich begrenzter; eine Pflanze hat nicht das Bewusstsein eines Tieres - die Blumen haben diese Aspiration zum Licht, aber das Bewusstsein ist nicht ausgeprägt. Doch hinsichtlich der materiellen Organisation gibt es nichts Vergleichbares. So wie dieser Baum (die Kokospalme unter Mutters Fenster), ich sehe ihn die ganze Zeit, er ist wunderbar. Wie er kämpft, wie er arbeitet, wie er produziert!

Was die Schönheit betrifft - ich spreche von der materiellen Harmonie -, hat das Mental viel verdorben, sehr viel (wenigstens ist das mein Eindruck).

Und wie wird es in Zukunft sein?... Denn nichts, was ich in Bezug auf die Form sah, hat den Reichtum, die Abwechslung, das Unerwartete, die Schönheit der Farbe und Form dieser Rose. Ich habe einiges gesehen, supramentale Verwirklichungen..., was das Bewusstsein betrifft, sind diese unvergleichlich höher, zweifellos, aber im Hinblick auf die Form...

Diese Formen müssen noch geboren werden.

Hoffen wir es, wirklich!

Es muss so sein.

Ja, hoffen wir es!

Im Hinblick auf das Bewusstsein... Wenn zum Beispiel die Wesen, die ich sah [[Erfahrung des "supramentalen Schiffes". Siehe Agenda Bd. 1, 3. Februar 1958.]], sich irgendwie bekleiden wollten, geschah dies durch die Macht des Willens; vom Standpunkt des Bewusstseins ist das unvergleichlich, aber....

Offensichtlich kann man sich wunderbar bekleiden.

Ja, wie eine Blume. Das Bewusstsein kann dem Augenblick entsprechend alle Farben verändern.

Ach, wie schön das wäre. Wenn man eine schöne Rose werden könnte!...

Ja, das wäre eine Idee! (Mutter lacht)

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Man kann sagen, dass alle Erfahrungen auf eine einzige Offenbarung hin tendieren: allein das Bewusstsein existiert. Nur die Entscheidung oder die Wahl (Worte sind ungenau), die Entscheidung des Bewusstseins erschafft die Formen - alle Formen -, von den subtilsten bis zu den materiellsten. Die materielle Welt, die scheinbare Starrheit der materiellen Welt, rührt von einer Entstellung oder Verdunkelung des Bewusstseins her, weil es das Gefühl seiner Allmacht verloren hat.

Diese Entstellung ist noch ausgeprägter, seit das Mental die Funktion des Bewusstseins so weit übernommen hat, dass es sozusagen an die Stelle des Bewusstseins getreten ist und in seiner gewöhnlichen Funktion nicht mehr vom Bewusstsein unterschieden werden kann - es weiß nicht, was das Bewusstsein ist, und demnach... (Geste einer Schrumpfung und Verhärtung)

Im entwickelten menschlichen Mental wird das sehr präzise und klar sichtbar. Zum Beispiel bei der Funktionsweise des Körpers: der Unterschied zwischen der Handlung und Wahrnehmung des Bewusstseins und derjenigen des Mentals. In unserer Welt, wie sie noch organisiert ist, ist das Mental (das ist ein sehr interessanter Eindruck) sehr viel konkreter - "konkret" im Sinne von dem, was wir nach unserer Gewohnheit (einer schlechten Gewohnheit) real und festgelegt nennen. Es ist nicht transparent, nicht fluide, es ist nicht plastisch und fließend, sondern mental, konkret. Es braucht das angelernte Wissen, alle Kontakte mit der Außenwelt ... Nehmen wir eine Störung in der Funktion des Körpers (die aus allen möglichen Gründen, die auch sehr interessant zu beobachten sind, kommen mag, aber man kann schließlich nicht über alles gleichzeitig sprechen). Die Störung ist vorhanden und drückt sich durch ein Gefühl des Unbehagens aus. Die Art, wie sich das Bewusstsein verhält und handelt, und die Art, wie sich das Mental verhält und handelt, sind völlig verschieden (nicht eigentlich entgegengesetzt, aber ganz und gar verschieden). Dann ist da die Schwäche (ich spreche vom Empfinden des Körpers selbst), die von der alten Gewohnheit herrührt. Es ist kein Mangel an Glauben, denn der Körper weiß auf fast absolute Weise, dass es nur ein Heil, nur einen Retter gibt: DAS Bewusstsein; aber eine Schwäche bewirkt eine Art Erschlaffen, einen Rückfall in die alte Gewohnheit, und hier bedarf es einer Intensität des Glaubens - einer Energie im Glauben -, um nicht nachzugeben. Das spielt sich in einem mikroskopischen Bereich ab, und es ist eine Frage... nicht einmal von Minuten: von Sekunden. Sich gehenzulassen, bedeutet Krankheit; das andere (das Bewusstsein) bewirkt Schritt für Schritt, Schritt für Schritt die Unwirklichkeit der Störung.

Aber dies erfordert eine Intensität des Glaubens, die im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand der Menschheit als wunderbar angesehen werden kann.

Die Annahme der Krankheit bedeutet die Annahme des üblichen Endes, allgemein "Tod" genannt (der nichts besagt), aber immerhin bedeutet es, dass die Zellgruppierung unfähig ist, sich zu transformieren, und sich auflöst.

Solche Dinge geschehen sehr häufig (diese "Sekunden"), und zwar ohne jegliche Beziehung zu den äußeren Umständen, folglich wäre es radikaler und definitiver, wenn man ganz alleine und reglos in Meditation verharren würde. Aber es ist vermischt mit der Bewegung des Lebens, mit den äußeren Umständen, und durch die Erfordernisse dieser äußeren Umstände muss es sich mehr oder weniger unbemerkt abspielen. Dadurch ist das Ergebnis weniger vollständig, nur bruchstückhaft und wiederholt sich immer wieder, erneuert sich... Es erstreckt sich über lange Zeit.

(Schweigen)

All dies ergibt wirklich nur dann einen Sinn, wenn wir am Ende angekommen sind.

Am Ende ergreift das Bewusstsein wieder die Macht.

Selbst wenn die Wirkung weder total noch allgemein ist - ich meine für die ganze Erde -, wird es trotzdem eine gewaltige Wirkung ausüben, und sei es auch nur in einem Punkt.

Voilà. Man muss geduldig sein.

 

 ***

 

2. März 1967

 

 

(Ausländische Besucher betreffend, die Mutter sehen wollen.)

...Mich aufzusuchen, sollte das RESULTAT von etwas sein, nicht der Beginn. Das sage ich ihnen unaufhörlich. Es ist nicht als Impuls gedacht, sondern als Antwort auf eine Vorbereitung, die gefestigt werden muss. Dann hat es einen Sinn. Sie aber kommen: in zwei Minuten ist es getan, sie gehen mit dem Nötigen versehen wieder weg, und damit hat es sich.

***

(Danach kommt die Rede auf Mutters Geburtstag am 21. Februar und die Schwierigkeit, mit dem immer größeren chaotischen Zustrom äußerer Tätigkeiten fertigzuwerden)

Ich lebe in einer wachsenden Verwirrung. Dies hat immerhin den Vorteil: dass es keinen Automatismus mehr geben kann. Wenn man ein wohl organisiertes Leben führt, wird es automatisch - das ist nicht mehr möglich, in jedem Augenblick muss das Bewusstsein wie ein Scheinwerfer sein, ausgerichtet auf das, was zu tun ist. Ich sehe klar, dass es absichtlich so ist. Es geschieht absichtlich.

In dem Entretien, das du mir heute vorgelesen hast, sagte ich manche Dinge, die damals zutrafen, was auch jetzt noch für die Mehrzahl der Leute der Fall ist, für mich aber sind sie nicht mehr wahr [[Es handelt sich um das Entretien vom 14. Mai 1951, den "Zufall" betreffend, wo Mutter insbesondere sagte: "Wenn ein Ereignis nicht das Resultat des unvermischten göttlichen Willens ist, handelt es sich um das, was wir "Zufall" nennen. In der gewöhnlichen Welt untersteht alles dem Walten des Zufalls, ausgenommen, in selteneren Fällen, ein Ereignis, dessen Ursache für die meisten Menschen unergründlich ist, nicht aber für jemanden, der mit dem göttlichen Willen in Beziehung steht. Nur das entzieht sich dem Zufall."]]... Für die jetzige Sicht gibt es nichts, das nicht gewollt wäre und nicht mit einer Absicht geschieht, purposely (nicht wirklich absichtlich, aber mit einem bestimmten Ziel), und gleichzeitig ist alles ein vollkommenes, vielfältiges und integrales Ganzes (deshalb ist es so schwierig zu fassen). Jetzt wird dies sehr klar gefühlt. In den letzten zwei oder drei Tagen war dies Gegenstand einer sehr subtilen, präzisen Beobachtung. Das Zentrum des Bewusstseins liegt ziemlich hoch (weit über den Kopf weisende Geste), früher war es immer hier (Geste oberhalb der Schädeldecke), und es sah die Dinge rund um sich und innen; aber jetzt scheint es emporgestiegen zu sein, und das Bewusstseinsfeld reicht viel weiter. Der Körper ist sozusagen transparent und fast inexistent geworden; ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll... er bildet kein Hindernis für die Schwingungen: alle Schwingungen gehen hindurch. Ich will ein Beispiel geben, um mich verständlich zu machen (absichtlich ohne genauere Angaben): In materieller Hinsicht steht eine gewisse Anzahl Dinge hier unter meiner Kontrolle, für die ich regelmäßig aufkommen muss. Kürzlich kam eine Zahlungsaufforderung, die höher war als üblich; nicht dass sie unvernünftig gewesen wäre, aber ich weiß nicht warum... (denn hier - Geste zur Stirn - geschieht nichts, ich bin nicht nur völlig blank [neutral] sondern transparent, was alles ungehindert hindurchgehen lässt), im Moment der Entscheidung hatte ich sofort die Vision (aber wie gesagt, eine Vision von oben, die ein viel weiteres Feld übersieht) eines Konfliktes, eines Streits, und dabei war etwas in mir sehr ungehalten, wie ein Protest. Ich fragte mich warum. Hätte es sich in Worten ausgedrückt, wäre es eine Empörung über diese Forderung gewesen (ohne dass im Bewusstsein der geringste Grund dafür bestanden hätte; all dies wird völlig unpersönlich). Ich betrachtete dies weiterhin mit der Schau des Bewusstseins, um mich dann wie automatisch durch diesen Mund zu fragen, wie viel diese Erhöhung pro Woche ausmache (denn selbst der mentale Zustand, der das Rechnen ermöglicht, ist überhaupt nicht mehr da: es ist lediglich eine Frage des Bewusstseins). Ich fragte jemand Anwesenden, der mir antwortete. Daraufhin kam sofort die Entscheidung: einmal pro Woche werde ich soundsoviel geben. Alles beruhigte sich. Warum und wie und wer? Ich habe keine Ahnung.

Somit muss ich daraus schließen, dass es sich um ein sehr erhabenes Bewusstsein handelt, das die Situationen mit Gründen betrachtet, die uns völlig entgehen, und das sieht, wie die Dinge getan werden müssen, ein Bewusstsein, das alle Bewegungen hervorbringt (globale Geste, das Spiel der Kräfte anzeigend), bis alles getan ist, wie es getan werden soll. Wo es noch eine Person gab, besteht sie jetzt nicht mehr - es gibt keine "Personen" mehr: nur noch Kräfte in Bewegung, die gewisse materielle Handlungen hervorrufen.

Seitdem habe ich festgestellt, dass dies für alle Dinge, die den Körper betreffen, zutrifft. Der Körper selbst hat kaum noch die Empfindung seiner Grenzen (Geste, als ob die begrenzende Form sich aufgelöst hätte). Das ist recht neu. Es hat sich ganz allmählich eingestellt, aber es ist ziemlich neu, daher ist es schwer auszudrücken. Der Körper selbst fühlt sich nicht mehr eingegrenzt (dieselbe Geste): er fühlt sich ausgebreitet in alles, was er tut, in alles, was ihn umgibt, in alle Dinge, Leute, Bewegungen, Gefühle, in alles... Er ist so ausgebreitet.

Das ist sehr amüsant geworden, sehr interessant. Es ist wirklich neu.

Seit dem 21. Februar wurde es noch deutlicher. Ein oder zwei Tage zur Zeit des Geburtstags waren sehr schwierig, dann vollzog sich eine Art innere Anpassung, wonach die Erfahrung kam. Sie war das Ergebnis von alledem. Eine wirkliche Änderung.

Man muss ein wenig aufmerksam und achtsam sein, um sich nicht zu stoßen oder um die Dinge nicht fallen zu lassen: die Bewegungen sind ein wenig unsicher. Es ist sehr interessant. Wahrscheinlich eine Übergangszeit, bis sich das wahre Bewusstsein eingestellt hat; dann wird sich eine völlig andere Funktionsweise entwickeln als zuvor - von unvorstellbarer Präzision und einer ganz anderen Beschaffenheit. Zum Beispiel ist bei vielen Dingen die Sicht viel klarer mit geschlossenen als mit offenen Augen (schon seit langem). Aber die gleiche Klarheit beginnt jetzt auch mit offenen Augen zu kommen, sie sehen jetzt anders (Geste, das Innere der Dinge zeigend).

Bei alldem gibt es amüsante Details, die ich dir erst später erzählen kann, denn es geht dabei um bestimmte Personen (es ist nur interessant mit den Namen)... Es betrifft die Macht der "Mutter" und wie sie sich manifestieren wird - amüsante Dinge, vielleicht Ambitionen (es nahm den Anschein von Ambitionen an), aber ich schaue (das "Ich" dort oben, das wahre "Ich" schaut), um herauszufinden, ob es einer konkreten Realität entspricht... In äußerer und gewöhnlicher Hinsicht (so ist es nicht, es wird nicht so GESEHEN), aber übertragen auf die Sicht des menschlichen Bewusstseins, sind es Ambitionen, verursacht durch die Tatsache des zunehmenden materiellen Alters (Mutter wurde eben 89 Jahre alt), demzufolge sich (lachend) mein Verschwinden voraussehen lässt. Sehr amüsant. Aber ich werde dir später davon erzählen.

Gut. (Mutter lacht herzlich)

Du musst seltsame Dinge sehen!

Es bleibt abzuwarten, wann ich verschwinden werde... Sri Aurobindo sagte mir: "Dein Körper auf der Erde ist..." Er sagte: "Ich sehe, dass dein Körper der einzige ist, der genügend Ausdauer hat, um der Prüfung standzuhalten." Aber der Körper wusste nichts davon, er hat keine Ambitionen und schon gar keine Anmaßungen; doch als er mir sagte: "Du wirst die Arbeit tun", sagte ich auf dieser Grundlage "ja" dazu. So sei's denn.

Aber jetzt sehe ich - habe ich gesehen: es ist schwer, durchzuhalten. Alles in allem erfordert es eine unerschütterliche Energie - eine konstante Energie, so (unbeugsame Geste) - und gleichzeitig eine totale Bescheidenheit, die bereit ist, ALLES aufzugeben, denn alles, was existiert, ist nichts im Vergleich zu dem, was sein soll. Eine totale Bescheidenheit. Es gibt nicht viele solche Körper, glaube ich. Er hat wirklich (lachend) einen guten Willen!

Oh, es gab Augenblicke... In manchen Minuten (es könnte kaum länger andauern) ist es wirklich hart. Gerade in diesen Tagen. Der Körper kann es nur überstehen, weil er in diesem Augenblick völlig so ist (Geste der Hingabe): "Herr, was immer Du willst." Nichts - nicht denken, nicht spekulieren, nichts: "Was immer Du willst." Und: "Du allein existierst." Voilà.

Angstgefühle, nicht wahr... im gewöhnlichen Bewusstsein würde sich das durch kaum zu ertragende physische Schmerzen ausdrücken, aber die Gnade ist da - die Unwirklichkeit des Leidens ist glücklicherweise da.

Oh, eine wunderbare Gnade.

Es waren einige schwierige Tage, und das Resultat davon ist, dass sich sogar das Bewusstsein des Körpers verändert hat. Sein Bewusstsein ist dort oben: hier drinnen ist nichts mehr; er ist nur noch wie etwas, wodurch alles hindurchgeht.

(Schweigen)

Eine einzige Ambition hat er vielleicht noch (jedenfalls drückt es sich durch diese Aspiration aus): den Wunsch, dass diese Unwirklichkeit des Leidens überall gespürt werde. Angesichts der Möglichkeit, die Unwirklichkeit des Leidens überallhin zu vermitteln, kommt eine Freude auf - ein Licht, eine Freude im Körper. Das macht ihn glücklich. Folglich sagt das Bewusstsein dort oben: "So ist es, so wird es sein." Voilà.

 

***

 

4. März 1967

 

 

(Über Sri Aurobindos Aphorismus 126:

 

"

Auch das strengste Naturgesetz ist nur ein vorgezeichneter Prozess, den der Herr der Natur formuliert hat und ständig benützt: Der Geist hat es geschaffen, und der Geist kann es überschreiten, aber zuerst müssen wir die Tore unseres Gefängnisses öffnen und lernen, mehr im Geist als in der Natur zu leben.")

 

 

Das war genau das Thema der... (kann man es Meditation nennen?) jedenfalls der Arbeit von heute morgen. Es kam so klar. Doch das sind keine literarischen Erfahrungen, es lässt sich nicht formulieren

[[Von nun an wird Mutter diese "Kommentare" zu den Aphorismen einstellen und ihre Erfahrung sich frei entwickeln lassen, ungehindert vom künstlichen Rahmen eines "Kommentars". 1969 nimmt sie auf Drängen einer Schülerin diese Kommentare vorübergehend wieder auf, indem sie in wenigen Worten schriftlich gestellte Fragen beantwortet.]].

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Jemand hat gerade von zwei Seiten gleichzeitig (Geste nach rechts und nach links) je eine Schale mit Trauben gebracht. Die eine war für dich und die andere für mich.

Seit zwei oder drei Tagen wollen Wesen des Vitals ihren guten Willen bekunden, und dies war wie der Ausdruck ihres guten Willens. Im Vital besteht die Nahrung sehr häufig aus Trauben. Trauben von übrigens unvergleichlicher Schönheit. Die Traube ist die Frucht des Lebens. Ich nehme an, das ist der Grund. Zwei Reben: eine große und eine weniger große; ich weiß nicht, für wen die größere war: es kam von zwei Seiten und wurde so dargereicht (Geste zur Linken und Rechten von Mutter), eine war auf einer Schale, die andere auf einem Viereck aus weißem Papier. Mir schien, dass die auf dem weißen Viereck für mich war.

Wirklich schöne Trauben! Weißt du, Trauben, die beim Reifen transparent und golden werden. So große Beeren (ungefähr 5 cm).

(Schweigen)

Ich habe auszudrücken versucht, was sich heute morgen ereignete, und die ganze Zeit kommt mir: "Aber das sind keine literarischen Erfahrungen, sie lassen sich nicht ausdrücken."

(Schweigen)

Die Wesen des Vitals sagten mir: "Es gab eine Zeit, wo du von uns Gebrauch machtest, und wir waren sehr glücklich. Warum benützt du uns jetzt nicht mehr?" Ich darauf: "Wenn ihr arbeiten wollt, werde ich euch bestimmt nicht daran hindern!"

Das geschah gestern Abend. Man stellte mir Fragen über die Levitation (Fragen, wie sie ein heutiges Kind stellen würde), z.B.: "Aber wenn man nicht mehr diesem Gesetz unterworfen ist, was verhindert dann, dass man einfach in die Luft wegfliegt?" Ich antwortete, dass nach meiner Erfahrung Levitation nicht dadurch geschieht, dass man sich dem Gesetz der Schwerkraft entzieht, sondern weil die physischen Körper von materialisierten vitalen Kräften (teilweise materialisiert) getragen werden. Das brachte mich wieder in Kontakt mit diesen Kräften und Wesen. Und siehe da! (die Trauben)

Wenn man schläft (d.h. wenn der Körper in Trance ist), kann man durchaus essen. Man spürt den Geschmack, während man sich außerhalb des Körpers befindet. Es ist sogar ausgesprochen nahrhaft und kräftigend. Ich habe sehr oft auf diese Weise gegessen, vor allem Trauben - Trauben dieser Art.

***

(Etwas später)

Ja, ich sehe immer klarer, dass es für das Problem der Transformation drei Ansätze, drei Vorgehensweisen gibt, und der Vollständigkeit halber müsste man die drei kombinieren.

Die eine - natürlich die wichtigste - könnte man die "spirituelle" Weise nennen, die auf dem Kontakt mit dem Bewusstsein basiert; es handelt sich um diese drei Aspekte: Liebe-Bewusstsein-Macht in ihrer höchsten Form. Der Kontakt, die Identifikation: alle materiellen Zellen dazu in Stand setzen, Ihn zu empfangen, Ihn auszudrücken - Das zu SEIN.

Von allen Mitteln ist dies das mächtigste und unerlässlichste.

Dann der okkulte Weg, der alle Zwischenwelten ins Spiel bringt. Es gibt ein sehr detailliertes Wissen über all die Mächte und Persönlichkeiten, alle Zwischenbereiche, und wie man sich all dessen bedient [[Der folgende Satz wurde später von Mutter hinzugefügt.]]. Dabei bedient man sich der Götter des Übermentals: dies ist der zweite Weg. Schiwa, Krischna, alle Aspekte der Mutter sind Teil des zweiten Weges.

Und schließlich der Ansatz des höheren Intellekts, die Fortsetzung des wissenschaftlichen Geistes, der das Problem von unten aufgreift und auch seine Bedeutung hat. Vom Standpunkt des detaillierten Vorgehens aus gesehen reduziert er die Ungenauigkeiten und ermöglicht eine direktere und präzisere Aktion.

Wenn man die drei kombinieren kann, wird die Sache offensichtlich schneller vorangehen.

Ohne den ersten Weg ist nichts möglich, ja, die anderen sind sogar illusorisch ohne den ersten: sie führen nirgendwohin, man dreht sich endlos im Kreise. Aber wenn man den ersten durch die beiden anderen ergänzt, wird die Aktion präziser, direkter und schneller sein, glaube ich.

So lautet das Ergebnis meiner "Studien" der letzten Tage.

 

***

 

7. März 1967

 

 

Ich habe eine Anzahl von Fragen erhalten, die von älteren Schülern gestellt wurden (keine kleinen Kinder), und zwar über den "Tod", die Bedingungen des Todes, warum es im Augenblick so viele Unfälle gibt usw. Zwei von ihnen habe ich schon geantwortet. Natürlich auf mentaler Ebene, aber mit der Bemühung, darüber hinauszugehen.

Diese Art mentale Logik will... ja, dass die Dinge sich nach dieser Logik verhalten, und so kamen sie zu unmöglichen Fragen.

(Text der Fragen)

Werden der Augenblick und die Art des Todes immer von der Seele gewählt? Haben bei großen menschlichen Zerstörungen durch Bomben, Überflutungen, Erdbeben alle Seelen gewählt, in diesem Augenblick zusammen zu sterben?

 

Der weitaus größte Teil der menschlichen Wesen hat ein kollektives Schicksal. Für sie stellt sich die Frage nicht.

Jemand mit einem individualisierten psychischen Wesen kann selbst inmitten kollektiver Katastrophen überleben, wenn das die Wahl seiner Seele ist.

 

 

Wie ist die Seele nach dem Tod, wenn sie von ihrem physischen Wesen, von ihrem Vital, von ihrem Mental abgetrennt ist, sich ihrer Existenz bewusst?

 

 

Höchsten Göttlichen. Ich verstehe nicht, warum der Herr einen Körper benötigen sollte, um sich seiner Existenz bewusst zu sein.

 

 

Nichts sehr Neues, aber es ist eine Erweiterung des Bewusstseins, und gerade in letzter Zeit sind all diese Fragen in der Atmosphäre aufgetreten, verbunden mit dem deutlichen Eindruck, dass der Mensch nichts über den Tod weiß - er weiß nicht, was es ist, er weiß nicht, was geschieht, er stellt allerlei Hypothesen auf, aber es gibt keine Gewissheit. Indem ich die Frage verfolgte und nicht nachließ, kam ich zu dieser Schlussfolgerung: Es gibt nichts, was wirklich der Tod ist.

Es ist nur ein Anschein - ein Anschein, der aus einer begrenzten Sicht resultiert. Aber es besteht keine radikale Veränderung in der Schwingung des Bewusstseins. Dies kam als Antwort auf eine Art Besorgnis in den Zellen über die Ungewissheit, was der Tod wirklich ist, und die Antwort kam sehr klar und beharrlich: Nur das Bewusstsein kann es wissen, denn... die Bedeutung, die dem Unterschied zwischen den beiden Zuständen beigemessen wird, ist rein oberflächlicher Natur und basiert auf einer Unkenntnis des eigentlichen Phänomens. Jemand, der fähig wäre, die Kommunikation aufrechtzuerhalten, könnte bestätigen, dass es für ihn selbst keinen beträchtlichen Unterschied macht.

Aber dies wird gerade ausgearbeitet. Es gibt noch unpräzise Stellen und fehlende Details in der Erfahrung. Wir sollten also lieber warten, bis das Wissen vollständiger ist, denn anstatt eine Annäherung mit Vermutungen zu geben, ist es besser, eine vollständige Tatsache mit der totalen Erfahrung darzulegen. Deshalb werden wir das Thema auf später verschieben.

Aber du sagst, es bestehe kein Unterschied... kann man denn auf der anderen Seite weiterhin die Wahrnehmung der physischen Welt haben?

Ja, ja, so ist es!

Die Wahrnehmung der Wesen, der... [Satprem wollte sagen: der Möwen auf dem Meer, der Bäume, der schönen Sonnenstrahlen auf der Erde].

Ja.

Nur, anstatt einer Wahrnehmung.... Man verlässt einen gewissen illusorischen Zustand und eine bestimmte Wahrnehmung der Erscheinungen, aber man hat eine Wahrnehmung. Es gab Momente, in denen ich die Wahrnehmung hatte, ich konnte den Unterschied erkennen, nur war die Erfahrung nicht total (weil sie von Leuten unterbrochen wurde), deshalb ist es besser, noch ein wenig zu warten, bevor wir darüber sprechen.

Aber die Wahrnehmung ist da.

Nicht absolut identisch, aber manchmal mit einer noch größeren Wirksamkeit. Es wird nicht wirklich von der anderen Seite wahrgenommen. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Da ist das Beispiel (kein Beispiel: die gelebte, volle Wahrnehmung) eines Wesens, das, nachdem es seinen Körper verlassen hatte, jahrelang mit mir lebte und in völlig bewusstem Kontakt blieb (es hatte den Körper ganz und gar materiell verlassen), wonach es sich mit einem anderen lebenden Wesen nicht direkt verschmolz, aber doch eng verband, und das Leben in dieser Verbindung mit SEINEM EIGENEN BEWUSSTSEIN fortsetzte. Ich kann weder Namen nennen, noch Tatsachen angeben, aber all dies ist so konkret, wie es nur sein kann [[Es handelt sich um den Sohn eines Diplomaten, von dem Mutter schon einmal sprach und der sich mit Pavitra verband (siehe Agenda Bd. 7 vom 23. Februar 1966).]]. Und die Erfahrung geht weiter.

All dies wurde gesehen - ich sah es vor langer Zeit, aber eben heute morgen kam es zurück, wie um das neue Wissen zu veranschaulichen. Außerordentlich konkret in seinen Auswirkungen (diese "Verbindung"): es veränderte die Fähigkeiten und die Bewegungen des anderen Bewusstseins. Bewusst - ein absolut bewusstes Leben. Und es ist dasselbe Bewusstsein, das zu der Zeit bewusst war, als überhaupt kein Körper mehr vorhanden war und die Präsenz nur in der Schau der Nacht sichtbar war.

Es gibt noch weitere Fälle.

Dieser eine ist sehr nah und vertraut, deshalb konnte ich alle Details genau verfolgen.

Aber erst mit dieser neuen Sicht ist es klar, präzise und OFFENSICHTLICH geworden, denn... (wie soll ich sagen?) ich wusste es zwar schon vorher, aber jetzt habe ich es mit dem neuen Bewusstsein, mit der neuen Art zu sehen wiedergesehen, worauf das Verständnis total war, die Wahrnehmung war total und völlig konkret, mit Elementen, die vorher gänzlich fehlten - überzeugende Elemente, die bei der ersten Wahrnehmung völlig fehlten, als es noch ein vital-mentales Wissen war. Jetzt ist es ein Wissen des Bewusstseins der Zellen.

Aber all dies wäre nur interessant mit allen Tatsachen (die im Moment nicht gegeben werden können). Ich möchte eine vollkommenere und sozusagen "unpersönlichere" Erfahrung haben, das heißt keine durch Tatsachen illustrierte Beschreibung, sondern eine Gesamtschau des Vorgangs. Dann erst werde ich darüber sprechen können.

Es wird kommen.

 

***

 

11. März 1967

 

 

Da ist eine Frage der Terminologie aufgekommen. Ich wollte dem dritten Band der Entretiens folgende Notiz vorausschicken: "Wir wollten diesen neuen Band mit dem Entretien vom 29. Februar 1956 beginnen, denn an diesem Datum ereignete sich während der Meditation, die dem Unterricht folgte,..." Was?... "die erste Herabkunft der supramentalen Kräfte in das Unbewusste"?

(Mutter schüttelt verneinend den Kopf)

Es war: Licht-Kraft und Macht. Es kam nicht in das Unbewusste, sondern in die Atmosphäre der Erde.

Licht-Bewusstsein-Macht?

"Bewusstsein" ist Teil des Ganzen, das kommt später.

Supramentale Licht-Kraft-Macht?

Ja.

Trifft das Wort "Herabstieg" zu?

Man kann nicht sagen, dass es ein Oben und Unten gab, so war es nicht. Besser wäre "Manifestation". Die Schranke war gebrochen, und der Strom konnte sich ergießen.

Es ist besser, "manifestieren" zu nehmen.

***

(Etwas später, über das ungeheure Durcheinander auf Mutters Tisch)

...Deshalb liegen so viele Dinge auf meinem Tisch. Man gibt mir etwas, und darin ist ein guter Gedanke, eine Kraft enthalten, etwas, das mich in Kontakt mit der Person bringt, also lasse ich es auf dem Tisch, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. All diese Dinge stellen gewöhnlich den Kontakt zu jemandem dar. Daher bewahrte ich sie dort auf (und so wird es natürlich immer mehr). Manchmal kommen Kinder (ganz kleine Kinder); wenn diese etwas sehen, werden ihre Augen ganz groß, und ich gebe es ihnen. Ich frage mich immer (lachend), was wohl mit dem geschieht, was in der Sache enthalten ist, was für ein Kreislauf entsteht da?

(Mutter hält Satprems Hände lange zwischen den ihren)

Ich lasse euch sehr schnell voranschreiten.

 

***


 

15. März 1967

 

 

Jetzt haben sich die Rosen geöffnet (Mutter reicht Satprem eine Rose), aber diese hat eine prächtige Farbe. Ist sie nicht schön?

Heute morgen hatte ich eine amüsante Erfahrung mit Rosen. Da war eine geschlossene Knospe - dick und hart, rot. Ich nahm sie, dann betrachtete ich sie, und meine Finger strichen so über die Blume... da öffnete sich vor mir ein Blütenblatt nach dem anderen, eins nach dem anderen (Geste einer sich öffnenden Blüte). Sie war völlig hart und geschlossen; ich nahm sie und sagte: "Wie schade." Ich wollte sie eben ins Wasser zurückstellen, damit sie sich öffne, und noch während ich sie betrachtete... Das war so hübsch, weißt du! Glücklich, einfach so, als ob sie mir sagen würde: "Oh, wie bin ich glücklich!"

Blumen und ich sind gute Freunde, muss ich sagen.

In der Vergangenheit nahm ich manchmal verwelkte Blumen (das war zu der Zeit, als ich mit Théon Okkultismus praktizierte - es geschah mehrmals), eine Blume ließ den Kopf hängen: ich nahm sie in meine Hand, betrachtete sie, worauf sie sich lächelnd ganz allmählich aufrichtete.

Sie sind sehr empfänglich.

***

(Etwas später)

Sehr amüsant, alle Erfahrungen, die man im Vital, im Mental und darüber macht, hat man auch im Materiellen, im zellularen Bewusstsein, sozusagen als Reproduktion, nur mit einer kleinen Änderung aufgrund der Materie. Wenn man zum Beispiel Wasser aufrührt und schüttelt, ist es nicht mehr transparent; die Bewegungen trüben das Wasser. Man kann nicht mehr hindurchschauen. Materiell ist es dasselbe: wenn man erregt ist, wenn man nicht diese Art Ruhe hat (die nicht unbewegt ist, sondern das Gegenteil von Erregtheit, ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, einfach etwas Unerschütterliches). Sehr wenige Leute haben das; sobald sie sich mir nähern, entstehen deshalb sofort... (vibrierende und brodelnde Geste in der Atmosphäre) Vibrationen, eine Unordnung und eine aufkommende Verwirrung. Im kleinen Maßstab erlebt man dies bei Leuten, die zu mir kommen, im großen Maßstab bei den Bewegungen im Aschram und in noch größerem Maßstab bei den Bewegungen der Erde. Mit dieser Art mentaler Unruhe bei den Leuten (Aufregung und Agitation) ist es dasselbe: sobald Aufregung und Unruhe auftreten, ist es unmöglich, klar zu sehen; es bewirkt dasselbe wie im Wasser, es löst etwas aus (dieselbe brodelnde und vibrierende Geste), viele Bewegungen der Verwirrung, und man sieht nichts. Materiell ist es dasselbe. Sobald es ein Problem zu lösen gibt (besonders bei materiellen Problemen), haben die Leute die Angewohnheit, sich aufzuregen, und dann ist es absolut unmöglich, eine Lösung zu finden. Das verschlimmert die Verwirrung.

Diese Erfahrung mache ich ständig, in jeder Minute. Was immer auch die Intensität der Handlung sein mag (oder die Intensität des zu lösenden Problems), wenn ich mich in meiner normalen Atmosphäre befinde, sehe ich klar, und die Lösung drängt sich absolut klar und unwiderstehlich auf: so muss gehandelt werden. Sobald die erregte Atmosphäre von jemand anderem hinzukommt (es gibt nicht einen unter Tausend, der nicht unruhig wird, zumindest innerlich ein wenig, sobald ein Problem auftritt), beginnt es, so zu werden (dieselbe vibrierende Geste), was einen nicht nur hindert zu sehen, sondern die Dinge selbst verzerren sich! Und die Lösung... Man muss die Unordnung beseitigen, bevor man über die Lösung nachdenken kann. Diese Erfahrung wiederholt sich ständig. Ich sehe eine Menge Leute; manche bringen ihre Verwirrung schon mit, wenn sie in die Atmosphäre eintreten, und man sieht nichts mehr - man muss warten, versuchen zu beruhigen, und erst dann kann man sehen. Bei manchen beruhigt es sich nie - es ist hoffnungslos, man kann sie nur wieder wegschicken. Andere beruhigen sich nach einer gewissen Zeit, und man kann allmählich sehen und wissen, was zu tun ist.

Materiell drückt es sich auf sehr interessante Weise aus. Wenn ich allein bin und alles in meiner Atmosphäre ruhig ist, kann ich jederzeit jeden beliebigen Gegenstand nehmen: er ist an seinem Platz, kein Problem. Sobald aber jemand da ist (wer auch immer), entsteht eine kleine Vibration (dieselbe vibrierende Geste). Bei bestimmten Personen verschlimmert sich die Vibration sehr - und ich verliere meine Dinge. Ich verliere sie fast unwiederbringlich, bis die Atmosphäre sich wieder beruhigt. Ganz natürlich kommt die Sache dann zurück, fast, als wäre sie verschwunden gewesen und wieder aufgetaucht - sie ging nicht fort, sie kam nicht wieder: nur die Verwirrung verschleierte alles -, ich finde die Sache genau an ihrem Platz. Das geschieht von morgens bis abends (ich kann nicht sagen von abends bis morgens, denn in der Zeit trete ich in einen anderen Bereich). Aber es geschieht ständig. Daher habe ich den Eindruck, in ständiger Verwirrung zu leben.

Manchmal wird es sehr unangenehm. Zum Beispiel morgens, wenn hier drei oder vier Verwirrungen zur selben Zeit herrschen, spitzt es sich zu. Dafür habe ich nur eine Lösung: irgendwo allein sein und so verharren (Geste des Rückzugs in eine absolute Unbewegtheit), bis alles wieder in seine Ordnung kommt. Alles ordnet sich wieder, die Gegenwart des Herrn ist wieder da... sie ist zwar immer da, aber sie kann sich ausdrücken, sie kann sich manifestieren - dort (in dieser Verwirrung) dringt sie nicht durch. Wenn ich mich ruhig verhalte, geht es gut, und ich kann mit den neuen Störungen, die eindringen, fertig werden (unter der Bedingung, dass sie sich nicht zu sehr überstürzen), aber ich komme zurecht. Tatsächlich schaffe ich es immer irgendwie, aber es gibt Störungen, die nicht sein dürften, die unnütz sind. Immer verspüre ich das Bedürfnis, den Leuten zu sagen: "Oh, ich bitte euch, seid doch endlich ruhig!..." Aber keine apathische Ruhe, nicht regungslos in einer Ecke stehen (denn sonst geht das Brodeln noch innen weiter), nein: wirklich ruhig (weite Geste) im Bewusstsein selbst, dann wird alles transparent. In dieser Klarheit sieht man sehr gut, man entscheidet sehr gut, alles ordnet sich, und die Dinge organisieren sich von selbst, man braucht nicht einmal einzugreifen.

Alle Schwierigkeiten... In letzter Zeit studierte ich das im Hinblick auf politische Organisationen, die Beziehungen zwischen den Nationen, alle die zu lösenden Probleme, und es ist überall dasselbe: die Leute sind so (dieselbe vibrierende Geste), die ganze Zeit über... eine Aufregung hier, eine andere dort, und man sieht nichts mehr! Man kann nichts mehr sehen. Wenn man aber einen Moment ruhig innehalten kann...

Alle Fragen, die man mir stellt, sind so (unzählige Fragen werden mir gestellt), alles ist so (dieselbe Geste), alles, und man kann nichts sehen. Wenn man sich sehr ruhig verhält... geht das Licht hindurch, es wird klar, transparent, und... es wird so natürlich, so einfach! So offensichtlich: nur EINE Sache, die getan werden kann, und es ist die wahre Sache. Alles übrige... (dieselbe Geste eines Brodelns)

Manche Leute leben in einem ständigen Wirbel und sind dann sehr erstaunt, wenn alles schlecht läuft! Sie haben Schwierigkeiten und... Es ist immer so (dieselbe Geste).

Ich spreche natürlich nicht von jenen, die träge und vollkommen untätig sind; die sind wie eine leblose Masse, so dass das Licht nicht hindurchdringen kann - die Aufregung der anderen geht hindurch und rührt sie auf. Nein, ich spreche von einem Licht... (weite Geste), das unberührt davon über den Dingen steht und das sieht. Es ist in einer... (wie soll ich sagen?) Das ganze Universum schreitet mit phantastischer Geschwindigkeit voran und zugleich in völliger Unbewegtheit. Worte erscheinen idiotisch, aber man fühlt es - man fühlt es, man sieht es, man kann es leben. Eine leuchtende Unbewegtheit, die mit phantastischem Tempo voranstürmt.

In dieser Unbewegtheit herrscht eine vollkommene Transparenz..., und das Problem besteht nicht: die Lösung geht dem Problem voraus. Das heißt, die Dinge organisieren sich (die universalen Kräfte andeutende Geste) auf solche Art, dass sie ihre Position ändern oder einen anderen Platz einnehmen können, um das Neue auszudrücken, das sich manifestieren will: immer dringt etwas Neues in die Manifestation ein - bricht aus dem Nicht-Manifestierten - und transformiert es. Und dies geschieht automatisch. Eine unermessliche Bewegung... (Mutter lächelt mit geschlossenen Augen), an der man nur teilnehmen kann, wenn man vollkommen friedlich, ruhig und transparent ist.

(Mutter nimmt Satprems Hände und schaut ihn lange an)

Sag, wäre es nicht schön, wenn man das Bewusstsein der Leute wie eine Blume nehmen könnte, und dann, weil man es betrachtet und hält und mit dieser Schwingung der höchsten Liebe erfüllt, öffnet es sich, ordnet sich und wird prachtvoll.

Wie schön, wenn man das tun könnte - (lachend) vielleicht kann man es tun.

Ja, genau das tust du!

 

***

 

22. März 1967

 

 

Sehr interessant... Seit der "Neujahrsbotschaft" [["Menschen, Länder, Kontinente! Die Wahl ist zwingend: die Wahrheit oder das Verderben."]]... sie ist in aller Munde, sie war ein guter Schock; sogar in den Regierungskreisen, überall, und nun gibt sich jeder als "Verteidiger der Wahrheit" aus, und man stellt mir Fragen, und jeder wundert sich, warum die Wahrheit, so wie er sie auffasst, nicht schon in der Welt begründet ist. In zunehmendem Maße muss ich jetzt die Wahrheit gegen all diese Auffassungen der Wahrheit verteidigen! Das ist recht interessant.

Zum Beispiel gibt es hier diese alten Vorstellungen über vegetarische Ernährung. Manche Leute schreiben mir empört, dass man im Aschram diese "heiligen Regeln" immer öfter breche. Man hatte mir ein erstes Mal geschrieben und um Antwort gebeten; ich antwortete nicht sofort; da schrieb man mir ein zweites Mal und beschwerte sich: "... Wenn Sie nicht antworten, was können wir dann tun?" Ich antwortete (wahrscheinlich werden sie ihre Frage jetzt bereuen):

 

Die Wahrheit ist kein Dogma, das man ein für allemal lernen und als Richtschnur nehmen kann. Die Wahrheit ist unendlich wie der höchste Herr, und für die Aufrichtigen und Aufmerksamen manifestiert sie sich in jedem Augenblick.

 

Ich hätte andere Dinge hinzufügen können, die ich nicht aussprach, um keine zu offene Schlacht zu liefern!

Am selben Tag, nämlich heute, erhielt ich einen anderen Brief... der ganze Brief zieht über alles her, was sich im Aschram abspielt: "Was! Dieser Ort ist ja schlimmer als die restliche Welt!" usw. (Und das natürlich im Namen der "Wahrheit".)

Daher (lachend) antwortete ich:

 

Wenn die Wahrheit sich so manifestieren würde, dass sie von allen gesehen und verstanden werden könnte, wären sie erschreckt über die Ungeheuerlichkeit ihres Unwissens und ihrer falschen Interpretation.

 

Diesmal habe ich hart zugeschlagen.

Und so geht das weiter.

Tag für Tag geht es so, es spitzt sich zu. Jeder hält sich für einen "Verteidiger der Wahrheit". Beim einen geht es um die Ernährung, beim andern um Geld, bei wieder einem anderen um Geschäfte, bei noch einem anderen um Beziehungen... - jeder hat sein Steckenpferd.

Es ist erstaunlich, dass mir bis jetzt noch kein einziger gesagt hat: "Vielleicht sind meine Ideen nicht wahr" - Nicht einer! "Vielleicht ist meine Art, die Dinge zu sehen und zu fühlen, nicht wahr" - Nicht einer. Sie stehen alle vollkommen in der Wahrheit.

Sehr interessant.

Oft sind die Verteidiger der Wahrheit schlimmer als die Feinde der Wahrheit.

(Mutter nickt bejahend)

Aber ich kann nichts dazu sagen, denn ich bin dafür verantwortlich, ich habe ihnen ja gesagt: "Cling to the Truth" [Klammert euch an die Wahrheit].

Nein, sie machen denselben Fehler: sie verwechseln die Wahrheit mit der alten Vorstellung von Tugend. Sie begehen den gleichen Fehler wie die Moralisten.

Vor allem wollen sie eine Wahrheit haben, die sich in wenigen klaren und wohl definierten Worten ausdrücken lässt, worauf man sich sagen kann: "Dies ist wahr", das alte Übel aller Religionen: Dies ist wahr, folglich ist alles andere Lüge.

Wie viele Male... wie viele Male hat Sri Aurobindo (und ich auch) gesagt:

 

"Wenn etwas wahr ist, könnt ihr sicher sein, dass sein Gegenteil auch wahr ist. Erst wenn ihr das verstanden habt, beginnt ihr zu verstehen."

 

Heute morgen schleuderte man mir ein Zitat von Sri Aurobindo an den Kopf (im Namen Sri Aurobindos bombardiert man mich mit Fragen), und zwar habe er in Die Mutter geschrieben, dass "die göttliche Gnade nur in der Wahrheit wirken kann", dies dürfe ich nicht vergessen! (Mutter lacht) Es gibt ein Zitat von Sri Aurobindo, wo er sagt:

 

"Die göttliche Gnade wird antworten, aber bildet euch nicht ein, dass sie in der Lüge antwortet..."

 

Ein wunderbarer Satz. Nur wissen sie das nicht: sie sind ja die Besitzer der Wahrheit - die Lüge, das sind die anderen! Aber sogar intelligente Menschen, die doch ein Gehirn haben, gehen in diese Falle. Seltsam, denn es ist eine solche Torheit!

In der Schule ist diese Einstellung ziemlich verbreitet.

(Schweigen)

Man kann sagen, dank all dem (nicht einmal "wegen": DANK all dem) hatte ich in den letzten Tagen, in diesen drei letzten Tagen, die Schau - die konkrete Schau, in jeder Sekunde -, wie dieses höchste Bewusstsein (das ich in meiner persönlichen Ausdrucksweise den "höchsten Herrn" nenne) einen in JEDER SEKUNDE haargenau das tun oder sagen oder sehen oder wissen lässt, was zu tun ist, damit alles so verläuft (umfassende Geste, die mannigfach verzweigte Bewegung der universalen Kräfte ausdrückend). Es ist noch nicht die direkte, allmächtige, überwältigende Bewegung unmittelbarer Kräfte (Geste von oben nach unten wie ein Lichtschwert): es ist eine solche Bewegung (dieselbe umfassende Geste), aber wunderbar! Ein Wunder an Subtilität, Einfallsreichtum und Respekt gegenüber allem; die Bewegung, die zum Ziel führt und die von allem, ja selbst den "Fehlern" Gebrauch macht - die übrigens keine Fehler sind, denn in der Schau des Bewusstseins ist der Fehler kein aus Unwissenheit begangener Fehler: Eine Sache wird gesagt oder getan, weil sie genau das ist, was gesagt oder getan werden muss - dem Anschein nach mag es gar ein grober Fehltritt sein, und doch ist es genau das, was zu tun ist, damit alles strahlend zum gewollten Ziel voranschreiten kann (dieselbe umfassende Geste). Es ist absolut wunderbar! In den winzigsten Details wie auch als Ganzes gesehen. Dieses Wunder an Bewusstsein, das jeden tun lässt, was zu tun ist, jede Sache an ihren Platz stellt, alles richtet. Nur unsere Torheit, unsere völlig unwissende und dumme Sichtweise lässt uns an Fehler und Irrtümer glauben. Jeder stellt ein zu lösendes Problem dar, und all diese Probleme sind miteinander verknüpft, und es ist das GANZE, das zu dieser großartigen Wahrheit (der wirklichen) geführt werden muss. Ich verbrachte Stunden in Bewunderung - einer glückseligen Bewunderung - angesichts dieses Wunders an Organisation, in all den kleinen Dingen, die uns umgeben, all den kleinen Menschen, all diesen unscheinbaren Umständen... Es ist wunderbar, einfach wunderbar!

Und dann diese Anmaßung des Mentals, das nichts versteht und seinen allmächtigen Wissensanspruch geltend macht, oh, was für eine Komödie!

(Schweigen)

Es bedeutet die bestmögliche Nutzung aller Möglichkeiten und aller Unmöglichkeiten, aller Fähigkeiten und Unfähigkeiten; eine bestmögliche Nutzung in einer größtmöglichen Macht und einem größtmöglichen Erbarmen und auch... ein Lächeln! Ein Lächeln, ein Sinn für Humor, oh!... Eine so wohlwollende Ironie, so voller Mitgefühl, phantastisch... Diese mentale Anmaßung ist wirklich ein ungeheures Phänomen - sie verbringt ihre Zeit damit, zu beurteilen, was sie nicht weiß, und über alles zu entscheiden, was sie nicht sieht.

(Schweigen)

Dazu erschien mir die Vision bei den anderen und die Erinnerung an die Zeit, wo all diese Dinge eine große Bedeutung hatten und sehr ernst genommen wurden... dieser ganze moralische Ernst.

Auch das ist amüsant.

 

***

 

25. März 1967

 

 

(Satprem liest Mutter ein zwei Wochen "altes" Gespräch vor.)

...Es ist weg. Wenn es ausgesprochen ist, geht es sofort weg. Wenn du mir die Dinge später vorliest, erinnere ich mich nicht mehr an das, was ich sagte. Es hört sich an wie etwas Neues.

Sobald es ausgedrückt worden ist, entschwindet es; dann ist es weg, immer, als ob man sich dadurch, dass man es ausspricht, von der Sache befreien und für etwas Neues Platz machen würde, immer. Wenn man über eine Erfahrung spricht, ist die Wirkung der Erfahrung wie erloschen, und man ist bereit für eine andere. Sprechen bewirkt immer einen Leerraum, um eine neue Sache eintreten zu lassen.

Der Eindruck ist immer: Wie alt das ist! Alles erscheint mir so alt. Das muss ein Zeichen dafür sein, dass die Bewegung extrem schnell ist.

Schade, dass die materiellen Beschäftigungen so viel Raum einnehmen. [[Mutter empfing Satprem mit einer Stunde Verspätung.]]

Es muss einen Grund haben.

Das, was die Welt und das Leben organisiert, ist viel weiser als wir: Wir sehen nicht, wir haben eine sehr beschränkte Sicht. Aber Das (weite Geste), wie ich dir letztes Mal sagte: wunderbar, einfach wunderbar! Es wird auch seinen Grund haben, dass ich so überlastet bin. Vor allem der allgemeine Grund ist sehr klar (er ist leicht zu verstehen), aber selbst im Hinblick auf die Sadhana: wahrscheinlich wird auf diese Weise nichts ausgelassen.

Besonders interessant ist, diese Veränderung im Bewusstsein der Zellen zu verfolgen: Viele von ihnen empfinden noch eine Art Verwunderung, dass die Wahrheit existiert. Das drückt sich in dieser Form aus: "Ach! So ist das also." Ein Erstaunen über die Existenz - die EINZIGARTIGE Existenz des Herrn -, eine Freude! Eine so intensive Freude und das Staunen eines Kindes: Oh, es ist also wirklich wahr! Das vollzieht sich jetzt in einem Teil des Körpers nach dem andern, in einer Gruppe von Zellen nach der andern. Wirklich entzückend. Und wenn dann spontan das Mantra kommt, oh... Eine Anbetung: "So ist es, so ist es! Es ist also wahr; DAS ist das Wahre - alle Störungen, alle Hässlichkeiten, alles Leiden, alles Elend, all das ist einfach nicht wahr! Einzig DAS ist wahr." Nicht mit Worten (Worte werten es ab): mit einer absolut außergewöhnlichen Empfindung. Hier... liegt wirklich der Anfang von diesem wunderbaren höheren Leben. Noch besteht ein Zustand der Verwunderung über diese unerwartete Erhabenheit.

Insgesamt herrscht eine immer umfassendere Schau, wo jedes Ding seine Daseinsberechtigung, seinen Platz hat und nichts mehr ausgeschlossen bleibt. Auch das Bedürfnis, das Mental auszuschließen, um es zu übertreffen, besteht nicht mehr. Das Mental ist jetzt völlig ruhig und friedlich und tritt nur dann in Aktion, wenn es einen zwingenden Befehl erhält. Geschieht dies, so verrichtet es eine präzise Sache aus einem präzisen Grund - eine ganz präzise Handlung. Danach nehmen Schweigen und Ruhe wieder ihren Platz ein.

Das macht alles wieder gut. Es genügt, den selbstgeschaffenen Schlamassel wieder zur Ruhe kommen zu lassen.

(Schweigen)

Wenn die Arbeit abgeschlossen ist, wird offensichtlich die Macht kommen, die Ordnung wiederherzustellen. Immer mehr verspüre ich die Notwendigkeit einzugreifen, um wieder Ordnung und Harmonie zu schaffen. Darin liegt der Hauptgrund für all diese drückende Arbeit. Sie dient als Lektion und als Erfahrung, um allmählich zu lernen, wie man die Dinge in Ordnung bringt und die Harmonie herstellt.

Es ist eine große Arbeit.

Es gibt noch viel zu tun, viel! (Mutter lacht)

 

***

 

29. März 1967

 

 

(Die Unterhaltung vom 7. März über den Tod betreffend, wo Mutter insbesondere sagte: "Es gibt nichts, was wirklich der Tod ist... Es besteht keine radikale Veränderung in der Schwingung des Bewusstseins... Man hat eine Wahrnehmung der physischen Welt, die nicht absolut identisch ist, aber manchmal mit einer noch größeren Wirksamkeit..." Mutter hatte zunächst ihre Einwilligung für die Veröffentlichung dieses Gesprächs in den "Notizen auf dem Weg" gegeben.)

Allmählich scheint mir, dass es nicht gut ist, diese Art von "gelebtem Wissen" an Leute weiterzugeben, die unfähig sind, es zu verstehen und zu erfahren.

Zum Beispiel habe ich in diesen Tagen deutlich erlebt, dass die Menschen die konkrete Wirklichkeit des Unsichtbaren überhaupt nicht kennen, weil sie sonst verrückt würden. Sie fürchten diese Dinge so sehr...

Schon jetzt, wenn sie nachts in einer Vision jemanden sehen, den sie zu seinen Lebzeiten liebten, rufen sie aus: "Oh, ein Geist!" Sie kriegen schreckliche Angst.

Dieser Text würde sie vielleicht erschrecken.

Er ist nicht furchterregend, im Gegenteil, er wird ihnen Hoffnung geben!

Ja, aber man darf nicht versuchen, Leute zur Vernunft zu bringen, die keine haben.

Ich weiß nicht... Es mag zwar jemandem in die Hände fallen, dem es sehr gut tut, aber lohnt es sich, für ein oder zwei, denen es gut tun würde, das Risiko einzugehen, Schaden anzurichten? Das bleibt abzuwarten.

Ich persönlich finde es tröstend, dass du von der Kontinuität des Bewusstseins sprichst. Das kann doch keinen Schaden anrichten?

(Mutter lacht und antwortet nicht)

***

(Etwas später)

Man hat mir eine Frage gestellt: "Was ist Jugend?" Hier meine Antwort (Mutter zeigt eine Notiz):

Jung sein heißt, in der Zukunft und für die Zukunft zu leben.

Jung sein heißt, immer bereit zu sein, das, was man ist, aufzugeben, um das zu werden, was man sein soll...

Und besonders, das Wichtigste:

Jung sein heißt, niemals etwas als nicht wiedergutmachbar zu betrachten.

***

(Dann zeigt Mutter eine andere Notiz, die sie eben für einen Schüler schrieb:)

Man verabscheut seine eigenen Fehler immer dann am meisten, wenn man sie bei anderen antrifft.

***

(Eine andere Notiz:)

Die Europäer messen den gesprochenen Worten die größte Wichtigkeit bei.

Die Inder sind viel empfindsamer den Gefühlen gegenüber, die sich oft hinter diesen Worten verbergen.

 

Dies bezieht sich auf eine Bemerkung von B. Sie sagte jemandem etwas mit durchaus freundlichen und höflichen Worten, aber in ihrem Herzen mochte sie diese Person nicht, zu der sie sprach; dann, als die andere ungehalten wurde, war sie völlig schockiert... Ich verstand sofort. Sie war ganz aufgebracht und sagte: "Warum? Ich war doch sehr höflich."

Sie fühlen es. Sie fühlen in ihrer Tiefe die Empfindung, mit der die Worte ausgesprochen werden. Sie fühlen dies und reagieren darauf.

***

(Eine letzte Notiz:)

Als Antwort auf die Frage eines "Aschramvereins":

"Was ist der Bedarf der Stunde?"

"Versucht nicht, das Göttliche zu täuschen!"

(Mutter lacht aus vollem Herzen)

 

***

 

3. April 1967

 

 

(Mutter zeigt Satprem ein Blatt Papier:)

Dies hab ich für die Eröffnung der Sportsaison geschrieben:

 

...Ich halte es für wichtig, noch einmal zu betonen, dass unser spirituelles Leben nicht darin besteht, die Materie zu verachten, sondern sie zu vergöttlichen; wir wollen den Körper nicht ablehnen, sondern transformieren. Der Sport ist zu diesem Zweck eines der direktesten und wirksamsten Mittel...

***

Das letzte Mal hatte ich keine Zeit mehr, dir etwas zu sagen; jetzt ist es unglücklicherweise nur noch eine Erinnerung - nicht ganz, etwas ist doch geblieben. Die Wirkung dauert fort. Aber im Augenblick, als es da war...

Sri Aurobindo sagte, und er sagte dies als Ausdruck eines Wissens, das schon immer auf einer höchsten Bewusstseinsstufe ausgedrückt worden war, einer Stufe, die noch eine Sprosse höher liegt als der Zustand, in dem man um die essentielle Einheit weiß (und sie lebt) - dass alles "Das" ist, das heißt, der Ausdruck oder die Manifestation oder die Objektivierung oder... von "Dem". Natürlich wurde dies je nach Zeit, Epochen und Milieu mit verschiedenen Worten ausgedrückt, aber es scheint die höchste Erfahrung zu sein. Und die Schlussfolgerung beim Heraustreten aus Raum und Zeit ist die, dass alles seit aller Ewigkeit ist.

Sri Aurobindo war der Meinung (wir sprachen bereits darüber), dass dies die Verwirklichung sei (nicht nur das Wissen: die Verwirklichung), die den höchsten Frieden gebe und alles Warum und Wozu und jeglichen Wunsch nach Berichtigung abwende. Das ganze Drama des Lebens verschwindet, wenn man dies verwirklicht.

Ich hatte diese Erfahrung. Ich hatte sie fast beständig. Im bewusstesten Teil des Wesens (jener, der eins mit den Höhen ist) lässt sich diese Erfahrung folgendermaßen ausdrücken: "Alles besteht seit aller Ewigkeit" oder "Alles ist der Ausdruck der höchsten Schau" (ich verwende bewusst nicht das Wort Willen; nachher werde ich sagen, warum), doch verbunden mit dem Gefühl einer Beschränkung. Ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, aber es ist so (wohlverstanden sind alle Worte nur Annäherungen): jedes Mal, wenn ich die Erfahrung hatte, kam das Gefühl, dass... ich könnte es banal ausdrücken mit dem Satz: "Es ist nicht Das!"

Neulich (am Tag, bevor ich dich sah) kam es zur Stunde meiner Erfahrungen (meiner erlebten Erfahrungen), das heißt sehr früh morgens, mit diesem gleichen Gefühl des Ungenügens. Ich trat in einen gewissen Zustand, wo "Das" völlig leuchtend und klar blieb, aber gleichzeitig - zur selben Zeit - kam die Wahrnehmung... (wie soll ich sagen?) der ursprünglichen Schwingung im vollen Glanz ihres allmächtigen Lichts, und die beiden - das und Das - wurden gleichzeitig auf die Ausdrucksebene übertragen, ohne Gegensatz, beide so zusammen (Mutter presst ihre beiden Hände zusammen, indem sie die Finger ihrer rechten Hand zwischen die Finger der linken fügt), eng verbunden, im selben Licht: in jedem Augenblick wie ein Pulsieren dieser Kraft (die schöpferische Kraft-Licht-Macht in der allumfassenden Schwingung der Liebe); bei jedem Pulsschlag eine völlige Neuschöpfung [[Das ist die "vertikale Zeit".]].

Wenn die beiden so sind (dieselbe Geste) und wenn man in diesem Bewusstsein lebt, hat man die Empfindung einer absoluten Freiheit: nichts ist unmöglich.

Dies dauerte alles in allem vielleicht einige Minuten, dann begann es, sich zu objektivieren, aber vorher war es... es IST einfach. Danach begann es, sich zu objektivieren, das heißt, man ist Zeuge von DEM und ist es zugleich - das bedeutet einen kleinen Abstieg. Aber im Moment, wo es war, war es DAS.

Das war die Allmacht.

Eine absolute Allmacht.

Im gleichen Moment kam die Erfahrung (keine objektivierte Erfahrung), dass der Wille auf einem sehr viel tieferen Niveau im Vergleich zu "Dem" oder vielmehr sehr viel äußerlicher steht; denn der Wille sieht und handelt - sieht UND handelt -, während es dort nicht sehen UND ausführen UND handeln oder sehen UND sein ist: all dies besteht gleichzeitig, oberhalb der Schau - oberhalb der Schau und oberhalb des Willens - etwas... (Schweigen) etwas, das IST. In dem Moment, gleichzeitig, das heißt ohne irgendeinen Raum (Raum oder Zeit liegen völlig außerhalb davon, denn es ist keine Vision, die sich selbst sehen sieht, keine Wahrnehmung, die sich ihrer Wahrnehmung bewusst ist, kein Bewusstsein, das sich seines Bewusstseins bewusst ist): es IST, einfach so... alles ist so (könnte man sagen), wie es in Raum und Zeit geschleudert werden wird.

Wenn wir nun sagen: "Wollen, was Gott will" oder "Sich mit dem göttlichen Willen vereinen", ist dies immer noch unsere Betrachtungsweise (Geste von unten nach oben), sehr approximativ. Aber dort... Wunderbarerweise ist es keine Vereinfachung, wie wir in unserer Unfähigkeit meinen könnten, tatsächlich ist es... alles: das Manifestierte, das Nicht-Manifestierte, das Noch-zu-Manifestierende, alles, alles - das Ganze. Und dort in dieser Sekunde, ist es die Allmächtigkeit. Die Allmächtigkeit, die absolute Freiheit, das Unvorhersehbare und alles Existierende. Nun das...

Natürlich sind alle Worte dumm.

Als ich von Dem zurückkam (es dauerte lange genug, dass ich die Erfahrung voll, total ausschöpfen konnte), verstand ich vieles. Eines zum Beispiel hatte ich bei Sri Aurobindo beobachtet, etwas, das für die geringsten Details des Lebens, eben für alle Dinge auf der Erde, alle Nichtigkeiten zutrifft: wenn ich mit einer inneren Vision zu ihm ging und ihm sagte: "So sehe ich das" (mit oder ohne Worte), wurde es AUTOMATISCH wahr, wurde es wirklich: Dinge, die weder in seiner noch in meiner Hand lagen, und auch nicht... Nicht, als ob wir eine Entscheidung treffen mussten: es geschah automatisch. Ich stellte dies mehrere Male fest und fand es wunderbar... In einigen psychologischen Fällen, das heißt, wenn es sich um ein individuelles Bewusstsein handelt, und sofern jemand aufrichtig ist (man muss aufrichtig sein) und zum Beispiel eine Aspiration ausdrückt, eine Hoffnung oder eine Vision dessen, wie er oder sie sein sollte, sah ich erst kürzlich (es ist noch nicht lange so), wie sich dieses gleiche Phänomen zeigte: es wird automatisch wahr.

Es geschieht noch nicht sehr häufig, aber es ist vorgekommen. Jetzt verstehe ich, wie das funktioniert.

Von dem Tag an, wo man diesen Zustand, in dem ich kürzlich war, bewahren kann, wo der Wille schon zu einer sekundären Bewegung geworden ist, wird es so sein: die Allmacht. Denn diese beiden Ideen [[Die Erfahrung, in der alles seit undenkbaren Zeiten existiert, und die Erfahrung der höchsten Schwingung, die in jedem Augenblick das Universum neu schafft.]], die sehr gegensätzlich zu sein scheinen, sind nur zwei Arten... dieselbe Sache zu sehen.

Wenn man diesen Zustand in dem sich ausdrückenden Bewusstsein verankern will, wird es natürlich sehr schwierig, aber wenn man es lebt, in dem Augenblick, wo man es lebt, ist es anders.

Jetzt ist die Erfahrung zur Erinnerung geworden, aber eine Erinnerung, die völlig lebendig bleibt und deren Wirkung in den Zellen ständig spürbar ist. Hier drückt es sich durch das Gefühl der freien Wahl aus. Eine Wahl, die allmächtig in ihrer Ausführung ist. Der Eindruck, dass... das Universum bei jedem Pulsschlag des Lebens wählt, was es ist.

(Schweigen)

Darauf folgte eine andere seltsame Erfahrung. Einige Leute in Bombay haben es sich in den Kopf gesetzt, für 1968, meinen neunzigsten Geburtstag ("meine 90 Jahre"), eine große Veranstaltung zu organisieren. Sie haben Broschüren zusammengestellt, die sie an viele Leute verteilen wollen, usw. - das ist mir völlig gleichgültig, aber sie schickten es mir zur Begutachtung. Ich legte es beiseite und beschäftigte mich nicht mehr damit. Doch sie ließen nicht locker und sagten Nolini, sie seien sehr in Eile, denn es sei eine große Arbeit, sie müssten den Text ganz schnell haben, und ich solle sie nicht warten lassen. So begann Nolini die Broschüre zu lesen. Während er las... (sie beschrieben all das, was Sri Aurobindo über die "Universelle Mutter", die "Aspekte" der Mutter und all dies gesagt hat, die ganze alte Geschichte - gewöhnlich lässt mich das völlig kalt), aber während er all die Zitate und Sätze vorlas, hatte ich eine Art Empfindung (ich weiß nicht, wie ich das erklären soll), wie das Gefühl einer auferlegten Begrenzung, verbunden mit einem Unbehagen und etwas, das die Begrenzungen sprengen wollte. Ich sagte nichts. Ich sagte: "Ich will mich nicht damit befassen, macht, was ihr wollt, das geht mich nichts an." Er antwortete höflich in diesem Sinne. Aber es interessierte mich sehr, denn dieses Gefühl von Unbehagen, von Bedrängnis - von Einengung und Bedrängnis - war sehr stark. So fragte ich mich: "Was geht hier vor? Was ist los, warum fühle ich mich so? Was ist das?..." Wie ich schon sagte, lasse ich mich gewöhnlich, einfach so, in eine Art Indifferenz gleiten, nein, keine "Indifferenz", eine... (weite Geste). Stattdessen war mir, als ob man mich in etwas einschließen wollte. Ich beobachtete, und die Erinnerung an die Erfahrung [die Pulsationen] kam zurück, und ich verstand. Das ist interessant.

All dies wurde im Körper verspürt; alle Erfahrungen vollziehen sich im Körper, hier - übrigens wird er... manchmal schaue ich (lachend), um zu sehen (wie von oben), ob er noch eine Form hat! (Mutter lacht)... Seltsam. Und warum bleibt er so?... Oh, auch diese Frage stelle ich mir nicht mehr. Es ist... die Auswirkung einer höchsten Gnade, denn sonst... wäre es unerträglich - unerträglich für die ganze Welt.

Allein schon der Bewusstseinszustand, wenn ich spontan handle... (dieses "Ich" ist eine Redensart, um keine langen Sprüche zu machen), wenn ich spontan handle, ohne mich zu objektivieren, ist es gewöhnlich ziemlich unerträglich: die Reaktionen bei den anderen sind schmerzhaft. Ich muss mich immer zurückhalten... Meistens muss ich jedenfalls aufpassen, besonders wenn ich sprechen muss.

Was mich zu einer sehr lustigen Feststellung führt, und genau das, was Sri Aurobindo in Savitri schreibt: "Die weisen Menschen sprechen und schlafen..." Gott wächst, während die weisen Menschen sprechen und schlafen.

 

[[

Wenige werden sehen, was noch niemand jetzt versteht.

Wachsen wird Gott, während die Weisen hier reden und schlafen.

Denn der Mensch wird das Kommende vor seiner Zeit nicht wissen,

Und Glaube wird nicht sein, bis dieses Werk getan ist.

(I.IV.55; s.a. dt. Ausgabe, Hinder + Deelmann, S. 65) ]]

 

So ist es: sie sind sich dessen, was passiert völlig unbewusst. Ich sage es ihnen nicht (ich sage es dir), aber sie sind völlig unbewusst. Ständig habe ich den Eindruck, als ob ich mir selber ein Löschhorn aufsetzte, um nicht... wirklich unerträglich zu sein. Wenn diese leuchtende Macht kommt, ist sie so kompakt - sie erweckt den Eindruck, viel schwerer zu sein als die Materie. Es ist verschleiert, völlig verschleiert, andernfalls... unbearable [unerträglich]

(Schweigen)

Als Nolini mir diese Sätze aus der Broschüre vorlas und ich dieses Unbehagen spürte, fragte ich mich zuerst... Denn, wie ich schon mehrmals sagte, hielten sich alle diese Wesenheiten, diese Mächte und Seinsformen abseits, damit sich die Transformation im Körper in Freiheit vollziehen könne. Sie manifestierten sich nicht mehr, um keine Vermischung zu verursachen. Erst dachte ich: "So ist das also: Der Körper hat die Gewohnheit verloren, sie zu manifestieren (die Götter, die Aspekte der Mutter), und wenn er damit in Kontakt tritt, ruft es ein Unbehagen hervor." Einen ganzen Tag lang kam es immer wieder, wie ein zu lösendes Problem. Plötzlich, während ich aufmerksam beobachtete, sah ich, dass es sich ganz im Gegenteil um ein Gefühl der Einschränkung, der Begrenzung handelte. Anstatt ein unerträgliches Gewicht zu sein (diese Götter oder diese Aspekte der Mutter), war es etwas, das die freie Manifestation störte. All diese Wesenheiten und Mächte, all diese Qualitäten, Unterschiede und Attribute, all dies... oh (Mutter macht eine Geste der Einengung).

Nun, das wollte ich dir heute sagen.

(Schweigen)

Manchmal kommen die Erfahrungen, um dann wieder zu gehen. So wie früher, da kamen die Erfahrungen häufig, zeigten sich und gingen wieder. Aber hier ist es nicht so: es blieb DA, aber... der Körper ist noch nicht ganz bereit, damit Das die ganze Zeit bleiben kann. Aber es ist da, der Kontakt wird nicht aufgehoben. Nur ist es nicht die Manifestation.

Der Körper hat noch zu viele Begrenzungen.

 

***

 

5. April 1967

 

 

(Mutter schreibt auf der Fensterbank eine Notiz)

Dies ist eine Antwort auf eine Frage. Bist du im Bild über meine Antwort an die Lehrer der Schule [[Siehe die Notiz im Addendum.]] ?... Man hat mir eine weitere Frage gestellt. Dies ist der Anfang meiner Antwort:

 

Die Trennung zwischen dem "gewöhnlichen Leben" und dem "spirituellen Leben" ist überholt und antiquiert...

 

(Darauf schenkt sie Satprem Rosen und eine Girlande aus Blumen mit dem Namen "Anbetung")

Willst du das?

(Satprem willigt ohne Begeisterung ein)

Mein Kind, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wunderbar es ist, wenn die Zellen sich in diesen Zustand begeben. Es verändert das Leben von Grund auf. Sie sind völlig hingerissen beim ersten Kontakt: "Ist das möglich? Kann das so schön sein! Ist das wirklich möglich?" Etwa so. Immerzu, in jedem Moment, bei jeder Gelegenheit: "Ist das denn möglich?" Ein solches Entzücken! Dann sieht man den Unterschied zu den alten Gewohnheiten und all dem, was den Leuten weisgemacht wurde [die Entsagung und das Jenseits] - einfach wunderbar! Unglaublich. Den ganzen Morgen lang war es so... Man fühlt ein Unbehagen (es kommt immer von außen, von hier und da, wegen diesem und jenem), dann erinnern sie sich augenblicklich, und sie sagen: "Nein! Was Du willst, Herr." So ist ihre Haltung: eine vollständige Selbsthingabe. Viel totaler, viel einfacher, viel anmutiger als in irgendeinem anderen Teil des Wesens. "Was Du willst... Du, Du, Du, was Du willst. Du zu sein... nicht mit der Idee eines Sich-Vergrößerns, sondern sich auflösen, schmelzen, in Dir entschwinden." Und dann: "Ja, Du bist die Wirklichkeit!" Alle diese Worte sind Verminderungen. Keine Verminderungen des Empfindens: des Bewusstseins - ein wunderbares Bewusstsein: "Du, Du... Aber allein Du existierst, Du allein bist." Alles Unbehagen, alle Schmerzen, all dies verschwindet, ohne eine Spur zu hinterlassen. Ein Wunder! Man kann es sich gar nicht vorstellen.

Einmal, nach einer solchen Erfahrung der göttlichen Gegenwart im Wesen, schrieb Sri Aurobindo irgendwo, If men knew how marvellous is the way... [wenn die Menschen nur wüssten, wie wunderbar der Weg ist]. But they don't know [aber sie wissen es nicht]. Das schrieb er, ich kann es nicht zitieren, sonst verdrehe ich es, aber er hatte diese Erfahrung: "Wenn die Menschen wüssten, wie wunderbar es ist, würden sie keine Minute zögern."

Jetzt machen sie noch Unterschiede: hier ein "spirituelles Leben", dort ein "gewöhnliches Leben".

Allerdings sollte man das kennen, was ich hatte, als ich noch ganz klein war: das Streben nach einer materiellen Verwirklichung in äußerster Vollkommenheit, den Willen zur Vollkommenheit HIER. Das muss man haben, um nicht alles zu verwerfen und dann so zu verharren (Geste einer dumpfen Seligkeit), wie ein tatenloser Trottel. Die alte Disziplin bewirkt, dass ich automatisch alles mit einem Willen zur Vollkommenheit tue. Es ist eine alte Disziplin. Sonst würde man über alle und jedes lachen: "Habt meine Erfahrung, und ihr werdet schon sehen!"

Wirklich interessant.

***

(Dann kommt Mutter auf ihre Notiz zurück:)

Hast du seine Frage gelesen? Wiederhole mir die Frage.

"...Wir diskutierten über die Zukunft. Es schien mir, als seien fast alle Lehrer bestrebt, den Kindern das Warum ihres Hierseins bewusster zu machen. Worauf ich ihnen sagte, dass meiner Meinung nach das Sprechen mit den Kindern über spirituelle Dinge oft kontraproduktiv sei und die Worte all ihren Sinn verlören..."

"Spirituelle Dinge", was versteht er unter spirituellen Dingen?

Wenn die Lehrer es wie eine Geschichte auftischen, wird es eben... das tun sie übrigens oft.

"Spirituelle Dinge"!... Man lehrt sie Geschichte ODER spirituelle Dinge, man lehrt sie Wissenschaften ODER spirituelle Dinge. Das ist wirklich eine Idiotie! In der Geschichte ist Spiritualität; in der Wissenschaft ist Spiritualität - die Wahrheit ist überall. Entscheidend ist, dass man sie nicht auf irreführende, sondern auf wahrhaftige Weise lehrt.

Das will ihnen nicht in den Kopf.

"Ich schlug vor", fährt er fort, "es sei vielleicht besser, sich zu versammeln, um die Stimme der Mutter zu hören (die Tonband-Aufnahmen der Mittwochs- und Donnerstagsklassen), denn selbst, wenn man nichts versteht, tut Deine Stimme eine innere Arbeit, die wir nicht ermessen können. In diesem Zusammenhang möchte ich wissen, was die beste Art ist, ein Kind mit Dir in Kontakt zu bringen. Alle Vorschläge, meine inbegriffen, erscheinen mir nämlich willkürlich und ohne wirklichen Wert... Mutter, wäre es nicht besser, die Lehrer konzentrierten sich nur auf den Lehrstoff, da Du Dich ja um das spirituelle Leben kümmerst?"

"Da..."?

"Da Du Dich ja um das spirituelle Leben kümmerst."

Ich werde ihm folgendes sagen: Es gibt kein "spirituelles Leben"!

Das ist immer noch die alte Idee - die alte Idee des Weisen, des Yogis, des Sannyasins, desjenigen... der das spirituelle Leben repräsentiert, während alle anderen das gewöhnliche Leben repräsentieren - das ist nicht wahr! Das stimmt überhaupt nicht.

Wenn sie immer noch eine Sache einer anderen gegenüberstellen müssen (das leidige Mental funktioniert ja nicht ohne Gegensätze), dann sollten sie wenigstens den Gegensatz zwischen Wahrheit und Lüge nehmen, das ist etwas besser (ich sage nicht, es sei perfekt, aber immerhin etwas besser). Die Lüge und die Wahrheit sind vermischt in allen Dingen, überall: im sogenannten "spirituellen Leben", bei den Sannyasins, bei den Swamis, bei allen, die glauben, sie repräsentierten das göttliche Leben auf Erden, überall herrscht dieser Mischmasch von Lüge und Wahrheit.

Es ist besser, keine scharfen Trennungen zu machen.

(Schweigen)

Für die Kinder, gerade weil sie noch Kinder sind, wäre das beste, sie mit dem Willen zu beseelen, die Zukunft zu erobern; den Willen, immer nach vorn zu schauen und so schnell wie möglich auf das zuzugehen,... was sein wird. Aber nicht den Ballast einer ganzen beschwerlichen Vergangenheit wie einen Mühlstein um den Hals mit sich herumschleppen. Nur wenn man im Bewusstsein und im Wissen schon sehr weit ist, ist es gut, zurückzublicken, um die Ansatzpunkte zu finden, wo diese Zukunft sich anzukündigen begann. Wenn man alles im Zusammenhang sieht, wenn man eine sehr allgemeine Schau hat, ist es interessant zu wissen, dass die zukünftige Verwirklichung sich schon in der Vergangenheit anzuzeigen begann; so wie Sri Aurobindo sagte: "Das göttliche Leben wird sich auf Erden manifestieren, weil es SCHON in den Tiefen der Materie verborgen ist." So gesehen, ist es interessant, einen Blick in die Vergangenheit oder in die Tiefe zu werfen, aber nicht um zu wissen, was geschah, oder um zu lernen, was die Menschen wussten - das ist völlig unnütz.

Einem Kind müsste man sagen: "Es gibt Wunder, die sich manifestieren müssen; bereite dich vor, sie zu empfangen!" Wenn sie etwas Konkreteres wollen oder etwas leichter Verständliches, kann man ihnen sagen: "Sri Aurobindo kam, um diese Dinge anzukündigen; wenn du ihn lesen kannst, wirst du verstehen." Das wird ihr Interesse wecken und sie zum Lernen anregen.

Ich sehe die Schwierigkeiten sehr wohl, auf die er anspielt: Die meisten Leute gebrauchen bombastische Worte (in allem Geschriebenen oder bei all den Vorträgen hier)...

Ja.

...ohne jegliche Wahrheit persönlicher Erfahrung und ohne jede Wirkung. Eher von negativer Wirkung. Darauf spielt er an.

Ja. Deshalb muss man es so anstellen, wie ich sagte.

Ach, es ist noch nicht so lange her, da sagten die meisten Lehrer: "Oh, wir müssen dies oder jenes tun, weil es überall so getan wird." Sie haben also bereits (lachend) ein kleines Wegstück zurückgelegt. Aber es bleibt noch viel zu tun.

Vor allem ist es sehr wichtig, von dieser Trennung abzulassen. Alle, alle haben sie das in ihrem Denken! Die Trennung zwischen einem spirituellen Leben und dem gewöhnlichen Leben, einem spirituellen Bewusstsein und dem gewöhnlichen Bewusstsein - es gibt nur EIN Bewusstsein!

Bei den meisten Leuten ist es zu drei Vierteln eingeschlafen und entstellt; bei vielen ist es immer noch völlig entstellt. Was Not tut, ist nicht, von einem Bewusstsein zum nächsten zu springen, sondern sein Bewusstsein zu öffnen (Geste nach oben) und es mit den Schwingungen der Wahrheit zu erfüllen, es mit dem in Einklang zu bringen, was hier sein soll (dort oben besteht es schon seit Urzeiten), aber HIER, was HIER sein soll: die Zukunft der Erde. Und wenn man sich eine ganze Last aufbürdet, die man hinter sich herschleppen muss... wenn man alles, was man aufgeben sollte, hinter sich herschleppt, kann man nicht sehr schnell vorankommen.

Dinge aus der Vergangenheit der Erde zu kennen, kann durchaus interessant und nützlich sein, aber es sollte einen nicht binden oder an die Vergangenheit haften. Benützt man dieses Wissen als Sprungbrett, ist es gut. Aber letztlich ist das alles nicht so wichtig.

In individueller Hinsicht gab es eine Zeit, wo es von brennendem Interesse war, seine vorherigen Leben zu kennen und seine vergangenen Erfahrungen zu verstehen (das war ziemlich en vogue bei den Leuten, die sich mit sogenannt okkulten Dingen beschäftigten); aber sobald ich hierherkam und verstand, was Sri Aurobindo gebracht hatte, erschien mir das alles völlig belanglos. Es ist eine kindische Wissbegierde und hilft überhaupt nicht weiter - entweder verherrlicht man sich oder man amüsiert sich bloß, jedenfalls ist es unwichtig. Manche Leute schreiben mir immer noch: "Könnten Sie mir etwas über meine vergangenen Leben sagen?" Ich antworte ihnen: "Das ist nicht interessant. Interessant ist nur das Leben, das ihr verwirklichen wollt, nicht die Fehler der Vergangenheit!"

(Schweigen)

Es wäre interessant, für die Kinder eine neue Lehrmethode zu formulieren oder auszuarbeiten: man müsste sie ganz klein aufnehmen können. Ganz jung ist das leicht. Und es müssten Leute sein... oh, bemerkenswerte Lehrer wären nötig. Sie müssten zumindest gut dokumentiert sein, um auf alle Fragen antworten zu können; gleichzeitig müssten sie das Wissen, wenn nicht die Erfahrung (das wäre besser) der wahren intuitiven intellektuellen Einstellung haben und... natürlich wäre das Können wiederum vorzuziehen, aber auf jeden Fall das Wissen, dass die wahre Art zu erkennen das mentale Schweigen ist: ein aufmerksames Schweigen, ausgerichtet auf ein wahreres Bewusstsein und fähig, alles aufzunehmen, was von dort kommt. Diese Fähigkeit zu besitzen, wäre das Beste; auf jeden Fall müsste man erklären, dass dies das Wahre ist, ein Art Demonstration, und dass es nicht nur mit allem Lernstoff so funktioniert, sondern mit sämtlichen Dingen, die zu tun sind: die Fähigkeit, den genauen Hinweis zu empfangen, WIE zu handeln ist. Im Maße des Voranschreitens wird es alsbald zu einer sehr klaren Wahrnehmung dessen kommen, WAS zu tun ist, verbunden mit dem genauen Hinweis, WANN es getan werden soll. Sobald sie in der Lage sind nachzudenken - dies beginnt mit sieben, aber mit vierzehn oder fünfzehn wird es sehr klar. Mit sieben Jahren muss man ihnen zumindest gewisse Hinweise geben, und mit vierzehn Jahren dann eine volle Erklärung, wie man handeln muss, und dass dies der einzige Weg ist, in Kontakt mit der tiefen Wahrheit der Dinge zu gelangen, und dass alles übrige eine mehr oder weniger ungeschickte mentale Annäherung an etwas ist, das man direkt wissen kann.

Die Schlussfolgerung ist, dass die Lehrer selbst zumindest einen aufrichtigen Beginn von Disziplin und Erfahrung haben müssten: Es geht nicht darum, Bücher anzuhäufen und ihren Inhalt wiederzukäuen. So kann man kein Lehrer sein - die ganze Welt ist so; sollen sie draußen so sein, wenn es ihnen gefällt! Wir sind keine Propagandisten, wir wollen einfach zeigen, was getan werden kann, und versuchen zu beweisen, dass es getan werden MUSS.

Wenn die Kinder noch ganz klein sind, ist es wunderbar! Da ist so wenig zu tun: es genügt zu SEIN.

Nie einen Fehler machen.

Niemals die Geduld verlieren.

Immer verstehen.

Verstehen und klar sehen, warum diese Bewegung war, warum jener Impuls kam, was die innere Verfassung des Kindes ist, was gestärkt und in den Vordergrund gebracht werden muss. Allein das muss getan werden, und dann lasst sie in Ruhe; lasst ihnen die Freiheit, sich zu entfalten, und gebt ihnen die Gelegenheit, viele Dinge zu sehen, viele Dinge zu berühren, so viel wie möglich zu unternehmen. Das macht großen Spaß. Und auf keinen Fall versuchen, ihnen etwas aufzuzwingen, was man zu wissen meint.

Niemals schimpfen, immer verstehen, und wenn das Kind dazu fähig ist: erklären. Wenn es eine Erklärung nicht versteht, die falsche Schwingung durch eine wahre ersetzen (wenn man das vermag). Aber das... das setzt bei den Lehrern eine Vollkommenheit voraus, die sie selten besitzen.

Es wäre sehr interessant, ein Programm für die Lehrer aufzustellen, sowie ein wahres Lehrprogramm von den ersten Klassen an - diese Kinder sind noch so plastisch und nehmen alle Eindrücke ganz tief auf. Wenn man ihnen einige Tropfen Wahrheit gäbe, wenn sie noch ganz klein sind, würden sich diese im Maße ihrer Entwicklung ganz natürlich entfalten.

Das wäre eine schöne Arbeit.

***

Addendum

 

(Mutters Antwort an die Schullehrer, als ihr mitgeteilt wurde, die neue Nachmittagsklasse in der Bibliothek habe als ein erstes Forschungsthema "Indiens spirituelle Geschichte" gewählt.)

Nein! So geht das nicht. Man sollte mit einem großen "Knall" beginnen!

Ihr wollt die Kontinuität der Geschichte aufzeigen, als ob Sri Aurobindo das Endergebnis, der Höhepunkt wäre - das ist grundverkehrt!

Sri Aurobindo gehört nicht der Geschichte an; er steht außerhalb und jenseits der Geschichte.

Bis zu Sri Aurobindo Geburt basierten die Religionen und die Spiritualität immer auf vergangenen Gestalten, und als "Ziel" zeigten sie die Verneinung des Lebens auf Erden. So hatte man nur die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: entweder ein Leben IN dieser Welt mit ihrer kleinen Runde an kleinlichen Vergnügungen und Schmerzen, Freuden und Leiden, bedroht von der Hölle, wenn man sich nicht gut aufführte; oder die Flucht in eine andere Welt: der Himmel, Nirwana, moksha [Befreiung]...

Zwischen diesen beiden bleibt nicht viel zu wählen, sie sind gleich schlecht.

Sri Aurobindo sagte uns, dass dies ein grundlegender Fehler war, der die Schwäche und den Verfall Indiens verschuldete: Buddhismus, Jainismus, Illusionismus genügten, um alle Energie aus dem Land zu saugen.

Sicherlich ist Indien der einzige Platz in der Welt, wo noch ein Bewusstsein herrscht, dass etwas anderes als die Materie existiert. Die anderen Länder haben dies vollkommen vergessen: Europa, Amerika und anderswo... Aus diesem Grund hat Indien immer noch eine Botschaft für die Welt. Aber gegenwärtig suhlt es sich im Schlamm.

Sri Aurobindo hat gezeigt, dass die Wahrheit nicht darin liegt, dem irdischen Leben zu entfliehen, sondern IN ihm zu verbleiben, es zu TRANSFORMIEREN und zu VERGÖTTLICHEN, so dass das Göttliche sich HIER manifestieren kann, in dieser PHYSISCHEN WELT.

Das solltet ihr bei der ersten Stunde erzählen. Ihr solltet gerade und direkt sein.

Dann, wenn das klar und offen ausgesprochen wurde und kein Zweifel mehr darüber besteht - und erst dann -, könnt ihr fortfahren und sie mit der Geschichte der Religionen und der religiösen und spirituellen Meister amüsieren.

Dann - und nur dann - werdet ihr den Keim an Schwäche und Falschheit aufzeigen können, den sie in sich bargen und verkündeten.

Dann - und nur dann - könnt ihr in gewissen Epochen und an gewissen Orten klar eine "Intuition" ausmachen, dass etwas anderes möglich ist: in den Weden zum Beispiel (die Anweisung, tief in die Höhle der Panis hinabzusteigen); auch in den Tantras... ein kleines brennendes Licht.

[[Panis- eine Demonenart in "Rig-Veda";  Tantras sind Schriften entstanden als zunächst esoterische Form des Hinduismus und später des Buddhismus, die vor allem die Befreiung und Ausweitung des Bewusstseins behandeln.]]

Ich möchte vorschlagen, dass ihr als Motto für euer erstes Projekt diesen Spruch von Sri Aurobindo wählt: )

 

 

Wir gehören nicht zu den vergangenen Morgendämmerungen

sondern zu den Mittagen der Zukunft.

(Essays über die Gita)

***

(Botschaft von Mutter an die Schule)

 

 

Sri Aurobindo gehört weder der Vergangenheit noch der Geschichte an.

Sri Aurobindo ist die Zukunft auf dem Vormarsch zur Verwirklichung.

Wir müssen uns mit ewiger Jugend wappnen, um mit der geforderten Geschwindigkeit

voranschreiten zu können und nicht als Nachzügler auf dem Weg zurückzubleiben.

 

***

 

12. April 1967

 

 

(Satprem beklagt sich wie gewöhnlich über seine völlig unbewssten Nächte.)

Seit einiger Zeit habe ich den festen Willen, den Körper nicht zu verlassen. Wenn ich jeweils morgens aus den Tätigkeiten der Nacht herauskam, bemerkte ich häufig, dass es eine ganze Arbeit der Anpassung im Körper zu verrichten gab, als ob die Konzentration der Kräfte in der Nacht gestört und sogar abgebaut worden wäre, und dass ich alles wieder in Ordnung bringen musste. Das war ein Zeitverlust, eine Verschwendung. Wenn ich mich früher abends auf dem Bett ausstreckte, ließ ich den Körper vollkommen locker werden, in völliger Entspannung (das muss man immer tun), d.h. sich hingeben, und das Bewusstsein erhob sich darüber. Es bestand eine Konzentration von Kräften, die aber nicht andauerte: nach zwei, drei Stunden wurde alles von den Tätigkeiten der Nacht eingenommen. Stattdessen besteht nun das Bestreben, das ganze Bewusstsein im Körper zu halten, alle Energien zu konzentrieren und zu bewahren, damit die Arbeit in den Zellen fortgesetzt werden kann und nicht gestört wird. Und ich sehe, dass die Wirkung viel länger anhält; selbst wenn ich aufwache (wenn ich meine äußere Aktivität aufnehme), sehe ich, dass sie weiterbesteht, dass sie nicht aufhört, und dass sie wieder anfängt, sobald ich äußerlich wach bin. Eine Art von Konzentration der Energie, des Bewusstseins, der Kraft, des Lichts, die nachts in den Zellen zu arbeiten beginnt. Dann gibt es nichts mehr, keinerlei Tätigkeit, es herrscht eine kontemplative Stille.

Ich hatte nur ein einziges Beispiel von Aktivität in diesen vier letzten Tagen, an einem Morgen zwischen zwei und vier Uhr, den ich völlig bewusst und aktiv mit Sri Aurobindo verbrachte, der "Änderungen" in seinen Tätigkeiten und seiner Organisation des Subtilphysischen vorgenommen hatte; diese Änderungen wollte er mir zeigen, er wollte mich daran teilhaben lassen. Er zeigte mir all das zwei Stunden lang. Aber das war die einzige Ausnahme, und was den Rest betrifft - alles: Leute sehen, hierhin und dorthin gehen, dies und jenes tun - mit all dem hörte ich auf. So geht es besser.

Ich fragte mich, ob diese Entscheidung sich nicht auf deinen Schlaf auswirken wird? Das ist gut möglich.

***

(Etwas später)

In den letzten drei Tagen hatte ich eine amüsante Erfahrung... Y schickte mir eine ganze Abhandlung über LSD [[Lysergsäurediäthylamid, ein Halluzinogen.]]

(Mutter nimmt ein Schriftstück vom Tisch).

Anscheinend wurde es durch Zufall entdeckt (das geschieht immer so): der Mann, der es entdeckte, nahm eine Dosis, ohne zu wissen, was es war, worauf er ganz außergewöhnliche Wirkungen erlebte (es war ein Schweizer, ein Arzt, glaube ich, oder ein Chemiker, ich weiß es nicht [[Die erste Synthese von LSD wurde 1938 von zwei Schweizer Wissenschaftlern realisiert. Einer der beiden, Dr. Albert Hofmann, hatte am 16. April 1943 aus Versehen kleine Mengen dieser Substanz eingenommen und ihre seltsamen psychologischen Eigenschaften beobachtet.]] ). Das geschah vor Jahren, und nun ist er zum ersten Mal bereit, eine Beschreibung seiner Erfahrungen abzugeben. Natürlich ist Y begeistert, sie schrieb einen Bericht darüber und schickte ihn mir.

Du weißt, dass ich sehr beschäftigt bin. Ich hatte keine Zeit, diese Seiten zu lesen, aber ich weiß auch, dass Y recht ungeduldig ist, und seit drei oder vier Tagen sagte ich mir: "Ich muss mir das UNBEDINGT ansehen, sonst gibt es Ärger..." Das wiederholte sich. An einem Morgen (zu der Zeit, wo ich alle meine Erfahrungen mache), während ich dasaß, fühlte ich plötzlich etwas Schweres in meinem Kopf und in der Brust und... eigenartig. Niemals zuvor hatte ich so etwas gefühlt. Alle Empfindungen waren irgendwie verstärkt. Ich schloss die Augen und: eine Lawine, ein Ansturm von Formen, Klängen, Farben, selbst von Gerüchen, die sich mit einer solchen Realität aufdrängten, mit einer außergewöhnlichen Intensität - nie zuvor hatte ich so etwas erlebt.

Ich schaute mir das an und dachte: "Sieh an, das ist eine gute Art, verrückt zu werden!" Ich begann, das Nötige zu tun, um es zu stoppen. Aber es wollte nicht aufhören. Da sagte ich mir: "Offensichtlich ist es aus einem Grund da. Da es sich so aufdrängt, muss es einen Grund geben, der mich diese Erfahrung machen lässt." Ich schaute, studierte und beobachtete es und sah, dass die Fähigkeit der Empfindung außerordentlich gesteigert war, WEIL das Gleichgewicht zwischen allen Fähigkeiten des Wesens durcheinandergebracht worden war.

Das natürliche Gleichgewicht bewirkt, dass die Dinge sich ausgleichen, miteinander harmonieren, sich spontan zu einem zusammenhängenden Ganzen organisieren, und dies war zusammengebrochen - zugunsten des Empfindungsvermögens. Natürlich wurde diese Möglichkeit des Empfindens schrecklich vervielfacht (man könnte sagen verschlimmert), und es drängte sich sogar auf brutale Weise auf. Ich sah, dass etwas das Gleichgewicht gestört hatte. Etwas, das die Macht hatte, das Gleichgewicht des Wesens zu stören, indem es einen Punkt unter Ausschluss alles übrigen hervorhob.

Als ich das sah, überkam mich eine Art Ruhe, und es war vorbei.

Ich dachte nicht mehr daran; drei Tage lang dachte ich nicht mehr daran. Es war mir wie eine Überspanntheit erschienen. Gestern Abend beschloss ich dann, diese Seiten zu lesen und bat Pavitra, sie mir vorzulesen. Der Mann beschreibt darin seine Erfahrungen... Die erste Beschreibung: genau dasselbe, was mir widerfahren war.

Ich hatte dieselbe Erfahrung wie er, als er das Mittel genommen hatte.

Er beschreibt es (ich konnte nicht alles lesen), er beschreibt es genau, wie ich es empfunden hatte. Demnach hatte ich die Erfahrung (lachend), ohne das Mittel geschluckt zu haben. Einfach weil das Bewusstsein darauf ausgerichtet war [[Hier die Beschreibung von Dr. Albert Hofmann: "Schwindelgefühle; unzusammenhängende Empfindung von Schwere im Kopf und im Körper, als ob er mit Metall angefüllt wäre. Alles schien zusammenzustürzen. Wenn ich die Augen schloss, drang eine ununterbrochene Folge von phantastischen Bildern von außerordentlicher Intensität auf mich ein. Alle akustischen Wahrnehmungen (zum Beispiel der Lärm eines Autos) wurden in optische Effekte umgewandelt. Jeder Ton rief eine entsprechende farbige Halluzination hervor und wechselte ständig in Form und Farbe. In manchen Augenblicken hatte ich das Gefühl, mich außerhalb meines eigenen Körpers zu befinden."]].

Da verstand ich. Und diese Leute bilden sich ein, es sei ein Mittel, "das menschliche Bewusstsein" zu entwickeln und ihm "unbekannte Horizonte" zu eröffnen... Das Resultat (dessen bin ich mir jetzt absolut sicher) ist die Auflösung des Gleichgewichts des Wesens.

Für mich ist es deutlich spürbar, denn das Gleichgewicht ist sehr bewusst, gewollt, organisiert, und das macht natürlich einen erheblichen Unterschied; für sie (lachend) ist es nur eine Laune. Nun sind sie überzeugt (Y eingeschlossen), dass man damit einen großen Fortschritt für die Menschheit erzielen könne. Es mache ihnen "einen ganzen Bereich bewusst, den sie nicht kennen".

Aber... es schafft eine Lüge mehr im Bewusstsein, denn die Wahrnehmung nur EINES Aspektes der Wirklichkeit auf Kosten aller anderen ist eine schreckliche Lüge. Wie ich schon sagte, machte es auf mich den Eindruck, dass dies eine gute Art ist, verrückt zu werden.

Für sie ist es ein Nebeneffekt, denn sie nehmen das Mittel und sagen sich: "Wenn ich das Mittel nicht mehr nehme, wird es sich nicht mehr einstellen." - Aber das ist nicht wahr! Es kann im Wesen die Gewohnheit der Störung, des Ungleichgewichts bewirken.

Voilà.

Gestern Abend las mir Pavitra die genaue Beschreibung der Erfahrung vor, die ich hatte, ... ohne zu wissen, was es war. Ich fand das sehr amüsant.

Ich las nicht alles, nur die Hälfte, die andere Hälfte werde ich auch noch lesen. Aber offenbar ist es jetzt ungeheuer verbreitet, oh weh!

Man kann sich natürlich fragen, ob es nötig ist, dass die Menschheit in ein allgemeines Ungleichgewicht fällt, damit sie zu einem höheren Gleichgewicht findet?

Aber es ist völlig offensichtlich, dass man keiner Drogen bedarf, um diese Erfahrungen zu haben - ich habe keine Drogen genommen.

Sie glauben daran, sie glauben, dies gebe ihnen die Gewissheit, dass es keine Einbildung ist (die anderen Welten), oder für die Vernünftigeren, dass es viele Dinge gibt, die sie nicht kennen oder die sie sich nicht vorstellen können. Aber all das kann man herausfinden, ohne Drogen zu schlucken.

 

***

 

13. April 1967

 

 

(Notiz von Mutter an Satprem, der verstimmt ist)

 

 

 

Satprem, mein liebes Kind

Wir haben einander trotz allem gern!

In Liebe,

Mutter

 

 

***

 

15. April 1967

 

 

Hast du den Bericht über das LSD gelesen? Was sagst du dazu?

Er ist interessant. Sie haben Erfahrungen, die nicht nur als rohe Empfindungen einzustufen sind. Diese Droge setzt immerhin das Bewusstsein frei.

(Mutter sagt nichts)

Sie beseitigt die ganze Gewohnheit der Formationen.

Ja, gewiss, das schon.

Aber er sagt selbst, es sei besser, damit unter Aufsicht zu beginnen.

Aber bist du immer noch derselben Meinung, nachdem du das Ende gelesen hast? Du hattest ja nicht alles gelesen.

Es besteht absolut kein Zweifel daran, dass es das Gleichgewicht des Wesens zerstört. Aber offensichtlich kann es einen zu einem höheren Gleichgewicht führen. Allerdings beinhaltet dies ein Risiko.

(Schweigen)

Wahrscheinlich ist das ein Teil der Vorbereitungen, doch die Ergebnisse können ziemlich katastrophal sein.

Es könnte Teil einer wissenschaftlichen Disziplin sein. Aber dann müsste man es wie eine Disziplin ausüben, unter Überwachung erfahrener Leute.

Er sagt absichtlich nichts über die schädlichen Folgen. Ich habe persönlich zwei Leute getroffen, die die Erfahrung gemacht hatten und auf die es schreckliche Auswirkungen hatte - sie beschlossen, es nie wieder im Leben anzurühren.

Das erwähnt er absichtlich nicht.

Es müsste wie eine Lehrdisziplin studiert werden, mit allen Vorsichtsmaßnahmen und unter Aufsicht.

Es ist dasselbe wie alles andere: ein Mittel, das von unten ausgeht. Das wahre Mittel kommt von oben - das ist schwieriger, weniger spektakulär und nimmt mehr Zeit in Anspruch.

Als Studie und Beobachtung ist es gewiss sehr interessant. Aber es muss wissenschaftlich betrieben werden, mit Disziplin und sehr zielstrebig, wie eine Studie.

Offenbar bringt schon der Kontakt mit ein wenig Kraft von oben viele Leute durcheinander; hier wäre die Wirkung äußerst gravierend, glaube ich.

Man geht ein Risiko ein.

Für jemanden, der es als Studium betreibt, der bewusst ist, der schon viel weiß, sich selbst sehr gut unter Kontrolle hat und seine Reaktionen beherrscht, könnte es sehr interessant sein. Aber es einem armen Kerl zu verabreichen, der von nichts weiß und sich aus Neugier hineinstürzt, kann verheerende Folgen haben.

(Schweigen)

Im letzten Teil, das, was er als "zellulare Ebene" bezeichnet, ist es in der Tat die Beschreibung - EINE Beschreibung - der zellularen Phänomene und Tätigkeiten auf der ihnen eigenen Bewusstseinsebene, nämlich der des unendlich Kleinen. Er spricht von "großen Strömungen" und von "zellularen Transformationen" und alldem; es ist sehr zutreffend, nur...

[[Hier die Beschreibung der "zellularen Ebene" von Dr. Timothy Leary, einem Professor der Psychologie an der Harvard Universität:

 

"

Ungeheure Zellaggregate werden angetrieben, und das Bewusstsein wirbelt in seltsamen Landschaften, für die es weder Worte noch Konzepte gibt. Das LSD offenbart Dialoge der Zellen, die für den normalen Bewusstseinszustand nicht wahrnehmbar sind und für die wir keine adäquaten symbolischen Ausdrücke haben. Man wird eines Vorgangs gewahr, den man nie zuvor empfunden hat. Man fühlt sich selbst in die weichen Sümpfe seines eigenen Körpergewebes sinken, treibt langsam unter dunkelroten Aquädukten, schwebt durch endlose zellulare Gewebe, driftet langsam durch endlose Zellfabriken, sanft angetrieben wie von uralten unablässig klingelnden, läutenden, klirrenden, funkelnden und pumpenden Pendeluhren. Diese Erfahrung ist beeindruckend, wenn man sie zum ersten Mal macht; sie kann gleichzeitig eine schreckliche, furchterregende und wunderbare Erfahrung sein..."

 

 

Dann seine Beschreibung der "vorzellularen Ebene":

 

"

 

Dein Nervensystem wird gewahr (wie Einstein), dass alle Materie, alle Struktur nichts als pulsierende Energie ist. Dein Körper und die Welt rundherum lösen sich in ein glitzerndes Gitterwerk von weißen Wellen auf. Du bist in die innerste Struktur der Materie eingedrungen und vibrierst in Harmonie mit ihrem ursprünglichen und kosmischen Puls."]]

 

 

Es entspricht dem aktuellen Geschehen, aber es ist das Bewusstsein, reduziert auf die Dimension des unendlich Kleinen, eine Reproduktion dessen, was sich in den anderen Dimensionen ereignet. Aber nach all dieser Disziplin der Zellen, die jetzt mehrere Jahre andauert, macht mir seine Beschreibung den Eindruck derselben Sache, allerdings DURCH EINE ILLUSION GESEHEN. Das gestörte Gleichgewicht führt gerade zu dieser Illusion: die Illusion einer absoluten Realität, die tatsächlich eine völlig relative Wirklichkeit ist. Der Unterschied ist der, etwas mit dem Gefühl der Relativität zu sehen, mit einer ungeheuren Menge anderer Dinge zusammen, oder es ganz allein zu sehen, als eine ausschließliche und einzige Wirklichkeit. Es ist das Gefühl für die Harmonie und das Gleichgewicht des Ganzen, das fehlt. So wird es "ungeheuer", wie er sagt, manche Leute könnten es erschreckend finden. Dies genau deshalb, weil das Gleichgewicht fehlt. Das Gleiche trifft in einem ganz kleinen Maßstab für eine Person zu: diese Gesamtsicht, die einem die Größenordnung eines jeden Ereignisses vermittelt und allem die richtige Bedeutung zuweist, ändert alles. Wenn man ein Gefühl für das Gesamte hat, wird das, was schrecklich, katastrophal oder wunderbar erscheint, zu einem bloßen Teil des Ganzen. Der Sinn für das Gleichgewicht ist nicht mehr da. Als ich das Ende las, war mir dies noch eine weitere Bestätigung für meine Erfahrung.

In gewissen Fällen kann es nötig sein, das Gleichgewicht zu zerstören, um in Beziehung mit etwas Neuem zu treten, aber das ist immer gefährlich. Der Weg der Weihe und des surrender [Hingabe] an die höchste Macht liegt unendlich höher - er ist ein bisschen schwieriger. Schwieriger jedenfalls, als eine Droge zu schlucken, aber unendlich wertvoller.

Wir könnten es einen "für alle erreichbaren Yoga" nennen! Aber... es ist nicht ohne Gefahr.

Man sagt, dass schon recht viele Leute es nehmen... dass die Kraft arbeitet, daran besteht kein Zweifel, und es ist zweifellos die Auswirkung dieser Kraft.

Es gibt andere interessante Beispiele. Ein Birmane hat gerade den "Friedensnobelpreis" erhalten (vielleicht ist dir das bekannt). Er hat einen Artikel geschrieben (ich weiß nicht, in welcher Sprache er schrieb, jedenfalls erschien es auf französisch in einer Schweizer Zeitschrift), wo er etwas sagt, das jeder weiß, was aber auch allgemein vergessen wird: Würde man alles Geld, das für die Herstellung von Zerstörungsmitteln verschwendet wird, zum größeren Wohl der Menschheit verwenden, könnte man Wunder bewirken.

[[Mutter bezieht sich auf U Thant, den Generalsekretär der Vereinten Nationen: UNO, 10. April 1967:

Die Tatsache, dass schon ein Bruchteil der Summen, die 1967 für Waffen ausgegeben werden, ökonomische, soziale, nationale und Weltprogramme in einem bis dahin unvorstellbaren Maße finanzieren könnten, ist für jedermann einleuchtend. Wenn sie sich vereinigen, sind die Menschen fähig, die Zukunft der menschlichen Entwicklung vorauszusehen und bis zu einem gewissen Punkt zu bestimmen. Das ist jedoch nur möglich, wenn wir aufhören, uns gegenseitig zu fürchten und zu belästigen und wenn wir die Umwandlung, die unvermeidlich stattfinden muss, zusammen akzeptieren, willkommen heißen und vorbereiten. Wenn dies eine Umwandlung der menschlichen Natur bedeutet, nun, dann ist es höchste Zeit, daran zu arbeiten; ganz bestimmt müssen sich gewisse politische Haltungen und Gewohnheiten der Menschen ändern.

(La Suisse, Genf, 10. April 1967)]]

Dann fügt er hinzu (ich kann ihn nicht genau zitieren): damit so etwas geschehen kann, müssen die Menschen - die Nationen und die Menschen - aufhören, sich gegenseitig zu misstrauen und einander zu fürchten, und wir müssen im Sinne der Einheit leben. Er sagt: DIE MENSCHLICHE NATUR MUSS SICH ÄNDERN, es ist höchste Zeit, dass sie sich ändert, und wir sollten alle dafür arbeiten, dass dies geschieht.

Ich bin sehr froh, dies zu hören. Er ist ein Mann, der das Wahre erfasst hat.

Es beginnt sich auszubreiten. Auch in Korea sagt ein Mann dasselbe, und er ist Tausenden von Menschen bekannt. Sie rufen alle nach einer Änderung der Natur, einem "neuen Bewusstsein".

(langes Schweigen)

Etwas Interessantes zeigt sich im Bewusstsein der Zellen: Sie haben einen Sinn für Aufrichtigkeit, der VIEL exakter ist - was man im Englischen exacting [anspruchsvoll, streng] nennt - als im Vital und im Mental (das trifft sogar für das materielle Vital und Mental zu). Etwas Absolutes liegt in ihrer Aufrichtigkeit, das sehr bemerkenswert ist, und sie sind unter sich von einer Strenge, die ganz wunderbar ist. Das ist außerordentlich interessant. Gibt es etwas, irgendeinen Teil, irgendeine Bewegung, die zu mogeln versucht, packen sie sie so (Geste, nach etwas zu schnappen und ihm den Hals umzudrehen), auf eine so scharfe und präzise Weise... In allen vitalen oder mentalen Bewegungen gibt es immer eine Art Geschmeidigkeit (schlangenartige Geste), etwas, das versucht, sich zu arrangieren - hier jedoch, oh... (unbeugsame Geste). Wenn aber eine Anrufung, ein Gebet, das Geben seiner selbst, Hingabe und Vertrauen da ist, werden alle diese Dinge so rein - so rein und kristallklar, dass... oh!

Es gibt eine wachsende Überzeugung, dass eine in der Materie realisierte Vollkommenheit eine VIEL perfektere Vollkommenheit bedeutet als irgendwo sonst. Dort ist die Vollkommenheit von einer Stabilität, die sie sonst nirgendwo erreicht... Wenn sich die große Darbringung vollzieht, das freudige Geben, die freudige Hingabe, und irgend etwas mit dem geringsten Eigeninteresse dazwischenkommt - zum Beispiel irgendeine Stelle im Körper, die leidet (ein Schmerz oder eine Störung) und hofft oder wünscht oder erwartet, dass es besser wird - packen sie sie so (gleiche Geste des Ergreifens und Halsumdrehens) und sagen: "Oh, du Unaufrichtiger! Gib dich bedingungslos!" Großartig!

Das ist sehr interessant.

Diese Freude, diese Begeisterung ob der Tatsache, dass es MÖGLICH ist, völlig aufrichtig zu sein; man könnte fast sagen (es sind nur Worte), dass es "erlaubt" ist: "Das Leben ist eine solche Unordnung und ein solches Durcheinander von Unaufrichtigkeit, dass es wirklich DAS ist, was man von uns erwartet; DAS ist erlaubt, DAS muss verwirklicht werden: absolut sein in der Freude der Selbsthingabe." Das ist ein wahres Wunder.

Auch der Kontakt mit all diesen Wesen des Übermentals, mit all den Göttern und Gottheiten... Hier in den Zellen besteht eine Art... (wie soll ich sagen?) Direktheit und, ja, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, die sich sagt: "Ach, wie die sich aufspielen! (Mutter bläst ihre Backen auf) Was sind die bloß eingebildet!" Das ist äußerst interessant. Die Vision der Welt ist völlig anders, sehr viel aufrichtiger, ehrlicher und direkter. Seltsam.

Das Bewusstsein, das sich in den transformierten Zellen ausdrückt, ist ein Wunder. Es rechtfertigt all diese Zeitalter des Elends. Es hat sich wahrhaftig gelohnt, dahin zu gelangen, wirklich.

Insbesondere alle Vortäuschungen, alle Übertreibungen, alle Eitelkeiten, oh, all dies wird wie durch die unschuldigen Augen eines sehr reinen Kindes gesehen (viel besser noch! Das ist ein schwacher Vergleich).

(Schweigen)

Auch gibt es so etwas wie eine innere Richtschnur. Wenn irgendwo ein Schmerz auftritt oder sich irgend etwas querstellt, dann solltest du mal die Haltung der anderen seh...en!... Ein strenger Ernst, der zuerst sagt (ich muss es übersetzen, dadurch verliert es seinen ganzen Charme), aber es fängt an mit: "Stell dich nicht so an, mach keine Geschichten!" (oder an alle gerichtet, je nachdem). Dann der Druck, sich zu unterwerfen. Und diese Aktion, überall das Licht fließen zu lassen... Man übersetzt es, und beim Übersetzen mischt sich leider immer das Mental ein; die Sache selbst denkt sich nicht, sie betrachtet sich nicht in ihrem Sein, sie ist sehr spontan. Sehr spontan und eben sehr aufrichtig. Das ist schön.

Es ist wie eine riesengroße Gesellschaft, nicht wahr.

Und bei der Arbeit gibt es Ansammlungen oder kleine Gruppen von Zellen, die mit einer Prägung verharren, mit überholten Prägungen. Oder manchmal hier (Geste zum Gehirn), aber da ist ein volles, starkes und dichtes Licht. Aber immer noch gibt es Winkel - viele kleine obskure Winkel -, verbunden mit der Erinnerung an die Umstände, die Ereignisse, die Empfindungen, die Wahrnehmungen, die zu dem geführt haben (der Prägung); all dies wird in einem neuen Licht gesehen, um aufgelöst zu werden. Und das... ja, wie sie sagen [[Die Anhänger des LSD.]] : "Man reist", man reist in einer ungeheuren Welt; es sind keine vergangenen Dinge... man reist in einer ungeheuren Gegenwart.

Allerdings reist man bewusst und freiwillig, statt durch die Wirkung einer Droge. Das ist viel besser.

Heute morgen erst wiederholte sich die Lektion, einfach mit noch immer haftenden Überresten von alten Dingen, Reaktionen und kleinen Bewegungen (inneren Bewegungen): "Eine einzige Lösung, nur eine Lösung: die Auflösung seiner selbst, die vollkommene Hingabe seiner selbst, das surrender von allem."

Und dann diese Freude des Lichts - die Schönheit, die Freude... eine solche Pracht!

(Schweigen)

Es ist das einzige Heilmittel.

Natürlich kann alles gut sein, alles ist möglich (das LSD), aber... es scheint ein ziemlich großer Umweg zu sein, um zum gleichen Ort zu gelangen.

 

***

 

19. April 1967

 

 

Gestern Abend erhielt ich ein langes Schriftstück von Y über die "vorgeburtliche Erziehung"... Sie sagt, dass das Kind während der ersten Lebensmonate das Bedürfnis habe, die Haut seiner Mutter zu berühren, und dies (Mutter zeigt das Foto einer nackten Negerin, die ihr nacktes Kind auf dem Rücken trägt) sei die ideale Art, ein Kind zu tragen!

Ich habe das gestern gelesen, denn sie hatte so viel von dieser vorgeburtlichen Erziehung gesprochen. Sie sagt, ein Kind sei mit drei Jahren bereits völlig erzogen, und ich wollte wissen, was sie vorschlägt, aber es ist keine einzige konkrete Sache darin, sie sagt nicht, was getan werden sollte.

Erst auf der letzten Seite.

Ja, da ist etwas.

 

 

Das Kind der Zukunft

Es ist nie einer Regung der Ungeduld begegnet.

Es hat nie eine zornige Stimme gehört.

Es hat nie jemanden gesehen, der sich beklagt.

Es hat niemals gehört: "ich" oder "mein".

Nichts hat es je aus seiner Einheit gezogen.

Man hat ihm nie gesagt: "Komm her!"

oder seine physischen Rechte verletzt.

Man hat ihm nie gesagt: "Du musst!"

und seine psychischen Rechte verletzt.

Man hat es immer wie eine sich entwickelnde Seele behandelt.

Das Universum ist seine Mutter

und die Zukunft seine Schule.

 

Ein Kind, zu dem man nie sagen darf: "Komm her!" ... Das wird kompliziert, wenn man ihm nicht sagen kann: "Komm her!"

Man sagt ihm nie: "Du musst".

Ach ja, das ist gut.

Doch wo sind die Eltern, die sich so verhalten!

Ja, zuerst müsste man sich um die Erziehung der Eltern kümmern.

Ja, zuallererst.

Erst auf der letzten Seite findet sich eine Andeutung, was diese Erziehung sein könnte, aber es ist die negative Seite, das, was man nicht tun sollte. Das ist alles. Die positive Seite ist nicht da.

Sie hat mir schon einmal von der vorgeburtlichen Erziehung erzählt, und ich sagte mir, da ist etwas dran, aber dies hier...

Offensichtlich weiß man aus Erfahrung, dass man die Form gestalten kann, die man sich vorstellt; in großen Linien kann man den Charakter geben, den man sich vorstellt; das alles ist völlig richtig. Also muss man als erstes die Mutter erziehen, nicht das Kind. Dann kann man durch eine sehr strenge Beherrschung der eigenen Reaktionen verhindern, dass sich gewisse falsche Regungen im Kind einnisten können. Aber all dies ist nicht neu, das weiß man schon lange - ich habe dies selber getan, als ich ein Kind erwartete. Von daher weiß ich es.

Aber noch einmal: man muss zuerst die Mutter erziehen, bevor sie ein Kind bekommt, darauf kommt es an.

Schon damals war mir klar, dass man ihm Ideen, Aspirationen, Tendenzen vermitteln kann (ich wusste nicht, wie dies möglich ist), aber sie sagt nichts über das Vorgehen.

Nur eine Sache erwähnt sie, und zwar an einer Stelle, wo sie davon spricht, dass eine Trennung während der ersten Wochen für das Kind sehr schmerzlich sei, und der physische Kontakt, der Hautkontakt, das Berühren, nötig seien, um dem Kind den Geschmack am Leben und das Verständnis für das physische Lebens zu geben. Das ist möglich. Aber heute sagen die Ärzte: "Berührt euer Kind bloß nicht, legt es in eine Wiege, es darf nicht getragen werden, denn das verformt es." Das steht in einem völligen Gegensatz zu Ys Theorien. Es ist möglich, nicht wahr, es kann durchaus sein, dass sie recht hat. Aber das ist ein kleines Detail ohne Bedeutung. Ich hatte mir viel mehr erhofft und war ein wenig enttäuscht.

[[Hier ein Auszug aus Ys Bericht: "Allein das Kontaktgefühl ist vollkommen entwickelt (beim Neugeborenen). Es gestattet ihm, in einem intimen Kontakt mit seiner Mutter zu verbleiben und die Zeit der Schwangerschaft, die eine Zeitspanne intensiver Entwicklung ist, in sicherer Geborgenheit zu verlängern. Die geringste Trennung kann ein nicht wiedergutzumachendes Trauma verursachen, dieses "Mit-dem-Kopf-Aufschlagen" ist die übliche aber anomale Bedingung für die Neugeborenen der zivilisierten Welt. Primitiven Völkern ist dies sehr wohl bekannt, und die Mutter trägt das nackte Kind auf ihrer nackten Haut. Sie werden nie voneinander getrennt... Solange die anderen Wahrnehmungsorgane sich noch nicht ausgebildet haben, empfängt das Kind seine Erziehung hauptsächlich durch die Hautoberfläche... Wenn man will, dass es sich wirklich inkarniert, dass es zum Freund der Materie wird, dass ihm sein Körper so vertraut wird wie seine Seele, muss man für es einen Yoga der Zärtlichkeiten und des Spielens erfinden." (Es sei hier angemerkt, dass der Versuch der Anwendung dieser verlockenden fehlerhaften Theorien katastrophale Resultate zeitigen wird, wie wir später in der Agenda sehen werden: die sogenannten "Zärtlichkeiten" dienen hauptsächlich dazu, dunkle vitale Kräfte in den Körper des Kindes zu ziehen, und man riskiert vielmehr, ein Wesen des Sexs zu inkarnieren als alles andere.)]]

Aber das, was der Mann aus Burma gesagt hat, ist gut; das ist viel interessanter: die Idee, dass es höchste Zeit ist, dass die menschliche Natur sich ändert. Das ist richtig. Denn im gewöhnlichen Leben sagen einem die Leute: "Was kann ich schon daran ändern? Ich bin eben so." Immer erhält man diese Antwort.

(Schweigen)

Eigentlich müsste man ein kleines "Lehrbüchlein" für die Kinder der Zukunft haben. Ein Heft, um den Vater und die Mutter schon vor der Empfängnis vorzubereiten (besonders die Mutter, das ist das Wichtigste). Dann ein Heft für die ersten drei Lebensjahre: welches sind die erforderlichen Qualitäten, welche Haltung ist einzunehmen... Auf jeden Fall müssten zunächst einmal der Vater und die Mutter von der Möglichkeit - zumindest der Möglichkeit - eines Kindes, das kein bloßer animalischer Mensch ist, wissen.

Dann sollte die Empfängnis völlig ohne Begierde geschehen - eine sehr schwer zu erfüllende Bedingung.

Die Mutter sollte während der ganzen Schwangerschaft in einer sorgfältig vor allen herabziehenden Einflüssen geschützten Atmosphäre leben: ein ideal schöner Platz, ein wunderbares Klima, wo alles harmonisch ist, und ein völlig spontanes, freies, harmonisches und schönes Leben, sicher vor allen Vulgaritäten des Lebens. Und sie selbst sollte das Ideal des neuen Kindes in sich tragen, und zwar nicht mechanisch, sondern bewusst, gewollt, in einer absolut "schöpferischen" Atmosphäre, könnte man sagen.

All diese Bedingungen sind sehr schwer zu erfüllen. [[Mutter antwortete der Schülerin, die ihr die Studie über die Ausbildung des "neuen Kindes" geschickt hatte: "Ich habe Deine Arbeit mit größtem Interesse gelesen - es ist ein wichtiger Aspekt des Problems. Aber eine Veröffentlichung ist unmöglich. Wenn sie das sehen und lesen, würden sich zu viele kleine Mädchen einbilden, sie seien dazu bestimmt, ein "Sonnenkind" auf die Welt zu bringen - das wäre eine Katastrophe." Dann fügte Mutter hinzu: "Um dieses Werk zu vollbringen, sollte man alle Begierden hinter sich gelassen haben; das ist leider meistens nicht der Fall, wohingegen Ehrgeiz und Eitelkeit die häufigeren Übel sind."]]

 

***

 

22. April 1967

 

 

(Mutter reicht Satprem einen Brief und einen Zeitungsartikel über LSD, den sie eben aus Amerika erhalten hat, sowie ein Foto der Plakate, welche die Leute einladen, den "Trip" zu machen.)

Sie scheinen halbverrückt zu sein - schon etwas mehr als halb!

Willst du im nächsten Bulletin veröffentlichen, was du zum Thema LSD gesagt hast?

Nein, ich finde, dass ihnen das fast zu viel Bedeutung schenken würde.

In Amerika hat es recht erschreckende Ausmaße angenommen... Die Zahl der Leute, die diese Droge nehmen, ist beachtlich.

Ich glaube nicht, dass man die Leute davon abhalten kann - sie fahren damit fort, bis sie schwere Unfälle haben, folglich... Die Regierung wird eingreifen, was ein Fehler mehr sein wird.

(Schweigen)

Dass ein sehr großer Druck, eine Art Intensität des Druckes besteht, ist unbestreitbar - überall, überall. Und natürlich die Reaktion der Unwissenheit.

Im wesentlichen hatte die Natur die Dinge arrangiert, und da sie nicht in Eile war, mochte es ruhig Tausende und Abertausende von Jahren dauern - man schritt langsam voran. Man amüsierte sich unterwegs; alle nur möglichen Erfindungen wurden gemacht, man amüsierte sich. Aber es ging nicht besonders schnell voran. Die Natur arrangierte die Dinge in der Art, dass jeder Druck, schnell weiterzukommen, Katastrophen auslöst.

Bei der ungeheuren Masse jener, die noch in tiefer Unwissenheit stecken, führt der Versuch einer Beschleunigung zu einer eher ungesunden Erregung. Leute, die in einem gewissen Gleichgewicht leben, protestieren; wie oft höre ich sie sagen: "Aber wir haben es doch nicht so eilig. Das läuft schon richtig so! Alles zu seiner Zeit, warum die Dinge so schnell ändern wollen!" Das ist die Haltung derer, die ein einigermaßen harmonisches Gleichgewicht im Leben gefunden haben. Sie sagen sich: "Oh, ihr habt es reichlich eilig, warum alles umstürzen? Man muss es einfach geschehen lassen. Alles zu seiner Zeit!" Voilà. Leute, die etwas "sattwisch" und bedächtig sind, besitzen ein solches Gleichgewicht. Unter jenen, die eine Aspiration haben, gibt es eine ganz kleine Anzahl, die aufrichtig, ernsthaft, ausgeglichen und zu allem bereit ist: langsam zu gehen, schnell zu gehen, viel zu tun, wenig zu tun, die aber regelmäßig und ruhig sind. Dann gibt es eine weitere Gruppe von Leuten, die ein gestörtes Gleichgewicht vorziehen, diesen bietet sich somit eine Gelegenheit zu allen möglichen Extravaganzen. Aber offensichtlich ist der Druck der Kraft überall spürbar.

Sri Aurobindo betonte immer, das Wichtigste, aber auch das Schwierigste sei, DAS GLEICHGEWICHT IN DER INTENSITÄT bewahren zu können. Die Intensität der Aspiration, die Intensität der Bemühung, die Intensität des Voranschreitens zu besitzen, und gleichzeitig sein Gleichgewicht zu bewahren - das Gleichgewicht eines vollkommenen Friedens. Das sind die idealen Bedingungen. Aber es ist nicht leicht.

(Schweigen)

Für die Zellen des Körpers bedeutet das einen schwierigen Übergang von der Ruhe, die "tamasischen" Ursprungs ist (einer Ruhe, die in ferner Vergangenheit das Produkt der Trägheit war, ein Überbleibsel dieser Tendenz zur Trägheit), zu einem Stadium, wo diese Ruhe aufhört, träge zu sein, und der Ruhe der Allmacht angehört. Für die Zellen ist das schwierig.

In diesen Tagen, ach... Die Arbeit das Übergangs vollzieht sich insbesondere in den Details, und das ist nicht angenehm.

Zum Beispiel diese Gewohnheit der Zellen, die Kraft von unten zu schöpfen (durch die Nahrung usw.); wenn man dies in eine bleibende Gewohnheit umwandeln will, die Kraft in jedem Augenblick, in den kleinsten Details, von oben zu schöpfen, kommt es zu einem schwierigen Augenblick... "Von oben" ist eine Redensart, denn genau genommen können es auch die Tiefen sein: es hat weder Richtung noch oben oder unten, nichts dergleichen, aber es bedeutet, sich nicht mehr an der Oberfläche zu orientieren, sei es, um zu stehen, zu gehen, sich zu setzen oder um sich zu bewegen...

Und dann dieser Druck der äußeren Unruhe (die Welt lebt in ständiger Unruhe): die ganze Welt stürzt sich vorwärts, um... man weiß wirklich nicht wozu. Sie wollen zehnmal mehr tun in einer Zeit, die nicht ausreicht, nur eine Sache normal zu tun, das bewirkt so etwas... (vibrierende Geste). Die Kraft, die es braucht, um in diesem Wirbel ruhig und ausgeglichen zu bleiben...

Das ist wirklich sehr interessant.

Was die Menschen gewöhnlich "Kraft" nennen (im Sinne des englischen Wortes strength), ist etwas sehr Schweres und Tamasisches. Wahre Kraft ist eine Bewegung von ungeheurer Geschwindigkeit, aber... in vollkommener Ruhe. Es besteht nicht die geringste Unruhe; die Bewegung ist phantastisch schnell, aber ohne Heftigkeit, in einer solchen Ruhe... Diese Kraft fühlen sie gewöhnlich nicht einmal, und dennoch ist sie es, die die Transformation erlaubt - erlauben wird.

Das Schwierige ist immer der Übergang. Der Körper handelt (er wird sozusagen getragen: er tut die Dinge ohne ein Gefühl des Widerstands oder der Ermüdung, nichts dergleichen), aber wenn dann aus irgendeinem Grund (gewöhnlich ein von irgend jemand anderem kommender Einfluss oder Gedanke) sich die Erinnerung an die andere Methode einstellt (die gewöhnliche Methode, die universale Methode aller menschlichen Wesen), ist es plötzlich so... (das ist ganz seltsam), als ob der Körper NICHTS mehr tun könnte, ganz so, als ob er ohnmächtig würde. Unverzüglich kommt es zu einer Reaktion, und die andere Bewegung übernimmt wieder die Führung. Aber dies schafft eine schwierige Zeitspanne. Erst wenn diese Rückfälle unmöglich geworden sind, wird es eine Sicherheit geben. Vorerst ist es noch schwierig.

Früher gab es sogar gefährliche Augenblicke, aber nun erhebt sich in den Zellen unverzüglich eine Art Stoßgebet: "Du - Du - Du..." Dann geht es gut.

 

***

 

24. April 1967

 

 

(Von Mutter verteilte Botschaft:)

 

Denn schließlich und endlich ist es der Wille im Wesen, der den Umständen ihren Wert gibt, und oft einen unerwarteten Wert; die Färbung der scheinbaren Wirklichkeit ist ein irreführender Indikator. Wenn der Wille in einer Rasse oder Zivilisation auf Tod gerichtet ist, wenn er festhält an der Mattigkeit der Dekadenz und dem laissez-faire des zum Sterben Verurteilten, oder selbst in kraftvollem Zustand blind auf Neigungen beharrt, die zur Zerstörung führen, oder wenn er nur die Kräfte toter Zeit schätzt und die Kräfte der Zukunft von sich weist, wenn er Leben, das war, dem Leben, das sein wird, vorzieht, so wird ihn nichts, werden ihn nicht einmal üppige Kraft, Mittel und Klugheit, nicht einmal viele Aufrufe zum Leben und ständig gebotene Gelegenheiten vor dem unvermeidlichen Zerfall und Zusammenbruch bewahren. Nur wenn ihn ein starker Glaube an sich selbst und ein robuster Wille zum Leben erfüllt, wenn er gegenüber den Dingen, die kommen werden, offen ist, willig, sich der Zukunft und der Dinge, die sie bietet, zu bemächtigen, und stark, sie gefügig zu machen, wo sie widrig zu sein scheint, kann er aus Widerstand und Niederlage die unbezwingbare Kraft zum Sieg ziehen und sich aus scheinbarer Hilflosigkeit und Dekadenz in einer mächtigen Flamme der Erneuerung zum Licht eines herrlicheren Lebens erheben. Zu einem solchen Aufstieg schickt sich die indische Zivilisation nun wieder an, wie sie es stets tat in der ewigen Kraft ihres Geistes.

Sri Aurobindo (1919)

[[Grundlagen der indischen Kultur, Verlag Hinder und Deelmann, S. 37. ]]

 

***

 

27. April 1967

 

 

(Bezüglich des Darschans vom 24. April, dem 47. Jahrestag von Mutters Ankunft in Pondicherry.)

Wie war der 24.? Bist du während der Meditation zu Hause geblieben?

Nein, ich komme immer.

Es war recht außergewöhnlich.

Folgendes geschah: Eine Woche vor dem Darschan hatte jemand hier einen sehr starken Schnupfen. Ich sagte mir: "Ich darf mich nicht anstecken" (in der Tat ist Mutter sehr erkältet), und ich sprach ein besonderes Gebet, um ihn nicht zu bekommen. Aber das löste Konsequenzen aus.

Ich erzählte dir von dieser Erfahrung, die zunehmend konkreter und beständiger geworden ist: einerseits die Schwingung der Harmonie (der höheren Harmonie, die das essentielle Bewusstsein mit seinem Aspekt der Liebe, der Harmonie und - im Maße seiner zunehmenden Manifestation - Ordnung und Organisation zum Ausdruck bringt), andererseits die fast ständige und allgemeine Vibration des Durcheinanders, der Disharmonie, des Konflikts - im Grunde das Zeichen des Widerstands der Materie gegen dieses Einwirken. Die beiden Schwingungen sind so (Mutter schiebt die Finger ihrer rechten Hand zwischen die der linken), als durchdrängen sie sich gegenseitig, wobei eine einfache Bewegung des Bewusstseins einen entweder auf die eine oder die andere Seite kippen lässt, oder besser ausgedrückt: die Aspiration, der Wille zur Verwirklichung bringt einen mit der Schwingung der Harmonie in Kontakt, während die GERINGSTE Nachlässigkeit einen auf die andere Seite kippen lässt. Das ist zum Dauerzustand geworden. Am 24. herrschte von morgens an eine ständige Aspiration, ein ständiger Wille für den Sieg der Schwingung der Harmonie. Wie jedes Mal setzte ich mich ungefähr fünf oder zehn Minuten vor Beginn der Meditation an meinen Tisch. Augenblicklich kam diese Schwingung der Harmonie herab, mit einer Macht, die einen Elefanten hätte erdrücken können, massiv... so massiv, dass der Körper jegliches Empfinden seiner Existenz verlor: er wurde Das, er war sich nur noch Dessen bewusst. Die erste Viertelstunde verging wie eine Sekunde. Es waren drei Personen im Zimmer; eine der drei oder vielleicht alle drei fühlten ein Unbehagen (nicht verwunderlich!), und das weckte mich auf: ich sah das Licht (ich lasse immer eine Kerze auf dem Tisch brennen) und sah die Zeit, aber nicht ich sah dies: etwas sah. Dann kehrte wieder eine Art Beruhigung in der Atmosphäre des Aschrams ein, und weg war es. Eine Sekunde später schon erklang das Signal für das Ende [[Am Ende der Meditation ertönt der Gong.]].

Dies geschah meinem Körper zum ersten Mal. Schon immer blieb er bewusst. Sri Aurobindo bestätigte mir dies: er hatte nie, nie das Samadhi im Körper. Und ich auch nicht: immer, immer, immer blieb ich bewusst. Und dies... es war reine Kraft, nichts als Kraft, die am Werk war: eine Konzentration hier, über dem ganzen Land und der ganzen Erde. Alles war auf diese Weise bewusst (weite Geste oberhalb des Kopfes) und arbeitete. Aber etwas Massives, mit der Kraft eines Elefanten - genug, um alles zu zerschmettern.

Ich habe niemandem davon erzählt, ich wollte beobachten (wenn ich es sage, versuchen die Leute nämlich, etwas zu finden, ich wollte aber die spontane Reaktion sehen). Als erstes erhielt ich einen Brief von G, in dem er mir schrieb, dass er am Samadhi gewesen sei. Unmittelbar vor Beginn der Meditation sei eine so starke Kraft auf ihn herabgekommen, dass er hinfiel (er saß und fiel nach vorne). Er fragte mich, was dies war. Ich habe noch nicht geantwortet. Nachher kamen andere Leute, andere Dinge.

Für mich war dies außergewöhnlich, denn es geschah mir zum ersten Mal. Aber es hatte etwas zur Folge: Alles, was sich innen immer noch an diese alte Gewohnheit der Störung und Disharmonie klammert - die Ursache von allem, von allen Übeltaten und Krankheiten, all dies - war... Gestern Nachmittag sah ich, dass etwas eliminiert werden musste, und es verwandelte sich in einen Schnupfen. Es ist nichts.

Es ist belanglos, und es gab mir die Gelegenheit zu sehen, dass alle Zellen, überall, selbst jene, die aus alter Gewohnheit das Unbehagen des Schnupfens empfinden würden, eine selige Aspiration nach Transformation empfinden. Sie haben wirklich spontan den Eindruck, dass alles, was ihnen geschieht, dazu beiträgt, die Dinge ein wenig zu beschleunigen. Somit sind sie sehr glücklich.

Es müsste noch schneller vorangehen; das heißt, all diese Dinge wie Schnupfen usw. sollten rein vorübergehend sein: ein Kommen und Gehen.

Viele schlechte Gewohnheiten bleiben noch bestehen - auch das wird sich ändern.

Und da war das Bewusstsein - das totale Bewusstsein in einem Licht... einem Licht, für das es hier keinerlei Entsprechung gibt, und dennoch war es völlig materiell. Stell dir vor: es war wie geschmolzenes Gold, leuchtend und sehr dicht, von einer Macht, einem Gewicht, ganz erstaunlich. Und dann: kein Körper mehr, nichts - nichts mehr, nur Das. Dann eine Vision von Dem, etwa so (Geste der Ausweitung über dem Kopf), in unmittelbarer Aktion, einer Aktion sowohl auf das Land als auch auf die ganze Erde. Eine Aktion, die keine Bewegung hervorruft - ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Eine Art Druck - ein Druck ohne äußerliche Bewegung.

Der Druck löste sich nach der Meditation auf, aber die Auswirkung blieb, und aus alter Gewohnheit erhob ich mich danach, um etwas vom Tisch zu nehmen - und wäre beinahe gefallen! Der Körper wusste nicht mehr, wie man geht. Ich musste mich konzentrieren, und so kam es zurück.

Etwas blieb (aber es war nicht so stark), als ich auf den Balkon ging (nachmittags am 24.). Auf dem Balkon war ich anders als gewöhnlich. Ich weiß nicht genau, was es war. Aber die Fotos sind anders; in den Fotos ist etwas, das gewöhnlich nicht da ist. Eine besondere Atmosphäre.

(Schweigen)

Ich erinnerte mich an etwas, das mir Sri Aurobindo während der letzten Monate gesagt hatte: Wenn die supramentale Kraft da ist (er rief sie ständig herab), während der ganzen Zeit, in der sie präsent ist, hat man den Eindruck einer Allmacht - eine Allmacht, die bedingungslos ist: eine ALL-Macht. Aber er sagte: It goes in the background [Es rückt in den Hintergrund], sobald der Druck der Kraft nachlässt.

 

***

 

29. April 1967

 

 

(Mutter schenkt Satprem eine geschlossene rosa Lotosknospe)

Vor einigen Tagen gab ich Z nachmittags eine solche noch nicht geöffnete Lotosknospe. Sie behielt sie in der Hand und schlief die ganze Nacht damit. Morgens legte sie sie ins Wasser und ... sie öffnete sich. Nachdem sie sie eine ganze Nacht in der Hand gehalten hatte. Sie ist von solider Beschaffenheit!

Blumen sind sehr aufnahmefähig für die Vitalität der Menschen - für die ART der Vitalität. Wenn manche Leute eine Blume halten, verwelkt sie sehr rasch, und bei anderen öffnet sie sich. Ich habe mehrmals gesehen, wie Sri Aurobindo eine halbverwelkte Blume in die Hand nahm, worauf sie sich völlig erholte - sie war sehr glücklich!

In Paris kannte ich eine Dame, die sich für eine Schülerin (von Mutter) hielt und mir immer Blumen mitbrachte. Immer, ausnahmslos, waren die Blumen verwelkt. Sie kam an und sagte mir: "Aber als ich sie kaufte, waren sie doch noch ganz frisch!" (Mutter lacht) Sie waren vollkommen am Ende. Zu guter Letzt sagte ich ihr: "Das liegt daran, dass Sie ihr ganzes Leben absorbieren!"

Sie entzog ihnen das Leben.

***

(Etwas später)

Letztes Mal erzählte ich dir von diesen beiden Schwingungen... Es besteht eine ständige Bemühung, alles unter die wahre Schwingung zu bringen. Diese Subtilität der Arbeit ist sehr interessant. Eine ganze Nacht vergeht damit.

Ich habe den Eindruck, dass sich wirklich etwas anbahnt: Es besteht ein sehr starker Druck - aber was? Ich weiß es nicht. Die Leute fragen mich: "Was wird am 4.5.67 geschehen?" [[In einem Brief vom 2. Februar 1934 hatte Sri Aurobindo erklärt: "4.5.67 ist das Jahr der vollkommenen Verwirklichung." Offenbar sagte er auch, dass ab 1967 die Regierungen dem supramentalen Einfluss unterstehen würden. Besonders die Reihenfolge der Zahlen (4.5.67) scheint eine okkulte Bedeutung zu haben.]] Ich sage ihnen: "Wartet ab, ihr werdet schon sehen!"

Sri Aurobindo übt seinerseits einen sehr aktiven Einfluss aus, und hinzu kommt diese ständige Arbeit (mit den beiden Schwingungen): selbst wenn Besucher da sind, auch bei Leuten, die ich nicht kenne, dauert sie an. Es ist, als würde sich etwas klären.

***

(Dann erkundigte sich Mutter nach Satprems Befinden, das weder physisch noch sonst wie besonders brillant ist)

...Ich kenne nur noch ein einziges Heilmittel für alles. Aber es wirkt!

 

***

 

3. Mai 1967

 

 

(Mutter zeigt Satprem eine neue Broschüre mit einem braunen Umschlag und dem Titel "Gott" in goldenen Buchstaben.)

Ich habe eine sehr hübsche kleine Geschichte... Vorgestern kamen Leute (gestern morgen sah ich fünfundfünfzig Leute da drüben im Zimmer... fünfundfünfzig! Vorgestern waren es etwas weniger, vielleicht fünfundvierzig), darunter ein kleines Kind, nicht älter als ein Jahr, das von seinem Vater getragen wurde. Es lehnte schläfrig an der Schulter seines Vaters. Der Vater trat ein, und als er sich mir näherte, erblickte mich das Kind - es öffnete seine Augen, die Augen eines Mannes! Das war kein Kind mehr. Dann sah es mich an. Es lächelte glückselig und... streckte mir die Händchen entgegen! Es ergriff meine Hand, ich gab ihm meine Hand, und es war so glücklich! Aber der Vater wollte ein pranam machen [sich niederwerfen], und so legte er es auf dem Boden ab. Neben mir stand ein großes Regal mit fünfzig dieser Büchlein (mit Zitaten von Sri Aurobindo: sämtliche Stellen, in denen von Gott die Rede ist), das Kind schaute: es nahm eines, betrachtete und betastete es, und versuchte schließlich, es zu öffnen - kein Wort, nichts. Natürlich hielten sich die Eltern für sehr klug, und der Vater sagte: "Man darf dem Kind das Buch nicht lassen", worauf er es nahm, um es zurückzulegen - großes Geschrei! Daraufhin nahm Champaklal das Buch und gab es dem Kleinen, und während der ganzen Zeit, als die anderen ihr Pranam machten (es waren ein Dutzend Leute anwesend), betrachtete und betastete er die goldenen Buchstaben...

Gewiss eines der bemerkenswertesten Kinder, aber nicht das einzige. Alle weniger als ein Jahr alten Kinder, die man mir bringt, sind so (mehr oder weniger). Dieses war wirklich sehr bewusst. Die Augen: vollkommen bewusst.

So lieb! Und so glücklich, ach, als ob es sagen würde: "Endlich treffe ich dich!"

Hier ist das Buch.

Aber diese Menschenmenge übersteigt alle Vorstellungen.

***

(Etwas später)

Pavitra ordnete alte Briefe ein, und... Ich habe dir bereits gesagt, dass seit dem 24. ein KONSTANTER Nachdruck darauf bestand, der Harmonie die volle Unterstützung zu gewähren und der Störung, der Disharmonie und Verwirrung nicht zu erlauben, sich zu manifestieren: physisch, vital und mental. Wie ein Hämmern seit dem 24. (kürzlich habe ich dir von dieser Kraft erzählt, die kam: es ist so geblieben). Gestern oder vorgestern fand Pavitra beim Einordnen etwas, das ich jemandem auf englisch geschrieben hatte:

 

Ja, der gute Wille, der in allen Dingen verborgen ist, offenbart sich demjenigen, der in seinem Bewusstsein einen guten Willen trägt.

Dies ist eine konstruktive Empfindungsart, die geradewegs in die Zukunft führt.

 

(Yes, the good-will hidden in all things reveals itself everywhere to that one who carries good-will in his consciousness.

This is a constructive way of feeling, leading straight to the future.)

 

Gestern habe ich das spontan ins Französische übersetzt.

 

En vérité, la bonne volonté cachée en toutes choses se révèle à celui qui porte la bonne volonté dans sa conscience.

C'est une manière constructive de sentir qui conduit tout droit à l'avenir.

 

Ich fand das sehr interessant (es wurde vor Jahren geschrieben, jedenfalls vor mehr als einem Jahr, und Pavitra sagte mir, er habe dies nicht einmal in einem Brief gefunden: es steckte zwischen den Mappen), als ob es mir sagen wollte: "Siehst du, du hast schon vorher so gesprochen." Denn der "gute Wille" ist gleichbedeutend mit Harmonie (psychologisch), es ist der Wille, dass psychologisch alles gut gehe. Ich fand dies recht interessant.

Aber es ist gut, dass es wiederkam: eine allen leicht zugängliche Form, die sie verstehen können - es werden ja keine außerordentlichen Dinge verlangt: allein ein guter Wille. Als ich das wiederfand, lächelte ich, ich freute mich und sagte: "Sieh an, genau dasselbe hätte ich auch über die gute Laune schreiben können: Seid guter Laune, und überall wird euch gute Laune entgegengebracht!" - Man kann vieles sagen (Mutter dreht ihre Hand langsam, wie um verschiedene Facetten aufzuzeigen): Mir kommt das immer vor wie ein Kaleidoskop von Farbmustern, das etwas anderes ausdrücken soll, und das, sobald es ausgedrückt wird, sich vermindert, geschmälert und verallgemeinert wird, um allen zugänglich zu sein. Aber da ist etwas: wie ein UNGEHEURER Konflikt, der sich gegenwärtig über der Erde abspielt, mit dieser wunderbaren göttlichen Gnade, die stets das Beste will und Druck ausübt: "Seid doch guten Mutes! Seid doch guten Willens, ja, habt doch diese innere Harmonie der Zufriedenheit, der Hoffnung und des Glaubens! Akzeptiert keine Schwingungen, die... zersetzen - die schmälern, die entwürdigen und zur Zerstörung führen."

Das ist überall, überall so (Geste eines Drucks auf die Erde).

Natürlich fragen die "klugen Menschen", von denen Sri Aurobindo spricht: "Was soll der 4.5.67 bedeuten? Was wird am 4.5.67 geschehen? Warum..." Von allen Seiten tritt dies in die Atmosphäre. Gestern sagte ich jemandem, der einen starken Glauben hat und eine beachtliche Autorität über eine große Zahl von Leuten genießt (man stellt ihm alle diese dummen Fragen; er hatte es mir nicht gesagt, aber ich empfing es mental), ich sah ihn nachmittags und erklärte ihm: "Aha, man stellt Ihnen also diese Fragen, nun, Sie können ihnen sehr feierlich sagen:

 

 

4   bedeutet Manifestation

5   bedeutet Macht

6   bedeutet Neue Schöpfung

7   bedeutet Verwirklichung

 

Jetzt sollen sie damit machen, was sie wollen!"

Nur, um sie zu beruhigen [[Unter den an Mutter gerichteten Fragen können wir folgende festhalten: "Es wurde gesagt, dass das Supramental 1967 in die Phase einer sich realisierenden Macht treten wird. Was bedeutet genau "eine sich realisierende Macht"?" (Mutter:) Entscheidend auf die Denkweise der Menschen und den Verlauf der Dinge einwirken. "Bezeichnet das Datum 4.5.67 den Beginn der, wie Mutter und Sri Aurobindo sie nannten, neuen supramentalen Art?" - (Mutter:) Seit einigen Monaten sind besonders die bei unseren Leuten geborenen Kinder von sehr spezieller Art.]].

In der Tat sagte er mir heute morgen (nachdem ich ihm erklärt hatte: "Es ist unnötig, mir das zu sagen, ich weiß es!"): "Oh, ich ziehe es vor, abzuwarten und zu sehen." Ich antwortete: "Das ist die richtige Haltung, es ist besser, abzuwarten und zu sehen."

Jedenfalls... ich weiß nicht - ich weiß nichts, und ich will auch nichts wissen. Falls sich nichts ereignet, würde mich das nicht wundern, denn... Für mich IST ES NÄMLICH SCHON GESCHEHEN. Es kam am 24. - ich habe dir bereits davon erzählt, ich hatte allerlei Erfahrungen (du hast mir das selber erzählt!), die ich nie zuvor hatte. Die materielle Persönlichkeit, der Körper war absolut aufgelöst. Es existierte nur... das höchste Bewusstsein. Und das blieb bestehen, soviel kannst du mir glauben! Es blieb bestehen in dem Sinne, dass... ich nicht mehr essen, mich fast nicht mehr ausruhen kann, obwohl ich wirklich Hunderte von Leuten empfange, und dann noch die Probleme und Papiere und... Der arme Körper könnte wirklich stöhnen: Uff! Aber nichts dergleichen. Und wenn die Spannung der anderen in irgendeinem Augenblick ein kleines Ungleichgewicht verursacht, sagt sich der Körper spontan: "Oh, aber Du, Du bist ja da" - und alles ist vorbei. Augenblicklich. Das ist wirklich erstaunlich.

Wir werden sehen.

(Schweigen)

Im Zusammenhang mit dem 4.5.67 geschehen sehr amüsante Dinge. Es gibt Leute mit der Geisteshaltung von "Gerechtigkeitsfanatikern", die sich selbst als Musterfall betrachten und der Ansicht sind, das ihnen zugefügte Unrecht müsse wieder gutgemacht werden. "Dies wird das Symbol der Mutter sein." Ein anderer wünscht sich Fotoapparate, die so empfindlich sind, dass sie die für das menschliche Auge "unsichtbare Präsenz" fotografieren können. Auch das gibt es, solche Dinge treten in die Atmosphäre (von Mutter). Ein anderer (anscheinend mehrere andere) denkt, das neue indische Jahr beginne mit diesem Tag. Andere... jeder hat irgendeine Vorstellung, die in die Atmosphäre gelangt. Das ist amüsant.

Ich denke immer an den Abschnitt in Savitri, wo Sri Aurobindo sagt: "Gott wächst..." wird in der Materie wachsen (man SIEHT die Gottheit, die in der Materie wächst, sieht, wie die Materie immer mehr die Gottheit zu manifestieren vermag), worauf Er sagt: "Und die weisen Menschen sprechen und schlafen" [[Savitri, I.IV.55, dt. Ausgabe S. 65.]]. Genau so ist es. Das ist reizend.

(Schweigen)

Sri Aurobindo sagte mir einst, eines der ersten Ergebnisse sei dies, dass die Regierungen unter den supramentalen Einfluss zu stehen kämen (nicht, dass wir selber regieren! aber die Regierungen würden unter seinen Einfluss geraten). In den letzten Tagen habe ich drei Minister und fünf Abgeordnete empfangen. Ich erhielt eine Gabe der Ministerpräsidentin [Indira Gandhi]. Es geht also gut. Das ist wirklich lustig... Manche kommen extra für einen Tag von Delhi, um mich zu sehen und dann wieder zu gehen. Bleibt zu hoffen, dass sie etwas klüger werden!

***

(Darauf beginnt Mutter, eine Reihe hier und da hingekritzelter Notizen zu ordnen. Bei dieser hält sie inne:)

 

"Auroville ist der Zufluchtsort für all jene, die es nach einer Zukunft des Wissens, des Friedens und der Einheit drängt."

 

Einen kleinen Platz haben wir "Promesse" [Versprechen, Verheißung] genannt, dort wird es sechs bis acht Zimmer geben, ein Büro, welches das erste Verwaltungsbüro von Auroville sein wird, und auch ein Gästehaus mit fünf bis sechs Zimmern für Besucher. Ein ganz kleiner Platz, mit einem schönen Garten und Bäumen - an der Straße nach Madras, am Rande von Auroville. Es ist schon im Bau. Es wird einen Teich mit Lotosblumen in der Mitte geben und eine große Marmorschale, glaube ich, auf der dieser Text auf französisch eingraviert sein wird, um den Leuten zu erklären, was Auroville ist.

***

(Mutter ordnet ihre Notiz über den "guten Willen" ein, nachdem sie entschieden hat, sie zur Veröffentlichung in Mother India freizugeben. Satprem bemerkt, es sei schade, dass sie nicht auch im Bulletin abgedruckt würde.)

Oh, (lachend]) ich kann dir so viele zusammenstellen, wie du willst! Das kommt einfach so - etwas amüsiert sich.

Es kommt sogar auf eine lustige Art. Zum Beispiel liest mir jemand einen Brief vor - "mir": es besteht kein Ich, das ist völlig abwesend -, während ich meinen Tätigkeiten nachgehe: Papiere einordnen und dies und jenes tun. Auf einmal (Geste von oben): "Sag das!" Aha, gut... Woraufhin es kommt. Das ist amüsant: Ein Spiel von Worten, so wie eine Katze, die mit etwas spielt: mit einem schelmischen Blick stößt sie den Ball fort, um ihn wieder zu fangen, sie stößt ihn mit einer Pfote fort und fängt ihn mit der anderen wieder auf. Mit Worten ist es genau dieselbe Bewegung. Jemand amüsiert sich. Du weißt, wer dieser "Jemand" ist!

Manchmal geschieht dies mit einem so außerordentlichen Sinn für Humor, mit einer solchen Feinheit: Die etwas lächerliche Seite desjenigen, der den Brief schrieb oder eine Frage stellte, wird genau erfasst, worauf die Antwort in unerschütterlichem Ernst erfolgt. Das ist wunderbar!

***

(Mutter räumt ihren Tisch auf, der mit einem unwahrscheinlichen Haufen bunt zusammengewürfelter Gegenstände übersät ist. Aus einer Ecke zieht sie einen neuen Füller:)

Nun, was hast du mir zu erzählen?

(Schweigen)

Brauchst du einen Füller?... Ich weiß nicht, was er taugt, aber er ist ganz neu. Manche Leute bringen mir fünf, sechs davon; andere vier, fünf... Ich werde von Dingen überflutet. Behalte ihn zur Reserve. Wenn du irgend etwas brauchst, zögere nicht, es zu sagen, denn hier gibt es alles - außer Löwen! - Nur unsichtbar gibt es sie. Ach, an einem Tag war es so amüsant! Ich weiß nicht mehr, was passiert war, jedenfalls wartete ich auf jemanden, als ich plötzlich Löwen von hier, von dort, von überallher kommen sah (Geste in die vier Ecken des Zimmers deutend). Meine Augen waren... (wie soll ich sagen?) weder geschlossen noch offen: ich schaute nach innen, ich betrachtete die Arbeit. Schließlich fragte ich sie: "Aber was wollt ihr denn hier?" - Sie lächelten wie Kinder!... Wirklich amüsant. Vielleicht tue ich ihnen also Unrecht, wenn ich sage, dass es hier alles gibt außer Löwen.

Werde ich eines Tages etwas sehen? [[Satprem hatte vor mehreren Wochen einen Brief an Mutter geschrieben, in dem er sich bitter darüber beklagte, dass er niemals etwas "sehe".]]

Mein Kind, es gibt... (du wirst dich amüsieren), es gibt die mentale Schau: Wenn man konzentriert ist, sieht man Dinge hier (Geste um den Kopf), nicht mit derselben Sicht wie mit offenen Augen, aber man sieht sie. Man sieht Bilder, Gedanken... Dann gibt es eine vitale Schau, da genügt es, die Augen zu schließen, und man sieht allerlei Dinge, nicht immer hübsche. Von der Art der Träume, die du hattest, Träume, die nicht sehr erfreulich waren. Während vielleicht zwanzig, dreißig Jahren (ich begann von klein auf zu sehen - ich wusste nicht, was es war), aber als ich anfing zu verstehen, was dies bedeutete, bedauerte ich es sehr, dass ich keine völlig objektiven Visionen hatte (Mutter macht eine Geste vor ihren geöffneten Augen): nicht solche, wie man sie um den Kopf herum hat, auch nicht solche, wie man sie sieht, wenn man im Vital ist, sondern solche, die man mit geöffneten Augen sieht. Und als ich gewisse Hellseher traf, Leute, die mit offenen Augen sehen, sagte ich mir: "Diese Leute sind erstaunlich!" Als ich Sri Aurobindo kennenlernte, erzählte ich ihm davon. Er machte sich natürlich lustig über mich - und er hatte recht. Also kümmerte ich mich nicht mehr darum.

Erst kürzlich, als ich mit dem Yoga in den Zellen begann, fingen die Zellen an zu sehen! Und dann... was für ein Treiben! Ein Kommen und Gehen, und es schaute und schaute die ganze Zeit über. Ich öffnete die Augen: Anstatt materielle Dinge zu sehen, sah ich die physischen Dinge, die dahinter liegen. Oh, da sagte ich mir: "Ich verstehe!... Es war eine Aspiration der Unwissenheit, jetzt verstehe ich: man ist begnadet, wenn man nicht sieht!" Denn ich klagte immer: "Meine Visionen sind nicht konkret, es sind subjektive, innere Visionen, keine konkreten Visionen. Ich möchte konkrete Visionen haben, ich möchte die materielle Welt so sehen, wie sie ist - nicht ihren trügerischen Anschein: SO WIE SIE IST.& Quot; Als ich zu sehen begann, sagte ich: "Nein danke! Wir sind gesegnet, wenn wir nicht sehen."

Aber das ist es nicht, was ich verlange.

Nein, das weiß ich.

Ich möchte das Licht sehen.

Ja, du willst das Licht sehen. Aber du siehst es doch!

Aber nein!

Ach, mein Kind, ich weiß es, denn ich versichere dir mit aller Aufrichtigkeit, seit du mir das erste Mal sagtest: "Ich will sehen", habe ich mich gefragt: "Aber warum sieht er denn nicht? Er sollte doch sehen." Bei meiner nächsten Begegnung mit Sri Aurobindo (das heißt, sofort danach), sagte ich ihm: "Satprem will sehen." Er antwortete mir: "Er sieht, er weiß es nur nicht. Aber er sieht."

Also dachte ich mir, dass vielleicht... Weißt du, manchmal gibt es eine ganz kleine Lücke: Wir haben viele Bewusstseinsschichten, die sich überlappen, und schon eine kleine Lücke, ein fehlendes Stück zwischen zwei Schichten führt dazu, dass man sich nicht erinnern kann. Theon erklärte mir einst: "Alle Ihre Wesenszustände sind in der vierten Dimension enthalten, eine in der anderen, und es fehlt Ihnen nur eine ganz kleine Zwischenstufe." Im Bewusstsein selbst merkt man es nicht, aber etwas in der ganzen Konstruktion ist nicht entwickelt, und daher dringt das, was von der anderen Seite kommt, nicht hindurch; es geht zwischen den beiden Schichten verloren. Da fragte ich ihn: "Was soll ich also tun?" Er sagte mir: "Sie müssen es entwickeln." Und ich machte die Erfahrung. (Er wies mich an, und ich tat es). Tatsächlich war eine "nervliche Unterstufe" nicht entwickelt (er nannte es das "Nervliche" anstatt das "Vital"), sie war nicht ausreichend bewusst. Ein ganzes Jahr lang konzentrierte ich mich Tag für Tag darauf, sie zu entwickeln: eine pausenlose Konzentration, dort Bewusstsein hineinzubringen - ohne Ergebnis. Während mindestens einem halben Jahr übte ich jeden Tag konzentriert eine Stunde lang - absolut erfolglos.

Doch ich zweifelte nicht, sondern dachte einfach: "Ich muss sehr dumm sein. Ich schaffe es einfach nicht..." Ich lebte in Paris, der Sommer kam, ich fuhr in die Ferien zu Freunden, zu einem Haus am Meer. Dort stand ein Wäldchen, weite Wiesen, es war sehr schön. Nach dem Mittagessen legte ich mich ins Gras... und dann plötzlich, trat alles in mich - aus der Luft, aus der Erde, aus dem Wasser, von überallher -, alles kam. Alles, alles, was ich nur haben wollte, kam auf diese Weise. Ganz plötzlich. Einfach so, mühelos. Das Ergebnis einer sechsmonatigen Arbeit.

Die Natur fehlt mir hier sehr oft.

Du spürst das.

Ja, sehr.

Ja. Ich habe den Eindruck... (ich habe nämlich viel über dein Problem nachgedacht - es mag scheinen, als ob mir das egal wäre, aber das stimmt nicht, ich habe viel darüber nachgedacht!). Nach meinem Gefühl ist in deinem höheren Mental die Ausdrucksfähigkeit äußerst stark entwickelt. Sobald das Licht mit ihm in Berührung kommt, wird es in Ideen, Worte, Konzepte übersetzt. Es hat KEINE ZEIT, visualisiert zu werden. Nicht äußerlich, sondern ganz oben (wie soll ich sagen?), gerade dort ist es besonders aktiv und ausdrucksvoll (etwas sehr Seltenes, denn dort oben ist für die meisten Menschen alles vernebelt). Weil es so entwickelt ist (was einen höheren Zustand darstellt), fehlt dir der erste Zustand, die Schau, der Schock des Lichts.

Für mich gibt es nur eine Lösung, und zwar den plötzlichen Kontakt mit einem noch HÖHEREN Licht im Supramental. Sri Aurobindo sagte (dies ist offensichtlich, es ist immer so), es gebe mehrere layers, (wie er sich ausdrückte (wir können es "Schichten" nennen; es sind zwar keine Schichten, aber das macht nichts), mehrere Schichten des supramentalen Lichts. Die erste (diejenige, die sich manifestiert hat), hast du unmittelbar in Konzepte, Ideen und Worte übertragen. Viele Intellektuelle würden alles darum geben, dies zu haben - du hattest das sozusagen spontan. Den ersten Kontakt, den Eindruck dieser blendenden Lichtfülle hast du daher nicht gespürt. Aber du wirst es spüren, wenn ein HÖHERES Licht kommt.

Ich warte auf diesen Augenblick.

Ich weiß nicht, ob dein Mental kritisch ist oder ob... Ich meine damit, um mich klar auszudrücken, was von beiden stärker ist: dein kritisches Mental oder dein Glaube - ich hoffe, es ist der Glaube (ich wende mich nicht an das kritische Mental) -, dem Glauben sage ich, dass man seit dem 23. hart daran arbeitet. Ich habe sehr oft gebetet, dass du schon bald in Kontakt mit diesem höheren Licht gebracht werden mögest und dass du die blendende Schau dieses Lichtes erfährst.

Wenn du den Glauben hast, wirst du sie haben. Wenn das kritische Mental stärker ist, wird es sich vielleicht etwas hinauszögern.

Gut, jetzt habe ich dir gebeichtet!

Es geht um ein noch nicht-manifestiertes supramentales Licht - beim ersten Schock des Kontakts wirst du es sehen.

Verstehst du, ich will nicht etwas sagen, das der Eitelkeit des Ego schmeichelt, falls so etwas da ist. Aber du hast einen Kontakt mit dem Licht, der unusual [ungewöhnlich] ist; für dich ist es ganz natürlich geworden. In Wirklichkeit aber ist das außergewöhnlich. Man sieht Leute, die diese Verwirklichung in keiner Weise haben, diese genießen den Kontakt mit dem Licht, denn für sie ist es geradezu wunderbar, etwas Neues... Du bist dieses Vergnügens deprived (Sri Aurobindo spricht zu mir): beraubt. Du solltest jedoch wissen, dass dies nur daran liegt, dass dir eine sehr viel höhere Verwirklichung gewährt wurde. Aber mit Aspiration, mit Öffnung, mit Selbsthingabe kannst du etwas wirklich Neues berühren. Dann wirst du den Schock des Neuen erleben.

So lautet seine Antwort.

Nur muss sich dazu das Mental ruhig verhalten.

Wie viele Male hat diese so berühmte Weisheit - die im materiellen Bewusstsein ist und durch die Reibung mit dem Leben, der sogenannten "Erfahrung", entsteht - schon versucht, sich in all diese Erfahrungen der Zellen einzumischen, worauf Sri Aurobindo stets, und zwar mercilessly [mitleidlos] erwiderte: "shut up, you are foolish!" [sei still, du verstehst nichts davon].

Sie hat ihre Lektion gelernt, aber erst ganz vor kurzem.

Man hält sich für weise, man hält sich für intelligent...

Voilà.

Das ist deine Bestimmung.

(Mutter nimmt Satprems Hände)

Ich möchte, dass es für dich morgen wirklich eine neue Geburt ist - aber keine neue Geburt zu einem inneren Sein: eine Öffnung zu etwas, das sich noch nicht in der Welt manifestiert hat.

Dies ist deine Bestimmung.

 

***

 

6. Mai 1967

 

 

Ich habe P und A eine Rede gehalten (keine Rede, aber sie erzählten mir etwas, und ich begann zu sprechen), Pavitra versuchte es aufzuschreiben. Er las es mir nicht vor, ich weiß nicht, was er aufgeschrieben hat; wenn du willst, kannst du es mir vorlesen.

Aber warte mal... Am 4. morgens, als ich aufstand (um halb fünf), war es plötzlich, als ob man mir etwas schickte... wie ein Kugelblitz (Mutter klopft sich an den Kopf). Aha, sagte ich, sehr gut! (Mutter lacht) Aber es hat mich erschüttert. Es war so stark, dass es mich erschütterte (ich saß hier). Dann die Erklärung der "Botschaft" für den 4.5.67, und zwar auf englisch. Er sagte mir: "Dies musst du sagen, jenes musst du sagen..." Das wiederholte sich, bis ich es aufschrieb.

Erinnerst du dich an die Botschaft ?

 

[["

Das Leben auf Erden ist die selbstgewählte Wohnstätte einer großen Gottheit, und seit Urzeiten ist es ihr Wille, dieses blinde Gefängnis in ein strahlendes Heim und in einen bis zum Himmel reichenden Tempel zu verwandeln."

(Sri Aurobindo, The Hour of God, S. 73) 

]]

 

(Mutter liest ihre Notiz:)

 

"Die von Sri Aurobindo erwähnte Gottheit..."

 

Es war Sri Aurobindo, der zu mir sprach, aber er sagte es so:

 

"Die von Sri Aurobindo erwähnte Gottheit ist KEINE PERSON..."

 

Er bestand sehr darauf.

 

"...sondern ein Zustand, der von allen, die sich darauf vorbereiten, erfahren und gelebt werden soll."

 

Ich ging gerade auf und ab (ich gehe morgens immer eine halbe Stunde, während ich das Mantra sage), und er wiederholte seine Botschaft unablässig, wendete und drehte sie, bis diese Form gefunden war. Als ich sie dann zu Papier brachte, war Schluss.

Danach sagte er mir, auf französisch solle ich es so ausdrücken:

 

"La Divinité dont parle Sri Aurobindo n'est pas une personne, mais un état auquel participeront tous ceux qui se sont préparés à le recevoir."

Ist am 4. etwas geschehen?

Dies ist geschehen.

Und eine beständige Gegenwart den ganzen Tag lang.

Ich sage dir: Morgens begann es so, und den ganzen Tag war ich wie betäubt, ich existierte nicht mehr.

So ist es immer: die Kraft ist ununterbrochen an der Arbeit... die ganze Zeit über, nichts als die Kraft, die arbeitet und arbeitet. Das, was ich dir neulich erzählt habe (die beiden Schwingungen), so ist das... Auch auf dem Balkon. Nichts bleibt außer dem.

Und da viele Menschen versammelt sind, ist viel Arbeit zu tun.

Aber auf dem Balkon (und sogar vorher, am Morgen, als dieser Kugelblitz kam), richtete ich eine besondere Konzentration auf dich. Aber das Ergebnis weiß ich nicht, das musst du selbst sagen. Wenn du etwas gespürt hast, um so besser!

Ich hatte eine sehr angenehme, sehr gute Meditation. Ich spürte die Kraft, aber...

Ja, die Meditation hatte einen ganz besonderen Zauber.

Und dieses ständige Beharren auf Harmonie, Harmonie und nochmals Harmonie... Ein harmonisches Gleichgewicht: ein harmonisches Gleichgewicht der Nationen, ein harmonisches Gleichgewicht der Menschen, ein harmonisches Gleichgewicht der inneren Fähigkeiten, ein harmonisches Gleichgewicht... in der Art.

Die Widerstände drücken sich sehr klar durch eine Disharmonie aus.

Etwas sehr Lächelndes, Harmonisches, lächelnd und harmonisch...

Es gab ein recht interessantes Phänomen (gestern oder vorgestern), kleine amüsante Details: Jetzt ist sozusagen das letzte Mitglied der indischen Regierung bekehrt. Alle Mitglieder der Zentralregierung (nicht im ganzen Land, aber in der Bundesregierung) sind... (wie soll ich sagen?) schon fast "angehende Schüler von Sri Aurobindo", voll guten Willens zu dienen.

Überall, wirklich überall in der Welt erscheinen Zeichen eines erwachenden BEWUSSTEN guten Willens.

Sri Aurobindo hatte mich darauf vorbereitet. Er sah voraus, dass die supramentale Kraft genügend Einfluss auf die verschiedenen Regierungen der Erde, der Länder, ausüben würde, damit Hoffnung und Harmonie besteht.

Wenn dies eingetreten ist, bedeutet es etwas.

Wir werden sehen.

Aber das Licht habe ich immer noch nicht gesehen!

Du hast das Licht nicht gesehen...

Ich hatte nicht das Gefühl eines Kontakts mit...

...etwas Neuem.

Wahrscheinlich bin ich blockiert.

Nein... Nein, was ich auch noch sehe... es ist das gleiche wie in diesem Körper, es gibt noch kleine Dummheiten, weißt du: hier und dort verstreut - winzige Dummheiten, aber ausreichend, um zu bewirken, dass die Bewegung nicht vollständig ist.

Auch Sri Aurobindo hat von dieser Reinheit gesprochen, die darin besteht, ALLEIN den Einfluss des Göttlichen zu empfangen, so dass nichts anderes einen mehr berühren kann. Eine gewisse Gruppe von Leuten wurde zum Beispiel dafür bezahlt, mich zu zerstören. Ich weiß es. Ich sehe es. Nun, das kann mir nichts anhaben, aber es bereitet mir trotzdem einige Arbeit - es SOLLTE keine Arbeit machen, aber von Zeit zu Zeit bin ich gezwungen, ein Schutzschild aus weißem Licht zu errichten, um sie zu stoppen. Das sollte nicht nötig sein, es sollte automatisch geschehen. Der Grund liegt darin, dass viele Zellen noch mit alten Gewohnheiten behaftet sind - mit alten Einprägungen, alten Gewohnheiten.

Das muss sich ändern.

Sie weinen etwas ("weinen", nun ja), sie klagen ein wenig, sie sind sich ihrer Schwäche sehr bewusst und beten viel, aber... sie haben immer noch das Gefühl, dass es etwas Ruhe und Zeit braucht, damit die höchste Harmonie überall durchdringen kann - das ist zwar sehr dumm, aber... Sie fühlen sich nicht eigentlich im Widerspruch zur materiellen Arbeit, aber doch ein wenig beengt oder bedrückt durch deren Menge - eine immense materielle Arbeit. Man kann kaum mehr essen, man hat keine Zeit mehr, sich auszuruhen, selbst in der Nacht gibt es jetzt viel Arbeit (ich hatte beschlossen, in der Nacht zu ruhen, aber es gibt Arbeit, die einfach getan werden muss), all dies bewirkt... (Geste des Hin- und Hergerissenseins). Sie sind dumm, immer noch haben sie das Gefühl: "Oh, könnte ich doch etwas Ruhe haben, dann würde ich mich ändern." Sie brauchen eine Ohrfeige. Das ist alles.

Es gibt immer noch Spannungen.

Der Körper ist ausreichend bewusst, um überzeugt zu sein, dass er nicht das geringste Recht hat, eine Veränderung des Ganzen zu verlangen (ich meine eine bestimmte Veränderung), um seine eigene Wandlung zu ermöglichen. Denn er weiß sehr gut: "Zu was bin ich nütze? Wenn ich wie die anderen bin, bin ich zu nichts nütze - ich MUSS das Vermögen haben, ins Licht zu tauchen, wie immer auch die Umgebung und die Schwierigkeiten beschaffen sein mögen." Er weiß es, er macht sich keine Illusionen darüber. Jedenfalls besteht immer noch eine gewisse Reibung.

(Schweigen)

Lies mir nun Pavitras Notiz vor! Ich möchte gerne wissen, was er sagt.

Zum Thema des physischen Leidens sagt Mutter:

"Es gibt drei verschiedene Ebenen oder Niveaus des Bewusstseins, die Leiden verursachen. Sie sind wie nebeneinanderliegend, sie überlagern einander, vermischen sich aber nicht. Man geht abwechselnd von einer Ebene zur anderen, ohne festgelegte Reihenfolge."

 

Das stimmt nicht ganz. Es ist so starr geworden... Nun gut, lies weiter.

 

"

Die eine ist eine Abwehr, eine Angst, die manchmal bis zum Schrecken reicht. Die zweite ist eine uneingestandene perverse Anziehung. Die dritte ein Gefühl des Unvermeidlichen, der Resignation, der totalen Machtlosigkeit.

Fast alle lassen sich also irgendwie einfangen, obwohl es ein Heilmittel gibt - ein einziges -, um alle diese Krankheiten zu heilen (mit den Ärzten ist das eine andere Sache, ein anderes Übel, etwas, das nicht wirklich heilt).

Dieses Heilmittel taugt für das ganze irdische Leben, und es besteht darin, das Bewusstsein der Harmonie zu erlangen und sich ihm zu öffnen - nicht die mentale oder vitale Harmonie, sondern die "essentielle" Harmonie, das "Prinzip" der Harmonie.

Es ist stets dasselbe Heilmittel. Es hat eine wunderbare Wirkkraft, wenn man es anzuwenden weiß, aber es ist schwierig, denn das menschliche Bewusstsein ist sehr unstet, in stetem Wechsel befangen. Dieser Wechsel ist es, der dem Menschen das Gefühl gibt, lebendig und in Bewegung zu sein. Es ist absolut idiotisch, aber so ist das nun mal!

Wenn man nun das Bewusstsein festigen und diese übereinanderliegenden Ebenen in Kontakt mit dem Bewusstsein der Harmonie bringen kann, führt dies zu Ergebnissen, die wie ein Wunder anmuten. Zum Beispiel kam S heute morgen um 10 Jahre verjüngt zurück, nachdem er halb tot gewesen war..."

 

 

(Lachend) S., das bist nicht du! Es ist jemand aus Kalkutta.

 

"

...Man hatte mir ein Telegramm geschickt, dass er im Sterben liege. Darauf konzentrierte ich mich (Geste)..., um allmählich den Kontakt mit dieser Kraft der Harmonie, dem Prinzip der Harmonie, herzustellen... Und jetzt sagt er mir, dass er sich sehr wohl fühle, wie ein vollkommen neuer Mensch..."

 

 

Ich sah ihn, und er erzählte mir sogar von der Vision, die er am Beginn seiner Heilung hatte. Wirklich interessant. Er sagte, dass er dies sozusagen mit offenen Augen gesehen habe; alles war schwarz (es war nachts), das Zimmer war schwarz, er fühlte sich total deprimiert (es war ein Herzanfall), und er hatte an nichts mehr Interesse, kein Interesse mehr am Leben, er ließ sich einfach "in den Tod treiben". Plötzlich dachte er an mich. Er sagt, seine Augen seien offen gewesen, das ganze Zimmer war dunkel, ausgenommen ein ovales Licht genau ihm gegenüber. Ein Oval von blendendhellem Licht blieb bestehen. Er betrachtete es (er schlief nicht), um zu sehen, woher das Licht wohl kommen mochte (er ist ein rechter Materialist), aber nichts: er sah, dass dort nichts war. Dann begann er, dieses Licht zu beobachten, und er sah aus der Tiefe (er wusste nicht woher, man konnte nicht sehen woher) so etwas wie eine Flamme aufsteigen - zwei kleine Flammen - von einem sehr blassen, leuchtenden Licht. Er fand das interessant und fuhr fort, es zu beobachten. Plötzlich sah er in dem Licht die Form von etwas, das er, glaube ich, Mahasaraswati nennt (ich weiß nicht mehr welche, aber ich glaube, es ist Mahasaraswati, die "Vollkommenheit in der Arbeit"), er sah sie dastehen. Gleichzeitig fühlte er in sich, oh, ein so großes Bedürfnis zu dienen, gute Arbeit zu leisten, sein Leben dem göttlichen Werk zu widmen, all das. Am nächsten Morgen sagten die Ärzte, als sie ihn sahen: "Oh, was für eine Veränderung!"

Das ist interessant.

Es fiel mit dem Moment zusammen, wo ich hier mit meiner Konzentration befasst war (ich hatte das Telegramm von einem kleinen Jungen erhalten, den er adoptiert hat und den er sehr liebt: er hatte mir ein Telegramm geschickt, um mir mitzuteilen, dass ihn die Ärzte fast aufgegeben hätten). Dann erlebte er dies (natürlich in seinen Worten, nach seiner Auffassungsweise). Aber das ist interessant.

Ich möchte auf keinen Fall, dass jemand erfährt, was ich hier sage: Man muss jedem seine Auffassung lassen. Er selbst ist überzeugt, dass es Mahasaraswati war, die ihm das Leben wiederschenkte (trotzdem ist er mir sehr ergeben, aber das macht nichts...). Ich will nicht, dass dies bekannt wird. Ich sagte nichts, ich lächelte ihm nur zu - und sagte dann: "Sie sind aufnahmefähig." Als er seine Dankbarkeit bekundete, sagte ich ihm: "Wir brauchen Sie für die Arbeit." So, ganz einfach.

Aber es interessierte mich, denn... Gewöhnlich ist es so: Die Kraft ist da und arbeitet, und sobald etwas geschieht (eine Bitte von jemandem, ein Gebet oder irgend etwas) bleibt all dies vollkommen unbewegt (Geste zur Stirn), reglos, es lässt nur die Kraft hindurchgehen, und das einzige, was ich manchmal tue, ist einfach (Geste einer Darbringung oder Hingabe nach oben): "Herr, das hier ist nun Deine Aufgabe." Und damit belasse ich es. Aber in diesem Fall saß ich vor meinem Tisch (wir hatten eben das Telegramm erhalten) und konzentrierte mich, und vollkommen willentlich, bewusst, brachte ich ihn in Kontakt mit der Kraft. Denn es gab eine ganze Welt von Suggestionen, er erwartete, dass es zu Ende ginge: "Diesmal ist es das Ende." Deshalb konzentrierte ich mich und sandte die Formation.

(Schweigen)

Ist das die ganze "Notiz"?

Nein, sie geht noch weiter:

 

"

...Es ist ein sehr viel höheres Gleichgewicht.

Dies erinnert mich an Théon, der sagte, dass die Welt sechsmal geschaffen und wieder verschlungen worden sei; insgesamt habe es sechs Schöpfungen, sechs pralayas gegeben. [[Pralaya: Zerstörung oder Untergang einer Welt.]] Wir seien in der siebten Schöpfung, der letzten, in der die Welt ein neues, höheres Gleichgewicht erreichen werde, kein statisches, sondern ein progressives, in anderen Worten, es werde einen unbegrenzten Fortschritt in Gleichgewicht und Harmonie, ohne pralaya, geben."

(24.4.67)

 

 

Das habe ich dir schon mehrere Male erzählt.

Ich möchte nicht, dass die Geschichte von S erscheint; ich möchte nicht den Anschein erwecken, damit zu prahlen, ihm das Leben gerettet zu haben, verstehst du! Das könnte sehr ärgerliche Konsequenzen für ihn selbst haben... Ich habe es nur Pavitra erzählt, denn ich stand noch ganz unter dem Eindruck der Erfahrung, ich hatte den Mann eben getroffen: als er eintrat, erkannte ich ihn kaum wieder! Das heißt, ich hatte den Eindruck eines völlig wiederhergestellten Mannes. Er fühlte es (das ist das Interessante daran) und sagte: "Ach, es ist, als ob der alte Mann gestorben wäre, ich bin ein neuer Mann." Das heißt, ich fand in ihm die Energie wieder, die ich bei ihm vor zwanzig oder dreißig Jahren gekannt hatte.

 

***

 

10. Mai 1967

 

 

(Satprem liest Mutter ein altes Entretien vom 23. Mai 1956 vor, in dem Mutter plötzlich verschiedene Fragen über die Aussprache der alten ägyptischen Hieroglyphen stellte.)

Was hat deine Fragen ausgelöst? Etwas Besonderes?

Eine Zeitlang interessierte es mich sehr, dies zu erfahren. Ich versuchte, die Erinnerung an die Elemente, die damals lebten, wieder aufzufrischen, aber...

Ja, du sagst: "Ich fragte mich, wie sie die Namen der Pharaonen und der Götter herausfanden." Danach fragst du: "Stammt die Sprache der Ägypter aus derselben Zeit wie das älteste Sanskrit oder ist sie noch älter?... Gibt es überhaupt eine menschliche Sprache, die weiter zurückreicht als das älteste Sanskrit?" Und weiter fragtest du: "Ist die hieroglyphische ägyptische Sprache mit der chaldäischen oder mit der arischen Linie verwandt?"

Ja, all dies ist sehr interessant, aber ich kann darauf keine Antwort finden. Da besteht eine vollkommene Lücke.

Hast du etwa Töne gehört? Oder was?

(Nach einem Schweigen) Ich gebe dir ein Beispiel. Vor etwa zwei Jahren hatte ich eine Vision, den Sohn von U betreffend. Sie hatte ihn zu mir gebracht (er war etwas weniger als ein Jahr alt), und ich sah ihn dort (im Musikzimmer). Er kam mir sehr bekannt vor, aber ich wusste nicht weshalb. Dann hatte ich am Nachmittag desselben Tages eine Vision. Eine Vision aus dem alten Ägypten, d.h. ich war jemand, eine Hohepriesterin oder ich weiß nicht wer (man sagt ja nicht zu sich selbst "ich bin der und der", es besteht eine totale Identifikation, es gibt keine Objektivierung, somit weiß ich es nicht). Ich befand mich in einem wunderbaren Gebäude mit riesigen hohen Räumen, aber völlig leer: es gab nichts außer einer Stelle mit großartigen Malereien, in denen ich die Malereien des alten Ägypten wiedererkannte. Ich trat aus meinen Gemächern und kam in eine Art große Halle: dort war eine Rinne, die den Mauern entlang verlief, um das Wasser zu sammeln. Und dann sah ich, wie der Kleine (der halbnackt war) darin spielte. Ich war sehr schockiert und sagte: "Wie abstoßend!" (Die Gefühle, die Ideen und all dies drückten sich in meinem Bewusstsein allerdings auf französisch aus.) Der Erzieher kam, ich hatte ihn rufen lassen. Ich schimpfte mit ihm. Ich weiß nicht, was ich sagte, ich erinnere mich nicht mehr an die Laute. Zwar hörte ich die Laute, die ich aussprach, ich wusste, was sie bedeuteten, aber die Bedeutung kam auf französisch. Ich sagte ihm: "Wie! Sie lassen das Kind darin spielen?" Er antwortete mit den Worten (ich hörte die ersten Worte nicht, aber in meinen Gedanken war es): "Dies ist der Wille von Amenhotep." Ich hörte "Amenhotep", daran erinnerte ich mich. So wusste ich, dass der Kleine Amenhotep [[Mutter hatte schon früher von dieser Vision erzählt: siehe Agenda Bd. 6 am 5. Juni 1965 und Bd. 4 am 3. Juni 1963.]] war.

Ich weiß also, dass ich dort sprach, ich redete in einer gewissen Sprache, aber ich erinnere mich nicht mehr. Ich erinnere mich an "Amenhotep", denn ich kenne das Wort in meinem aktiven Bewusstsein: Amenhotep. Aber die anderen Laute blieben mir nicht im Gedächtnis.

Ich weiß, dass ich seine Mutter war; in dem Augenblick wusste ich, wer ich war, denn ich weiß, wer die Mutter von Amenhotep war (ich forschte übrigens in Geschichtsbüchern nach). Sonst besteht keine Verbindung: eine Lücke.

Ich bewundere immer diese Medien (die gewöhnlich sehr einfache Menschen sind), die ein genaues Gedächtnis für Laute haben und sagen können: "Ja, ich habe das und das gesagt." Auf die Art hätte man eine phonetische Aufzeichnung. Wenn ich mich an die Töne erinnerte, die ich aussprach, hätte man die Wiedergabe, aber ich erinnere mich nicht.

Ich erinnere mich an diese Fragen; plötzlich sagte ich mir: "Es wäre so interessant, wenn man diese Sprache hören könnte!" Und dann eine Neugier: "Wie sind sie auf die Aussprache gestoßen? Wie nur?" Übrigens wurden alle Namen, die man uns früher in der alten Geschichte lehrte, geändert. Sie behaupten, sie hätten die Laute gefunden. Aber ich weiß nichts davon.

Dasselbe gilt für das alte Babylon: Ich habe sehr genaue und ganz objektive Erinnerungen, aber wenn ich spreche, erinnere ich mich nicht an die Laute, die ich ausspreche, es ist nur eine mentale Übersetzung.

Ich habe keine Erinnerung an die Laute.

Wie sind sie darauf gekommen? Weißt du es?

Sie haben Vergleiche angestellt. Pavitra erklärte dir übrigens in diesem Gespräch, man habe Steine mit ägyptischen, griechischen und koptischen Inschriften gefunden: derselbe Text war in diesen drei Sprachen ausgedrückt. So rekonstruierte man sie wieder.

Jetzt mit dem Grammophon und alldem wird man sich erinnern können, aber damals hatten sie keine Tonaufzeichnung.

Ich fragte mich, was all deine Fragen auslöste.

Mir wurde bewusst, dass ich keine Erinnerung an Laute habe. Manche Leute erinnern sich an Laute, aber ich nicht. Es würde mich interessieren, dies zu erlernen. Sonst, wenn mir etwas aus der Vergangenheit zweifelhaft oder interessant oder unvollständig erschien, konnte ich es immer in mein Bewusstsein zurückholen. Aber die Laute kommen nicht. Es kommt wie ein Bewusstseinszustand, der sich mental durch Worte ausdrückt, die mir bekannt sind. Das ist vollkommen uninteressant.

Auch heute noch, sogar beim Musizieren, war die Erinnerung an Töne vage und unvollständig. Ich erinnerte mich an die Töne, die ich im "Ursprung der Musik" hörte (Geste nach oben), und wenn die materielle Musik etwas von diesen Tönen wiedergab, erkannte ich es, aber es fehlt die Präzision, die Genauigkeit, die es mir gestatten würde, mit der Stimme oder mit einem Instrument den Ton exakt wiederzugeben. Es ist nicht da, es geht mir ab. Das visuelle Gedächtnis hingegen war stets verblüffend. Es genügte mir, etwas EINMAL gesehen zu haben, um es nie wieder zu vergessen.

Schon öfters drückte ich mich in Visionen (in Erinnerungen: in wiedererlebten Erinnerungen) in der Sprache jener Zeit aus, ich sprach, ich hörte mich sprechen, aber der Laut blieb nicht erhalten. Die BEDEUTUNG der Worte blieb, nicht aber der Klang.

Schade.

(Mutter sinkt in Meditation)

***

(Nach der Meditation erzählt Mutter, was sie sah:)

Es war das Symbol des Weges, der sich öffnet, sehr weit und leicht - nicht "leicht": in sich selbst gefährlich, aber ganz einfach, man bewegte sich leicht auf ihm fort. Es war wie eine Reise im Auto (aber das sind Bilder), und es ging mit schwindelerregender Geschwindigkeit voran, wie eine Kraft - eine unaufhaltsame Kraft.

Du warst dabei.

 

***

 

13. Mai 1967

 

 

(Eine Schülerin erbittet Mutters Erlaubnis, einen Orang-Utan in den Aschram zu bringen, um ihn "an der Erziehung teilnehmen zu lassen".)

Einige haben schon gegen Toth (den ersten Affen der Schülerin) protestiert, wenn sie sich jetzt einen Orang-Utan anschafft, wird man mir Vorwürfe machen. Denn natürlich hatten die Hausangestellten Angst, selbst die Nachbarn, kurz, sie fanden es nicht sehr angenehm. Einmal kam Toth ins Zimmer, da fing das Hausmädchen an zu schreien, worauf der Nachbar kam. Zum Glück ist er recht verständig und verhielt sich ruhig und sah Toth einfach an, recht streng wahrscheinlich. Toth verschwand, ohne dass etwas passierte. Aber bei anderen Gelegenheiten, wenn Toth unzufrieden ist, zerreißt er Tücher oder sonst etwas. Jedenfalls kam der Nachbar und berichtete mir den Vorfall (das ist schon lange her), ich sagte ihm: "Sie verstehen gar nichts von Tieren! Zum Glück sind Sie friedlicher Natur, aber Tiere reagieren äußerst sensibel auf unsere Gefühle oder Empfindungen: Wenn man Angst hat, kriegen sie sofort selbst Angst; wenn man wütend ist, werden sie selbst zornig; und wenn man sanft, freundlich, liebenswürdig ist, werden sie selbst sanft, freundlich und liebenswürdig." Er verstand, und seitdem geht alles gut. Aber er lebt nicht allein im Haus... Ein Orang-Utan ist groß, nicht wahr!

Dieser Toth ist wirklich bemerkenswert. Habe ich dir schon erzählt, was passierte, als ich ihn das erste Mal sah? (Ich fragte Y ausdrücklich, ob sie ihm das beigebracht habe, aber sie hatte ihm absolut nichts gesagt.) Er kam mit ihr, und sobald er mich sah (er saß auf Ys Arm) faltete er seine Hände! Darauf hielt er mir einen Vortrag. Sein Mund bewegte sich: man hörte keine Laute, aber sein Mund bewegte sich. Und dann dieser Ausdruck... Ich lobte ihn, und sofort sprang er auf meinen Schoß, worauf er sich in meine Arme kuschelte und... in eine Halbtrance versank - er rührte sich nicht mehr, blieb völlig reglos. Das dauerte mindestens fünf Minuten. Nach fünf Minuten dachte ich: "Er kann doch nicht ewig hier bleiben, es wäre besser, er ginge jetzt wieder." - Da öffnete er die Augen und ging!... Er hat eine viel bemerkenswertere Empfänglichkeit als die Menschen. Dann schaute er sich um, er sah aus dem Fenster, kurz, er interessierte sich für den Ort. Dann sah er erneut in meine Richtung, kam auf meinen Schoß zurück und lehnte sich an meine Schulter.

Lange Zeit danach, vielleicht ein Jahr später, fragte ich Y, ob er gewöhnlich mit gefalteten Händen grüße. Sie antwortete: "Das hat er nie getan, nur bei dir." Es ist offensichtlich eine besondere Sensibilität. Das Zeichen eines absoluten Vertrauens, so in meine Arme gekuschelt...

Jetzt ist er sehr groß, er ist ausgewachsen und hat Zähne... Zähne wie ein Leopard, die Fangzähne eines Leoparden. Doch er ist sanft wie ein Lamm. Aber ein Orang-Utan...

Sie möchte, dass M ihr einen Orang-Utan aus Neukaledonien mitbringt. Kannst du dir M mit einem Orang-Utan an der Hand vorstellen!... Das wäre recht komisch. (Mutter lacht)... und wenn er ihn in mein Zimmer führen würde!

Tiere sind wirklich reizend. Ich muss sagen, wir verstehen uns sehr gut. Die ganze Perversion, die die mentale Aktivität in das menschliche Bewusstsein gebracht hat, geht ihnen ab - außer bei jenen, die bei Menschen lebten. Aber diejenigen, die direkt von außerhalb kommen, besitzen eine Einfachheit, eine Art Offenherzigkeit, die wirklich charmant ist. Eine besondere Empfänglichkeit, viel spontaner als die menschliche Empfänglichkeit.

Jetzt hat sich etwas geändert, eine ganze Rasse von kleinen Kindern ist jetzt sehr empfänglich (wie ich dir neulich erzählte). Sie sind entzückend, wirklich reizend.

 

***

 

17. Mai 1967

 

 

Ich weiß nicht, ob dich das interessiert... Ich habe einen Artikel über die elektrische Kraft der Zellen gelesen [[Sunday Standard, 14. Mai 1967.]].

Oh!

Ein italienischer Professor in Mexiko hat Forschungen darüber angestellt. Er sagt: "Die menschlichen Zellen können genug elektrische Energie erzeugen, um einen Menschen aus sechs Meter Abstand durch elektrischen Strom zu töten... Dr. Ruggiero denkt, dass seine Experimente mit menschlichen Zellen zur Heilung von Lähmungserscheinungen dienen könnten, und er sagt, dass ein von menschlichen Zellen produzierter elektrischer Energieschirm sogar in der Lage ist, Kugeln aufzuhalten. Diese elektrische Energie könnte einen "menschlichen Dynamo" bilden, der nicht nur töten kann, sondern einem auch buchstäblich ermöglichen könnte zu fliegen. Wenn man Drähte mit dem menschlichen Körper verbände, könnten die Zellen genug Energie erzeugen, um den Strombedarf eines mittleren Hauses oder einer kleinen Fabrik zu decken. In seinen Laborexperimenten in Mexiko erhielt Dr. Ruggiero von einem Schaf ausreichend Strom, um eine Reihe von 40-Watt-Birnen anzuzünden und eine elektrische Klingel auszulösen..."

Man wusste schon lange, dass Katzen - das Fell der Katzen - elektrisch stark geladen ist. Man hat das benutzt, um Rheuma zu heilen.

Er sagt, diese Elektrizität könne dazu benützt werden, um tote, gelähmte oder von Krebs befallene Zellen wiederzubeleben... Abschließend erklärt er: "Der menschliche Körper ist tatsächlich eine lebendige elektrische Batterie. Das Zeitalter der menschlichen elektrischen Energie ist in unsere Reichweite gerückt."

Es ist dasselbe wie bei der magnetischen Kraft. Es ist alles die gleiche Kraft! Letztlich scheint es der Ausdruck der eigentlichen Macht zu sein, allerdings den verschiedenen Ebenen entsprechend vermischt (Schichten andeutende Geste): im Mental, im Vital, oder in rein materieller Form, wo es zu Elektrizität würde

[[Ferner schreibt Dr. Ruggiero: "Alle meine Experimente der letzten Jahre führten mich zu der Überzeugung, dass Zellen niemals absterben und dass sie als Energieakkumulatoren benützt werden können, um Zellen derselben Art, die durch Krankheit funktionsunfähig geworden sind, wieder aufzuladen. Meine Theorie ist, dass bei angeblich abgestorbenen Zellen die Energie entladen worden ist. Durch Aufladung von anderen Zellen des Patienten können sie einfach wieder aufgefrischt werden, worauf sie normal funktionieren wie vorher."]].

So scheint mir das zu sein.

Zu der Zeit, als ich in Paris Zusammenkünfte nach Théons System abhielt (er nannte das nicht Meditation, sondern ein "Ausruhen": "sich zusammen ausruhen"), entstand während unserer Sitzungen eine Art Lichtschwingung, die aus meinen Fingern austrat (sie war für das bloße Auge sichtbar), etwas wie Elektrizität. Eine konzentrierte vitale Kraft, die in Form von Lichtwellen sichtbar wurde.

Hier muss es dasselbe sein.

Im Grunde ist alles dasselbe, es sind nur verschiedene Aspekte derselben Sache (die gleiche Geste in Stufen).

Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich X (einem Tantriker) eine Blume gab. Als meine Finger die seinen berührten, zuckte er zusammen, und beim Weggehen sagte er jemandem, es sei wie eine Schwingung gewesen oder... (ich erinnere mich nicht mehr an seine Worte), ein Strom, der seinen ganzen Körper durchzuckte, etwas wie ein elektrischer Strom.

Ich glaube, es geht überall um das Gleiche, dies ist nur ihre materielle Wiedergabe der Tatsache. Für ihre Intelligenz wird es so realer und konkreter. Aber es ist dieselbe Sache.

Der Herr als elektrische Schwingungen! (Mutter lacht)

***

(Am Ende des Gesprächs)

Die Aktion beschleunigt sich...

Wir werden schon sehen.

 

***

 

20. Mai 1967

 

 

(Mutter betrachtet eine Blume, die sie "göttliche Reinheit" nannte: Lobelia longiflora.)

Kannst du mir sagen, was göttliche Reinheit ist?... Ich weiß es nicht mehr. Was mag das bedeuten?

Dem wahren Impuls gehorchen?

Ich verstehe durchaus, wenn man von der "Reinheit des Göttlichen in den Wesen" spricht, aber "Reinheit des Göttlichen" macht für mich keinen Sinn mehr.

Die göttliche Reinheit in den Wesen bedeutet, dass sie allen Einflüssen gegenüber verschlossen sind außer den göttlichen. (Mutter zählt die Blütenblätter) Fünf Blätter...

***

(Etwas später)

Ich sehe weiterhin einen Schwarm von Leuten, die ich nicht kenne. Mehr als die Hälfte ist vollkommen unnütz: Neugier, Eigenliebe und Eitelkeit. Nun, denn. Sie kommen nur, um sagen zu können: "Oh, wissen Sie, ich habe Mutter gesehen." Was soll's also!

Aber die kleinen Kinder sind weiterhin sehr liebenswert. Unter zehn bis zwölf Kindern ist nur etwa eines unter einem "schlechten Stern" geboren, d.h. der Vater und die Mutter waren in sehr schlechter Verfassung, als sie es zeugten. Das kommt vor. Aber die Mehrzahl der Kleinen: einfach entzückend, und einige davon: bemerkenswert.

Es ist Mode geworden, mir ein Foto der Kinder zu schicken und mich um einen Namen zu bitten, so sehe ich viele von ihnen. Ja, wirklich, im Durchschnitt ist ungefähr eines von zehn ein gewöhnliches Kind. Aber die anderen, sehr liebenswert.

***

(Etwas später)

Mehr und mehr übt das Bewusstsein einen Druck aus, um alles Halbbewusste und Unterbewusste zu erwecken und um das Unbewusste zu erreichen; etwas senkt sich unter Druck herab (Bewegung wie ein Bohrer). Und in dem Maße, wie es hinabdringt und der Druck zunimmt, kommt es zu einer... (wie soll ich das nennen?) Überprüfung oder Gesamtschau des Bewusstseinszustandes des Wesens und aller Wesen (Geste ringsumher). Das Ergebnis ist die Wahrnehmung einer solchen Dummheit!... Während des Lebens (während man lebt, weiß man nicht einmal, was man gelebt hat), hat man den Eindruck, dass man in einem Licht ist, dass man eine Richtung empfängt und ihr folgt, kurz, dass ein Licht des Bewusstseins am Wirken ist; wenn aber dieser Druck DES Bewusstseins vorhanden ist (von oben, man könnte es das "Wahrheitsbewusstsein" oder einfach: DAS Bewusstsein nennen), erscheinen alle Dinge, die man tat, dachte, fühlte und sah, all das, was bewusste Dinge zu sein schienen... so dumm! Man muss wirklich einen sehr... (wie soll ich sagen?) nicht nur einen sehr vollkommenen Glauben haben, sondern ein sehr vollkommenes surrender machen, um nicht vom Gewicht dieser Dummheit erdrückt zu werden.

Den ganzen Morgen lang sah ich allerlei Bewegungen des Bewusstseins wieder, die Erinnerung (nicht in Gedanken oder in der Empfindung oder Anschauung sondern im Bewusstsein) an ganze Lebensabschnitte, besonders an das Leben mit Sri Aurobindo, denn damals hatte ich das Gefühl, mich auf das göttliche Bewusstsein abzustützen und unter seinem Druck zu handeln (schon zu der Zeit) - es ist interessant, dass selbst dies jetzt wie eine bodenlose Dummheit erscheint. Man fragt sich, was Sri Aurobindo - er, der bewusst war - gefühlt haben muss? Wie muss er seine Umgebung empfunden haben, all diese vielen Leute, die ihn umgaben, um ihn schwirrten und geschäftig taten... (Mutter nimmt ihren Kopf in die Hände). Man sagt sich, hätte er das Bewusstsein gehabt, das jetzt da ist (gewiss hatte er es, er hatte dieses Bewusstsein!), nun, dann war er ein Wunder an Geduld. Dies ist meine Schlussfolgerung.

Nicht wahr: ein unleugbar guter Wille, der Wille, richtig zu handeln (Mutter spricht von sich selbst), eine Haltung, die so gut wie nur möglich erschien, und bereits das Gefühl eines surrender, sowie die Bemühung, keinerlei persönliche Regungen, sondern allein den führenden Willen auszudrücken - all das, diese ganze Haltung (die damals völlig richtig erschien), mit dem jetzigen Bewusstsein gesehen!... (Mutter nimmt ihren Kopf in die Hände). Nun, es ist leicht, sich zu sagen...

Sri Aurobindo hatte gewiss dieses Bewusstsein, sicherlich, denn er sprach davon - er hatte es -, und er sah uns, wie wir um ihn herum lebten... was für eine Geduld! Welch ein Wunder an Geduld!

Der gute Wille war offensichtlich, aber es ist vor allem der Eindruck einer Dummheit, von etwas so Blindem in der Wahrnehmung.

(Schweigen)

Bei jeder neuen Herabkunft gab es, von einem gewissen Standpunkt aus gesehen, eine solche Periode: Es gab den Standpunkt der Gefühle, den Standpunkt der Gedanken usw. - einen BESTIMMTEN Standpunkt. Aber diesmal ist es der Standpunkt des Bewusstseins, und da... (wimmelnde Geste)

Sicherlich wird zwischen dem Bewusstseinszustand, der sich jetzt zu manifestieren versucht, und dem höheren Bewusstseinszustand, der sich in einiger Zeit manifestieren wird, wieder der gleiche Unterschied bestehen.

Diese Erfahrungen gehen immer vom kleinen Kreis des Individuums aus - dem Punkt, der am besten bekannt und am leichtesten zu beobachten ist -, dann beginnt es sich auszubreiten, um sich schließlich über die ganze Erde auszudehnen. Jedes Mal war es so. Die Empfindung, die Wahrnehmung des Unterschieds zwischen dem, was existiert, und dem, was sein soll, ist so ungeheuer... Nur weil es das surrender gibt (das ja schon immer da war, es wurde damals nicht geleugnet, ganz und gar nicht), das allein hilft hindurchzugehen.

Die Wahrnehmung dieser ungeheuren, totalen Weisheit, die alles trägt - bewusst bis ins kleinste Detail -, die alles zu einer zukünftigen Vollkommenheit trägt (einer wachsenden Vollkommenheit, die immer in der Zukunft liegt), allein das bewirkt, dass man nicht erdrückt wird, sonst wäre der Gegensatz recht erdrückend.

Die Erfahrungen kommen immer nach einem großen Ruf der Zellen, dann, wenn sie ihre Schwäche spüren - ihre Unfähigkeit und ihren Zustand, den man im Vergleich zu der Pracht, die man anstrebt, fast einen Zustand der Schmach nennen könnte; sie spüren den Gegensatz zwischen dem, was sie sind, und dem, was sie werden möchten, um ein Ausdruck des Göttlichen zu sein... Die Erfahrungen kommen immer als eine Folge, um den zurückgelegten Weg aufzuzeigen... Aber wenn es so weitergeht, wird zwischen dem zurückgelegten und dem noch zurückzulegenden Weg noch viel Zeit vergehen.

(Schweigen)

Man muss viel Geduld haben.

 

***

 

24. Mai 1967

 

 

Gestern hat mir jemand geschrieben:

"Was ist denn nun das Göttliche?"

Ich antwortete.

Ich sagte ihm, dies sei nur eine Antwort, um ihm zu helfen, es gebe aber Hunderte davon, die alle genau so gut seien:

 

Das Göttliche lässt sich leben, kann aber nicht definiert werden...

 

Ich fügte noch hinzu: "Aber da du mir die Frage stellst, antworte ich."

 

 

Das Göttliche ist ein Absolutes an Vollkommenheit, die ewige Quelle alles Existierenden,

deren wir uns zunehmend bewusst werden, und gleichzeitig sind wir seit aller Ewigkeit schon Er.

 

Einmal sagte Amrita mir auch, dass es für ihn etwas schlicht Undenkbares sei. Da antwortete ich ihm: "Nein, so ist es keine Hilfe. Sie müssen nur denken, dass das Göttliche alles ist (im größtmöglichen Ausmaß), alles, was wir in unserer höchsten und erleuchtetsten Aspiration werden wollen. Alles, was wir werden wollen, das ist das Göttliche." Er war so glücklich! Er sagte mir: "Ach, so wird es ganz einfach!"

Aber wenn man es anschaut - wenn man aus seiner mentalen Tätigkeit heraustritt und die Erfahrung ansieht, die man hat - und sich sagt: "Wie soll ich es nur ausdrücken? Wie soll ich es erklären?"... Das Nächste und Zugänglichste ist folgendes: In dieses "Etwas", das wir werden möchten, legen wir instinktiv, spontan alles hinein, dessen Existenz wir anstreben, alles, was wir für das Wunderbarste halten, alles, was der Gegenstand einer intensiven (und unwissenden) Aspiration ist, all dies. Mit alledem nähern wir uns einem "Etwas" und... Im Grunde kann man den Kontakt nicht durch Gedanken aufnehmen; man erlangt den Kontakt durch etwas IDENTISCHES im Wesen, das durch die Intensität der Aspiration erweckt wird. Sobald man den Kontakt - diese Verschmelzung - hergestellt hat, sei es auch nur eine Sekunde lang, ist für einen selbst keine Erklärung mehr nötig: es ist etwas, das sich auf absolute Weise aufdrängt und außerhalb und jenseits aller Erklärungen liegt.

Um aber dorthin zu gelangen, legt jeder all das hinein, was ihn am leichtesten weiterführt.

Wenn man die Erfahrung hat, dann ist im Augenblick der Verschmelzung, der Verbindung für das Bewusstsein klar, dass allein etwas Identisches das Identische erkennen kann und es folglich der Beweis dafür ist, dass DAS hier ist (Mutter deutet auf das Herzzentrum). Es ist ein Beweis, dass DAS da ist. Durch die Bemühung der Aspiration erwacht DAS.

Als ich die Frage erhielt, war es ganz so, als ob diese Person mir sagte: "Ja, ja, all dies ist sehr gut, aber was ist denn nun das Göttliche?" Als ich seinen Brief las, herrschte ein vollkommenes Schweigen, ein Schweigen von allem, und etwas wie EIN EINZIGER Blick - ein einziger, allumfassender Blick -, der sehen will... Ich verharrte so in meiner Betrachtung, bis die Worte kamen. Da schrieb ich: "Hier ist EINE Antwort." - Es gäbe hundert andere... die alle genau so gut wären.

Und gleichzeitig, als der Blick auf dieses zu definierende "Etwas" gerichtet war, herrschte überall ein weites Schweigen und eine große Aspiration (Geste wie eine aufsteigende Flamme), mit allen Formen, die diese Aspiration je angenommen hat. Das war sehr interessant... Die Geschichte der Aspiration der Erde... auf ein wunderbares Unbekanntes hin, das wir werden wollen.

Und jeder - jeder, der dazu bestimmt war, die Verbindung herzustellen -, glaubt in seiner Einfalt, dass die Brücke, die er überschritten hat, die einzige sei. Ergebnis: Religionen, Philosophien, Dogmen, Glaubensbekenntnisse - Kampf.

Alles in allem gesehen ist es sehr interessant, wirklich reizend, mit einem solchen Lächeln, das schaut, oh! dieses Lächeln... das schaut. Dieses Lächeln ist, als ob es sagen würde: "Warum macht ihr alles so kompliziert, es könnte doch so einfach sein!"

Um es in literarischer Form auszudrücken, könnte man sagen: "So viel Kompliziertheit für eine so einfache Sache: sich selbst sein."

(Schweigen)

Was ist denn deiner Meinung nach das Göttliche?

Ich weiß es nicht, ich stelle mir nie diese Art von Fragen.

Ich auch nicht! Diese Frage habe ich mir nie gestellt. Denn sobald ein Bedürfnis bestand zu wissen, kam spontan eine Antwort. Keine Antwort in Worten, über die man sich streiten kann... ein Etwas, wie eine Schwingung. So ist es jetzt fast ständig.

Natürlich machen die Menschen alles kompliziert (ich glaube, sie lieben das sehr, weil...), für alles, bei der GERINGSTEN Sache steigt eine Welt von Schwierigkeiten auf. Ich verbringe meine Zeit damit, zu sagen: "Ruhig, ruhig, ruhig - seid still!" Selbst der Körper lebt in Schwierigkeiten (auch er scheint sie zu lieben!), aber plötzlich singen die Zellen spontan ihr OM... In allen Zellen erhebt sich eine kindliche Freude, und sie sagen (Mutter nimmt einen verwunderten Ton an): "Ach, wirklich? Können wir das tun? Haben wir das Recht, so zu handeln?" Das ist irgendwie rührend.

Das Resultat stellt sich sofort ein: diese große friedliche und allmächtige Schwingung.

Stünde ich nicht unter dem ständigen Druck der Wünsche aus meiner Umgebung, würde ich sagen: "Warum wollt ihr eigentlich wissen, was das Göttliche ist? Was nützt euch das? - Ihr müsst es nur werden." Aber sie verstehen den Scherz nicht.

- Ich möchte wissen, was das Göttliche ist.

- Aber nein, völlig nutzlos!

- Ach?!

Scheinbar entrüstet antworten sie: "Ach, ist das etwa nicht interessant?"

- Du brauchst es nicht zu wissen: du musst es WERDEN.

Die große Mehrzahl der Intellektuellen scheint nicht zu begreifen, dass man etwas tun oder sein kann, ohne zu wissen, was es ist.

Um sich einen Scherz zu erlauben, könnte man auch sagen: "Man ist Gott dann am nächsten, wenn man es nicht weiß."

***

(Etwas später liest Mutter einen Brief von Sri Aurobindo vom 25. Januar 1935 über den russischen Kommunismus und die Spiritualität vor.)

 

"

Ich weiß, dass die Russen den derzeitigen Trend nach Spiritualität und Mystizismus für ein Phänomen der kapitalistischen Gesellschaft in ihrem Verfallsstadium halten. Aber bewusst oder unbewusst eine ökonomische Ursache in alle Phänomene der Menschheitsgeschichte hineinlesen zu wollen, ist ein Teil des auf Karl Marx' Trugschluss beruhenden bolschewistischen Evangeliums. Die Natur des Menschen ist nicht ganz so einfach und weist mehr als eine Saite auf - sie hat viele Linien, und jede einzelne ruft ein Bedürfnis in unserem Leben hervor. Die spirituelle und mystische Linie ist eine von ihnen, und der Mensch versucht, sie auf verschiedene Weisen zu befriedigen, durch allen möglichen Aberglauben, durch unwissende Religiosität, Spiritismus, Dämonenglauben und vieles mehr; in seinen erleuchteteren Teilen durch eine spirituelle Philosophie, den höheren Okkultismus und alles übrige; in seinen höchsten Teilen durch die Vereinigung mit dem Ganzen, mit dem Ewigen oder Göttlichen. In Europa begann die Tendenz zur Suche nach Spiritualität mit dem Überdruss am wissenschaftlichen Materialismus des neunzehnten Jahrhunderts, einer Unzufriedenheit mit dem angeblichen Primat der Vernunft und des Intellekts und mit dem tastenden Suchen nach etwas Tieferem. Dies war ein Vorkriegsphänomen, das zu einer Zeit begann, als noch keine Bedrohung durch den Kommunismus bestand und die kapitalistische Welt auf der Höhe ihres anmaßenden Erfolgs und Triumphes stand, und es entsprang eher einer Revolte gegen das materialistische, bürgerliche Leben und seine Ideale, als dem Versuch, diesen zu dienen oder sie in den Himmel zu heben. Die dem Krieg folgende Desillusionierung diente und widersetzte sich ihm zugleich: widersetzte sich ihm, weil die Nachkriegswelt entweder in Zynismus und Sinneslust oder in Bewegungen wie den Faschismus und Kommunismus zurückfiel; diente ihm, weil in den tiefsten Geistern die Unzufriedenheit mit den Idealen der Vergangenheit oder der Gegenwart mit all ihren mentalen, vitalen oder materiellen Lösungen für das Problem des Lebens stetig wuchs und allein der spirituelle Weg übrigblieb. Zwar tändelt der europäische Geist, der kein großes Wissen in diesen Dingen hat, mit vitalen Irrlichtern wie dem Spiritismus oder der Theosophie, oder er fällt in die alte Religiosität zurück, aber die tieferen Denker, von denen ich spreche, gehen entweder darüber hinaus, oder sie gehen auf der Suche nach einem größerem Licht durch sie hindurch. Ich stand mit vielen von ihnen in Kontakt, und die genannten Tendenzen sind sehr deutlich. Sie kommen aus allen Ländern - nur eine Minderheit stammte aus England oder Amerika. Russland ist anders: ungleich den anderen verharrte es in einer mittelalterlichen Religiosität und machte keine Periode der Revolte durch - als die Revolte dann später kam, war sie natürlich antireligiös und atheistisch. Erst wenn diese Phase erschöpft ist, kann der russische Mystizismus wieder aufleben und anstelle des engen religiösen Wegs eine spirituelle Richtung nehmen. Allerdings hat ein umgekehrter Mystizismus den Bolschewismus und sein Bestreben eher zu einem Dogma als zu einem politischen Thema gemacht, zu einer Suche nach dem geheimnisvollen paradiesischen Jahrtausend auf Erden statt des Aufbaus einer rein sozialen Gesellschaft. Im allgemeinen aber versucht Russland auf kommunistischer Grundlage all dies zu verwirklichen, was der Idealismus des neunzehnten Jahrhunderts vergeblich zu erhalten hoffte, inmitten einer Welt industrieller Konkurrenz oder auch gegen sie. Ob er damit wirklich Erfolg haben wird, muss die Zukunft entscheiden - gegenwärtig klammert er sich mit unverminderter Spannkraft und gewaltsamer Kontrolle nur an das, was er hat."

Sri Aurobindo

(25. Januar 1935)

 

 

Welch wunderbar klare Schau! So allumfassend, er vergisst nichts.

Jedes Wort ist voller Sinn.

Die Dinge gehen jetzt schnell voran. Er sah ganz klar: es geht so, wie er sagte, jetzt geht es im Galopp voran.

Und die Amerikaner!... Sie gaben vor, eine "Abrüstungskampagne" in Gang zu setzen, aber sie selbst sehen keine Möglichkeit dazu: Sie sind voller Angst und Misstrauen. Ihre "Lösung" ist, Waffen an alle Welt zu verkaufen! (Mutter lacht) Mit der Idee, vor allem Geld zu verdienen, und dann "die Gleichheit herzustellen"!

 

***

 

26. Mai 1967

 

 

(Die Neujahrsbotschaft betreffend: "Menschen, Nationen, Kontinente! Die Wahl ist zwingend: die Wahrheit oder der Abgrund." Ein Schüler stellt Mutter folgende Frage:  "Was verstehen Sie unter "Abgrund"?")

Gegenwärtig herrscht eine sehr große Spannung. Alle gebärden sich, als wollten sie einen Krieg anzetteln. Die Menschen legen in ihren internationalen Beziehungen eine blinde Leidenschaft an den Tag.

Am Ursprung von alldem liegt Angst, ein allgemeines Misstrauen und das, was sie für ihre "Interessen" halten (Geld, Geschäfte). Eine Kombination dieser drei Dinge. Wenn diese drei niedrigsten Leidenschaften in der Menschheit aufgerührt werden, nenne ich das den "Abgrund".

Wenn aber jemand beschlossen hat, sein Leben der Suche nach dem Göttlichen zu widmen - wenn er aufrichtig ist, das heißt, wenn sein Entschluss aufrichtig ist und sich aufrichtig in Handlungen umsetzt, gibt es absolut nichts zu befürchten, denn alles, was ihm geschieht oder geschehen wird, führt ihn auf dem kürzesten Weg zu dieser Verwirklichung.

Das ist die Antwort der Gnade. Die Menschen glauben, Gnade bedeute, dass alles in ihrem Leben leicht sein werde. Das ist nicht wahr!

Die Gnade arbeitet für die Verwirklichung der Aspiration, die man hat, und alles arrangiert sich so, dass man möglichst schnell und direkt zu dieser Verwirklichung gelangt - folglich gibt es nichts zu fürchten.

Die Angst entstammt der Unaufrichtigkeit. Wenn man ein bequemes Leben sucht, angenehme Umstände usw., dann stellt man Bedingungen und besteht auf Begrenzungen - und Angst kommt ins Spiel.

Das hat aber nichts mit Sadhana zu tun.

***

 

27. Mai 1967

 

 

Erinnerst du dich an S.B.? Er lebte hier... Er hatte viele Schüler und besaß gewisse yogische Kräfte. Er kam hierher und wurde wie vom Blitz getroffen, als er Sri Aurobindo sah: er fiel in Ohnmacht. Nachher sagte er, dies sei durch die Macht der Offenbarung geschehen. Er hielt sich etliche Jahre lang hier auf; er wohnte dort drüben. Schließlich ging er fort, denn er empfing alle seine Schüler hier, und ich sagte ihm: "Nein, so geht das nicht, es ist besser, Sie suchen sich anderswo eine Bleibe." Also ging er. Während vieler Jahre hörte man nichts mehr von ihm, aber seit einiger Zeit manifestiert er sich wieder (nachts sah ich ihn relativ häufig) und dies mit einer enthusiastischen Glut! Eben hat er mir diese Karte aus Riga in Lettland geschickt - er musste nach Russland reisen (Mutter reicht Satprem die Karte):

 

"

Grüße! Ich erinnere mich an Dein Wunder. Auf einer großen Konferenz hier

sprach ich über unseren göttlichen Meister und von Deiner Milde. Segne mich!

Stets der Deine."

 

Er war in Russland... Mit einem Schlag kam es über ihn: ein großer Enthusiasmus.

Eine Zeitlang wohnte er in jenem Haus an der Ecke, im jetzigen "Aurovillebüro". Das Haus hat ein unebenes Dach (ein Teil ist von einer bestimmten Höhe, um dann plötzlich ein halbes Stockwerk abzufallen). Einmal ging er in Meditation dort oben auf und ab und stürzte dabei. Offenbar hatte er gerade seine Mahlzeit eingenommen, was zu einer Obstruktion führte. Er sagt, dass er sich innerhalb einer Stunde der Konzentration geheilt habe. Wohl möglich...

Er war zugleich sehr kindlich, begeisterungsfähig und großspurig, aber mit einem recht großen Eifer, einer Art sehr junger Begeisterung... Jetzt muss er schon ziemlich alt sein. Ich sehe ihn immer umgeben von einer großen Menschenmenge. Er ist jemand, der sich Gehör zu verschaffen weiß. Nicht ohne Interesse. Ich hatte es nicht darauf angelegt, ihn wegzuschicken, aber erst stritt er sich mit irgend jemandem (ich weiß nicht wem), um dann anzufangen, in aller Öffentlichkeit eine große Anzahl von Schülern zu empfangen; da sagte ich: "Es ist besser, Sie sehen Ihre Schüler woanders." Darauf ging er.

Er hat viele Bücher auf Tamil geschrieben.

Das ist schon die zweite Karte, die ich von ihm habe. Auf der ersten sagte er, er wolle eine zweite Weltreise machen, insbesondere gehe er nach Europa, und in Russland sei er auch eingeladen. Er hat ein ganzes Buch über Sri Aurobindos Yoga verfasst (auf Tamil).

***

(Nach einem Schweigen)

D ist in die tibetanischen Gebiete gereist (nicht nach Tibet, das ist unmöglich, aber in den Norden Indiens, wo die tibetanischen Flüchtlinge leben); sie hofft, einen Guru zu finden. Ich sah sie gestern, sie hat sich sehr verändert. Sie erzählte mir, sie werde eines Tages... (ich weiß nicht, ob sie etwas von mir gelesen hatte, denn gewöhnlich liest sie nichts), sie sagte mir: "Oh, ich hatte eine Offenbarung, plötzlich begriff ich, dass ich überhaupt nichts von dem verstand, was du sagst, denn wir geben den Worten nicht dieselbe Bedeutung." Ich erwiderte: "Das stimmt!" - Sie darauf: "Jetzt habe ich wirklich verstanden, was es bedeutet, nichts zu verstehen!"... Sie war verstört, denn natürlich sagten alle: "Warum wollen Sie dort suchen, was Sie hier schon haben?" Ich antwortete ihr: "Das kann dir doch egal sein! Sag ihnen doch einfach die Wahrheit: dass du nicht in der Lage bist hierzubleiben." Sie antwortete mir: "Ja, das versuche ich ihnen zu sagen." (Sie versuchte es ihnen auf Umwegen zu sagen.)

Aber in ihrer Aspiration liegt eine große Aufrichtigkeit...

Sie ist abgereist. Heute morgen, bevor sie wegging, schickte sie mir die Blume "Licht ohne Dunkelheit" [[Eucharis grandiflora.]].

***

(Kurz danach sinkt Mutter in eine lange Meditation)

Ich sah eine ganze Reihe Rosen, etwa so groß (ungefähr 25 cm), eine nach der anderen - prächtig! In vielen verschiedenen Farben. Das will sicher etwas bedeuten: eine nach der anderen kamen sie, präsentierten sich, wie um zu grüßen, um dann wieder zu gehen - so große Rosen... Ich hatte mich nämlich beschwert! [[Zu Beginn des Gesprächs hatte Mutter bedauert, dass die Rosen wegen der Hitze verwelkt waren.]] Es war genau vor dir (Geste auf der Höhe des Herzens), prächtige Rosen von vollkommener Gestalt und in allen Farben.

Im Grunde ist das mein Müßiggang (das Meditieren). Wenn ich so verharre, wird es sofort sehr angenehm, und es gibt immer etwas Hübsches zu sehen. Das ist mein Müßiggang.

Ich fühle mich so wohl dabei.

Oh, ja!

Alles hört einfach auf, und dann... Etwa so wie (ich drücke es in Worten aus): "Deine Gegenwart, Herr, nichts als Das", worauf alles zum Stillstand kommt. Manchmal sehe ich nichts, manchmal... Aber sag mir, ist das nicht eine Ironie: wenn du da bist, sehe ich immer etwas!... Manchmal sehe ich gar nichts, einfach so (glückselige Geste). Manchmal höre ich, aber das nur bei einer weniger tiefen Konzentration: man hört.

Das war wirklich hübsch. Ich erlebte ein sehr hübsches Schauspiel! Es kam wie... weißt du, wie beim Zeigen von Dias: eines kommt von der einen Seite, husch, wird es sichtbar und verschwindet, worauf eines von der anderen Seite kommt, husch, und es verschwindet. Und es war immer direkt vor dir.

Wir sollten arbeiten.

Was mich betrifft, ich bin geistig müde.

Du bist müde... Aber das Mental soll sich ja auch nicht rühren! Es muss so verharren. Oh, es ist schrecklich, wenn das Mental arbeitet.

Aber wir müssen doch eine mentale Arbeit verrichten.

Ich bewundere dich sehr!

Ja, ich mich auch! Und ich beschwere mich.

Erholst du dich wenigstens ein bisschen, wenn ich auf der Höhe meines Müßiggangs bin?

Oh, ja, gewiss.

(Mutter legt die Papiere, die sie hervorgeholt hat, wieder hin und schickt sich an, die Meditation wiederaufzunehmen.)

Nein, nein! Ich fühle mich erholt.

Zu schade, du hast mir eine Chance gegeben!

***

(Dann liest Satprem einen Ausschnitt aus der Agenda vor, den er mit einigen Kürzungen im nächsten Bulletin veröffentlichen wollte:)

Genau dieser Abschnitt interessiert mich am meisten!

Jene, die es schockiert, werden mich für verkalkt halten.

Ich kann nichts mehr lesen - sobald man anfängt, mir etwas vorzulesen, finde ich es so langweilig! Worte, Worte und nochmals Worte...

(Protest von Satprem)

Schon jetzt versteht niemand mehr etwas von dem, was ich schreibe. Einige Leute wagen, mir dies vorsichtig zu sagen.

Trotzdem, mach eine Kopie von alldem, und dann werde ich das dem hochweisen Pavitra zeigen. Wenn er meint, das gehe noch an... (Mutter lacht), nun dann...

Es wird immer einige geben, die es nicht verstehen.

Die meisten.

Was macht das schon!

Es genügt, wenn einer versteht.

***

 

30. Mai 1967

 

 

(Mutter reicht Satprem ein Suppenpäckchen aus Israel.)

Armes Israel...

Ach, es ist widerlich! Wieder so eine empörende Geschichte [[Präsident Nasser hatte eben den Golf von Akaba für die israelische Schiffahrt gesperrt. Er verlautete, er wolle "die Vernichtung Israels".]].

Oh, ja... Es ist eine künstlich hochgespielte Geschichte, und Indien - Indien...

Bah!

Indien weiß nichts Besseres zu tun, als diesem Individuum seine Unterstützung zu geben. Das ist traurig, und so gemein!

Ich habe einen Brief von jemandem erhalten (nicht von dort), in dem steht, es herrsche ein so starker Geist von Brüderlichkeit und Kooperation in dem Land, wie er es in dieser Form sonst nirgendwo gesehen habe.

Die Menschheit scheint böse Dinge im Schild zu haben.

Ja. Aber dass ausgerechnet Indien, das doch für etwas Wahreres stehen sollte... Das tut wirklich weh.

Ach! Die natürliche Tendenz hier ist gegen die Moslems, somit sagen sich die Leute, die sich für überlegen halten, man müsse über seinen Antipathien stehen: "Ergreifen wir Partei für sie." (Mutter lacht) So geht ihre Logik.

***

(Etwas später, den Brief Sri Aurobindos über den Kommunismus betreffend, den Mutter im nächsten Bulletin veröffentlichen möchte:)

Ach, mein Kind, ich habe einen Zeitungsausschnitt aus dem Figaro erhalten. Anfang April sagte der indische Kulturattaché in Paris, die russische Regierung habe den Wunsch geäußert, sich am Aufbau von Auroville "zu beteiligen". Ich habe noch keine Bestätigung dafür erhalten, aber es steht im Figaro. Wenn das stimmt, ist es vielleicht nicht angebracht, die "fallacy" [den Trugschluss] von Karl Marx zu veröffentlichen! (Mutter lacht) Vielleicht ist es besser, damit etwas zu warten... Ich habe sehr gezögert, dies zu veröffentlichen, weil es sich um einen Brief handelt und mir Sri Aurobindo immer sagte, er habe in den Briefen seine politische und soziale Meinung sehr offen ausgedrückt, und er wollte nicht, dass dies veröffentlicht werde. Während sehr langer Zeit habe ich die Veröffentlichung abgelehnt. Jetzt sind wir flexibler geworden; aber vielleicht ist der Zeitungsausschnitt gekommen, um mir zu sagen, dass es klüger ist, noch etwas abzuwarten.

Ja, es ist nicht nötig, sie zu verletzen.

Nein, denn es ist immer nur eine Seite des Problems. Sri Aurobindo zeigte immer alle Seiten auf, und als Ganzes gesehen, ergibt das etwas, das weit über allen Meinungen steht. Folglich ist es nicht gut, nur einen Teil ohne sein Gegenstück zu veröffentlichen.

Vielleicht wird der Augenblick kommen, wo wir über Sri Aurobindos Vision sprechen müssen und wie sich die Welt seitdem entwickelt hat (das wäre sehr interessant). Dazu müssten wir alles zusammenstellen, was er über die verschiedenen Themen gesagt hat... Insbesondere hatte ich schon lange vor, den religiösen Standpunkt aufzuzeigen. Zwei Dinge kann man nicht berühren, ohne sofort die menschlichen Leidenschaften aufzurühren: die Politik und die Religion - und genau diese völlig engstirnige Sicht bewirkt, dass die Menschen nichts mehr verstehen. Es ist besser, damit noch ein wenig zu warten. Vielleicht in zehn Jahren... Wohl möglich, denn die Dinge gehen schnell voran. Vielleicht können wir in zehn Jahren mehr sehen und etwas sagen. Jedenfalls ist es besser, den Brief vorerst auf die Seite zu legen. (Lachen) Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um ihnen Steine vor die Füße zu werfen!

***

(Mutter versinkt in eine lange Meditation)

Heute morgen um halb fünf diskutierte ich mit dir... über die Art, etwas auszudrücken! Ich wachte auf, während ich einen Satz aussprach (jetzt habe ich ihn vergessen). Ich sagte dir: "Es ist besser, dies so zu sagen." Um halb fünf!

Vorher habe ich nie Worte gehört, nie, das ist völlig neu. Es geschieht seit einigen Wochen. Immer erwache ich so, während ich Sätze ausspreche... Das tat ich vorher nie... Ich weiß nicht, warum das so ist.

Es war "die beste Art", die Sache auszudrücken... Was? Ich weiß es nicht.

Wahrscheinlich die Hitze!

 

***

 

3. Juni 1967

 

 

A schreibt, er habe in Paris Leute getroffen, die um Auskünfte über Auroville baten. Er antwortete ihnen mit einem Brief, dann sagte er sich kurz vor dem Abschicken: Vielleicht ist es doch besser, ihn Mutter zu zeigen. Er schickte mir den Brief - zum Glück! Diese Leute fragten ihn nach den Aufnahmebedingungen für Auroville; er antwortet ihnen: "Ach, noch ist nichts entschieden, wir werden sehen!" (Mutter lacht) Nun habe ich eine kleine Notiz vorbereitet, denn er tat, als gäbe es noch keine Aurovillianer. Ich weiß nicht, ob er dies absichtlich tat, um die Leute zu entmutigen, aber auf jeden Fall ist es nicht gut, so etwas zu schreiben. Drei- oder vierhundert Aurovillianer wurden schon angenommen, und ich habe unterzeichnet. Wir können also nicht so antworten... Ich weiß, worauf er sich bezieht, ich hatte ihm nämlich gesagt, DIE MATERIELLEN LEBENSBEDINGUNGEN in Auroville würden natürlich nicht im voraus willkürlich festgelegt.

Ich schrieb folgendes:

 

In psychologischer Hinsicht sind die wesentlichen Bedingungen:

 

1)

2)

Die Überzeugung von der essentiellen menschlichen Einheit und der Wille, am Kommen dieser Einheit mitzuwirken.

Der Wille, an allem mitzuarbeiten, was die zukünftigen Verwirklichungen fördert.

 

Das ist alles, es ist nicht kompliziert.

Und dann in materieller Hinsicht:

 

 

Die materiellen Bedingungen werden im Laufe der Verwirklichung erarbeitet werden.

 

Das ist nicht allzu kompliziert.

Natürlich werden wir eine Anmerkung in dem Sinne hinzufügen, dass die Leute nach dem Lesen der Broschüren, "Warum Auroville" und ihrer Zustimmung, einstweilen ihr Foto mit einem Antrag schicken sollen, wobei ich es bin, die sie annimmt oder nicht. Denn solange es nicht mehr sind, einige Hundert, ist es leicht, die Fotos anzuschauen, um so eine minimale Garantie zu haben, dass keine Taugenichtse hinzustoßen. Es ist nämlich sehr leicht zu sagen: "Oh, ich bin absolut überzeugt und will mitarbeiten", aber das sind nur Worte... Ich kann nicht alle Leute empfangen, aber schon anhand ihres Fotos kann man recht gut erkennen, ob sie aufrichtig sind oder nicht.

***

(Etwas später)

Ach, ich habe etwas viel Interessanteres... K hält einen Kurs ab (über Soziologie, glaube ich), aber basierend auf Sri Aurobindos Schriften. Weißt du, ENDLICH habe ich in der Schule erreicht, dass es nicht zwingend ist, Prüfungen abzulegen; falls man während des Unterrichts Interesse und Aufmerksamkeit an den Tag legt, kann man ohne eine Bescheinigung oder Prüfungen in eine höhere Klasse aufrücken

[[Am 14. April 1967 schickte Mutter folgende Mitteilung an die Schule:

 

" Von nun an sind die den höheren Kurs betreffenden Regeln folgendermaßen abgeändert:

(1)

 

 

(2)

 

(3)

Studenten, die ein Zeugnis für den erfolgreichen Abschluss des höheren Kurses als volle Studenten erlangen wollen, müssen selbstverständlich alle vorgeschriebenen Prüfungen ablegen und den Bestimmungen, die ein volles Studium definieren, genügen.

Die anderen Studenten können wählen, ob sie die Prüfungen ablegen wollen oder nicht. Es wird keinen Zwang in Bezug auf die Übertrittsprüfungen geben.

Trotz dieses Unterschieds werden alle Studenten in Lehrangelegenheiten gleich behandelt. "]].

 

 

Nach so vielen Jahren habe ich das endlich durchgesetzt! Somit wurde den Studenten gesagt: "Die Entscheidung liegt bei euch; wenn ihr Prüfungen ablegen wollt, dann könnt ihr sie haben; wenn ihr aber keine Notwendigkeit dafür fühlt und gut vorankommt, braucht ihr sie nicht abzulegen und rückt genauso in die höheren Klassen auf." K mit seinem einfachen Herz dachte, alle Kinder hätten Sri Aurobindos Lehre verstanden und würden eine gesunde Verachtung für Prüfungen und die alten Wege spüren. Also erwartete er, dass seine Schüler ihm sagen würden: "Oh, dann legen wir keine Prüfungen ab..." Doch alle von ihnen, mit einer einzigen Ausnahme, sagten, sie zögen Prüfungen vor, um ein Zeugnis zu erhalten...

Er war sehr enttäuscht und sagte mir: "Wie ist das möglich nach alldem?... Ich war mir so sicher, dass sie verstanden hätten. Obwohl sie Sri Aurobindo studiert haben, hängen sie immer noch an den alten Vorstellungen!" Darauf sagte er mir: "In einem Brief Sri Aurobindos habe ich einen Abschnitt gefunden, der vielleicht eine Erklärung gibt, und ich frage Sie, ob ich acht geben muss." Ich bejahte.

Hier ist der Brief, ich finde ihn sehr gut:

 

Allgemein lässt sich sagen, dass ein Übermaß an Eifer, Leute, besonders sehr junge Leute, in die Sadhana ziehen zu wollen, nicht ratsam ist. Der Sadhak, der zu diesem Yoga stößt, muss sich wirklich berufen fühlen, und sogar mit dem wirklichen Ruf ist der Weg oft schwer genug. Lockt man aber Leute im Geiste einer enthusiastischen Propaganda herbei, so besteht die Gefahr, ein imitatives und unwirkliches Feuer zu entfachen und nicht die wahre Agni, oder aber ein kurzlebiges Feuer, das nicht andauern kann und vom Ansturm vitaler Wellen erstickt wird. Das ist besonders bei jungen Leuten so, die prägsam sind und leicht von Ideen und übermittelten Fremdgefühlen gepackt werden - dann taucht das Vital mit seinem unbefriedigten Verlangen auf, und sie werden zwischen zwei gegensätzlichen Kräften hin und her geworfen oder sehr bald dem starken Sog des gewöhnlichen aktiven Lebens und der Befriedigung ihres Verlangens erliegen, was die natürliche Tendenz der Jugend ist. Oder aber das ungeeignete adhar [Gefäß] riskiert, unter dem Druck eines Rufes zu leiden, für den es nicht oder noch nicht bereit war. Wenn man die wahre Sache in sich selbst trägt, dann geht man hindurch und nimmt den vollen Weg der Sadhana auf sich, aber nur eine Minderheit handelt so. Es ist besser, nur solche Leute aufzunehmen, die aus eigenem Antrieb kommen, und von diesen auch nur jene, deren Ruf wirklich aufrichtig ihr eigener und beständig ist.

Sri Aurobindo
6. Mai 1935

***

(Etwas später)

Am 31. sah ich Y. Sie blieb etwa eine Stunde und sprach über ihre Hoffnungen: Sie sieht die Möglichkeit einer Art weltweiten Fernsehens (ich weiß nicht, ob dies technisch machbar wäre) mit Telefonverbindungen und einem Zentralbüro, in dem höchstqualifizierte Persönlichkeiten alle möglichen Fragen beantworten würden, so dass sich eine universale Ausbildung organisieren ließe (jedenfalls weltweit), bei dem das Wissen und die besten Fähigkeiten aller Länder in künstlerischer, literarischer und wissenschaftlicher Hinsicht in einer Art Sendezentrum gesammelt würden und mit dem man sich nur in Verbindung setzen müsste. Anstatt auf mehr oder weniger unfähige Lehrer angewiesen zu sein, erhielte man die qualifizierteste und beste Antwort auf jede Frage. Somit hätte man weltweit Zugang zur bestmöglichen Ausbildung, und jeder fände genau das, was er sucht; man wäre nicht gezwungen, zahlreiche unnütze Unterrichtsstunden zu besuchen, um das bisschen aufzuschnappen, das man wissen will. Man bekäme es direkt, indem man sich mit dem Zentrum in Verbindung setzen würde: man wählt die entsprechende Nummer und erhält die Antwort.

Wenn sich das verwirklichen ließe, wäre es sehr gut. Auf diese Weise wären die schönsten Kunstwerke, die besten Lehren, all das Beste, was die Menschheit auch in Zukunft hervorbringt, an einem Ort gesammelt und allen, die einen Fernseher haben, zugänglich. Dies in Form von Bildern und der Erklärung oder als Text und Sprache. Eine Art riesiges Zentralgebäude, wo alles gesammelt würde. Dies erschien mir recht verlockend. Ich sagte ihr, wir würden das in Auroville machen (nicht das Zentralbüro: nur eine Empfangsstation). Sie erklärte: Anstelle der Lehrer, die etwas lehren, was sie nicht gut beherrschen, erhielte man für jedes Fach den besten Unterricht... (Ich habe sie nicht gefragt, WER die Auswahl der Leute treffen würde. Das bleibt ein heikler Punkt.) Aber die Idee erschien mir sehr verlockend. Sie meinte, man bewege sich auf das zu.

Ja, aber das ist immer noch eine Art Enzyklopädie.

Ja.

Gewiss sehr interessant, aber die beste Ausbildung wäre eine solche, die einen in Kontakt mit jenem Bereich des Wissens brächte, wo man alle Antworten selber findet.

Ah, das wäre sehr gut!

Ja, das wäre die wahre Ausbildung. Damit bräuchte man die Antwort nicht in einer Superbibliothek zu suchen: man berührt etwas dort oben und erhält alle Antworten.

Das ist aber viel schwerer.

Vielleicht nicht... Als Junge war ich mir völlig bewusst, dass ich von dort oben etwas HERUNTERZIEHEN konnte und dass die Antwort dort oben zu finden war. Kinder wissen dies noch nicht. Wenn man ihnen sagen, ihnen zeigen, verständlich machen könnte, dass das Wissen dort ist, dass man es einfangen kann...

Ja.

Doch man gewöhnt sie im Gegenteil daran, sich auf Bücher zu stützen, eben auf Enzyklopädien. Ich musste zuerst hierher kommen, um die Bedeutung von dem zu verstehen, was ich von dort oben "herunterzog". Das heißt, ich wurde in meiner Kindheit überhaupt nicht dazu ermutigt.

Aber Z hat solche Versuche angestellt. Er erzählte mir von einem Mädchen in der Schule, das überhaupt keine Phantasie hatte: Wenn man ihr eine Frage stellte, konnte sie nur die Dinge wiederholen, die sie gelernt hatte. Wenn man ihr eine Aufgabe stellte, konnte sie diese nie lösen. So war sie also, oben völlig blockiert. Er brachte ihr bei, genau mit dieser intuitiven Zone in Beziehung zu treten, indem er ihr riet, sich ruhig zu verhalten, das Schweigen herzustellen und zu horchen. Nach einer gewissen Zeit erzielte sie so offenbar außerordentliche Ergebnisse - wirklich erstaunliche Antworten, die gewiss aus dem Bereich der Intuition kamen. Und das ist eine konkrete Tatsache, er hat dies in der Schule getan.

Ja, so müsste man vorgehen, das ist viel wichtiger.

Viel wichtiger als eine Maschine.

Ich hörte mir den Vorschlag von Y an und fand, dies sei immerhin besser als die Anstellung unfähiger Lehrer.

Aber es bleibt noch eine Unklarheit (darüber diskutierte ich nicht), und zwar, was die Qualität der Antworten-AUSWAHL betrifft. Geht man hingegen dorthin, zum Ursprung zurück, kann man sicher sein.

Das versuchen sie nun hier in ihren neuen Klassen zu tun: ihnen beizubringen, mit der intuitiven Zone in Kontakt zu treten.

Das ist sicher viel besser.

 

***

 

7. Juni 1967

 

 

Ich habe etwas dem hinzuzufügen, was wir neulich in Bezug auf das Göttliche sagten [[Gespräch vom 24. Mai 1967: Was ist das Göttliche?]]. Jemand fragte mich: "Was ist das Göttliche?"

Es bezieht sich auf einen Text von Sri Aurobindo:

 

Liebe führt uns aus dem Leid der Trennung hinein in die Seligkeit vollkommener Einheit. Dabei verlieren wir jedoch nicht jene Freude an der Einswerdung, jene größte Entdeckung der Seele, für die das Leben im Kosmos eine lange Vorbereitung ist. Zu Gott durch Liebe gelangen heißt also, sich auf die höchstmögliche spirituelle Erfüllung vorzubereiten.

[[Die Synthese des Yoga, Verlag Hinder und Deelmann, S. 559]]

 

Es geht dabei um den letzten Satz, jemand fragte mich: "Was ist das Göttliche?" Somit antwortete ich (ich benutzte das Wort "Gott"):

 

" Das ist der Name, den der Mensch allem gegeben hat, was ihn übersteigt und ihm überlegen ist, alles, was er nicht kennen kann, dem er sich aber unterwirft. "

 

Anstatt zu sagen "ALLES, was ihn übersteigt", könnte man auch nehmen "DAS, was ihn übersteigt", denn in intellektueller Hinsicht ist das Wort "alles" diskutabel. Ich will damit sagen, es gibt ein "Etwas" - ein Etwas, das undefinierbar und unerklärlich ist -, und der Mensch hat immer empfunden, dass dieses Etwas ihm überlegen ist. Es übersteigt alles Verständnis, und es ist ihm überlegen. Die Religionen gaben ihm einen Namen; der Mensch nannte es "Gott"; die Engländer nennen es God; in einer anderen Sprache nennt man es wieder anders, aber das kommt auf dasselbe hinaus.

Ich gebe absichtlich keine Definition. In meinem ganzen Leben hatte ich nämlich den Eindruck, dass Gott ein bloßes Wort ist, und noch dazu ein Wort, in das die Leute viele unerwünschte Dinge legen... Die Idee eines Gottes, der sich für "den einzigen" hält, wie sie sagen: "Gott ist der Eine." Aber sie fühlen und sagen dies, wie Anatole France es ausdrückt (ich glaube es war in Der Aufstand der Engel): Dieser Gott will einzig sein, DER ALLEINIGE. Das machte mich in meiner Kindheit zu einer völligen Atheistin, wenn man so will; ich konnte kein Wesen akzeptieren, das sich für einzig und allmächtig proklamierte, WER AUCH IMMER ES WAR. Selbst wenn er einzig und allmächtig wäre (lachend), hätte er nicht das Recht, dies zu verkünden! So sah es in mir aus. Ich könnte einen einstündigen Vortrag darüber halten, welche Stellung jede einzelne Religion dieser Frage gegenüber einnimmt.

Jedenfalls gab ich die mir am objektivsten scheinende Definition. Und wie neulich bei der Frage "Was ist das Göttliche?" versuchte ich einen Eindruck von der Sache zu geben; hier wollte ich mich gegen die Benutzung eines Wortes wenden, das mir hohl, gefährlich hohl, erscheint.

Ich erinnere mich an einen Vers in Savitri, der sehr kraftvoll ist und all dies in einer Zeile wunderbar ausdrückt. Er sagt: "Die körperlose Namenlosigkeit, die sah, wie Gott GEBOREN WARD..."

 

 

Die körperlose Namenlosigkeit, die sah, wie Gott geboren ward,

und die versucht, aus Seele und Mental des Sterblichen

den Körper zu gewinnen, der nicht stirbt, und einen Gottesnamen.

[[Deutsche Übersetzung von Heinz Kappes, Verlag Hinder und Deelmann, S. 50]]

The bodiless Namelessness that saw God born

and tries to gain from mortal's mind and soul

a deathless body and a divine name.

(Savitri, I.III.40)

 

(Schweigen)

Ich habe dir neulich erzählt, dass ich D vor ihrer Abreise (auf der Suche nach einem tibetanischen Guru) sah. Ich sprach mit ihr über Sri Aurobindo und seine Lehre. Stell dir vor, sie ist bekehrt! Ja, wirklich, sie hat mir noch einen Brief geschrieben, den ich eben erhalten habe (es ist der zweite Brief, den sie mir von dort oben schrieb). Sie schreibt darin, sie habe diesen berühmten tibetanischen Weisen getroffen, mit dem sie diskutieren wollte... Er scheint sich ein wenig über sie lustig gemacht zu haben (das sagte sie mir nicht!), was sie mir aber sagte, war, dass er einen "immer mit den eigenen mentalen Formationen konfrontiert" (er muss ihr gezeigt haben, dass sie sich durch Worte nährt). Sie fügt hinzu: "Aber ich fühle immer deine Liebe bei mir, und alles geht gut." - Nie zuvor! Es ist das erste Mal in ihrem Leben, dass sie mir so etwas sagt.

Das brachte mich auf den Gedanken, das aufzuschreiben, was ich ihr über Sri Aurobindos Lehre gesagt hatte:

 

Um Sri Aurobindos Lehre zu verstehen und ihr folgen zu können, muss man sich über jegliche Möglichkeit eines Widerspruchs erheben können.

 

Das heißt, die Region erreichen, wo keine Widersprüche mehr bestehen. Das stimmt. Wenn man Sri Aurobindos Aussagen zu einem gleichen Thema nimmt, könnte man diametral entgegengesetzte Dinge finden: er sagt etwas, dann sagt er das Gegenteil, und gleich darauf wieder etwas anderes. Um ihn also zu verstehen und sich nicht sagen zu müssen: "Aber warum widerspricht er sich denn immer!" muss man dort hinaufsteigen können - dort oben ist es sehr gut! Dort ist es... sehr interessant.

Vom praktischen Standpunkt aus gesehen ist bemerkenswert, dass in dieser Region, die alle nur möglichen Gegensätze übersteigt, die wahre Quelle der Macht liegt.

Was ich sagen will, man könnte so bei Sri Aurobindo einen Satz finden, in dem er zum Beispiel sagt, dass "Gott" ein sinnloses Wort ist, in das der Mensch alles nur Erdenkliche hineinlegt, und dann eine ähnliche Beschreibung wie jene, die ich für das Göttliche gegeben habe. Für alles ist das so, in allem, was er geschrieben hat.

(Schweigen)

Dann möchte ich dieses Zitat von Sri Aurobindo veröffentlichen:

 

Die vergangenen Traditionen sind großartig an ihrem Platz... in der Vergangenheit, aber ich sehe nicht ein, warum wir sie einfach wiederholen sollten, ohne weiterzuschreiten. In der spirituellen Entwicklung des Bewusstseins auf Erden muss auf eine große Vergangenheit eine noch größere Zukunft folge

14. Januar 1932

***

(Etwas später)

Wollte deine Mutter mit dem Flugzeug kommen?

Mit dem Schiff.

Mein Kind, man kommt nicht mehr an Port Said vorbei: der Suez-Kanal ist geschlossen.

Was wird geschehen?

(Nach einem langen Schweigen)

Wir sind genau in dieser Lage (Geste des Schwebens zwischen zwei Abgründen).

Gestern hätte ich mit großem Nachdruck geantwortet... Ich will dir erzählen, was passiert ist. Wir hatten hier einen Amerikaner zu Besuch, einen sehr netten Burschen, der, bevor er hierher kam, Instrukteur für Fallschirmjäger in der israelischen Armee war. Ich glaube nicht, dass er israelischer Staatsangehöriger ist: ich glaube, er ist Amerikaner... ja, ich bin sicher, ich habe seinen Pass gesehen. Als der Konflikt ausbrach, schrieb er mir einen Brief, in dem er mir dies mitteilte und sich sehr lobend äußerte über den Staat Israel: sie hätten einen ganz bemerkenswerten Sinn für Brüderlichkeit und Zusammenarbeit entwickelt. Das war sein Eindruck von dem Land. Er sagte, wenn ein Krieg ausbrechen sollte, wolle er dorthin zurückkehren, um ihnen beizustehen. Als sie dann anfingen, sich gegenseitig zu bombardieren, beschloss er hinzureisen. Gestern Abend ist er abgereist. Ich sah ihn am Nachmittag, bevor er wegging.

Er ist ein aufrichtiger Mann. Als er hier war, hat Sri Aurobindo... (wie soll ich sagen?) ich hatte den Eindruck, dass sich Sri Aurobindo "konkretisierte". Er ist immer anwesend, aber in gewissen Augenblicken ist es, als ob er sich konkretisierte, als ob... (Mutter macht eine Geste des Sammelns oder Kondensierens), es ist wirklich dieser Eindruck: Er konkretisiert sich und beginnt zu sprechen. Zuerst sagte er: "My blessings are with you" [Meine Segenswünsche sind bei dir], und es lag eine ganze WELT darin.

Der Mann war sehr berührt (ich sagte ihm nicht, dass es Sri Aurobindo war; ich sprach, weißt du, mein Mund formulierte die Worte, aber es war Sri Aurobindo). Dann konzentrierte ich mich, worauf Sri Aurobindo mit großer Kraft sagte:

 

 

Alle Länder leben in der Lüge.

Wenn auch nur ein einziges Land sich mutig auf die Seite der Wahrheit stellte,

könnte die Welt gerettet werden.

All the countries live in falsehood.

If only one country stood courageously for truth,

the world might be saved.

 

(Schweigen)

Gegen Ende des Tages, als ich allein war, begann ich Sri Aurobindo zu fragen, was genau er sagen wollte... Natürlich ist seine Hoffnung, dass das Land, das "would stand for Truth" [sich auf die Seite der Wahrheit stellen würde] Indien sei - im Augenblick ist das undenkbar. Aber... da sich mir das Thema stellte, fragte ich ihn, welche Möglichkeiten er für die Erde in einer harmonischen Zukunft sehe.

Daraufhin sagte er mir sehr einfach und klar: "Eine Föderation aller Nationen und aller Länder, ohne Ausnahme, eine einzige Föderation aller Kontinente: die Föderation aller menschlichen Nationen der Erde." Und eine Gruppe - eine regierende Gruppe -, die aus einem Vertreter aus jedem einzelnen Land bestehen würde, "the most able man" [der fähigste Mann] was die politische und ökonomische Organisation angeht; auf keinen Fall ein anteilmäßiges System, wo das größte Land viele Vertreter und die kleinen nur einen hätten - jedes Land einen. Denn jeder repräsentiert einen Aspekt des Problems. Den Vorsitz würden sie abwechselnd führen.

Es war eine weitsichtige Schau, weniger in Worten denn als Vision wahrgenommen.

So steht es zu diesem Zeitpunkt. Heute... Hast du die heutigen Nachrichten gehört?

Die Araber haben den Suezkanal blockiert und die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten abgebrochen.

Alle moslemischen Länder, auch Algerien usw., haben Weisung erhalten, ihre Beziehungen zu Amerika und England abzubrechen [[und ihre Ölversorgung zu unterbrechen.]]. Ich weiß nicht, ob alle Nachrichten wahr sind, aber es besteht ein allgemeiner Druck von Seiten der westlichen Länder für einen Waffenstillstand - ausgehend von Amerika und beispielsweise England, auch von Russland -, um den Konflikt zu beenden.

Wenn diese Nachricht stimmt (es ist nämlich unglaublich, wie viele Lügen erzählt werden), bedeutet das, dass der Druck einsetzt - der Druck des Bewusstseins. Er hat schon zu wirken begonnen.

Jede individuelle Nation hat ein Recht auf freie und unabhängige Existenz, unter der Bedingung, dass sie sich nicht in die freie und unabhängige Existenz aller anderen Individualitäten einmischt. Ambitionen, Gebietserweiterungen - natürlich alle Kolonien, all das -, muss selbstverständlich außer Betracht fallen. Um sich zu verteidigen, behaupten die Ägypter, die Israelis hätten öffentlich erklärt, ihre Grenze müsse der Nil sein. Ich weiß nicht, ob das stimmt, denn alle lügen. Andererseits haben die Ägypter vor drei Jahren öffentlich erklärt, dass der Staat Israel kein Recht auf Existenz habe und verschwinden müsse.

Vor drei Tagen erklärte Nasser, dass er die Zerstörung Israels anstrebe: von der Landkarte ausradiert.

Ja, genau. Das ist ein offensichtliches Unrecht.

Ich weiß nicht, was die anderen darauf geantwortet haben. Gewiss lebt die ganze Welt in der Lüge, aber etwas muss ein für allemal klar sein: das Recht der individuellen Existenz jeder Nation oder jedes Landes, unter der Bedingung, dass sie nicht in das Recht der anderen eingreifen.

Dies muss die Basis sein.

Sie werden sich zu streiten beginnen: "ABER früher war es soundso; damals gehörte es uns, und zu jener Zeit war..." Die Argumente nehmen kein Ende. Man müsste eine weiterreichende Vision der Dinge haben, die ausgeglichen, gerecht und tief ist, um sagen zu können: "So und so ist es." Andernfalls führt es zu endlosen Diskussionen.

Auf jeden Fall basieren im Augenblick alle diplomatischen Beziehungen auf der Lüge - die gröbste Lüge wird als die einzige Möglichkeit angesehen, sich aus der Affäre zu ziehen. So sehen sie das. Also muss als erstes das Lügen abgeschafft werden.

(Schweigen)

Im neuen indischen Parlament gibt es eine Gruppe, die mit der Position, die Indien eingenommen hat, unzufrieden ist und erklärt hat, dass sie nach dem Ideal und den Anweisungen Sri Aurobindos handeln wolle. Sie fragten bei uns an, ob wir jemanden schicken könnten, um in Delhi Vorträge zu halten... Es ist eine "Gruppe" - natürlich nicht das ganze Parlament.

Das ist zu erwägen.

Die Schwierigkeit ist nur, diesen "Jemand" zu finden, denn es muss ein Mann sein, der Sri Aurobindo gründlich kennt und fähig ist, seine Inspirationen direkt zu empfangen (das ist eine schwierige Bedingung), und gleichzeitig muss er einen sehr starken Charakter haben, mit einer Macht - einer ansteckenden Macht - und einer Kraft, die die trägen Massen aufrütteln kann... so einen Mann suche ich seit Jahren vergeblich.

Einer hätte es tun können - nicht perfekt, ohne einen genügend weiten Geist, um Sri Aurobindo völlig zu verstehen, aber sehr aufrichtig und sehr stark - er wurde in Kaschmir ermordet.

Er wurde umgebracht?

Er kam selbst hierher, als wir eine Konferenz zur Eröffnung der Universität abhalten wollten. Er führte den Vorsitz  [[Es handelt sich um Shyamaprasad Mukherji.]]. Ein recht großer, starker Mann. Ich erinnere mich nicht mehr an seinen Namen. Aber er wurde in Kaschmir ermordet (natürlich nicht offiziell: er "wurde krank").

Er war nicht perfekt, es war ein Notbehelf, aber er hätte es getan. Doch jetzt... vielleicht unter den jungen Leuten, die ich nicht kenne?... Es erfordert eine Macht, verbunden mit dieser Weite des Geistes, um die Inspiration Sri Aurobindos zu verstehen und zu vermitteln. Beides zusammen.

Das ist nicht etwas für morgen: wir brauchen das jetzt, denn die Gefahr ist da.

(Schweigen)

All dies gehört in die "Schachtel" [der Agenda], es kann nicht veröffentlicht werden.

Ich habe selten Ähnliches gefühlt, aber gestern stieg so etwas wie ein Gebet für Israel auf.

Nicht wahr!

Ich versichere dir, ich sagte mir: wirklich, das DARF NICHT geschehen.

So ist es, es war so stark.

(Schweigen)

Aber hast du die Möglichkeit, die Leute in Delhi zu kontaktieren und ihnen aufzutragen, was du willst?

Oh, wenn ich jemanden hinschickte, würden sie ihn empfangen. Es ist diese N.S., ein Regierungsmitglied, sie hat eine ganze Gruppe um sich, eine Partei, die ziemlich stark geworden ist.

Dies ist erst ganz kürzlich passiert, sie baten uns, ihnen jemanden zu schicken. N.S. kennt nur N, und so fragte sie ihn: "Wollen Sie kommen?" N bot mir an zu gehen, aber [[Später wird N.S. Indira Gandhi verraten, so wie N Mutter verraten wird.]]...

Er ist sehr gewandt, aber...

Nein, das ist nicht der Mann. Er macht nicht den Eindruck, rein und aufrichtig zu sein. Er ist kein aufrichtiger Mann.

(Nach einem Schweigen) Er ist immer noch in dem Zustand, wo man den Leuten gefallen will...

Ein Mann wie P?

(Mutter lacht) Aber der will nicht! Er will nichts mit Politik zu tun haben. Ach, auf seinem Gebiet ist er stark. (Mutter lacht) Aber er ist kein Politiker.

(langes Schweigen)

Das Zeichen wahrer Kraft ist es, ABSOLUT ruhig zu werden, von einer unerschütterlichen Ruhe angesichts der Gefahr (bei Gefahr oder angesichts der Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen und zu handeln). Eine unerschütterliche Ruhe, die sich augenblicklich einstellt (unbeugsame Geste wie ein Schwert) reglos - automatisch. Das ist das Zeichen.

Es war sehr interessant... Warst du nicht hier, als der Aschram angegriffen wurde [[Am 11. Februar 1965 (siehe Agenda Bd. 6, Gespräche vom 19. und 24. Februar 1965).]] ?... Das war wirklich sehr interessant.

Weißt du, überall wurden Brände entfacht: hier, da, in der Ecke dort drüben, Geschrei, Steine... An jenem Tag hatte ich eine unvergessliche Erfahrung. Von dem Moment an, als die konkrete Nachricht vom Angriff kam, war es, als ob das Bewusstsein in das universelle physische Bewusstsein gezogen würde (Geste einer Ausdehnung). Alles wurde von dort, von diesem universellen physischen Bewusstsein aus gesehen. So konnte ich in JEDEM sehen, was für eine Reaktion er zeigte. Das war wirklich interessant, oh!...

Alles, was zu vibrieren begann - ich spreche nicht einmal von Angst: wenn die Leute Angst kriegen, ist es natürlich katastrophal -, aber schon die Aufregung, alles, was so zu vibrieren begann, ZOG DIESE DINGE AN (ich sah alles auf einmal), zog die Gefahr an.

Natürlich war mein Körper so (unerschütterliche Geste), das war jedoch nichts, denn für mich... Aber P war so geworden (dieselbe Geste), wie ein bewegungsloses Schwert: ruhig, absolut ruhig... so erkannte ich [wer er war], vorher wusste ich das nicht. Alle anderen... (vibrierende aufgeregte Geste) uff!

Dieses Zimmer hier war das Hauptquartier, die ganze Nacht bis Mitternacht; alle versammelten sich hier. Ich schaute in jeden hinein - in jeden. Von dort oben war es eine absolut klare Schau, unerschütterlich und völlig unpersönlich... Ich sah überallhin, wirklich überall.

Eine Bewegung der Aufregung kam auf, und ein Stein von der Straße schlug gegen das Gitter meines Fensters - ein einziger. Ich wusste warum und wer es war.

Das war ungeheuer interessant.

 

***

 

14. Juni 1967

 

 

(Seit acht Tagen war Mutter "krank", genau zu der Zeit, als sich der Konflikt zwischen Israel und Ägypten abspielte.)

Eine große Schlacht... Ich habe viel gelernt.

Aber es dauert an.

Ich habe Entdeckungen gemacht... Krankheiten, Unfälle, Katastrophen, Kriege, all dies geschieht, weil das materielle menschliche Bewusstsein so klein und beschränkt ist, weil es eine zwanghafte Neigung zum Drama hat. Natürlich steht dahinter das Wesen des Vitals, das sich amüsiert, auch Einflüsse... kurz alles, was das göttliche Werk verzögern und die Dinge erschweren möchte. Alles, was seine Freude daran findet, bestärkt das Drama. Aber der Kern der Schwierigkeit ist diese Kleinheit - diese extreme Beschränktheit des physischen Bewusstseins, des materiellen physischen Bewusstseins, das einen absolut perversen Hang zum Drama hat. Das Drama: die geringste Sache muss ein Drama auslösen. Man hat Zahnweh, es wird zu einem Drama [[Mutters "Krankheit" drückt sich in rasenden Zahnschmerzen und einer Schwellung des ganzen Gesichts aus.]]. Man stößt sich irgendwo, es wird zu einem Drama. Zwei Nationen streiten sich, es wird zu einem Drama - alles wird zum Drama. Der Hang zum Drama. Man hat eine winzig kleine Funktionsstörung, eine winzige Sache, die absolut unbemerkt vorbeigehen sollte, und, ach, es wird zu einer großen Geschichte, zu einem Drama. Der Hang zum Drama. Ich war zutiefst angeekelt.

Alles, alles... es ist wie der Rummel auf einem Marktplatz.

Es war offensichtlich eine heftige Attacke, so heftig, dass ich nach aufmerksamer Beobachtung zu dem Schluss kam, dass sich Leute damit amüsieren, Schwarze Magie zu betreiben... Alles nahm phantastische Ausmaße an. Die gleichen Zähne, die ich schon so lange habe (das heißt, die seit so langer Zeit im selben Zustand waren) und die mir jahrelang keinerlei Schwierigkeiten machten, bildeten sich ein, auch sie müssten ein Drama machen: rasende Zahnschmerzen, Schwellungen - absolut lächerlich! Diese Entdeckung des Dramas war kein bloßer Gedanke, keine Beobachtung, sondern eine akute Erfahrung, so wie man einen Dieb erwischt. Ich ertappte es. Und es treibt sein Spiel universal, auf der ganzen Welt.

Denn ALLES führte zu einem Drama - ein Marktplatzrummel, ein Tumult, all dies, eine Riesensache. Wie die Leute dort drüben, als sie einander bekämpften, dieselbe Geschichte (den Kriegstumult ausdrückende Geste). Wie sie sich aufspielen! Und dann die "Rechte" und "Pflichten" und die "Ehre", ach!... Als es ziemlich schlimm stand (ich war fast unfähig, irgend etwas zu tun [[Fast acht Tage lang konnte Mutter weder essen noch die Sekretäre oder irgend jemanden empfangen.]] ), fragte ich, was dies bedeuten solle (Mutter lacht), und er zeigte mir das Bild. Da verstand ich.

Von dem Augenblick an, wo ich verstand, begann es sich zu beruhigen (die rasenden Zahnschmerzen und der in Palästina wütende Krieg).

Es ist zutiefst lächerlich und schädlich dazu.

Verstehst du, als die Sache gesehen worden war - vollkommen gesehen, gefühlt, gelebt -, hörten sie auch dort langsam auf. Ich kann nicht sagen, dass es dort wieder sehr gut steht, weit entfernt davon, aber zumindest glaube ich, dass das Schlimmste abgewendet werden konnte [[Russische und amerikanische Kriegsschiffe standen sich im Mittelmeer gegenüber.]].

Grotesk.

Es steht etwas besser. Es gibt noch Plänkeleien... "Verräter", "Feinde", ach... Anscheinend sind jetzt Indonesien und Pakistan dabei, etwas auszuhecken... Und ALLES ist so, vom Größten bis zum Kleinsten, vom scheinbar Wichtigsten (jedenfalls das, was die Dinge am meisten durcheinanderbringt) bis zur geringsten physischen Unpässlichkeit: ein winzig kleines Bewusstsein, ein so kleines, beschränktes, enges Bewusstsein, das einen Berg aus einem Maulwurfshügel macht.

Voilà.

(Schweigen)

Das war ja nichts Neues, dasselbe ist schon so viele Male passiert, aber die Erfahrung des physischen Körpers war anders... Vorher war das Bewusstsein aller anderen inneren Wesen aktiv und wog glücklicherweise diese dumme Tendenz auf: sogar das Vital, das vitale Wesen, das große Effekte ebenfalls liebt (vorausgesetzt sie sind groß, weit und machtvoll genug und alles in großem Maßstab, so dass es nicht lächerlich wird), und schließlich der ganze Rest, der mit einem Lächeln über allem steht. Aber diesmal wurde der Körper GANZ AUF SICH SELBST GESTELLT, um zu lernen. Und er hat gelernt.

Auch der Tod ist das Ergebnis des Hangs zum Drama - welch hübsches Drama, puh!

(Schweigen)

Nun ja.

Weil ich nicht mehr essen konnte, konnte ich auch nichts mehr tun... Der Arzt gab mir Proteine zum Schlucken, die nicht verdaut werden müssen, solche, die man direkt ins Blut spritzt. Darauf konnte ich wieder anfangen, etwas zu tun - ohne das konnte ich nicht einmal mehr sprechen...

Es steigerte sich netterweise bis zu dem Tag (ich erinnere mich nicht mehr, an welchem), als ich mit "großem Unwillen" sagte (Mutter nimmt einen dramatischen Tonfall an): "Was ist das für eine Schöpfung, wo man... (ich sprach englisch), wo man leidet, um zu leben, leidet, um zu sterben, immer nur leidet..." (Mutter lacht) Sobald dies ausgesprochen war, genügte es. Und das Bewusstsein sagte: "Es gibt nur ein einziges Heilmittel, und genau dieses lehnt die Welt ab." Ich wurde direkt mit der Tatsache konfrontiert, mit der Nase darauf gestoßen: ach, welch hübsches Drama!

(Schweigen)

Ich fragte mich, ob es vielleicht nur auf der Erde so ist und ob die anderen Planeten und Sonnen nicht in dieser idiotischen Situation sind?... Es wäre interessant, dies in äußerlicher Hinsicht zu wissen. Ich bin mir aber so gut wie sicher, dass beispielsweise der Tod ausschließlich dem irdischen Leben angehört (der Tod, wie wir ihn EMPFINDEN, wie wir ihn verstehen). Obwohl die Tiere daran teilhaben, sind sie nicht der mentalen Entstellung des Menschen unterworfen... Der Hang zum Drama ist ausschließlich menschlich, denn Tiere, die mit den Menschen leben, schnappen diese Krankheit auf, während sie in freier Natur vollkommen davon verschont sind.

(Schweigen)

Am Sonntag sah ich Sujata; ich war nicht gerade in brillanter Verfassung, nicht wahr?

(Sujata:) Nein, Mutter.

Ich konnte nicht mehr sprechen...

So war in etwa die Erfahrung. Oh, sie war... es war viel mehr daran, viel mehr noch.

Während zwei Tagen herrschte das Gefühl, nicht zu wissen, ob man lebendig oder tot ist (aber das trifft nur die Oberfläche), nicht sicher zu sein, was für einen Unterschied es macht... Und dann diese Frage des Körpers: "Aber ihr stellt doch bloß Theorien auf: einer sagt, der Tod sei dies, der andere sagt jenes, der nächste sagt wieder etwas anderes, doch wie ist UNSERE EIGENE Erfahrung?..." Und es war so (Geste, zwischen zwei Welten schwebend).

Der Körper erinnerte sich ganz plötzlich (das war recht interessant; es kam erst gestern oder vorgestern), dass er wieder auferweckt worden war. Er sagte: "Aber damals hast du es doch gewusst; du hast es gewusst, weil du mich ins Leben zurückgeholt hast." [[Bei Théon in Tlemcen, als im Laufe einer Erfahrung das Bindeglied mit dem Körper zerrissen war.]] Dann erinnerte ich mich an das, was ich damals wusste (und das ich deshalb nicht mehr wusste, weil die Erkenntnis sehr unvollständig war - sie war rein äußerlich, und es fehlte die höhere Erkenntnis), ich erinnerte mich an die Erfahrung, und die beiden (die alte und die neue Erkenntnis) vereinigten sich. Ach, sagte ich, sieh an! Wie interessant!

Die Geschichte von der Seele, die "den Körper verlässt", ist nämlich albern. Ich machte ja diese Erfahrung: das Zurücklassen des psychischen Wesens (nicht der Seele, die ist immer völlig unabhängig, und zwar bei allen), des individuellen psychischen Wesens. Als ich 1915 von hier fortging, ließ ich mein psychisches Wesen absichtlich hier zurück. Ich ließ es hier und nahm es nicht mit. Folglich kann der Körper ohne das psychische Wesen leben (er war allerdings ziemlich krank, aber nicht deswegen - das ist wieder dieser Hang zum Drama... ach, ein solcher Hang zum Drama).

Na gut.

So grenzt man das Problem immer mehr ein... Das Austreten des materiellsten vitalen Wesens lässt einen nicht sterben - es versetzt einen in eine Katalepsie, aber es lässt einen nicht sterben. Was lässt einen also sterben?...

Es sind dies zwei Dinge. Eines ist die Abnutzung (diese existierte bereits vor dieser dramatischen menschlichen Existenz). Woher rührt die Abnützung? - Offensichtlich von der Unwissenheit. Von der Unwissenheit und der Unfähigkeit, die Kräfte zu erneuern; so ist das ganze untere Leben: es zersetzt sich, bildet sich neu und zersetzt sich wieder... Aber erst mit der Animalität und dem Beginn der mentalen Funktion kommt (Mutter nimmt einen pathetischen Tonfall an) der "Tod", so wie wir ihn uns vorstellen. Doch dies ist der Zusammenbruch des lebensspendenden vitalen Elements (das, was wir Leben nennen). Dafür gibt es unzählige Gründe, die alle von derselben Sache herrühren. Alles in allem ist es offensichtlich die Unfähigkeit, der Bewegung des Fortschritts zu folgen: das Bedürfnis, alles wieder in den Topf zu werfen, um von vorne anzufangen. Aber für diejenigen, die darüber nachzudenken beginnen, hat dies keine Daseinsberechtigung mehr.

Ein Unfall?... Ein Unfall der materiellen Kombination. Aber was für ein Unfall? Denn das Herz kann ja stillstehen und wieder einsetzen. Es ist eine Frage der Dauer.

Wenn man die Abnutzung, den Zerfall (der vom Unbewussten herrührt, der das Ergebnis des WIDERSTANDS des Unbewussten ist) durch die Aspiration zum Fortschritt und zur Transformation ersetzen kann (nicht in Worten: in der Schwingung selbst)... Diese Erfahrung wurde mir mehrere Male gewährt. Zum Beispiel geht etwas sehr schlecht, irgendein Schmerz, etwas gerät in Unordnung, fängt an, nicht mehr richtig zu funktionieren; wenn die Sichtweise und die im Glauben verankerte Auffassung besteht (der Glaube und die Hingabe an den Höchsten), dass der Höchste es geschehen ließ (wie soll ich es nur ausdrücken? alle Worte bedeuten nichts), dass er die Sache zuließ oder sie wollte oder dass sie deshalb geschieht, weil es Ihm das beste Mittel zur Transformation des Körpers zu sein scheint, um ihn den nötigen Fortschritt machen zu lassen; wenn die Zellen, die in Unordnung geraten oder wie man sagt "krank" sind, das fühlen können... wendet sich alles wunderbar zum Guten, augenblicklich, in fünf, zehn Minuten. Ich hatte konkrete, präzise Beispiele mit allen Details. Das bedeutet sozusagen, "den Kontakt zwischen zwei Extremen herzustellen". Wenn dies zum normalen Leben der diese äußere Form bildenden Elemente werden kann, besteht kein Anlass... nein, dann besteht nicht die geringste Notwendigkeit zu sterben, nicht die geringste. Der Augenblick kommt, wo dies keinen Sinn mehr hat.

Im kleinen Detail, in der kleinen Zelle oder in der schwachen Empfindung (und wenn man zu den Gefühlen kommt, ist dort diese Art keimhafter Gedanke - oh...), da erwischt man den Hang zum Drama. Das erklärt alles.

Der Hang zum Drama, das Bedürfnis nach einer Katastrophe.

Genau dies war schon immer da und drückte auf die Erde, um alle Bedingungen für ein Ende mit Schrecken zu schaffen (Mutter zuckt mit den Schultern).

Und ein einziges Heilmittel: die Ausweitung in einem ewigen Frieden... Die Grenzen sprengen, unermesslich weit werden.

(langes Schweigen)

Vorhin sagtest du, dass dein Körper die Erinnerung an einen anderen Tod habe...

Oh, ja.

Aber du sagtest nicht, welche Erinnerung das war.

Doch, ich habe dir das schon oft erzählt: Es geschah in Tlemcen, als ich mit Théon arbeitete. Ich war auf ganz materielle Weise hinausgetreten, der Körper war im Zustand einer kataleptischen Trance, und dann passierte etwas, und das Bindeglied wurde durchtrennt.

Aber wie war diese Erfahrung?

Die Erfahrung war (lachend), dass es... unmöglich war zurückzukehren!

Aber Théon war da (Théon bekam ganz schön Angst), und wir besaßen ein großes okkultes Wissen, und ich hatte den Willen (Geste eines Drängens, um in den Körper zurückzukehren), auch einen inneren Glauben (aber davon sprach ich nie) und Konzentration. Auch Théon war sehr fähig, er wusste. Er konnte "ziehen". Der Körper war nicht in Mitleidenschaft gezogen, er war nicht verletzt, deshalb war es nicht schwer. Er war in einem guten Zustand, nur der Faden war gerissen, d.h. das, was Leben gibt, war ausgetreten und konnte nicht wiederkehren.

Durch die Wirkung der Kraft und des Willens kehrte ich zurück, weil... Nun, weil ich einfach noch etwas auf der Erde zu tun hatte.

Dies war... 1910, glaube ich.

Man stirbt also nicht, weil die Seele den Körper verlässt?

Ach, das sind nur Worte!

Möglicherweise fasst die Seele einen Entschluss, wenn sie feststellt, dass der Körper entweder unwürdig oder ungeeignet oder unfähig oder nicht willig ist oder... irgend etwas, und die Seele entscheidet, dass der Körper sterben soll und dass sie austritt; aber die Tatsache ihres Austritts tötet den Körper nicht. Es gibt eine Unmenge von Leuten, die keine Seele haben - sie haben zwar eine Seele, aber die Seele befindet sich nicht in ihrem Körper - viele Leute. Und sie leben sehr gut weiter.

Viel schwieriger ist es, ohne das psychische Wesen zu leben. Das psychische Wesen ist die Hülle - eine individualisierte Hülle der ewigen Seele in einem vergänglichen Körper -, es formt sich, individualisiert sich, wird zunehmend individuell bewusst. Wenn es den Körper verlässt, folgt gewöhnlich alles übrige. Aber ich hatte selbst die Erfahrung, eine willentliche Erfahrung, folglich WEISS ich es. Man muss ein besonderes Wissen haben, aber es ist möglich. Das psychische Wesen blieb hier bei Sri Aurobindo, und ich ging mit meinem mentalen, vitalen und physischen Wesen fort. Es war ein etwas... heikler Zustand. Aber da ich einen völlig bewussten Kontakt bewahrte, war es möglich.

Was die Leute "Tod" nennen... Ich sehe viele Leute, die für mich lebende Tote sind (entweder solche, die nicht mit ihrem psychischen Wesen vereinigt sind, oder sogar welche, die keinen Kontakt mit ihrer Seele haben). Aber um das zu erkennen, muss man eine innere Schau haben. Was die Leute "Tod" nennen, d.h. die Zersetzung der Zellen und die Auflösung der Form, ist das Austreten der "vitalen Unterschicht", der materiellsten von allen, die einen in Kontakt mit dem Leben bringt - die vitale Kraft, das Leben. Der Tod, wie ihn die Tiere erleiden, ist so. Gewöhnlich geht diese Schicht weg, wenn der äußere Organismus unfähig ist weiterzuleben: wenn er zweigeteilt oder das Herz entfernt wurde, kurz, wenn ihm etwas äußerst Radikales zustößt. Aber sogar Leute, die einen Unfall hatten und denen viele Teile fehlen, können manchmal noch weiterleben. Und sogar der Stillstand des Herzens bedeutet nicht unbedingt den Tod, denn selbst wenn es stehengeblieben ist, kann es wieder einsetzen. Leute, die ein materielles Wissen besitzen, sagen einem, dass während einiger... ich weiß nicht, ob es einige Sekunden oder einige Minuten sind, das Herz wieder einsetzen kann; danach beginnt die Zersetzung. Mit der Zersetzung ist es natürlich aus.

Es wäre gar nicht falsch zu sagen, dass es sozusagen ABSTUFUNGEN des Todes gibt, Abstufungen sowohl im Leben als auch im Tod: es gibt Wesen, die mehr oder weniger lebendig sind, oder, wenn man es in negativer Form ausdrücken will, die mehr oder weniger tot sind. Und für all jene, die wissen, dass diese materielle Form ein supramentales Licht manifestieren kann, sind Menschen, die das supramentale Licht nicht in sich haben, schon ein wenig tot. So ist es. Es gibt Grade. Gewohnheitsmäßig bezeichnen die Menschen ein rein äußeres Phänomen als "Tod", denn unleugbar ist: der Körper zerfällt.

Als ich aufwuchs, sah ich nicht viele sogenannte Tote, denn in unserer Familie war es nicht üblich, dass Kinder diese sehen durften, und als ich erwachsen war, hatte ich nur sehr wenig Gelegenheiten, aber hier habe ich einige Tote gesehen, und die waren überhaupt nicht alle im gleichen Zustand - ganz und gar nicht.

(Schweigen)

Es gab das Beispiel von Sri Aurobindo. Die Ärzte erklärten: "Er ist tot." - Er war absolut lebendig. Absolut lebendig. Selbst fünf Tage später, als sie ihn ins... Das geschah (wie soll ich sagen?) aufgrund des Drucks der Außenwelt und weil es unmöglich war, ihn zu erhalten. Wir mussten einwilligen. Aber ich kann nicht sagen, dass er tot war. Er war ganz und gar nicht tot, das war völlig offensichtlich. Der Körper begann zwar schon zu... (sehr wenig, aber ein bisschen nach dem fünften Tag), die Haut wurde blasser, aber... (Mutter macht eine strahlende Geste).

Während der ersten drei Tage blieb ich aufrecht neben seinem Bett, und für mich war es völlig sichtbar: das ganze organisierte Bewusstsein, das in seinem Körper war, trat absolut WILLENTLICH aus ihm aus, um in meinen Körper einzutreten. Ich sah dies nicht nur, sondern ich fühlte auch die REIBUNG des Eintretens.

Und die Menschen sagen: "Er ist tot." - Das ist Ignoranz.

(Schweigen)

Die ganze supramentale Macht, die er allmählich herabgezogen und in seinem Körper organisiert hatte, trat METHODISCH in mich ein.

Ich sprach mit niemandem darüber, denn es ging niemanden etwas an. Ich stand dort und... (Geste, den Übergang der Kräfte von Sri Aurobindos in Mutters Körper andeutend).

Die Leute berauschen sich an Worten und schwatzen andauernd - sie wissen nicht einmal, was sie sagen.

Unlängst sah ich zuerst ein, zwei Fotos von jemandem, der mich sehen wollte. Ich sagte: "Der ist tot, das ist ein Toter." Ich spreche nicht von dem, was sich auflöst (natürlich nicht!), dann trat er herein und sprach - er sprach sehr laut und hielt sich für sehr lebendig: er war tot. Folglich...

(Schweigen)

Vor einiger Zeit erzählte ich dir schon einmal, dass die Zellen ständig fragten: "Aber was ist denn der Tod?" Und erst gestern oder vorgestern, als ich durch einen gewissen Zustand ging, war es, als ob das Wissen, das die ganze Zeit von oben kommt, ihnen sagen wollte: "Warum fragt ihr eigentlich? Ihr hattet doch die Erfahrung, ihr wisst, wie es ist." Dem kleinen zentralen Bewusstsein (es gibt ein kleines zentrales Bewusstsein der Zellen [[Das Mental der Zellen.]], das allmählich heranwächst und sich ausbildet) sagte es: "Erinnerst du dich nicht? Du weißt doch, wie es war." Ah, darauf kam die ganze Erinnerung mit allen Einzelheiten zurück - ja, sie wussten es wirklich.

Warum sind wir nur so lächerlich?

Wir halten uns für... wir halten uns für so groß und weise, so... Oh, was für Tugenden wir uns zusprechen! (Mutter lacht) So mutig, so ausdauernd, so... Wir spielen uns das ganze Leben lang eine Komödie vor.

(Schweigen)

In dem Moment herrschte einige Augenblicke lang die Gewissheit einer solchen Einfachheit... (wie soll ich sagen?), die durch ihre Unermesslichkeit allmächtig war.

Auch das sind nur blumige Worte. Eine Komödie im Mental: hübsche Phrasen.

Keine Worte, keine Phrasen, keine wundervollen Gesten, kein Getue...

(Mutter tritt in eine Kontemplation)

Hier ist eine andere Antwort auf die Frage "Was ist das Göttliche?" für Leute, die Definitionen lieben: eine lächelnde und leuchtende Unermesslichkeit.

Und es ist HIER, ja, hier. Es ist HIER.

Ach, sollen wir arbeiten? Wir haben genug geschwatzt!

(Schweigen)

Was mich denken lässt, dass äußere feindliche Willenseinflüsse am Wirken waren, ist, dass die ganze Zeit von überallher so schöne Phrasen kamen - schöne Phrasen, Suggestionen (wirklich dramatische Suggestionen), die eine beachtliche Anzahl von Katastrophen ankündigten. Von überallher (wogende Geste, wie eine Flut), wie lauter auf Distanz gehaltene Schlangen, die kommen, sobald man ihnen die geringste Gelegenheit dazu gibt... Das beweist, dass es da offensichtlich etwas gibt.

Zum Beispiel Suggestionen wie diese: "Ach, jetzt geht es dir gut, du bist kräftig und kannst sprechen... Aber du wirst schon sehen, was passieren wird!" Suggestionen über Suggestionen... Das kann nur von verdorbenen menschlichen Gedanken kommen. Viele Dinge kommen so, eines hässlicher als das andere. Man sieht sie kommen (die gleiche Geste wie eine Flut von Schlangen)... Von den gemeinsten bis zu den gewalttätigsten.

Auch in Bezug auf gewisse Möglichkeiten - Magie und "feindliche" Kräfte - kam eine Vision, die all dies als Teil des großen Spiels sah (Geste von unten), aber... Diese leuchtende und lächelnde Unermesslichkeit... ("Unermesslichkeit" ist nur ein Wort - "Unendlichkeit" ist ein anderes)... etwas absolut Grenzenloses, das einfach so macht (Geste des Herabsteigens), in einer Bewegung der Manifestation, worauf es an einer bestimmten Stelle auf eine Art Bewegung von unten trifft, die Das aufgreift und das daraus macht... was wir sehen. Im höheren Teil des Wesens befindet sich eine Mischung aus entartetem Mental und äußerst machtvollem Vital, und offensichtlich neigt es zur Entstellung; in dem Maße, wie sich Das konkretisiert, wird es zu all diesen menschlichen Reaktionen. Und wenn sich Das der Erde nähert, ja, dann... ach, dann haben wir den schönen Schlamassel, den die Menschen aus der irdischen Atmosphäre gemacht haben. Diese lächelnde, leuchtende, wunderbare Unermesslichkeit, diese lebendige und bewusste Glückseligkeit... Und das wird dann daraus!

Wenn zufälligerweise ein Tropfen davon durchkommt, ohne völlig entstellt zu werden, entsteht ein Wunder.

***

(Am Ende des Gesprächs geht es um Satprems Gesundheit)

...Sag deinen Zellen, sie sollen kein Drama daraus machen, und du wirst sehen! Wenn du ihnen das sagen kannst...

Sie haben keinen bösen Willen: sie sind nur dumm (Mutter lacht), das ist nicht dasselbe!

 

***

 

17. Juni 1967

 

 

Zum Problem Israel wurde ich veranlasst, allerlei Dinge zu schreiben, Antworten auf alle möglichen Fragen (Mutter sucht ihre Notizen)... Habe ich dir das schon gezeigt?

 

Wer der Wahrheit dient, kann sich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen. Wahrheit steht über jeglichem Konflikt und Gegensatz. In der Wahrheit vereinigen sich alle Länder in einer gemeinsamen Anstrengung nach Fortschritt und Verwirklichung.

 

Das ist eine Antwort für jemanden, der mich fragte, welche "Partei" man ergreifen solle.

Und dann dieser Mann, der aus Israel schrieb, dass ihr Erfolg und ihr Sieg alle ihre Hoffnungen weit übersteige. Er schreibt: "Die Menschen scheinen zu materialistisch zu denken, um zu wissen, wo die wahre Ursache liegt." - Er wusste es. Er ist Amerikaner, kein Israeli; vielleicht ist er jüdischer Konfession, ich weiß es nicht, aber er ist Amerikaner von Geburt, und er sagt, er bewundere die Art, wie das Land organisiert sei. Israel sei "ein Wunder an Brüderlichkeit und Sinn für Organisation". Er schreibt mir, um mich zu fragen, ob dies nicht der Beginn einer zukünftigen Verwirklichung sei.

Offensichtlich sind sie sehr aufnahmefähig... Ich habe das sofort gesehen; als man mir sagte, dass die Ägypter und besonders der jetzige Präsident [[Nasser]] beschlossen hätten, die israelische Nation auszuradieren, sah ich unmittelbar, dass es eine sehr starke Reaktion auslöste [[Reaktion in Mutter oder in der universalen Mutter.]] - (lachend) es bewirkte ein unwiderlegbares Resultat!

Dann stellte man mir eine andere Frage:

"Wenn ein Weltkrieg ausbricht, könnte dieser nicht nur den größten Teil der Menschheit ausrotten, sondern wegen der Auswirkungen des nuklearen Niederschlags sogar die Lebensbedingungen für die Überlebenden unmöglich machen. Falls die Möglichkeit eines solchen Krieges noch besteht, wird dies nicht die Ankunft der supramentalen Wahrheit und der Neuen Art auf Erden beeinträchtigen?"

Hier die Antwort:

 

All dies sind mentale Spekulationen, und wenn du dich einmal in den Bereich der mentalen Vorstellungen begibst, nehmen die Probleme und ihre Lösungen kein Ende mehr. Aber all das bringt dich der Wahrheit nicht einen Schritt näher.

Die sicherste und gesündeste Geisteshaltung ist folgende: Uns wurde auf definitive und entschiedene Weise gesagt, dass die supramentale Schöpfung der jetzigen folgen wird. Was auch immer für die Zukunft in Vorbereitung ist, muss daher Teil der für diese Ankunft notwendigen Umstände sein, wie auch immer diese beschaffen sind. Und da wir unfähig sind, genau vorauszusehen, was diese Umstände sind, ist es besser, sich ruhig zu verhalten.

 

Ich wollte dir etwas erzählen. Vor ein paar Tagen sah ich V, der mir erzählte, was er gefühlt und gesehen hatte. Er war zu 95% sicher, dass gegen Ende September oder Oktober ein neuer Konflikt ausbrechen werde, wahrscheinlich von Seiten Pakistans oder Chinas: zwischen Pakistan und Indien oder zwischen China und Indien.

Man ist darauf gefasst.

Er sagte mir, er sei zu 95% sicher.

Man rechnet fest damit. Pakistan hat sich mit China verbündet, und ihre Schiffe umzingeln Indien... Was führen sie im Schild? Ich weiß es nicht.

Aber vor einigen Jahren sagtest du, dass 1967 das Schicksal der gegenwärtigen Zivilisation "entschieden" werde. [[Im März 1963 hatte ein Schüler folgende Frage gestellt: "Mutter, am 30. August 1945 sagten Sie: "Ich kann Ihnen nicht versichern, dass es die Absicht des Göttlichen ist, die gegenwärtige menschliche Zivilisation zu erhalten." Können Sie heute sagen, dass das Göttliche beschlossen hat, die jetzige menschliche Zivilisation zu erhalten?" Mutter antwortete: "Das wird 1967 ENTSCHIEDEN."]] Du gebrauchtest das Wort "entschieden". Nun, man hat den Eindruck, dass noch viele Dinge, viele latente Krankheiten an den Tag treten müssen, wenn die Zukunft wirklich "entschieden" werden soll.

Ja... Ja (Mutter nickt mehrere Male bekräftigend und verharrt schweigend).

Ich erhielt ein Telegramm von D aus Darjeeling [[Darjeeling liegt im Himalaya, an der Grenze zwischen Sikkim und Nepal, nicht weit von China.]], man hat ihr die Aufenthaltsgenehmigung verweigert. Sie wollte weiter hinauf gehen, man verweigerte es ihr. Vor zwei, drei Tagen hatte sie einen Brief geschrieben, in dem sie sagte: "Es wird nur von Spionage gesprochen, die ganze Atmosphäre ist geladen mit Spionage, alle Briefe werden gelesen, alle Leute werden überwacht, und alles ist in einem schrecklichen Zustand." Gestern erhielt ich das Telegramm: jetzt muss sie gehen.

Die Leute sind alle sehr nervös.

 

***

 

21. Juni 1967

 

 

Vor einigen Tagen sagte ich etwas über die Moslems und die Israelis, und F schrieb es auf... Die Aufzeichnung macht auf mich den Eindruck (wie soll ich es ausdrücken)... Jedenfalls ist alles Leben daraus verschwunden: es ist hohl, trocken, wie ein Ballon - nun, es kommt mir vor wie eine Lampe, die nicht brennt. Eine Lampe ohne Licht! (Mutter lacht) Ich gebe es dir trotzdem zum Lesen:

 

Die Moslems und die Israelis repräsentieren die zwei Religionen, in denen der extremste Glaube an Gott herrscht. Nur ist der Glaube der Israelis ein Glaube an einen unpersönlichen Gott, und der Glaube der Moslems ein Glaube an einen persönlichen Gott.

Vielleicht besteht die Feindschaft nur, weil sie Nachbarn sind...

Es muss erwähnt werden, dass dies eine Antwort auf einen Brief von B ist, in dem er mir allerlei Fragen stellte, insbesondere sagte er darin: "Warum? Es sind zwei Nachbarstaaten, warum hassen sie sich so?"

 

Die Verteufelung der Juden ist eine christliche Angelegenheit, sie hat nichts mit den Moslems zu tun.

Die Gewalttätigkeit und Feindschaft... wenn Brüder sich hassen, hassen sie sich viel mehr als andere es tun. Sri Aurobindo sagte:

 

"Hass ist ein Hinweis auf die Möglichkeit einer noch viel größeren Liebe."

 

Die Araber sind leidenschaftliche Menschen. Sie leben fast ausschließlich im Vital, mit seinen Leidenschaften und Wünschen, während die Israelis hauptsächlich im Mental leben, mit einer ganz außergewöhnlichen Macht der Organisation und Realisation. Die Israelis sind Intellektuelle, mit einer außergewöhnlichen Willenskraft. Sie sind nicht sentimental, das heißt, sie lieben keine Schwäche.

Die Moslems sind impulsiv, die Israelis vernünftig.

Dies ist nicht der Konflikt, der die Zukunft unserer Zivilisation entscheiden wird.

[ungefähre Notiz vom 15. Juni 1967]

 

Ja, am Ende seines Briefs sagte er:

 

"Dieser Konflikt, der über die jetzige Zivilisation entscheiden muss..."

[[Die gestellte Frage lautete: "Soll man sich vorstellen, dass diese zwei großen Völker, die sich im Konflikt befinden, symbolische Kräfte repräsentieren, auf den Plan gerufen, um das Schicksal unserer Zivilisation zu entscheiden?"]]

Mein letzter Satz ist die Antwort darauf.

Ja, da wird es sich nicht entscheiden.

Nein.

Aber diese Aufzeichnung ist wie eine Lampe ohne Licht.

Als Pakistan und China Indien angriffen [1965], hatte ich eine sehr klare Intuition, dass der Konflikt - wenn ein solcher stattfinden sollte -, der das Schicksal der Zivilisation entscheiden wird, sich nur in Indien abspielen kann...

Ja.

Denn hier soll der letzte Asura [Dämon] kommen, um zu sterben. Es wird sich nicht anderswo abspielen.

[[Siehe Satprems Artikel im Addendum.]]

(Mutter verharrt schweigend)

***

(Einen Monat später schickte ein Schüler Mutter den folgenden Brief, dieselbe Frage betreffend:)

...Jetzt arbeitet die supramentale Kraft direkt. Ihre sofortige Wirkung auf die Welt der Selbstsucht, des Streits und der Disharmonie ist nicht ermutigend. Überall sehen wir Zusammenstöße; in der Welt geht alles nach wie vor seinen alten Gang, vielleicht sogar schlimmer. Wir erinnern uns an die alte Legende, dass das erste, was durch das Aufwühlen des Ozeans des Lebens nach oben gespült wurde, Gift war. Der Nektar kam zuletzt [[Ramayana und Mahabharata.]]. Was sich jetzt abspielt, scheint ähnlich zu sein. Indien verfolgt den gleichen alten Kurs, indem es Pakistan, den Moslems und den Russen zu gefallen sucht.

Ein Satz von Mutters Antwort in Verbindung mit dem israelisch-arabischen Krieg erscheint mir sehr beunruhigend: "Dies ist nicht der Konflikt, der über die Zukunft unserer Zivilisation entscheiden wird." Bedeutet das, dass es einen anderen, größeren Konflikt geben wird, der zur Zerstörung der gegenwärtigen Zivilisation führt, wenn auch die Welt gerettet werden wird? Oder bedeutet es, dass es überhaupt keinen Krieg geben wird und das Schicksal unserer Zivilisation durch eine natürliche Evolution des Bewusstseins entschieden werden wird? Aber diese letzte Hypothese scheint recht unwahrscheinlich, es sei denn, dass die vollständige Transformation von Mutters Körper eine solch ungeheure allgemeine Wirkung hervorbringt, dass jede Disharmonie unmöglich sein wird.

(19. Juli 1967)

(Mutter antwortete folgendes:)

 

Es scheint offensichtlich, dass die Notwendigkeit eines erneuten Weltkriegs nicht mehr bestehen würde, wenn die unternommene Transformation zur Gänze vollzogen werden könnte.

Aber die Zukunft wird uns absichtlich - im Interesse unserer Arbeit - nicht offenbart. Deine Frage kann daher nicht beantwortet werden. Für jeden ist es also das Klügste, sich so weit wie möglich der Kraft zu öffnen, die zur Manifestation drängt, aufrichtig eine brennende Aspiration und einen unerschütterlichen Glauben zu bewahren... und geduldig das Ergebnis abzuwarten.

(27. Juli 1967)

***

Addendum

(Hier sei, trotz seiner unangebrachten oder etwas gewagten Voraussagen, ein Text angeführt, den Satprem am 24. Juni 1967 schrieb, denn vielleicht trägt er doch ein Körnchen Wahrheit in sich, das die Zeit an den Tag bringen wird, besonders da er offensichtlich von Mutters Vision beeinflusst war. Dies sei also nicht als Voraussage sondern als Denkanstoß gemeint.)

Das Ende des Asuras

Wenn, wie Sri Aurobindo es verkündete, die supramentale Kraft 1967 in eine Phase der Verwirklichung treten soll, und wenn, wie Mutter sagte, sich das Schicksal der jetzigen Zivilisation 1967 entscheiden wird, ist es offensichtlich, dass zahlreiche verborgene Krankheiten der Erde ans volle Tageslicht treten und sich irgendwo festsetzen müssen, so wie ein Abszess die Krankheit des Körpers, unseres irdischen Körpers, an einen Ort bindet.

Es gibt keine "Katastrophen". Das Supramental ist eine Kraft der Ordnung und Harmonie. Was uns am Anfang wie eine Katastrophe erscheinen mag, wird deshalb letztlich die Dinge an ihren Platz rücken und auf alle Arten und in allen Details dazu beitragen, die Erde in Ordnung zu bringen.

September, Oktober sind häufig Monate von Kriegen.

Das gesamte Geschehen entscheidet sich, symbolisch betrachtet, an einem einzigen Ort auf der Welt: in Indien. Demzufolge wird sich die Krankheit der Erde dort fixieren. Es gehört zur Ordnung der Dinge, dass der letzte Asura zu Füßen der Mutter sterben wird.

Aber Indien, das die Kräfte der Wahrheit inkarnieren sollte, ist der gleichen Lüge zum Opfer gefallen wie der Rest der Erde. Der Asura ist auch in Indien, und dort vielleicht noch gefährlicher, weil er sich unter dem Schleier einer falschen Wahrheit maskiert.

Der erwartete Konflikt wird demnach zuerst Ordnung in das Haus der Mutter bringen müssen, so wie er die anderen Häuser der Erde in Ordnung bringen wird.

Der Teufel wird sich selbst demaskieren und sich in seiner eigenen Falle verfangen.

Die Lüge Indiens wird notwendigerweise ähnliche Lügen anziehen: die von China und die von Pakistan. Schon bereiten die kommunistischen Unruhen an den Grenzen Bengalens der chinesischen Aggression den Weg, und die Lüge von Taschkent ließ in Kaschmir eine offene Wunde zurück. Hier wird Indien den Gnadenstoß erhalten, der seine lügenhafte Regierung stürzen und einer Militärregierung Platz machen wird, die eine andere, wahrere Regierung vorbereiten soll. Hier wird China einen Schlag erhalten, der es von seinem maoistischen Asura befreien wird, während gleichzeitig Russland und Amerika angesichts der gemeinsamen Gefahr zusammenrücken werden. Hier wird Vietnam seine beiden lügnerischen Kreaturen des Nordens und Südens verlieren, und hier wird es Ordnung in sein eigenes Haus bringen. Hier wird Pakistan in die eigene Falle laufen, indem es sich mit China verbündet, und hier wird es seine Rechte über Bengalen und den östlichen Teil Indiens [[Bangladesch wird vier Jahre später, im Dezember 1971, entstehen.]] verlieren. So wird Pakistan, auf seine westlichen Gebiete reduziert, die wirtschaftlich nicht autark sind, gezwungen sein, ein Bündnis mit Indien einzugehen und zu verstehen, dass seine Bestimmung untrennbar mit der Indiens verknüpft ist. Hier wird ein reiferes Russland und ein reiferes Amerika und eine verängstigte Erde sich dessen bewusst werden, dass auch sie Teil eines Bündnisses aller Länder der Erde werden müssen und dass die Bestimmung eines Landes untrennbar mit jener aller anderen Länder verknüpft ist.

Und Ordnung wird in das Haus einkehren. Dann wird sich der Mensch auf ein weit größeres Abenteuer vorbereiten können.

Letztlich begeht jeder die Fehler, die der Wahrheit zu ihrem größten Triumph verhelfen.

Satprem
24. Juni 1967

 

***

 

24. Juni 1967

 

 

Viel zu sagen, aber... Es ist besser, erst ans Ziel zu gelangen. Es folgt einer Entwicklungskurve, und es ist besser, diese zuerst abzuschreiten. Es ist zu früh, um etwas zu sagen.

(Nach einem Schweigen) Fast alle Körperbewegungen sind gewohnheitsmäßige Bewegungen. Dahinter steht das Bewusstsein des physischen Mentals (ich nenne es das "Mental der Zellen"), das sich ständig der göttlichen Gegenwart bewusst ist und sehr darauf bedacht ist, nichts als Das zuzulassen. Also ist eine große Arbeit im Gang, um den Ursprung der Bewegungen zu verrücken. Ich will damit sagen, statt eines gewohnheitsmäßigen Automatismus soll künftig das Bewusstsein und die göttliche Gegenwart die Bewegungen ausführen (Mutter macht eine Geste, wie um das Bewusstsein in den Körper einströmen zu lassen).

Aber es lässt sich gar nicht ausdrücken. Sobald man es nämlich versucht, wird es mental und ist nicht mehr Das. Deshalb kann ich nicht darüber sprechen.

Aber habe ich dir nicht erst kürzlich von dieser Gewohnheit und dem Hang zum Drama im materiellsten Bewusstsein erzählt [[Gespräch vom 14. Juni 1967.]]? Das war der Ausgangspunkt. Sobald das bewusst geworden war, wurde diese Gewohnheit dem wahren Bewusstsein sozusagen fremd, und jetzt ist die Umstellung im Gang.

Eine sehr heikle und schwierige Arbeit.

Nicht wahr, es bedeutet, gegen eine jahrtausendealte Gewohnheit zu kämpfen. Dieser Automatismus des materiellen Bewusstseins ist, ich möchte sagen, dramatisch, fast katastrophal; und zuweilen spielt er dramatisch mit der Vorstellung, dem Drama ein Ende zu bereiten, um endlich Ruhe zu haben. Aber all dies wird viel zu konkret, sobald man es ausdrückt. Es ist besser, nicht darüber zu sprechen.

Sobald man es ausspricht, wird es künstlich.

Um diese Gewohnheit zu ersetzen, bestand gleichsam eine Art Bemühung, eine andere (!) Gewohnheit zu schaffen, die wiederum nur eine Annäherung ist. Dieser Bewusstseinszustand, diese Seinsweise, diese Art zu leben, zu reagieren und sich auszudrücken - führt das zur göttlichen Manifestation? Steht das im Einklang mit der angestrebten göttlichen Manifestation?... Das Denken ist schweigend, unbewegt, die Vorstellungskraft arbeitet also nicht (all dies absichtlich), und die Bewegung versucht, sich so aufrichtig und spontan wie möglich unter den Einfluss der göttlichen Gegenwart zu stellen... Worte deformieren alles.

Von Zeit zu Zeit kommt ganz plötzlich eine konkrete Erfahrung, wie ein Blitz: die Erfahrung der Gegenwart, der Identifikation. Aber das dauert... einige Sekunden, und dann fängt alles wieder von vorn an.

Das lässt sich nicht ausdrücken.

***

(Dann wendet Mutter sich der Übersetzung zweier Texte von Sri Aurobindo zu, die sie veröffentlichen will.)

 

Das große Geheimnis der Sadhana liegt darin, die Dinge durch die dahinter- oder darüberstehende Macht geschehen lassen zu können, anstatt alles durch eine Anstrengung des Mentals zu bewerkstelligen.

 

Genauso ist es.

Und dann:

 

Die Bedeutung des Körpers ist offensichtlich: Nur weil er einen Körper und ein Gehirn entwickelt oder empfangen hat, fähig eine wachsende mentale Erleuchtung zu empfangen und sich ihrer zu bedienen, war es dem Menschen möglich, sich über das Tier zu erheben. Gleichermaßen kann der Mensch sich nur über sich selbst erheben, indem er einen Körper oder zumindest eine Funktionsweise seines physischen Instruments entwickelt, die ihn befähigt, eine noch höhere Erleuchtung zu empfangen und sich ihrer zu bedienen, um eine vollkommene göttliche Menschheit, nicht nur in Gedanken und in seinem inneren Wesen, sondern auch im Leben zu verwirklichen. Sonst ist entweder die Verheißung des Lebens widerrufen, seine Bedeutung vernichtet, und das irdische Wesen kann sat-chit-ananda  [das ewige Prinzip: Sein-Bewusstsein-Wonne] nur verwirklichen, indem es sich selbst vernichtet, indem es Mental, Leben und Körper von sich abwirft und ins rein Unendliche zurückkehrt, oder aber der Mensch ist nicht das göttliche Instrument, und die bewusste fortschreitende Kraft, die ihn von allen anderen irdischen Lebewesen unterscheidet, unterliegt einer vorbestimmten Grenze; und genauso wie er jene an der Spitze der Evolution abgelöst hat, muss ihn dann vielleicht ein anderes Wesen ersetzen und sein Erbe weiterführen.

(The Life Divine, XVIII.231 [[S.a. Das göttliche Leben, Übers. v. H. Kappes, Verlag Hinder + Deelmann, S. 264.]] )

 

Ich verstehe! Schon die ganze Zeit hat mich das beschäftigt.

(Schweigen)

Aber Sri Aurobindos Folgerung ist, dass sich dies [der Körper] nicht ändern kann: es wird ein neues Wesen sein.

Nein! Er sagt, "falls" er es nicht kann, wird es ein neues Wesen sein.

Nein, ich meine nicht in diesem Text, sondern in seinen späteren Schriften.

?...

Übrigens kommt es auf dasselbe hinaus, denn... kann sich ein Körper verändern? Das scheint wirklich noch sehr schwierig - obwohl es nicht unmöglich ist. Es ist nicht unmöglich, aber... es bedeutet eine so ungeheure Arbeit, dass das Leben zu kurz ist; selbst da muss sich etwas ändern, diese Gewohnheit der Abnutzung ist eine schreckliche Sache.

Ja, aber woher soll denn ein "neues Wesen" kommen? Es wird wohl nicht vom Himmel fallen?

Aber nein, das ist es ja gerade! Je mehr man darüber nachdenkt... Es wird nicht so geschehen (Mutter lacht), es wird offensichtlich auf eine ähnliche Weise kommen, wie der Mensch sich aus dem Tier entwickelt hat. Aber die Stufen zwischen Tier und Mensch sind uns nicht bekannt - wir machen uns Gedanken und Vorstellungen darüber, man fand gewisse Dinge heraus, aber schließlich waren wir nicht dabei. Wir wissen nicht, wie es geschah. Doch das spielt keine Rolle... Einige Leute vertreten die Auffassung, man könne mit der inneren Transformation bewusst beginnen, indem man ein Kind speziell formt. Das ist durchaus möglich. Dann wiederum muss wohl dieses ein weiteres, noch stärker transformiertes Wesen heranbilden, und so weiter - mehrere solche Stufen, die wie die Zwischenstufen zwischen Affe und Mensch aufeinander folgen.

Nun ja, das ist die ganze Geschichte der menschlichen Vervollkommnung.

Wir können es nennen, wie wir wollen, nicht wahr? Aber ein NEUES WESEN... Wir stellen uns ein neues Wesen vor, das fix und fertig herabkommt... Das ist eher romanhaft.

Das sagt Sri Aurobindo auch. Wir müssen es entwickeln.

Nach zwei oder drei Zwischenwesen - oder vielleicht vier, zehn oder zwanzig, ich weiß es nicht - könnte die neue supramentale Schöpfungsart entstehen... Aber wird es dann noch nötig sein, Kinder zu bekommen? Vielleicht erübrigt sich dadurch diese Notwendigkeit der Fortpflanzung, nur um jene zu ersetzen, die gehen, weil sie dann auf unbegrenzte Zeit weiterexistieren. Sie werden sich selbst ausreichend transformieren, um sich an die neuen Bedürfnisse anzupassen.

Das ist auf lange Sicht sehr gut vorstellbar.

Ja, auf lange Sicht.

Ja, aber ihr seid eben dazu da, damit es sich in kürzerer Frist ereignet!

Nein, Sri Aurobindo sah dafür keinen kurzen Zeitraum voraus.

Auf jeden Fall wirst du selbst es tun. Kurzfristig oder langfristig musst du es tun, in diesem Leben und in diesem Körper.

Aber ich sehe...

Ich versuche ja, es zu tun - nicht weil ich es mir in den Kopf gesetzt habe, überhaupt nicht, aber da gibt es "etwas" oder jemanden oder ein Bewusstsein oder irgend etwas (ich will nicht darüber sprechen), das sich dessen bedient (Mutters Körpers) und versucht, etwas daraus zu machen. Ich tue sozusagen etwas und bin gleichzeitig dessen Zeuge, und dieses "Ich", ich weiß nicht, wo es ist: es ist nicht drinnen, es ist nicht dort oben, es ist nicht... Ich weiß nicht, wo es ist, es bleibt nur als sprachlicher Notbehelf. Es gibt "etwas", das handelt und das gleichzeitig Zeuge der Sache ist, und auch der Aktion, die ausgeführt wird: alle drei zusammen.

Denn der Körper selbst arbeitet mit, so gut er nur kann, mit gutem Willen und einer wachsenden Ausdauer, während der Rückbezug auf sich selbst auf ein Minimum reduziert ist (er besteht noch, berührt ihn noch hin und wieder leicht, bleibt aber nicht einmal für einige Sekunden). Der Rückbezug auf sich selbst bewirkt eine absolut scheußliche, abstoßende und katastrophale Atmosphäre - so ist das, so wird es EMPFUNDEN. Es wird immer unmöglicher, ich sehe es, es ist sichtbar... Aber es bleibt noch das ganze Gewicht von Jahrtausenden schlechter Gewohnheiten, die man als pessimistisch bezeichnen könnte, das heißt, sie erwarten den Verfall, sie erwarten die Katastrophe, sie erwarten... ach, alle diese Dinge, und gerade das ist am schwierigsten zu reinigen, zu klären, aus der Atmosphäre zu beseitigen, uff! Es steckt so sehr DARINNEN, dass es völlig spontan passiert. Dies ist das große, große Hindernis, dieses Gefühl des unvermeidlichen Verfalls.

Natürlich ist in mentaler Hinsicht die ganze irdische Atmosphäre so, aber im Mental ist es von sehr geringer Bedeutung: ein Lichtstrahl, und es ist weggefegt. Aber DORT DRINNEN steckt es (auf ihren Körper zeigend). Es ist diese Gewohnheit - diese katastrophale Gewohnheit -, der zu widersprechen schrecklich ist, schrecklich. Es ist UNERLÄSSLICH, dass sie verschwindet, damit die andere sich einstellen kann.

Also ist es ein Kampf in jeder einzelnen Minute, andauernd, andauernd.

Das Wesen ist ja nicht isoliert, der Körper ist nicht isoliert: er ist mehr oder weniger eine ganze Menschenmenge, mit verschiedenen Graden der Nähe; aber all jene, die hier sind, sind sehr nah, und es ist das gleiche Problem - das gleiche Problem. Denn was im Bewusstsein dieses Wesens erreicht wird, ist noch lange nicht im Bewusstsein der anderen erreicht. Das vermehrt die Arbeit.

Das Problem der mentalen und selbst der vitalen Ansteckung ist mehr oder weniger gelöst, aber das Problem der materiellen Ansteckung bleibt bestehen.

In diesem materiellen Bewusstsein gibt es das materielle Mental, das hier auf so wunderbare Weise geantwortet hat (in Mutter), aber es hat noch keine Macht, sich spontan gegen das von außen Kommende zu behaupten, diese ständige, ständige, Ansteckung in jeder Minute.

(langes Schweigen)

Wenn ganz plötzlich der Kontakt bewusst da ist und die Wahrnehmung der Identität sich einstellt (für einige Sekunden, wie ich eben sagte), wenn das eintritt... ist es wie ein Hosianna in allen Zellen, die sagen: "Oh, also ist es wahr! Es ist also wirklich wahr!..."

Und das ist allmächtig.

Es kommt vielleicht hundertmal am Tag, aber es bleibt nicht.

 

***

 

28. Juni 1967

 

 

(Eine italienische Schülerin betreffend, die gerade eingetroffen ist)

...Die Familie wollte das Kind taufen, und sie begannen sich zu streiten (denn ich sagte: "Wir wollen keine Taufen"), da schrieben sie mir verzweifelt mit den Worten: "Wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen, denn die ganze Familie ist gegen uns, und sie suchen ständig Streit." Da antwortete ich: "Wenn Ihr wirklich die Freiheit sucht, dann kommt und bringt das Kind in Auroville zur Welt!..." Oh, sie waren begeistert und sind sofort hergereist.

Hier das Register (Mutter weist lachend auf das Heft, in das sie vor ein paar Tagen die erste Geburt in Auroville eintrug).

 

***

 

30. Juni 1967

 

 

(Die Rede ist von einem indischen Schüler aus Südafrika, der seit einigen Monaten in einem syrischen Gefängnis eingesperrt ist unter dem Vorwand, dass er Falschgeld bei sich getragen habe.)

...Keine Regierung steht ihnen bei, um sie zu schützen. Vor der Unabhängigkeit Indiens besaßen sie einen britischen Pass, und jetzt erkennt sie die südafrikanische Regierung nicht an, die indische Regierung kümmert sich nicht um sie, und sie sind weder Fisch noch Vogel, niemand beschützt sie. Das ist recht eigenartig.

Einige hier [im Aschram] haben noch einen englischen Pass, und sie wissen nicht, was sie tun sollen. Sie sind weder das eine noch das andere, sie sind gar nichts!

Zu den Netten sage ich: "Das macht nichts, ihr werdet ja Aurovillianer." Das löst alles. Denn das Prinzip wurde von der UNESCO anerkannt: Jeder wird Aurovillianer, keine getrennten Nationalitäten mehr. Das ist also kein Problem.

Eine interessante Idee.

Ich warne nur bei der Aufnahme von Leuten, denn... (Mutter lacht) es könnte als Zufluchtsort für Halunken angesehen werden, die von Zuhause weggeschickt wurden!... Solange ich die Kontrolle der Neuaufnahmen übernehme, geht es gut, aber nachher?...

Welches Land begann als eine Kolonie von Räubern?... (lachend) Es gibt so ein Land irgendwo auf der Welt, das mit einer Kolonie begann, ich erinnere mich nicht mehr, welches [[Vielleicht Australien?]].

***

(Etwas später)

Jetzt kommt mir in den Sinn, heute morgen um halb fünf, als ich aufstand, dachte ich: "Halt, das ist was für Satprem." Jetzt ist alles wieder weg.

(Mutter versinkt in eine lange Meditation, die fast während der ganzen Unterhaltung andauert)

Es könnte ewig so weitergehen...

Aber jetzt erinnere ich mich wieder an diese Sache von heute morgen, es ging um die Gesundheit und das physische Gleichgewicht, denn es war wie eine Antwort auf eine Art Anruf (oder Gebet oder Aspiration, nun, wie du willst), der gestern Abend von mir ausging, und es war, als ob mir in der Nacht der Mechanismus gezeigt worden wäre, um die Harmonie der Körperfunktionen wiederherzustellen.

Ich konzentrierte mich ganz speziell deinetwegen, was heute morgen immer noch andauerte... Jetzt erinnere ich mich wieder.

Diese Dinge lassen sich noch nicht erklären. Es ist noch nicht erklärlich.

Aber gerade jetzt kam es wieder, wie eine Demonstration... Wie könnte man es nennen? Eine Art Seinsweise der Zellen und ihre Beziehung untereinander, unter... (wie soll ich sagen?) der Leitung des höchsten Bewusstseins. Und der Unterschied der Abläufe. Wie das innere Gleichgewicht hergestellt werden kann.

Es lässt sich nicht erklären.

Dies war das Thema (in der letzten Nacht und während der ganzen Meditation). Es erscheint wie eine fast endlose Arbeit.

Ich erinnere mich, heute morgen wurde mir fast eine ganze Stunde lang durch meinen eigenen Körper demonstriert, wie es zu tun ist. Eine Demonstration. Aber es lässt sich nicht erklären. Und eben hat es wieder eingesetzt, aber statt sich allein auf mich zu beziehen, war es eine Demonstration, die ich kollektiv nennen könnte (Geste zwischen Mutter und Satprem), aber es ging besonders um dich.

Es ist eine Art, die Dinge in Ordnung zu bringen, eine bestimmte sehr subtile Art - nicht leicht auszudrücken.

Voilà.

Man sieht, dass es eine unendliche Arbeit ist. Die Arbeit als Ganzes geht relativ schnell, aber im Detail, für jede Sache, ist es fast endlos.

Und dann... (lachend) hat man auch keine Lust, darüber zu sprechen.

Ich hoffe jedenfalls, dass es eine Wirkung auf dich hat.

Während du meditiertest, hatte ich das Gefühl einer außerordentlichen Harmonie.

Ach!

Eine Art Plastizität - Sanftheit, Plastizität, Harmonie.

Ja, so ist es, so war es.

Dann ist es gut, es beweist, dass du aufnahmefähig bist.

Aber sobald man es zu erklären versucht, stellt sich eine Art Künstlichkeit ein, und es ist nicht mehr das.

So war es, oh, während... (heute morgen, im Detail) während mehr als einer Stunde... (wie soll ich sagen?) das Ersetzen einer Art Schwingung durch eine andere. Und als Ganzes etwas... einfach Harmonisches, eine große Einfachheit, eine große Harmonie.

Gut.

***

 

 

Ruhm Dir, Herr, o höchster Triumphator,

Lass nichts in uns ein Hindernis für Dein Werk sein,

Mach, dass alles in uns bereit sei für Deine Manifestation.

8. Juli 1967

 

 

(Mutter schickt sich an, unzählige Notizen einzuordnen und hält bei dieser inne:)

 

 

Die indische Regierung muss eines wissen: Will sie für die Zukunft leben, oder will sie sich verzweifelt an die Vergangenheit klammern?

20. Juni 1967

 

 

Das war, als dieser Mann im Auftrag der Regierung hierher kam, er sah sich alles an und sollte einen Bericht darüber schreiben. Bevor er wieder ging (ich sah ihn: ein freundlicher Mann), sagte er: "Was soll ich ihnen nur berichten? Wie kann ich sie überzeugen? Ich habe keine Ahnung." Da sagte ich ihm: "Nun, es gibt nur eine Frage: Wollen sie für die Zukunft arbeiten oder wollen sie... an der Vergangenheit kleben?" Er hat es mitgenommen. (Mutter lacht) Er wird es dem versammeltem Parlament vorlesen!

***

(Eine andere kleine Notiz:)

 

Da der Ursprung dieser Aussagen nicht mental ist, kann ich auch keine mentalen Erklärungen darüber abgeben.

Ja, auch dies... Man stellt mir Fragen - nicht ich antworte, sondern Sri Aurobindo -, und nachher fragt man mich (besonders K, das ist seine Spezialität): "In Ihrer Botschaft haben Sie das und das gesagt, bedeutet es dies oder jenes?" Oh...

Diesmal habe ich geantwortet.

***

(Mutter setzt ihre Ordnungsarbeit fort)

Vorher zerriss ich sie und warf sie in den Papierkorb, dann merkte ich, dass die Leute die zerrissenen Papiere sammelten und sich alle Mühe gaben, um sie wieder zusammenzusetzen!...

Wenn ich etwas wirklich loswerden will, verbrenne ich es selbst... Ich habe viele Dinge verbrannt.

Weißt du, dass ich all diese Hefte verbrannte?... Wie viele Jahre lang? Mindestens vier oder fünf Jahre lang schrieb ich jeden Tag diese Gebete und Meditationen (ich hatte dicke Hefte davon). Dann, als Sri Aurobindo mir vorschlug, ein Buch daraus zu machen, traf ich meine Auswahl (weil ich jeden Tag etwas schrieb, wiederholten sich natürlich manche Dinge); ich wählte und suchte all das heraus, was er wollte (ich behielt einige, die ich ausschnitt und verteilte), und der Rest... Dies war vor langer, langer Zeit, als ich noch dort drüben wohnte [[In der Rue François Martin.]]. Die letzten Male schrieb ich nach meiner Rückkehr aus Japan, im Jahre 1920. Danach hörte ich auf. Sri Aurobindo sah dies zufällig und meinte, es solle veröffentlicht werden. Ich sagte gut, traf eine Auswahl, und was sollte ich mit dem ganzen Rest anfangen? Da verbrannte ich es.

Oh, dafür bekam ich etwas zu hören!...

Ich sagte: "So müsst ihr mit eurer Vergangenheit umgehen: Verbrennt sie mit dem Feuer eurer Aspiration." Sonst ist man immer verhaftet, ein Sklave von allem, mit Zentnergewichten an den Füßen.

Aber stell dir vor, nachher musste ich feststellen, dass man die Papierschnitzel aufhob, wenn ich sie nicht selber verbrannte! Auf manchen Zetteln vermerkte ich: "Zu vernichten, falls ich meinen Körper verlassen sollte", oder: "Vernichten ohne Anschauen", und ich merkte, dass ich niemandem vertrauen konnte. Da vernichtete ich es selbst.

Selbst wenn ich Rechnungen schreibe, bittet man mich um die Zettel. Ich gab sie paketweise an Champaklal, der sie aufhebt. Sri Aurobindo verbrannte coils [[Coils: Rauchspiralen, die langsam abbrennen und dabei einen parfümierten Rauch abgeben.]] in seinem Zimmer, gegen Moskitos: Champaklal hob die ganze Asche von diesen coils auf! Er hat einen so großen Topf davon: die ganze Asche! Auch Streichholzenden. Er bewahrte alles auf, ordnete, organisierte und etikettierte es, alles...

Ich weiß also aus Erfahrung, was sie damit tun... (lachend) ich treffe meine Vorkehrungen!

 

***

 

12. Juli 1967

 

 

(Mutter bat Satprem, eine Aufnahme europäischer Musik anzuhören.)

Dieser kreischende Sopran war ganz einfach abscheulich. Selbst Schuberts Musik und Haydns Trio schienen mir künstlich.

Ich kann keine Musik mehr hören.

Gelegentlich sind zwei, drei Töne sehr gut, und der Rest ist mentale Konstruktion. Ich kann keine Musik mehr hören.

Nur Sunils Musik geht noch an. Auch dort gibt es noch "Lückenbüßer", aber nicht allzu viele.

***

Gestern erhielt ich sechsundzwanzig Briefe an einem Tag. Heute wartet schon wieder ein ganzer Stapel. Wie soll ich Zeit finden, darauf zu antworten?... Ich beantworte vier, fünf, sechs Briefe täglich - ich finde, das ist schon recht gut. (Mutter lacht)

***

(Etwas später)

Plötzlich ist es, als ob man für zwei, drei Sekunden den Schlüssel in der Hand hielte. Alles, was man für gewöhnlich ein Wunder nennt, erscheint als die einfachste Sache der Welt: "Aber es ist doch ganz einfach, man muss nur das tun!" Und dann... geht es wieder weg. Wenn es weg ist, sucht und strebt man danach - völlig vergeblich.

Wenn es da ist, ist es so einfach, so natürlich! Und absolut allmächtig.

(Schweigen)

Man könnte eine Welt von Dingen sagen. Aber sie auszusprechen, verdirbt alles.

Etwas scheint jedoch kommen zu wollen, und zwar die Macht zu heilen. Aber gar nicht so, wie man es beschreibt, überhaupt nicht so - es ist nicht dieses Gefühl, zu "heilen", verstehst du? Es bedeutet... (Mutter sucht) die Dinge in Ordnung zu bringen. Aber das ist es auch nicht. Es ist ein kleines Etwas, das verschwindet, und dieses kleine Etwas ist... im wesentlichen die Lüge.

Sehr eigenartig.

Im Grunde gibt gerade das dem gewöhnlichen menschlichen Bewusstsein das Empfinden der Realität. Genau das muss verschwinden. Was wir "konkret" nennen, "eine konkrete Realität"... ja, das, was einem wirklich das Gefühl der realen Existenz gibt, muss in der Tat verschwinden und ersetzt werden durch .. Es lässt sich nicht ausdrücken.

(Schweigen)

Jetzt kann ich folgen.

Ich erinnere mich an meinen Zustand, als ich zurückkehrte, nachdem ich dieses Bersten WAR, diese Pulsationen, dieser Ausbruch schöpferischer Liebe [[Erfahrung vom 13. April 1962, Agenda Bd. 3, S. 125.]], als ich in das gewöhnliche Bewusstsein zurückkehrte (mit einer sehr realen Erinnerung an Das, an diesen Zustand). Genau dieser Zustand, den ich als Pulsationen der schöpferischen Liebe empfand, muss hier das Bewusstsein der konkreten Realität ersetzen, die unwirklich ist, unwirklich wird: wie eine Sache ohne Leben, hart, trocken, träge, leblos. In unserem gewöhnlichen Bewusstsein (ich erinnere mich, wie es vorher war), erweckt es den Eindruck: "Dies ist konkret, dies ist real." Aber genau dieses Empfinden muss ersetzt werden durch das Phänomen des Bewusstseins dieser Pulsationen. Es ist (Mutter macht eine intensive Geste, die ihr ganzes Gesicht umhüllt) gleichzeitig All-Licht, All-Macht, All-Intensität der Liebe und eine solche FÜLLE! Es ist so voll, dass... nichts anderes neben Dem bestehen kann. Wenn Das im Körper ist, in den Zellen, genügt es, Das auf jemanden oder auf etwas zu richten, und sofort wird die Ordnung wiederhergestellt.

Kurz: es heilt. Das heilt die Krankheit. Aber es "heilt" nicht eigentlich: es löscht die Krankheit aus... Ja, es löscht sie aus.

Es macht sie unwirklich.

Absolut. Ich habe konkrete Beweise dafür.

Jede beliebige Krankheit, wirklich jede beliebige.

(Schweigen)

Ohne jeden Zweifel ist es der Zustand aller Zellen (der Schwingungen, die den Körper zusammensetzen), welcher die Sache (die Heilung) ermöglicht oder nicht, das heißt, sie wirken entweder als Übermittler oder im Gegenteil als Hindernis, je nachdem, in welchem Zustand er sich befindet (der Körper). Denn es ist keine Aktion einer "höheren Kraft" DURCH die Materie auf die anderen: es ist eine direkte Aktion (horizontale Bewegung, auf derselben Ebene) von Materie zu Materie.

Was die Leute gewöhnlich "Heilkraft" nennen, ist eine sehr große mentale oder vitale Macht, die sich dem Widerstand der Materie zum Trotz durchsetzt - aber nicht das ist hier gemeint: es wirkt durch die Ansteckung der Schwingung, unwiderruflich. Und das in Blitzesschnelle.

Noch ist es nur ein Versprechen oder ein Beispiel dessen, was sein wird: es WIRD so sein, ganz offensichtlich. Wann?... Das ist etwas anderes.

(Schweigen)

Genau hier gibt diese Schwingung den Eindruck (Mutter macht eine Geste, als ob alles anschwellen würde)... Der gewöhnliche Zustand des Körpers ist gebunden, gefesselt. Man könnte sagen, er hat sich verhärtet, ich weiß nicht. Und in diesen Momenten ist es, als ob er anschwillt, sich ausdehnt.

Leider ist es bis jetzt erst sehr flüchtig.

***

(Am Ende des Gesprächs zeigt Mutter Satprem eine Notiz, die sie am selben Morgen geschrieben hatte:)

 

 

Anstatt einander auszuschließen,

sollten die Religionen sich gegenseitig ergänzen.

 

Sri Aurobindo sagte mir das - es ist so einfach, so einfach!

Ich sah alle diese Religionen als Facetten, als unzählige Facetten, die sich verhärten und gegeneinander wenden, und es war, als ob er sagte: "Nun, jetzt fügt all dies zusammen, und es wird so einfach sein!"

Nur ein Satz, kein Wort zuviel.

 

***


 

15. Juli 1967

 

 

Hier lebt ein Mann namens S, er ist über vierzig (ja, mindestens, ich glaube, er nähert sich den Fünfzigern), und er lernte Französisch, aber auf so energische Weise, dass er es wirklich bemerkenswert gut schreibt. Er stellt mir regelmäßig Fragen auf französisch, und wegen der Sorgfalt, mit der er schreibt, antworte ich. Neulich schrieb er mir, er habe bemerkt, dass die Aspiration zum Fortschritt und das Ergebnis der Aspiration beides die göttliche Gnade seien, die Wirkung der göttlichen Gnade... (ich erinnere mich nicht mehr an seine Worte, aber es war sehr gut). Da sagte ich mir: "Na, sehen wir doch mal, ob er genug Französisch kennt, um Sinn für Humor zu haben." Ich antwortete ihm folgendes:

Auf humoristische Weise könnte man sagen, dass wir alle göttlich sind, aber es kaum wissen, und dass wir gerade den Teil unseres Wesens, der dies nicht weiß oder sich nicht als göttlich erkennt, uns selbst nennen!

Ich bin gespannt auf seine Reaktion.

Nachher kam etwas, und ich schrieb es in seiner endgültigen Form:

 

Aus der Sicht der Wahrheit sind wir alle göttlich, aber wir wissen es nicht, und es ist gerade dasjenige in unserem Wesen, das sich nicht als göttlich erkennt, was wir uns selbst nennen.

 

Auf englisch ist es besser:

 

For the Truth-vision all of us are divine, but we scarcely know it, and in our being it is just what does not know it that we call ourselves.

***

(Etwas später, wegen eines orthographischen Fehlers, auf den Satprem Mutter hinweist:)

Hier steht der Infinitiv, liebe Mutter.

(Mutter lacht) Ich habe meine Grammatik vergessen!

Das verstehe ich sehr gut! Es ist so künstlich.

Ich habe überhaupt kein Gedächtnis mehr, außer dem Bewusstsein, und im Bewusstsein macht es keinen Sinn.

Oh, kürzlich kamen Beispiele, die sich vor mir entfalteten, und ich sagte mir: "Aber warum ist das so? Das ergibt keinen Sinn, es entspricht keiner Realität."

Wie nahm die Grammatik Form an? - Aus Gewohnheit? Oder wurde dies aus dem Kopf entschieden?

Aus dem Kopf: Grammatiker.

Eine ganze Welt von Dingen, die man nur aus Gewohnheit kennt, auf automatische Weise, ist völlig ausgelöscht worden (denn alle Gewohnheiten in mir werden zunehmend ausgelöscht). Das ist manchmal peinlich. Es kommt alles wieder, alle diese Dinge erscheinen wieder wie auf einem Bildschirm (aber auf dem Schirm des Bewusstseins). Diejenigen, die einer Wirklichkeit entsprechen, treten hervor wie ein Bild, mit einer Realität dahinter, dann ist es sehr einfach: man erfasst die Realität, und es ist vorbei. Aber bei vielen ist nur ein Abbild vorhanden und nichts dahinter. Wie soll man das ersetzen?

In Hinblick auf die Welt der Sprachen ist es sehr interessant... Manche Dinge kommen, bleiben ein oder zwei Stunden, um dann wieder zu verschwinden - wie Lektionen, um gewisse Dinge zu lernen. Und so kam eines Tages die Frage der verschiedenen Sprachen auf. Diese Sprachen haben sich allmählich entwickelt (wahrscheinlich durch den Gebrauch, und dann, wie du sagst, setzte es sich eines Tages jemand in den Kopf, das Ganze logisch, grammatisch zu fixieren), aber hinter den Sprachen liegen identische Erfahrungen - identisch in ihrer Essenz. Sicherlich gibt es Töne, die diesen Erfahrungen entsprechen, und diese Töne finden sich in den Sprachen wieder, in Form verschiedener Laute mit ganz geringen Abweichungen. Und eines Tages (während langer Zeit, mehr als einer Stunde) lief das vor mir ab, gestützt durch alle Beweise, in allen Sprachen. Unglücklicherweise sah ich nicht klar, es war Nacht, ich konnte es nicht aufschreiben, und so verlor es sich. Aber es kommt sicher wieder. Das war wirklich interessant... (Mutter versucht sich an die Erfahrung zu erinnern) Es gab sogar Sprachen, die ich nie zuvor gehört hatte: ich hörte viele europäische Sprachen, mehrere indische Sprachen, hauptsächlich Sanskrit, dann Japanisch. Manche Sprachen hatte ich nie zuvor gehört. Alles war da, mitsamt den Lauten. Gewisse Laute kamen von ganz oben, Laute... (wie soll ich sagen?), die man wesentlich nennen könnte, und ich sah, wie diese Form annahmen und sich in den Sprachen abwandelten (Mutter zeichnet eine gewundene Linie, die herabsteigt und sich beim Herabsteigen verzweigt). Laute, die wie die Bejahung und die Verneinung waren - das, was für uns "ja" und "nein" bedeutet -, und dann der Ausdruck für bestimmte Beziehungen... (Mutter versucht sich zu erinnern). Aber es war interessant, dass es mit einer Vielzahl von Worten kam, die ich zum Teil gar nicht kannte - in jenem Augenblick verstand ich sie (das Wissen kommt irgendwie aus dem Unterbewussten), ich kannte alle diese Worte.

Gleichzeitig bestand eine Art Fähigkeit, eine Möglichkeit oder ein Zustand, in dem man all diese Sprachen verstehen konnte. Alle Sprachen waren verständlich aufgrund ihrer Verbindung mit dieser Region (Geste nach oben, zum Ursprung der Töne). Es schien keinerlei Mühe zu bereiten, alle diese Sprachen zu verstehen. Es gab eine fast graphische Erklärung (die gleiche gewundene Linie, die sich auf ihrem Weg nach unten verzweigt), die zeigte, wie der Ton sich verformte und dies oder das oder jenes ergab...

Dieses Beobachtungsfeld ist Teil einer ganzen Studie von Schwingungen: wie die wesentlichen Schwingungen sich im Laufe ihrer Ausbreitung verformen und verschiedene Zustände verursachen - in psychologischer Hinsicht, das Denken und das Handeln betreffend und auch in sprachlicher Hinsicht, den Ausdruck betreffend.

Vor zwei oder drei Tagen sah ich (das gehört zum selben Bereich) ein Mädchen, das in Amerika geboren wurde, und zwar genau dann, als wir hier am 4.5.67 die Meditation abhielten. Die Kleine wurde in Amerika geboren (von einer Inderin und einem Inder, der Vater war hier, die Mutter dort drüben), und man brachte es mir: ein Baby, nicht größer als so, winzig klein! Die Augen geschlossen, ganz klein: zwei Monate und etwas. Das Kleine schlief in den Armen seiner Mutter, die Augen natürlich geschlossen. Und dann, paff! legten sie es mir auf den Schoß, ohne Vorbereitung. Zu Beginn bewegte ich mich nicht, ich ließ ihm Zeit, sich an die neue Schwingung zu gewöhnen. Es begann sich zu bewegen, als ob etwas es geweckt hätte, wahrscheinlich der Unterschied der Atmosphäre. Sofort brachte ich das Bewusstsein herab (Geste der Herabkunft): das Bewusstsein, die Gegenwart. Das Kind öffnete beide Arme (Geste wie Christus, der die Arme ausbreitet), und es öffnete seine Augen und schaute - seine Augen strahlten vor Licht, vor Bewusstsein, großartig!... Dies dauerte vielleicht eine Minute, nicht einmal. Dann spürte ich so etwas wie ein Zusammenfahren im Kind, deshalb zog ich die Kraft zurück, denn (lachend) ich sah mich vor. Es begann zu strampeln, zu... Aber der Blick und die Bewegung - eine Bewegung von... (dieselbe Geste wie oben) mit einer Aspiration und einem Licht... Großartig!

Ich weiß nicht, wer es ist... Eines Tages werden wir es erfahren. Es wird hier bleiben. Ich hatte eher den Eindruck einer Kraft oder eines Prinzips als den einer Person. Es hatte nicht den ausgeprägten Charakter einer Persönlichkeit.

Die Augen waren wunderschön, mit einem solchen Bewusstsein! Mit der Freude einer bewussten Aspiration, einfach großartig. Danach bekam es fast wie einen Krampf (es war zu viel), da zog ich die Kraft zurück.

Der Stoff (des Kindes) war von guter Qualität, nicht schwer, nur nicht viel Kraft, nicht genügend Kraft, um "das" auszuhalten.

Hier, ich wollte dir die Fotos von R zeigen, die mir gestern geschickt wurden. R ist ein munterer Bursche.

Ist er einfach ein Produkt seiner Eltern oder etwas anderes?

Am Tage der Geburt des Kindes kam ein Telegramm aus Amerika (datiert vom Vortag), den Tod Paul Richards ankündigend. Die beiden Dinge geschahen zur selben Zeit. Ich war verblüfft. Ich gestehe, dass ich mir sagte: "Sieh an!" Denn ich gab Paul Richard ein großes okkultes Wissen mit, mitsamt der Fähigkeit, seinen Körper zu verlassen und in einen anderen einzutreten. Folglich ist dies nicht unmöglich (wenn er nicht völlig abgestumpft ist, seit ich ihn verließ).

Seit einiger Zeit (ungefähr seit einer Woche) sah ich seine Gedanken, die hierherkamen und hier ihre Kreise zogen. Das heißt, die Ankündigung seines Todes war für mich keine Überraschung mehr. Aber mich interessierte das Zusammentreffen des Telegramms und der Geburt.

Die gegenwärtige Form (des Kindes) kann dies (Richard) nicht widerspiegeln: es wird sich allmählich in diesem Sinn weiterentwickeln. Wir werden sehen. Für den Augenblick ist er wirklich der Sohn seines Vaters und seiner Mutter.

Es sind interessante Kinder, die jetzt kommen.

***

(Dann hört sich Mutter die schriftlichen Fragen eines Schülers über die Seele und das "psychische Wesen" an:)

Er fragt folgendes: "Von Leben zu Leben entwickeln sich die Schwingungen des Wesens, bereichern sich und bilden die psychische Persönlichkeit hinter der vordergründigen Persönlichkeit. Wie bleibt das Psychische frei, wenn es durch diese Schwingungen und Erinnerungen belastet wird?

Was? Verstehst du, was das heißen soll?

Diese zwei Dinge haben wenig Beziehung zueinander.

Aber warum sagt er "belastet"?

Alle diese Schwingungen, die zur Entwicklung des Wesens beitragen, belasten das Psychische, sagt er.

Nein, es SIEBT SIE. Genau das passiert! Das Psychische merkt sich die Dinge nicht in ihrer Totalität: es filtert sie heraus - nach und nach klärt es die Schwingungen ab.

Die psychische Erinnerung ist eine selektive Sicht der Ereignisse. Beispielsweise gab es in vergangenen Leben Momente, wo das Psychische aus irgendeinem Grund anwesend war und teilnahm. Somit bewahrt es eine Erinnerung an einen speziellen Umstand, und zwar eine Erinnerung an das PSYCHISCHE Leben jenes Augenblicks; selbst wenn es die Erinnerung an eine Szene bewahrt, ist es ein vereinfachtes Bild, eine Ausdrucksform des psychischen Bewusstseins, entsprechend der psychischen Schwingung aller anwesenden Leute.

Er würde keine solche Frage stellen, wenn er jemals eine psychische Erinnerung gehabt hätte - wenn man sie einmal hat, ist es ganz offensichtlich.

Noch bevor ich dies wusste, bevor ich Théon traf und diese Dinge lernte, hatte ich Erinnerungen, die mich immer durch ihren speziellen Charakter verblüfften... Als spürte man nicht genau die Emotion, aber doch eine gewisse emotionale Schwingung des Umstandes. Das ist voll, es bleibt und ist dauerhaft. Damit hat man dann eine gewisse, etwas vage und verschwommene Wahrnehmung der damals anwesenden Leute, der Umstände und Ereignisse, und das hinterlässt eine psychische Erinnerung.

Oft sind es nicht die Ereignisse, die man für die denkwürdigsten oder wichtigsten Ereignisse im Leben hält, sondern jene Momente, an denen das Psychische teilnahm - wo es bewusst am Ereignis teilnahm. Das bleibt bestehen.

Ich könnte viele Beispiele dafür nennen, das ist sehr interessant.

Viele erlebte ich in Italien. Ich reiste dort mit meiner Mutter, als ich fünfzehn war, und ich hatte ein vergangenes Leben in Italien gehabt, das sehr bewusst war. Als wir die einzelnen Orte besuchten, stellte sich genau dies plötzlich ein (die emotionale, psychische Schwingung), zusammen mit der Szene... Zuerst kommt die psychische Bewegung (das Wort Emotion ist nicht gut). Die psychische Bewegung steht im Vordergrund, auf sie kommt es an, und sie kehrt in die Erinnerung zurück; der Rest ist wie eine Hintergrundstaffage, d.h. die äußeren Formen, die Situationen, die Ereignisse... Einige notierte ich mir. Hast du nie etwas gesehen, das ich über dieses Leben in Italien schrieb? Eine alte Geschichte... Mit fünfzehn Jahren hatte ich diese Erfahrung. Ich weiß nicht mehr, wo ich es einordnete; ich glaube nicht, dass ich das Papier noch habe... Ich erzählte ein wenig später davon. Als ich Théon traf, verstand ich, was mir geschehen war, denn er erklärte mir den Vorgang - ich hatte nichts darüber erwähnt, aber später, als ich alles über die Wesenszustände und ihre Funktionen wusste, verstand ich, dass es eine psychische Erinnerung war.

Bevor ich mental irgend etwas wusste, hatte ich schon eine beachtliche Anzahl Erinnerungen an vergangene Leben dieser Art: echte, psychische Erinnerungen, keine mentalen Erfindungen. Zuerst macht sich die psychische "Emotion", das Empfinden bemerkbar - das lebendig und stark ist, nicht wahr, sehr stark -, gefolgt von einer Art Hintergrundstaffage von Formen, Erscheinungen und Umständen, einfach so, etwas von der Natur einer nebelhaften Erinnerung, die mit der psychischen Empfindung einhergeht.

Bei der Erfahrung in Italien war ich fünfzehn, ich reiste mit meiner Mutter, und es verblüffte mich sehr - es war auch sehr verblüffend, denn es war die Erinnerung daran, wie ich im Gefängnis der Dogen erwürgt worden war. Eine ganze Geschichte. Später erkundigte ich mich nach den Namen, den Tatsachen, den Ereignissen (ich hatte Gelegenheit, in Venedig Nachforschungen anzustellen, und alles stimmte auf wunderbare Weise überein). Aber in äußerlicher Hinsicht war interessant, dass... Mit meiner Mutter und einer Gruppe Reisender besichtigte ich den Palazzo ducale. Schließlich landeten wir im Kellergeschoß, wo sich die Verliese befanden. Der Fremdenführer begann irgendeine Geschichte zu erzählen (die mich nicht interessierte), als ich ganz plötzlich von einer Art Kraft ergriffen wurde, die in mich eintrat, und dann, ohne mir dessen bewusst zu sein, ging ich in eine Ecke und sah ein hingekritzeltes Wort. Es war... Und gleichzeitig stellte sich die Erinnerung ein, dass ich es selber geschrieben hatte. Die ganze Szene kam nun zurück: Ich hatte dieses Wort an die Wand gekritzelt - ich sah es mit meinen eigenen Augen, die Schrift war erhalten geblieben. Der Führer sagte, dass man alle Wände, die Beschriftungen von den Gefangenen des Dogen aufwiesen, unversehrt gelassen hatte. Die Szene ging weiter. Ich sah oder ich hatte das Gefühl, als ob Leute einträten und mich packten. Ich war mit einem anderen Gefangenen zusammen - der Gefangene war nicht ich: ich besuchte den Gefangenen. Dann traten plötzlich Leute ein, packten mich (Mutter zeigt auf ihren Nacken) und legten mir Fesseln an. Und darauf - ich befand mich in einer Gruppe von etwa zehn Leuten, die dem Führer zuhörten, und zwar in der Nähe einer kleinen Öffnung, die auf den Kanal hinausging - die Empfindung, hochgehoben und durch die Öffnung geworfen zu werden. Nun, ich war fünfzehnjährig, somit... Ich sagte zu meiner Mutter: "Komm, lass uns gehen!" (Mutter lacht)

Es war schwierig, nicht die Fassung zu verlieren. Wir gingen hinaus. Aber nachher stellte ich Nachforschungen an; ich erkundigte mich, ich ging der Sache nach (wir hatten Verwandte dort, ich kannte einige Leute [[Erinnern wir uns daran, dass die älteste Tochter von Mutters Großmutter Ismaloun, Elvira, einen Italiener geheiratet hatte.]] ). Und ich fand heraus, dass es wirklich stimmte. Es war eine historisch verbürgte Geschichte: Ein Doge [[Später stellte Mutter einmal einen Vergleich zwischen dem Dogen und Théon an (siehe auch Agenda Bd. 3 vom 30. Juni 1962).]] hatte den Sohn seines Vorgängers, der eine Gefahr für ihn darstellte, ins Gefängnis gesteckt, denn dieser hatte versucht, die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Also ließ der Doge, der die Nachfolge selbst unrechtmäßig angetreten hatte, den Sohn seines Vorgängers ins Gefängnis werfen. Die Tochter des Dogen aber war in diesen Sohn verliebt, und es gelang ihr, ihn zu besuchen. Darauf beschloss der Doge, rasend vor Wut, sie ertränken zu lassen. Die ganze Geschichte war da. Es war völlig spontan. Ich wusste absolut nichts davon - in anderen Ländern weiß man nichts von diesen Geschichten, nur den Einheimischen sind sie bekannt. Aber das Interessanteste daran war jenes Etwas, das mir sagte: "Dort." Ich ging hin, um zu schauen, und fand an der Wand genau das geschrieben, was ich, wie ich mich erinnerte, selbst an die Wand geschrieben hatte.

Ich habe viele solcher Erinnerungen, aber diese war wirklich interessant. Daher kenne ich genau die Beschaffenheit der Dinge, die bestehen bleiben, die Teil der Entwicklung des psychischen Wesens sind.

Etwas später hatte ich eine Erfahrung (mit achtzehn, neunzehn Jahren), wo ich mich plötzlich in Männerkleidung auf einem Pferd vorfand und Heere zu einem phantastischen Sieg führte. Die glorreiche Empfindung der Gegenwart der Siegeskraft bewirkte, dass ich das ganze Heer zum Sieg führte. Später erinnerte ich mich an die Kleidung, die ich trug, und an die Kleidung der Leute, an all das, und dann... sah ich, dass es der berühmte Sieg von Murat war. [[Mutter erwähnte diese Erfahrung schon in der Agenda Bd. 7 vom 3. November 1966.]] Ich war... (wie soll ich sagen?) der siegreiche Geist in Murat. DAS IST ALLES. Wenn die Leute einem erzählen: "Ich war dieser, ich war jener", sind das Geschichten: es sind Kräfte, Bewusstseinszustände, die sich in gewissen Individualitäten in gewissen Augenblicken ihres Lebens manifestierten und da konkret die Materie berührten. All das vereint sich ganz allmählich und bringt ein bewusstes Wesen hervor.

Jetzt ist dies ein recht spezielles bewusstes Wesen (das von Mutter)... Das Psychische dieses Lebens (lachend) war ziemlich kollektiv. Erinnerungen an Katharina von Russland, Erinnerungen an Elisabeth, Erinnerungen an zwei Leben zur gleichen Zeit [[Mona Lisa und Margarete von Navarra (1492-1549). Siehe Agenda Bd. 3 vom 30. Juni 1962.]] (!) zur Zeit Franz I., unzählige Erinnerungen... alle völlig unterschiedlich. Und jede... Es ist nicht so, als sei man sein ganzes Leben in dieser oder jener Person gewesen: man war der psychisch wichtige MOMENT in diesen Existenzen.

Als ich hierher kam, kümmerte ich mich nicht mehr um all das - es gehörte zum okkulten und nicht zum spirituellen Wissen. Ich beschäftigte mich nicht mehr damit. Aber jetzt, wo sich alles sammelt, taucht es auf diese Art wieder auf, als ein Teil der Arbeit, denn... in jenem Moment, als ich die Visionen hatte, erlebten die Zellen sie insofern mit, als sie die Schwingungen in sich hatten; all diese Schwingungen waren also an der Bildung all dieser Zellen beteiligt, und jetzt leben sie das wieder. Das gibt ihnen eine Möglichkeit von Weite, von Mannigfaltigkeit, von Synthese und Koordination vieler, vieler Dinge. Und die Empfindung, seit langer, langer Zeit so gelebt zu haben.

(Schweigen)

Bevor ich zum ersten Mal nach Indien kam, als ich zweiundzwanzig war und nichts von Spiritualität usw. wusste, verbrachte ich einen Monat in Ägypten, und während dieses Monats lebte ich in einem außerordentlichen Zustand der Ergriffenheit, ohne zu wissen, warum.

Ach!

Ich war in einem ständigen Zustand der Ergriffenheit: alles berührte mich zutiefst, Ägypten machte einen außergewöhnlichen Eindruck auf mich.

Ach! Aber wir haben zusammen in Ägypten gelebt. Ich kannte dich zur Zeit Ägyptens [[Siehe auch Agenda Bd. 1 vom 30. Oktober 1960.]]. Du bist einer von jenen, zu denen ich in Ägypten sagte: "Ich verspreche dir, dass du teilnehmen wirst... dass du zur Stunde der Verwirklichung auf der Erde sein wirst." Es gibt ein paar - nicht viele (Mutter macht eine die ganze Welt andeutende Geste).

Aber das weiß ich! (Mutter lacht)

Ich versprach es einigen - nicht allen gleichzeitig: zu verschiedenen Epochen.

Warst du in Theben?

Ja, ich war in Theben.

Hat es dir gefallen?

Oh, es war... gerade da war ich am tiefsten ergriffen.

So ist es.

(Schweigen)

Gewöhnlich spreche ich nicht von diesen Dingen, denn es bindet die Leute an die Vergangenheit: sie versuchen, das, was sie gelebt haben, wieder zu leben, das verdirbt alles, verstehst du.

Aber dies ist eine Art Empfindung, die ich habe: Es hat keinen Bezug zu dem (Geste zum Kopf), es ist eine Empfindung, das Gefühl einer Atmosphäre oder vielmehr einer Art schon empfundener Schwingung, und daher ist das Wann und Wo leicht zurückzuverfolgen. Es gibt amüsante Dinge.

Ägypten war eine äußerst okkulte Epoche, sie hatten ein echtes okkultes Wissen zu jener Zeit. Das gibt einem eine Macht über das Unsichtbare, man kann dort bewusst handeln.

Zu einem gewissen Moment (es dauerte nicht lange) aber für einige Tage spürte ich ein Art Bedürfnis zu wissen, wie man sprach, welche Laute man benutzte (ich glaube, ich habe dir das schon erzählt) [[Siehe das Gespräch vom 10. Mai 1967 (Amenhotep).]]. Hätte ich darauf bestanden, wäre es wahrscheinlich gekommen: wie ich die Dinge sagte, wie dieses Bewusstsein sich ausdrückte. Das ist nicht erhalten geblieben.

Unser Zeitalter wird viel dauerhafter in Erinnerung bleiben... wenn die Dinge nicht zerstört werden - man wird nur einen Apparat anzustellen brauchen.

Leider gibt es nicht viel Wertvolles von unserer Epoche aufzuheben!

Ach... Etwas ist bemerkenswert: zu allen Zeiten und wahrscheinlich im Gegenteil, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht, desto mehr findet sich ein Durcheinander völlig uninteressanter Dinge, die verschwinden. Sie verschwinden, sie werden ausgelöscht. Nur was ein interessantes inneres Leben hatte, bleibt bestehen. Uns scheint die Vergangenheit viel interessanter zu sein als die Gegenwart, aber das ganze Durcheinander unseres Zeitalters wird ebenfalls verschwinden und auf diese Weise aufgelöst werden: nur das Beste wird bestehen bleiben, außer man hebt mechanisch einen Haufen Aufnahmen vieler Dummheiten auf. Aber sonst...

Ich habe zum Beispiel den Eindruck, dass man zur Zeit Assyriens ein Mittel gefunden hatte, den Ton aufzunehmen und zu bewahren. Das muss zerstört worden sein, es ist verschwunden. Aber es ist ein sehr starker Eindruck, verbunden mit gewissen Erinnerungen und Eindrücken, wie die, von denen ich dir erzählte (die psychischen Eindrücke): das sind keine Ideen, sondern... [Schwingungen]. Sie hatten die Fähigkeit, das Unsichtbare sprechen zu lassen, verstehst du? Man hatte einen Apparat. Vielleicht wurde er mit dem übrigen zerstört?

Die älteste Erinnerung, die man hat, ist die an die ersten chinesischen Versuche. In China fand man zuerst einen Apparat, um den Ton wiederzugeben, zu bewahren und ihn wiederzugeben.

Die Chinesen waren sehr erfinderisch.

(Schweigen)

Ich hatte einen sehr starken Eindruck, der sich sozusagen kristallisierte, als ich in China war [[1920, auf dem Rückweg nach Pondicherry, zur Zeit als Mao Tse-tung Die Vereinigung der Volksmassen verfasste.]] (ich kenne praktisch nichts von China: ein oder zwei Städte, zwei Häfen, das ist nichts; trotzdem fängt man etwas von der Atmosphäre auf): die Menschen dort sind lunaren Ursprungs. Es muss Wesensformen auf dem Mond gegeben haben, und diese Wesen sind geflüchtet (oder einige, ich weiß es nicht), sie suchten auf der Erde Zuflucht, als der Mond starb. Das war der Ursprung der chinesischen Rasse.

Sie sind sehr sonderbar... Sie haben ganz und gar nicht dasselbe Vital wie alle anderen Menschen.

Sie haben ein eigenartiges Vital.

Welche Art von Vital?

Kalt.

Kalt: intellektuell kalt. Kalt und sehr unsensibel. Seltsamerweise ist ihre Sensibilität überhaupt nicht wie die der restlichen Menschheit, sie ist äußerst stumpf.

 

***

 

19. Juli 1967

 

 

(Nach dem letzten Gespräch über das Psychische)

Gerade in den letzten Tagen hatte ich eine Reihe von Erfahrungen zu diesem Thema, sehr interessante Erfahrungen... Bei derselben Person (die ich fast jeden Tag oder jedenfalls sehr häufig sehe) hängt der Eindruck, den der Kontakt mit ihr macht (der mehr oder weniger bestehen bleibt), von der Gegenwart des Psychischen ab. Bei derselben Person, bei denselben Beziehungen gibt es Augenblicke, wo es voll wird; man hat den Eindruck einer Sache, die voll ist... nicht direkt "lebendig", aber (ich kann nicht sagen "solide", denn es hat nichts Hartes an sich), aber voll, dicht, und andere Momente, wo es dünn, flüchtig und neutral ist. Ich konnte feststellen, dass es bei denselben Personen, in den gleichen Umständen Augenblicke gibt, wo man den Eindruck eines Kontaktes hat, der... mehr als lebendig ist (das Wort lebendig reicht nicht aus), der voll DA ist, ein existierender Kontakt, dauerhaft (aber nicht "dauerhaft" in der Zeit: dauerhaft seiner Natur gemäß), und in anderen Momenten ist es bei genau denselben Leuten (oft in denselben Umständen) dünn, flach, trocken und oberflächlich - es kann sehr aktiv sein und einen sehr lebendigen Anschein haben, aber ohne Tiefe... Und ich sah, dass es davon abhängt, ob das Psychische teilhat oder nicht.

Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, wo ich in jeder Minute fühlen kann (fühlen: nicht psychisch wahrnehmen, sondern materiell fühlen), ob das Psychische anwesend ist oder nicht. Das ist sehr interessant. Das geschah in diesen Tagen.

Das macht den ganzen Unterschied aus, insofern als... Sieh, es ist wie der Unterschied zwischen einem Bild, einer Darstellung oder einem Bericht und der Sache selbst - zwischen dem Bild und der Sache selbst, zwischen einem Bericht und der Sache selbst. Bei dem einen ist es DA, bei einem andern mag es zwar leben, aber es ist oberflächlich und... flüchtig. Und wie ich neulich sagte, hängt es überhaupt nicht von der Wichtigkeit der Tätigkeit (Wichtigkeit nach mentaler Auffassung natürlich) oder der Gewichtigkeit der Umstände ab, nichts dergleichen: das Psychische ist da oder eben nicht. Voilà.

Es läuft darauf hinaus, dass die ZELLEN SELBST den Unterschied fühlen und wahrnehmen.

Ich erinnere mich nicht mehr, denn ich merke mir diese Dinge nicht mental, aber ich hatte eine Erfahrung mit jemandem, den ich sehr häufig sehe (vielleicht jeden Tag, ich weiß nicht mehr, wer es ist). An einem Tag herrschte während einer gewissen Zeit der Eindruck einer realen, vollen Beziehung und... man könnte es "angenehm" nennen, mit dem Gefühl einer Sicherheit, ein anderes Mal ist dieselbe Person unter den gleichen Umständen plötzlich wie ein Schatten ihrer selbst: hohl (sehr lebendig, mental sehr tätig, aber hohl und trocken, indifferent - sozusagen nicht existent).

Dies gab mir den Schlüssel zum ganzen Problem.

Im Grunde könnte man sagen, es ist der Unterschied zwischen demselben Leben, derselben Existenz, derselben Organisation - demselben irdischen Leben -, und im einen Fall ist die Gegenwart des Göttlichen spürbar, im andern Fall ist sie nicht manifest. So ist es im Hinblick auf die gesamte Erde.

***

(Etwas später)

Was WILLST du?

(Schweigen)

Ich weiß sehr wohl, was ich will.

(Mutter tritt in eine lange Konzentration ein, die etwa eine halbe Stunde dauert)

Nichts zu sagen?

Man müsste sich immer erinnern.

Sich erinnern... Hast du nichts Besonderes empfunden?

Doch.

Was?

Ich tat etwas - nichts Besonderes, denn ich tue das normalerweise immer -, aber sozusagen vollständiger als gewöhnlich. Ich möchte wissen, ob du etwas gefühlt hast?

Ich weiß nicht... Es erschien mir dermaßen DAS.

Ja.

Neulich erzählte ich dir von dem, was ich "die Übertragung" nenne. Seit zwei Tagen (seit mehreren Tagen, aber besonders gestern und heute) vollzieht sich eine Arbeit, um es beständig werden zu lassen, d.h. um nichts anderes als Das zuzulassen.

Es zeigt sich jetzt eine materielle Macht der AUSBREITUNG, der Erweiterung des Wirkungsbereichs auf die unmittelbare Umgebung (umfassende Geste). Anstatt die Kraft so hineinzugeben (Geste von oben nach unten), wie ich es immer tue, war es heute, als ob ich deinen Körper mit der gleichen Bewegung der Zellen mitumfasste.

Es war recht erfolgreich, und ich wüsste gerne, ob du einen Unterschied gefühlt hast.

Noch nie hatte ich so sehr den Eindruck, dass es dermaßen Das ist und dermaßen... HIER.

Ja, das ist es.

Nachts tue ich das für dich; nur ist es subtiler als in deiner physischen Gegenwart.

(Schweigen)

Es ist etwas im Gange.

Es tut sich etwas in dem Sinne, dass es immer beständiger wird.

Es ist das Wirken einer völlig bewussten, immer beständigeren Aspiration, und dann die Reaktion als unmittelbares Resultat dieser Aspiration... Aber es ist noch ein völlig neuer Bereich - neu unter diesem totalen, integralen Aspekt. Vorher war alles, was im Körper vorging (ich spreche nicht von diesem hier, sondern in allgemeiner Form), die Widerspiegelung und die Auswirkung der "Sache", während es hier die Sache selbst ist. Aber die tausendjährige Gewohnheit, anders zu sein, ist so stark vorhanden, dass der Eindruck entsteht... Es ist wie... (der Vergleich ist zwar schlecht), als ob man an einem Gummiband zöge: solange es angespannt ist (Geste der Anstrengung, die Materie zu dehnen), bleibt die Wirkung bestehen; aber wenn die Spannung auch nur für eine Sekunde nachlässt (Geste eines plötzlichen Abflachens), fällt es aus Gewohnheit zurück... Das führt gezwungenermaßen zu einer ständigen Anspannung. Aber es wird nicht immer so sein. Es ist der Übergang von einer Gewohnheit zur anderen. Wenn die andere Bewegung geläufig geworden ist, wird es natürlich sein, und es wird keine Notwendigkeit mehr für diese ständige Spannung bestehen.

Wir werden sehen, wie lange das dauern wird.

Zum ersten Mal mit dir habe ich (denn das Ergebnis war auch während des Morgens ziemlich konkret und konstant) versucht, dich mitzuumfassen. Es ist weit davon entfernt, das zu sein, was es sein sollte, aber es führte zu einem Resultat. Es ist bei weitem noch nicht "Das", aber...

(Schweigen)

Dieser außerordentliche Eindruck der Unwirklichkeit des Leidens, der Unwirklichkeit der Krankheiten, der Unwirklichkeit... ganz seltsam. Da ist diese tausendjährige Gewohnheit, die das ständig zu leugnen sucht und behauptet, dass diese Wirkung, in der man sich befindet, eine Unwirklichkeit sei. Aber es ist da. Denn es gibt keine mentale Aktion, kein Denken, nichts dergleichen: es ist alles in den Schwingungen... Manche Augenblicke sind von einer unaussprechlichen Herrlichkeit, aber sie sind flüchtig. Und das andere ist da: es umkreist einen, es drückt, es...

Wenn man erreicht, dass das materielle Mental in keiner Weise mehr aktiv ist, wird es relativ leichter, aber wenn das Mental auf einen einstürmt, dann... ja, dann muss man fast Gewalt anwenden, um es zurückzustoßen und zum Schweigen zu bringen.

Wenn man noch nicht den Zustand erreicht hat, wo das Mental so sein kann (ruhige Geste), absolut unbewegt... Wenn nichts als das Bewusstsein existiert, dann geht es. Vorher scheint es unmöglich, eine unmögliche Arbeit. Aber wenn das Mental durch das Bewusstsein ersetzt wird, dann wird es...

Wir haben zu nichts mehr Zeit. Wir werden an einem anderen Tag arbeiten!

(Mutter lacht)

***

 

22. Juli 1967

 

 

Ich habe dir von dem Mann hier erzählt, der Französisch lernt (der es wirklich gut lernt) und dem ich mit einem Scherz antwortete, um zu sehen, ob er Sinn für Humor hat. Am nächsten Morgen antwortete er mir mit einem Scherz!

"Wer verrichtet bei der Aufgabe der Transformation seine Arbeit langsamer, der Mensch oder Gott?"

Ich antwortete:

 

 

Für den Menschen antwortet Gott zu langsam auf sein Gebet.

Für Gott öffnet sich der Mensch zu langsam seinem Einfluss.

Aber für das Wahrheitsbewusstsein geschieht alles genau so, wie es soll.

 

(Mutter lacht)

Dann habe ich noch etwas. Man stellte mir Fragen über die Musik: "Was soll man von der Musik erwarten? Wie ist die Qualität eines Stücks zu beurteilen? Was denkst du über Unterhaltungsmusik (Film, Jazz usw.), die unsere Kinder so gern mögen?"

Ich antwortete folgendes (das war gestern):

 

 

Die Rolle der Musik besteht darin, dem Bewusstsein zu helfen, sich zu spirituellen Höhen zu erheben.

Alles, was das Bewusstsein entwürdigt, die Begierden stärkt und die Leidenschaften erregt, geht gegen

das wahre Ziel der Musik und muss vermieden werden.

Es ist keine Frage der Art der Musik, sondern der Inspiration...

 

Ja, er spricht von "leichter Musik", aber ich hörte leichte Musik, die ich außerordentlich ansprechend fand! Ich hörte sogar Filmmusik, die großartig war, und "klassische" Stücke, oh, wie langweilig! Nun denn...

 

...und allein das spirituelle Bewusstsein kann darüber urteilen.

 

Jeden Samstag spielen sie nämlich Musik in der Schule, und sie begannen sich zu streiten, welche Musik sie spielen sollen. Ein Junge sagte: "Ich LIEBE leichte Musik, sie gefällt mir SEHR." (Mutter lacht) Man strafte ihn mit Verachtung. Worauf man mich um meine Meinung fragte. Das also war meine Antwort.

"Leichte" Musik! Natürlich die Musik des Jazz... aber selbst da gibt es sehr gute Stellen.

Man kann es nicht sagen.

Im Grunde hängt es gar nicht davon ab, wofür der Musiker komponierte, sondern entscheidend ist der ZUSTAND, in dem er selbst war. Wenn man sehr fröhlich ist und plötzlich Töne hört, die eine sehr leichte, freie Freude ausdrücken, und diese dann wiedergibt, ist es wunderbar. Wenn man hingegen schwer und ernst ist und das ganze Elend der Menschheit sieht und dies in schwere Töne umsetzt, oh... und daraus Orchestermusik macht, die einen schrecklich langweilt (Mutter lacht)...

Warte, da ist noch etwas... Oh, armer K, er hielt Examen ab (sie sind verrückt mit ihren Examen!), über einen Text oder ein Thema, das er den Schülern während des Unterrichts diktiert hatte. Das heißt, die Antwort lag auf der Hand. Zwei Buben (den einen findet K sehr intelligent - was er übrigens auch ist -, und er empfindet Sympathie für ihn, und den anderen mag er nicht), sie hatten sich verspätet, und er bat den Jungen, den er nicht mag, ihm die fertige Arbeit nach Hause zu bringen. Er brachte sie ihm. K liest sie, und auf eine der Fragen war die Antwort nicht völlig dieselbe, aber sehr ähnlich. Es war genau das Thema, das er ihnen diktiert hatte, und so war es ganz natürlich, dass die Antworten ähnlich ausfielen. K "fühlte" sofort, dass der eine vom anderen abgeschrieben hatte, und sagte ihm das. Der Junge wurde zornig und recht grob ihm gegenüber. So schreibt mir K die ganze Geschichte auf seine Art, und desgleichen der Junge. Er bedauerte übrigens seine Grobheit dem Lehrer gegenüber. Aber K ist weiterhin davon überzeugt, dass er abgeschrieben hat. Darauf eine Flut von Briefen... Schließlich schrieb ich K: "Schicken Sie mir beide Texte, ich werde sehen" (nicht so "sehen", mit den Augen, sondern durch ein "Abtasten"). Der Junge hat NICHT abgeschrieben. Aber für mich ist viel schlimmer, dass K ein mentales Wortgebilde konstruierte - und es in ihr Gehirn stopfte. Das wiederholen sie dann wie Papageien, und so ist es kein Wunder, dass die Antworten sehr ähnlich klingen. Schließlich sagte er mir: "Wenn ich zugebe, dass der Junge nicht abgeschrieben hat, bin ich gezwungen, ihm eine sehr gute Note zu geben, und das will ich nicht." (Mutter lacht) Er fragte mich: "Was soll ich tun?" Gestern Abend antwortete ich ihm: "Da gibt es etwas sehr Einfaches zu tun: Erklären Sie die Prüfung für ungültig. Nehmen Sie alle Papiere, machen Sie ein Paket daraus, verschnüren Sie es, stecken Sie es in Ihren Schrank, und tun Sie, als ob es niemals existiert hätte - und in Zukunft keine Prüfungen mehr! Am Ende des Jahres, wenn Sie den Schülern Noten geben müssen, werden Sie gezwungen sein, aufmerksam zu beobachten, die innere Entwicklung des Kindes zu verfolgen, einen tieferen Kontakt zu haben (Mutter lacht spöttisch), und wirklich zu wissen, ob es verstanden wurde oder nicht, statt zu einem so künstlichen Mittel wie Prüfungen zu greifen. Dann können Sie Noten geben, anstatt sich wie bei einem Papagei auf eine Wiederholung von etwas, das er gelernt hat, ohne es zu verstehen, abstützen zu müssen." Das schickte ich ab. Nun sind sie alle ratlos! (Mutter lacht) Das amüsiert mich sehr.

Sie mussten eine "Lehrerversammlung" abhalten, um mit meiner Antwort fertig zu werden. (Mutter lacht) Ich bringe die ganze Schule in Aufruhr.

Einer der Lehrer antwortete mir schon: "Es ist unmöglich, den Fortschritt der Schüler zu kennen, ohne Prüfungen abzuhalten." Dazu sagte ich nicht genau, was ich dachte, aber ich dachte mir: "Wenn der Lehrer ein Dummkopf ist, kann er die Fortschritte der Schüler offensichtlich nur beurteilen, indem er schriftliche Prüfungen abhält, wenn er hingegen ein intelligenter Mensch ist und ein psychisches Empfinden hat, gibt es tausend Mittel zu erkennen, ob ein Schüler verstanden hat oder nicht."

So versammelten sie sich denn.

Aber in technischer Hinsicht ist es schwieriger, den Fortschritt zu beurteilen.

Ja, darauf stützen sie sich. Aber eigentlich spielt es keine Rolle. Zwei Lehrer der Technik haben gezeigt, wie man selbst auf diesem Gebiet ohne Examen auskommen kann. Ich weiß, was es ist, ich studierte in Frankreich, und es gab eine Menge Examen (damals war ich jung, aber das spielt keine Rolle), ich sah die Schüler, die Diplomexamen ablegten, ich sah, wie sie antworteten... Es ist eine völlig konkrete Erfahrung, dass ÜBERHAUPT NICHT die intelligentesten Schüler Examen bestehen. Niemals. Nein, es sind solche, die wie Papageien wiederholen. Sie wiederholen zwar sehr gut, aber sie verstehen nichts von dem, was sie sagen.

Jedenfalls glaube ich, dass wir zu einem Ergebnis kommen werden.

Aber gestern Abend habe ich mich sehr über K amüsiert... Sie müssen es annehmen oder es ganz lassen; ich sagte: Entweder schreiben mir die Lehrer nicht mehr, fragen mich nichts mehr (das spart mir Zeit: ich werde von Briefen überhäuft) oder, wenn sie mir schreiben, haben sie halt Pech, sie müssen es nehmen, wie es ist. Ich kann ihnen nicht nur das sagen, was ihnen genehm ist.

Und unsere Schule gibt vor, einer "neuen Methode" zu folgen... da müssten sie sie wenigstens selber anwenden.

(Mutter reicht Satprem die drei Briefe, die sie dem Lehrer zum Thema Examen schickte:)

(Frage des Lehrers: )

"Was soll ich in Bezug auf das Betrügen bei den Examen unternehmen? Soll ich es wie draußen halten und drei Lehrer die Aufsicht übernehmen lassen? - Die Lehrer im Aschram mögen dieses Vorgehen nicht.

Oder sollen wir die Prüfungen abschaffen? Letzterer Vorschlag erscheint mir zweifelhaft, denn wir tun das Gleiche bei den Hausaufgaben und Aufsätzen.

Auf jeden Fall existiert das Problem, und um es wirklich zu lösen, muss man verstehen, warum die Kinder sich so verhalten.

Ich bitte Dich, mir den Grund für diese Perversion und die Lösung dieses Problems mitzuteilen."

(Mutters Antwort: )

 

Es ist ganz einfach. Die meisten Kinder lernen, weil sie von ihrer Familie, den Gewohnheiten und herrschenden Ideen dazu veranlasst werden, und nicht, weil sie lernen und wissen wollen. Solange ihr Lernmotiv nicht berichtigt wird, solange sie nicht arbeiten, weil sie wissen wollen, greifen sie zu allen möglichen Tricks, um ihre Arbeit leichter zu gestalten und die Resultate mit der geringsten Anstrengung zu erreichen.

(13. Juli 1967)

(Einige Tage später schickte Mutter den folgenden Brief:)

 

Die einzige Lösung ist, auf diese Prüfung und alle zukünftigen zu verzichten. Halten Sie alle Papiere unter Verschluss, als ob diese Prüfung nie stattgefunden hätte, und setzen Sie Ihren Unterricht fort.

Am Ende des Jahres werden Sie den Schülern Noten erteilen, die nicht auf schriftlichen Prüfungen basieren, sondern auf ihrem Betragen, ihrer Konzentration, ihrer Regelmäßigkeit und Auffassungsgabe sowie der Öffnung ihrer Intelligenz.

Was Sie betrifft, machen Sie daraus eine Disziplin, sich mehr auf den inneren Kontakt, auf eine scharfe Beobachtung und einen unparteiischen Standpunkt zu stützen.

Für die Schüler wird es notwendig sein, wirklich zu verstehen, was sie lernen, anstatt wie Papageien Dinge zu wiederholen, die sie gar nicht verstanden haben.

So wird es einen wirklichen Fortschritt im Unterricht geben.

(21. Juli 1967)

(Am folgenden Tag schickte Mutter diese dritte Notiz:)

 

Ich finde, dass diese Prüfungen eine veraltete Methode sind, ungeeignet, um herauszufinden, ob die Schüler intelligent, guten Willens und aufmerksam sind.

Ein mechanisches, dummes Mental ist durchaus fähig, ein Examen zu bestehen, wenn das Gedächtnis gut ist: das sind aber nicht die erforderlichen Qualitäten für den Menschen der Zukunft.

Aus Toleranz für die alten Gewohnheiten stimmte ich dem zu, dass jene, die Prüfungen ablegen wollen, es tun können. Aber ich hoffe, dass dieses Zugeständnis in Zukunft nicht mehr nötig sein wird.

Um nach der Abschaffung der Prüfungen wissen zu können, ob ein Schüler gut ist, muss der Lehrer einen besseren inneren Kontakt und ein psychologisches Wissen haben. Nun wird von unseren Lehrern angenommen, dass sie Yoga betreiben, folglich dürfte dies für sie nicht schwierig sein.

(22. Juli 1967)

***

(Etwas später, einen Brief Sri Aurobindos betreffend: )

 

...Aber in der Physik bist Du im eigentlichen Bereich des mechanischen Gesetzes, wo der Prozess alles ist und das vorantreibende Bewusstsein sich mit größter Sorgfalt zu verbergen sucht, so dass es "wissenschaftlich gesprochen" dort gar nicht besteht. Man kann es dort durch Okkultismus und Yoga entdecken, aber die Methoden der okkulten Wissenschaft und des Yoga sind mit den Mitteln der Naturwissenschaft nicht messbar oder anwendbar - somit bleibt der Abgrund bestehen. Eines Tages mag er überbrückt werden, doch der Physiker ist wahrscheinlich nicht der Brückenbauer, so ist es unnütz, ihn zu bitten, etwas zu tun, was über seinen Bereich hinausgeht.

5.11.1934
(XXII.201)

 

Darin liegt genau der große Streit mit der Regierung... Die Regierung sagt: "Wir können Sie nicht als "Forschungsschule" anerkennen, denn Fortschritte im Yoga kann man nicht messen." Genau das sagt Sri Aurobindo. Wenn man es veröffentlichte, gäbe man der Regierung alle Argumente in die Hände.

Erinnerst du dich? In Amerika gab es eine Gesellschaft oder Universität oder ich weiß nicht was, die eine Art Wettbewerb ausgeschrieben hatte, um "das Leben nach dem Tod" zu beweisen [[Tatsächlich handelt es sich um einen amerikanischen Bergarbeiter, der in seinem Testament demjenigen eine bestimmte Geldsumme versprach, der die zur Frage stehenden Beweise liefern könnte. (Siehe Agenda Bd. 7 vom 3. November 1966)]]. Sie hatten zwei oder drei Fragen ausgeschrieben. Man hatte mich gefragt: Warum antworten Sie nicht? Ich sagte: Die Fragen sind falsch gestellt, sie sind von Unwissenden gestellt, wie soll ich diese beantworten? Hier ist es genau dasselbe. Was sie fragen, ist unwissend, und die Frage ist falsch gestellt, sie wurde von Leuten gestellt, die nichts verstehen, wie kann ich ihnen da antworten!

***

(Dann geht Mutter zu anderen Arbeiten über: )

In einer Zeitschrift (ich glaube in Life, einer amerikanischen Zeitschrift) erschien die Geschichte eines Mannes (es handelt sich übrigens um einen der Redakteure oder Herausgeber der Zeitschrift), der eine Penicillinspritze erhielt und allergisch darauf reagierte.

[[Hier die Beschreibung, die diese Person verfasste:

 

"

Die äußeren Wahrnehmungen waren verschwunden, ich hörte und sah nichts. Ich war nach vorn zusammengesunken, während meine Frau meinen Kopf hielt, um zu verhindern, dass ich vom Stuhl fiel. Für die Ärzte war ich medizinisch tot. Aber für mich war es eine Flut verstärkter innerer Wahrnehmungen, äußerst gebündelt wie ein heller Lichtstrahl. Dieser Tod ist etwas Fortschreitendes. Man fühlt, wie zuerst die Zehen schwinden, dann die Füße, Zelle auf Zelle, während der Tod jede Zelle plattwalzt, so wie eine Welle den Sand überflutet. Dann die Beine: die Zellen, die aufleuchten und erlöschen. Die Hände, die Arme, der Unterleib und die Brust: jede Zelle birst wie eine Supernova, um dann zu verschwinden. Es besteht eine Ordnung und ein System im Tod, so wie im ganzen Leben. Ich muss das stoppen und das Gehirn bis zum Ende retten, um zu wissen. Jetzt ist der Nacken an der Reihe. Der Unterkiefer. Die Zähne. Wie seltsam es ist, seine Zähne absterben zu fühlen, einen nach dem andern, jede Zelle lässt die andere explodieren, Galaxien von Zellen, die in einem Aufflammen von Licht sterben. Aber jetzt zurückblickend versuche ich, dieses andere zu finden. Es gab ETWAS ANDERES, etwas, das ich im allerletzten Augenblick fühlte oder erlebte oder sah. Was war es? Ich kannte es so gut, als es da war, weit offen vor mir, etwas so Schönes und Sanftes, liebevoller als alles, was sich die Lebewesen jemals vorstellen können. Aber es ist weg."

David Snell, Chefredakteur von Life (aus Life vom 29. Mai 1967).]]

 

 

Alle seine Zellen begannen, sich plötzlich aufzulösen; völlig bewusst und wie in seinem Gehirn konzentriert, wurde er Zeuge der Auflösung. Als es bis zum Herzen fortgeschritten war, erklärten ihn die Ärzte für tot... Auf ihn machte es den Eindruck, als ob die Zellen in einer Art ausdehnenden Bewegung wären, platzten, um sich eine nach der anderen aufzulösen: die Füße, die Beine, der Magen, alles. Als es das Herz erreichte, sagte der Arzt: "Er ist tot." Er aber hatte in seinem Gehirn Zuflucht gesucht und sagte sich: "Ich muss irgendwie durchhalten; wenn ich lange genug durchhalte und mich konzentriere und dort Widerstand leiste, wird alles gut gehen." Was er auch tat. Plötzlich fühlte er eine Macht, wie er sagt, etwas, das so leuchtend war, so schön und so sanft und so.. viel mehr erfüllt von Liebe, als alles andere in der Welt, eine so wunderbare Empfindung, dass er damit ganz verschmolz. Nach einiger Zeit trat alles wieder in seine Ordnung, und er war wiederhergestellt. Das beschreibt er (er fasste es für die Zeitschrift in Worte), aber die Erfahrung ist wirklich interessant. Durch diesen Willen, sich auf das zu konzentrieren, was er für den wesentlichen Teil seines Wesens, das Zentrum seines Lebens hielt, fand er sich plötzlich in der Gegenwart dieser "Macht"... Er sagt, nachher habe er sich daran erinnern wollen, aber: "Ich weiß nicht mehr, was es ist, ich erinnere mich nicht, außer an diese Empfindung, die wunderbarer war als alles, was man sich vorstellen kann."

Ich fand das interessant.

Das ließ ihn wieder aufleben.

(Schweigen)

Ich nahm dies als ein Zeichen, dass die Kraft wirklich arbeitet. Denn es ist ein Mann, denke ich, der keinen Yoga betrieben hatte, er wusste nichts von diesen Dingen; es war bloß ein Mann, dem man eine Penicillinspritze gegeben hatte, die er nicht vertragen konnte (solche Unfälle kommen recht häufig vor) und nichts anderes. Er hatte einfach die Idee, dass das Gehirn der bewussteste Teil des Wesens ist, und wenn er sich dort konzentrieren würde... Seine Idee war: "Ich will wissen, was geschieht; ich will dessen bewusst sein, was geschieht; ich will sehen, was geschieht." Und genau das zog die Kraft herbei. Eine einfache Sache.

Es scheint einen Fortschritt im menschlichen Bewusstsein zu geben, das ist mein Eindruck.

Es gibt ein Erwachen.

***

(Darauf tritt Mutter in eine lange Konzentration)

Ich habe etwas gesehen... In seiner Gesamtheit ist es lichtvoll, aber nicht strahlend; äußerst friedlich, wie aus Gold, aber nicht grell (ich kann es nicht ausdrücken...) wie ein cremefarbenes goldenes Licht - überaus friedlich. Aber darin waren... auf englisch sagt man patches, Gruppierungen von drei SEHR hellen Farben angeordnet: ein sehr strahlendes Rubinrot, ein bläuliches Weiß, fast wie Perlgrau, auch sehr leuchtend, und dann... (Mutter sucht). Es ist weg, ich weiß nicht mehr, ob es... Ja, es war grün, aber smaragdgrün, auch leuchtend und durchscheinend. Es waren abgegrenzte Gruppierungen, die aber ihre Position änderten (Mutter macht eine Drehbewegung wie die Lichter eines Kaleidoskops). Es waren fast Wesenheiten. Und das spielte sich in deiner Atmosphäre ab. Wie Formationen, die sich bewegten und sich organisierten (dieselbe Bewegung), in diesen drei Farben...

Das Grau ist das Grau des spirituellen Lichts, die spirituelle Aspiration; das Rot ist das Rubinrot des Physischen; und das Smaragdgrün... [[Nach Sri Aurobindo ist das grüne Licht eine dynamische Kraft des Vitals, das die Kraft hat, zu reinigen, zu harmonisieren oder zu heilen.]]

Es waren begrenzte, aber nicht festgelegte Formen - klar abgezeichnete Gruppierungen von Licht, aber nicht fixiert (es war plastisch), und sie organisierten sich so (die gleiche Geste eines Kaleidoskops).

Als ich zu sprechen begann, sah ich fast nichts mehr... Ich war in einer inneren Vision, sehr innerlich. Ein ganz besonderes Bewusstsein.

Sie änderten ihre Stellung und ordneten sich mit großer Geschmeidigkeit (die gleiche Geste).

Das Ganze war wie ein Glorienschein, weißt du, wie man Aureolen macht. Wie ein Glorienschein goldenen Lichts, nicht strahlend, aber golden. Hast du nichts Besonderes empfunden?

Ja: die Kraft - massiv.

Sehr stark?

Ja.

Ja, es waren Dinge, die sich in deinem Wesen anordnen - in deinem inneren Wesen - aber sehr stark.

 

***

 

26. Juli 1967

 

 

(Mutter reicht Satprem lachend eine Notiz, die sie eben geschrieben hat:)

 

 

Das Ziel, das wir anstreben, ist die Unsterblichkeit.

Von allen Gewohnheiten ist der Tod gewiss die am hartnäckigsten eingewurzelte Gewohnheit.

 

Man könnte unsere Welt als die Welt der schlechten Gewohnheiten bezeichnen.

Ich weiß nicht, seit geraumer Zeit besteht eine Art wohlwollender Ironie, lächelnd und... aufbauend. Als ob ein spezieller "Geist" gekommen wäre. Und noch etwas (dieses ist aber nicht neu), das Sri Aurobindo einen censor [einen Kritiker] nannte. Er sagte mir: "You have a very strong censor in your atmosphere" [Du hast einen sehr starken Kritiker in deiner Atmosphäre]. Dieser kritisierte mich ununterbrochen; jetzt weniger, aber er ist immer noch da. Von Zeit zu Zeit sagt er mir: "Du schockierst die Leute nur. Sie erwarten etwas Edles, Großes, Eindrucksvolles, aber Du nimmst ständig einen ironischen Tonfall an." Gestern kamen wieder Leute, die mich sehen wollten, und ständig kommen mir Scherze in den Sinn, ständig. Ich scherze mit ihnen, und ich sehe... (lachend) dass sie erschrocken zu sein scheinen.

Es ist, als ob ich ständig sagte: "Aber nein! Nehmt es nicht ernst... nehmt es nicht so ernst... Genau das macht euch unglücklich! Ihr müsst lernen zu lächeln!" In der Art. Und dann ist das Wichtigste, sich über sich selbst lustig zu machen: einzusehen, wie lächerlich man ist - beim geringsten kleinen Schmerz ist man voller Selbstmitleid, ach!...

Manchmal protestiert man.

Eine ganz seltsame und amüsante Atmosphäre. Aber es ist ein sehr gutes Heilmittel gegen diese eingewurzelte Krankheit des Selbstmitleids. Der Körper ist voll davon, beim geringsten Wehwehchen bemitleidet er sich - das erschwert alles ganz schrecklich.

Und was für Geschichten... Die Geschichten von der Schule sind unbezahlbar! Gestern Abend war ich plötzlich sehr ungehalten über den Jungen, der beschuldigt worden war, abgeschrieben zu haben. Er hatte gesagt, er habe nicht abgeschrieben, und ich sah, dass er nicht abgeschrieben hatte. (Aber ich erkannte etwas fast noch Schlimmeres!) Ich sagte: Keine Prüfungen mehr. Ein schrecklicher Aufruhr überall! Dann schreibt mir K, der wirklich ein guter Bursche ist: "Wäre es nicht besser, ich sage diesem Jungen, Sie hätten sich entschieden, er habe nicht abgeschrieben, denn vielleicht macht er sich Sorgen." Ich dachte: Armer K! Schließlich sagte ich ja, denn es war eine sehr freundliche Regung.

So rief er den Jungen und sagte ihm, dass die Examen abgeschafft seien und dass man nicht mehr darüber sprechen würde, die Sache sei abgeschlossen. Sobald der Junge ihn verließ, traf er seine Kameraden und erzählte eine Welt von Lügen: Ich hätte von K verlangt, sich zu entschuldigen, dem Jungen sein Bedauern auszudrücken, ihn zu rehabilitieren und solche Geschichten... eine Reihe erschreckender Lügen (auch Lügen über mich). Ich fühlte eine Regung der Sympathie für K, so gehandelt zu haben; es beweist, dass er eine edle Seele hat, denn er war so überzeugt vom Gegenteil, akzeptierte aber, was ich ihm sagte, und er handelte so, weil er dachte, der andere mache sich Sorgen. Und dann die ganz abscheuliche Reaktion des Jungen... So musste ich mich zurückhalten (innerlich): ich war nicht zufrieden. Ich hatte erwartet, dass dieser gute Wille eine etwas noblere Antwort hervorriefe, und all das ist eine Art Entwürdigung... Gestern stand ich kurz davor, dem Jungen innerlich einen Schlag zu versetzen - ich hielt mich zurück, ich gab ihm keinen, aber offensichtlich hat er sich in eine schlechte Lage gebracht.

Nun schreiben sie mir: "Wie kann man wissen, ob die Kinder dem Stoff folgen, wenn man keine Prüfungen abhält?" Ich erklärte den Unterschied zwischen einer Art individueller Kontrolle durch Beobachtung: aus einer Bemerkung, einer unerwarteten Frage usw., womit man das Kind einstufen kann, und der anderen Methode, bei der man ankündigt: "In acht Tagen werdet ihr eine Prüfung ablegen, und man wird euch ein Thema stellen über das, was ihr gelernt habt." Worauf alle zu büffeln beginnen, dann ist wieder Schluss; der mit einem guten Gedächtnis wird durchkommen. Ich erklärte all das.

[[Hier der Text der vierten und letzten Notiz von Mutter:

 

Natürlich muss der Lehrer den Schüler einer Prüfung unterziehen, um zu wissen, ob er oder sie etwas gelernt und Fortschritte gemacht hat. Aber dieser Beweis muss individuell sein und sich jedem Schüler anpassen.

Es ist keine mechanische Prüfung, die für jeden gleich ist. Es muss eine spontane und unerwartete Prüfung sein, die gar keine Vortäuschung und Unaufrichtigkeit zulässt. Natürlich ist es viel schwieriger für den Lehrer, aber so viel lebendiger und auch viel interessanter. Ich schätze eure Bemerkungen über die Schüler. Es beweist, dass Ihr eine individuelle Beziehung zu ihnen habt; das ist wesentlich für einen guten Unterricht. Die Unaufrichtigen wollen nicht wahrhaftig lernen, sondern gute Punkte oder Komplimente des Lehrers erhalten - sie sind nicht interessant.

(25. Juli 1967)]]

Mein Einspruch gegen diese Entscheidung hätte gar nicht die Lehrer betroffen, sondern die Schüler, denn ich erinnere mich an meine Schulzeit: Wäre da kein vierteljährlicher oder halbjährlicher Zwang gewesen, noch einmal durchzusehen, was man im Unterricht gelernt hatte, mein Gott, man hätte es laufen lassen.

Sei's drum!

Aber es ist eine Art Disziplin, die bewirkt, dass man die Dinge noch einmal durchsieht.

Reicht das Interesse an dem Thema nicht aus, um einen anzuregen, es sich einzuprägen und das Ergebnis dessen, was man gelernt hat, zu behalten, dann ist man selber schuld.

Der Standpunkt der Schüler ist falsch, und der Standpunkt der Lehrer ist falsch.

Der Standpunkt der Schüler ist: Sie lernen nur deswegen, um den Anschein eines Wissens zu erwecken, um ihre Examen zu bestehen und sich den Kopf mit allerlei Dingen vollzustopfen... Was die Lehrer betrifft, so möchten sie eine möglichst leichte Kontrolle haben, um dann ohne große Mühe Noten geben zu können, mit einem Minimum an Aufwand. Ich sage: Jeder Schüler ist eine Individualität, jeder Schüler soll nicht deshalb kommen, weil er sagen können will: "Ich habe gelernt, und dann werde ich meine Prüfungen ablegen", sondern weil er wissen möchte und den Willen zu wissen hat. Der Lehrer soll sich nicht an die leichte Methode halten, indem er ein Thema gibt und sieht, wie jeder darauf antwortet, ob es gut oder schlecht ist und mit dem übereinstimmt, was er unterrichtet hat oder nicht: er muss wissen, ob das Interesse und die Anstrengung des Schülers aufrichtig sind, jeder seiner eigenen Natur entsprechend - dies ist unendlich schwieriger für den Lehrer, aber das ist Erziehung. Und sie protestieren.

Sicherlich, im Hinblick auf die Lehrer, da stimme ich völlig zu...

Ja, gerade sie protestieren! (lachend) Die Schüler protestieren nicht. Aber ich schrieb den Lehrern: "Die Schüler, die ihrem Lehrer gefallen wollen, oder die auswendig lernen, um den Anschein zu erwecken, zu wissen, was sie nicht verstanden haben, diese Schüler sind uninteressant - und gerade von denen sagt man mir immer: das ist ein guter Schüler!"

Aber, weißt du, ich erinnere mich sehr gut an meine eigene Haltung beim Lernen. Ich kann mich auch deutlich an all meine Schulgefährtinnen erinnern: wer für mich ein intelligentes Mädchen, und wer eine Wortdrescherin war... Ich habe ein paar amüsante Erinnerungen diesbezüglich, denn nur zu lernen, um einen klugen Anschein zu geben, hielt ich für sinnlos. Ich hatte zu jener Zeit ein hervorragendes Gedächtnis, aber ich machte nie Gebrauch davon. Und ich mochte nur, was ich verstand.

Ein einziges Mal in meinem Leben nahm ich an einer Prüfung teil (ich weiß nicht mehr welche). Jedenfalls hatte ich gerade die Altersgrenze erreicht, d.h. zur Zeit des normalen Examens war ich noch nicht alt genug gewesen, und so machte ich die Prüfung im Herbst, zusammen mit jenen, die beim ersten Mal durchgefallen waren. Nun, ich erinnere mich, dass wir eine kleine Gruppe waren. Die Lehrer waren sehr verärgert, weil sie mitten aus ihren Ferien gerissen worden waren, und die Schüler waren größtenteils mittelmäßig oder auch widerspenstig. Ich beobachtete also alles (ich war sehr jung, etwa dreizehn oder vierzehn) und nahm alles genau wahr. Ein armes kleines Ding war an die Tafel gerufen worden, um eine mathematische Aufgabe zu lösen - sie hatte keine Ahnung, wie sie zu lösen war und schwankte und zauderte. Ich schaute mir das an - ich hatte gerade keine Frage zu beantworten - ich schaute und lächelte. Oh, du meine Güte! Als der Lehrer das sah, wurde er sehr ungehalten. Sobald das Mädchen wieder an seinem Platz war, rief er mich auf und sagte mir: "Lös du sie!" Natürlich löste ich die Aufgabe (ich liebte die Mathematik wirklich sehr, und außerdem verstand ich sie, ich hatte einen Faden dazu)... Du hättest sein Gesicht sehen sollen!... Ich war nicht da drin (in der kleinen äußeren Person): Ich war ständig in der Position eines Beobachters. Ich amüsierte mich außerordentlich. Ich weiß also, wie die Kinder sind, wie die Lehrer sind; all das weiß ich, ich amüsierte mich wirklich sehr.

Mein Bruder studierte zu Hause höhere Mathematik für die Eintrittsprüfung ins Polytechnikum, was er schwierig fand. Deshalb hatte meine Mutter einen Privatlehrer angestellt, der ihn auf die Prüfung vorbereitete. Ich war anderthalb Jahre jünger als mein Bruder, ich schaute ihm beim Lernen oft zu, und alles wurde klar: das Wie und Warum, alles war klar. Einmal geschah folgendes: Der Privatlehrer zerbrach sich den Kopf, mein Bruder zerbrach sich den Kopf, als ich plötzlich herausplatzte: "Aber so ist es doch!" Den Ausdruck auf dem Gesicht des Privatlehrers hättet ihr sehen sollen!... Es scheint, dass er meiner Mutter beim Gehen sagte: "Es wäre gescheiter, wenn Ihre Tochter studieren ginge!" (Mutter lacht) All das war wie ein Bild, es machte so viel Spaß!

Ich kenne die Situation, ich erinnere mich, ich kenne die Reaktionen, die Angewohnheiten... Deshalb wollte ich mich hier nicht um die Schule kümmern, denn ich wollte mir nicht den Kopf darüber zerbrechen: Alle fallen sie über mich her! Dann wurde ich dazu gezwungen wegen der Geschichte des Abschreibens. Jetzt amüsiert es mich. (Lachend) Aber ich sage ihnen verwirrende Dinge.

Es ist so unterhaltsam, so unterhaltsam!

Eine Zeitlang besuchte ich eine Privatschule. Ich ging nie in eine öffentliche Schule, weil meine Mutter der Ansicht war, eine solche Schule eigne sich nicht für ein Mädchen. Aber ich besuchte eine Privatschule, die damals einen guten Ruf genoss; die Lehrer an dieser Schule waren wirklich kompetente Leute. Der Geographielehrer war der Autor einiger Bücher, die sehr bekannt waren, und er hatte eine angenehme Art. Wir lernten also Geographie - die Arbeit mit Landkarten machte mir enormen Spaß, weil man diese zeichnen musste. Eines Tages schaute mich der Lehrer an (er war ein intelligenter Mann), er musterte mich und fragte: "Warum liegen Städte, die großen Städte, meist an Flussufern?" Ich sah die verblüfften Gesichter der Mitschüler, die sich wohl sagten: "Was für ein Glück, dass die Frage nicht mir gestellt wurde!" Ich antwortete: "Aber das ist doch sehr einfach! Weil Flüsse ein natürliches Kommunikationsmittel sind!" (Lachend) Er war auch überrascht!... So war es, alle meine Studien verliefen so, ich vergnügte mich immer - immer war es vergnüglich.

Mein Literaturlehrer war ein alter Bursche, der mit den denkbar konventionellsten Ideen vollgestopft war. Hu, was für ein Langweiler! Alle Studenten saßen also da und mühten sich ab. Er gab uns Aufsatzthemen. Kennst du Le chemin de tout à l'heure et la route de demain [["Der Pfad von später und die Straße von morgen"]] ? Ich schrieb dies, als ich zwölf war; es war meine schriftliche Arbeit zu einem Thema, das er der Klasse aufgegeben hatte. Es ging um ein Sprichwort (ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr), und er erwartete... all diese vernünftigen Dinge. - Ich erzählte meine Geschichte, meine kleine Geschichte. Er musterte mich misstrauisch. (lachend) Er dachte wohl, ich wolle einen Skandal machen... Aber, nein, ich war ein braves Mädchen.

Immer auf diese Art: Mit diesem Etwas, das beobachtet, das all das Lächerliche des Lebens sieht, wo es sich zu ernst nimmt, oh!

Alle diese Dinge tauchten in den letzten Tagen wieder auf, wegen dieser Geschichte.

Ich kann mich nur an einen Vorfall erinnern, den ich wirklich ernst nahm oder vielmehr (lachend) bei dem ich eine ERNSTE MIENE aufsetzte. Es ging um meinen Bruder, der noch recht jung war. Er mag zwölfjährig oder weniger gewesen sein und ich anderthalb Jahre jünger - Kinder eben. Eines Tages verlor mein Bruder die Kontrolle über sich - er war jähzornig, offenherzig und recht frech - und widersprach meinem Vater. Aus welchem Grund, weiß ich nicht mehr. Mein Vater wurde zornig, legte ihn übers Knie und versohlte ihn (mein Vater war ein äußerst starker Mann, ich meine physisch). Mein Vater war wütend, er hatte ihn übers Knie gelegt... (lachend) er hatte ihm die Hose heruntergezogen und verabreichte ihm Prügel. Ich trat ein - es fand im Esszimmer statt -, ich sah dies, sah meinen Vater, blickte ihn an und dachte mir: "Dieser Mann muss verrückt sein!"... Ich sagte ihm: "Augenblicklich hörst du damit auf, oder ich verlasse das Haus." Ich sagte das todernst - und meinte es auch. Mein Vater... (lachend) war völlig verblüfft.

So tauchten all diese Erinnerungen auf. Ich erinnerte mich, wie intensiv das Bewusstsein schon zugegen war. Aber es war amüsant.

(Schweigen)

Und diese Leichtigkeit: Alles, was ich tun wollte, konnte ich tun. Aber da gab es etwas (jetzt verstehe ich es - damals wusste ich nicht, warum es so war): Alles, was ich tun wollte, konnte ich tun; aber nach einer gewissen Zeit hatte ich die Erfahrung gemacht, und darauf schien die Sache nicht von solcher Bedeutung zu sein, um ihr ein ganzes Leben zu widmen. So ging ich vom einen zum anderen über: Malerei, Musik, Wissenschaften, Literatur... alles, alles, auch praktische Dinge. Alles mit außerordentlicher Leichtigkeit. Nach einer gewissen Zeit ließ ich es dann wieder fallen. Meine Mutter (sie war eine sehr strenge Frau) sagte: "Ich habe eine Tochter, die unfähig ist, eine Sache zu Ende zu führen." Und es blieb so: unfähig, etwas zu Ende zu bringen - immer fing ich etwas an, gab es wieder auf und fing nach einiger Zeit wieder etwas anderes an... "Unstet. Unbeständig. Sie wird es nie zu etwas bringen im Leben!" (Mutter lacht)

Es ist wahr, dies war die kindliche Umsetzung des Bedürfnisses nach immer mehr, immer besser, immer mehr, immer besser... unbegrenzt - der Sinn für Fortschritt, der Fortschritt zur Vollkommenheit. Eine Vollkommenheit, von der ich fühlte, dass sie sich völlig dem menschlichen Denken entzieht - etwas... ein "Etwas"... das undefinierbar ist, aber das man in allem sucht.

All das kam nun zurück, um geordnet, an seinen Platz gestellt und dargebracht zu werden (Geste nach oben), und dann Schluss damit.

 

***

 

29. Juli 1967

 

 

(Zu Beginn dieser Unterhaltung drückte Mutter ihre heftige Unzufriedenheit aus, denn eine angeblich von ihr verfasste Notiz zum Thema der Araber und Israelis war in "Mother India" publiziert worden unter dem Titel: "Die Juden und die Araber". Mutter protestierte gegen die Anwendung des Wortes "Jude", das nur einen einzigen israelischen Stamm betrifft und eine abwertende Bedeutung angenommen hat). [[Siehe Gespräch vom 21. Juni 1967. Es war keine Notiz von Mutter, sondern die ungefähre Aufzeichnung eines Schülers, die man ganz einfach veröffentlicht hatte, als wären es Mutters Worte.]]

Es wurde so sehr als Schimpfwort benutzt...

Nun, als diese Notiz erschien, brachte es diese Angelegenheit wahrscheinlich in die Atmosphäre, und heute morgen hatte ich eine äußerst konkrete Erfahrung...

Seltsam, es ist, als ob man plötzlich aus einer konventionellen Atmosphäre des Denkens heraustreten würde - eine Art globale Atmosphäre (ich will nicht sagen, eine gewöhnliche Denkweise, aber es gehört zum Bereich der menschlichen Mentalität), und darüber liegt etwas, das die Dinge völlig anders sieht... Ja, gewöhnlich sieht man sie so (Geste von unten), und "das" sieht sie so (Geste von oben). Wenn man dort eintritt, sind es Dinge, die man hier kennt (man kennt sie, es ist nichts Neues), aber es wird mit einer völlig anderen Betrachtungsweise gesehen. Natürlich wurde es auf andere Weise notiert... (Mutter sucht eine Notiz)

Es kam auf zwei Arten. Diese Dinge werden GESEHEN, nicht wahr: gesehen. Die Worte kommen später, um zu versuchen, das zu beschreiben, was gesehen wurde. Als erstes kam folgendes:

Die Christen vergöttlichen das Leiden, um daraus ein Heilmittel für die Erde zu machen.

Dann kam es mit nur einem kleinen Unterschied. Es sind Feinheiten, aber... In intellektueller Hinsicht sind es Subtilitäten ohne Wert, aber dort oben ist es, als berührte man mehr oder weniger den Kern der Dinge, das heißt ihre Essenz - die tiefe Essenz der Ereignisse. So kam ganz einfach folgendes:

Das Christentum VERGÖTTERT das Leiden, um daraus ein Instrument für das Heil der Erde zu machen.

Es ist schwierig zu erklären, denn der BEWUSSTSEINSZUSTAND ist anders... Jetzt ist es eine Erinnerung, aber in dem Moment war es eine Vision - eine sehr tiefe, sehr genaue Schau, die natürlich alles, was auf der Erde geschah, aber auch alle Arten, es auszudrücken, übertraf. Die Persönlichkeit Christi, alle diese Dinge waren so anders! Und sie wurden... ja, vielleicht könnte man sagen symbolisch... aber es ist nicht das. Zugleich ordnete es diese Religion unter allen anderen ein und gab ihr einen ganz bestimmten Platz in der irdischen Evolution (in der Evolution des irdischen BEWUSSTSEINS).

Die Erfahrung dauerte eine halbe Stunde, aber alles war anders - nicht in seiner Erscheinung, sondern in seiner tieferen Bedeutung... Lag der Unterschied in meinem aktiven Bewusstsein? Ich weiß es nicht. Was ich meine: Berührte ich eine Region des Bewusstseins, die für mich neu war? Das ist möglich. Aber es erschien mir als eine völlig andere Vision der Erde und der Geschichte des Menschen.

In dem Moment erinnerte ich mich an das, was Sri Aurobindo geschrieben hatte: "Die Menschen lieben das Leiden, und deshalb hängt Christus immer noch an seinem Kreuz in Jerusalem."

 

[[ Aphorismus 35

Die Menschen lieben immer noch den Schmerz. Wenn sie jemanden sehen, der über dem Schmerz und der Freude steht, verdammen sie ihn und schreien: "Oh, du Gefühlloser!" Deshalb hängt Christus immer noch an seinem Kreuz in Jerusalem. ]]

 

 

Das war... (lächelnd) wie eine Art Gedankenschaum, der völlig an der Oberfläche lag, ganz oben, der ins Licht dort oben getaucht auf intellektuelle Weise das ausdrückte, was ich sah (Geste von oben), was von oben kam... Im Hinblick auf das Licht war es eine sehr interessante Erfahrung.

Wie war die Geschichte von oben gesehen?

Sri Aurobindo sagt: "Der Mensch liebt das Leiden, und deshalb hängt Christus immer noch an seinem Kreuz in Jerusalem." Dann sagte ich: Das Christentum (ich will sagen der universelle oder irdische Ursprung dessen, was sich auf der Erde durch die christliche Religion ausdrückt), die Aktion dieser Religion auf der Erde war es, "das Leiden zu vergöttlichen", denn es war notwendig, dass die Menschen die "raison d'être" (den universellen Seinsgrund) des Leidens nicht nur als Mittel der Evolution auf der Erde verstehen, sondern diese "raison d'être" fühlten und ihr zustimmten. Im Grunde könnte man sagen, dass sie das Leiden verheiligten, damit es als unentbehrliches Mittel für die irdische Evolution anerkannt wird.

Diese Aktion ist mehr als ausgebeutet worden, und man müsste jetzt darüber hinaus gehen. Man muss sie hinter sich lassen, um etwas anderes zu finden.

Einmal sagtest du auch: "Nicht ein gekreuzigter, sondern ein verherrlichter Körper wird die Welt erretten." [[Siehe Agenda Bd. 1 vom 1. Januar 1957.]]

Ja, ein Christ schickte mir ein Bild von Christus am Kreuz, und dann darüber der auferstandene Christus in seinem Aufstieg zum Himmel - so sehen sie die Erlösung!

Es spielt sich dort oben ab.

Ja, indem man zum Himmel aufsteigt.

(langes Schweigen)

Hattest du manchmal diese Art von sehr globaler Vision in Zeit und Raum, wo jede Sache ihren Platz einnimmt und wo alles durch ein totales Bewusstsein koordiniert wird?... (Vielleicht ist das nur für mich neu.) Es ist eine Vision des Wissens. Ständig ist mein Bewusstsein (Geste darüber und darum herum) ein Bewusstsein der Aktion. Seit dem Beginn dieser Pulsationen der schöpferischen Liebe ist es ein Bewusstsein der Aktion: immer die Aktion - die Aktion, die Aktion, die ewige Aktion; im Grunde eine immerwährende Schöpfung.

Aber heute morgen war es keine Aktion: Es war (lachend) die "Feststellung", ich könnte sagen, die Beobachtung dieser Aktion, wie eine Art Vision, wie man ein Gemälde sieht. Anstatt auf der höchsten intellektuellen Ebene zu sein, die absolut umfassend ist, die jede Sache an ihren Platz stellt, war es... (wie soll man das erklären?) Es ist ein Wissen durch eine subjektive Schau. Keine Schau von etwas, das einem fremd ist, sondern der gleiche Bewusstseinszustand wie jener, der handelt, aber anstatt nur zu handeln, sieht er gleichzeitig. So war die Erfahrung von heute morgen. Es war ziemlich neu, in dem Sinne, dass ich sie nur ab und zu auf diese Art hatte, aber niemals in dieser Totalität, dieser Klarheit und dieser Art Absolutheit. Es ist das Empfinden eines offensichtlichen, absoluten, indiskutablen Wissens - kein Versuch, "etwas auszudrücken": Es ist SEHEN. Es ist wirklich sehen, sehen, aber sehen... nicht eine Sache nach der anderen sehen: alles gleichzeitig, eine Ganzheit in Raum und Zeit. Und jedes Detail in vollkommener Präzision, was es ermöglicht, so etwas (die Notiz über das Christentum) zu schreiben.

Um klar zu sein, muss ich alles erzählen. Gestern sprach ich mit jemandem über die ständige Gegenwart Sri Aurobindos, der hier ständig sieht, spricht, handelt. Nachdem ich das gesagt hatte, fragte ich mich: "Wie kommt es, dass dieses Gehirn..." Denn ich glaube, ich habe dir schon gesagt, dass ich, nachdem Sri Aurobindo seinen Körper verlassen hatte, mehrere Male, an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen, während ein oder zwei Stunden aufrecht neben seinem Bett stand, und ich fühlte - ich spürte es MATERIELL -, wie das, was aus seinem Körper austrat, in meinen eindrang. Es war so stark, dass ich mich erinnere, gesagt zu haben: "Wenn irgend jemand das Überleben leugnet, habe ich nun den Beweis, dass ein solches existiert." Da sagte ich mir: "Warum funktioniert mein Gehirn immer noch nach seiner gewöhnlichen Routine, wo doch das Bewusstsein der Gegenwart konstant da ist?" Und heute morgen hatte ich diese Erfahrung, und während derselben hatte ich den Eindruck: So also sah Sri Aurobindo die Dinge! (Lachend) Das muss es sein!... Und seit einiger Zeit bemerke ich: Sobald sich etwas formuliert - für diesen Körper oder für andere Körper, für Ereignisse, für... - weder ein Verlangen, noch eine Aspiration, aber so etwas wie die lebendige Wahrnehmung einer Möglichkeit, die sich realisieren SOLLTE - manchmal kommt so etwas -, dann geschieht es! Und es geschieht automatisch, unverzüglich. Heute morgen, während, oh, einer halben Stunde, war es so reizend, so angenehm, der Eindruck: "Ah, da haben wir's! SO muss man die Dinge sehen!"

Nachher musste ich mich um andere Sachen kümmern, aber es ist immer noch da. Die Frage war: "Warum nur? Warum hat dieses Gehirn nicht die Fähigkeit, die Dinge wahrzunehmen und sie zu beschreiben, wie er es vermochte?"

Die Schlussfolgerung daraus: Ich habe immer gehört (ich weiß nicht, ob es stimmt), dass die Männer so und die Frauen anders denken. Äußerlich ist es nicht sichtbar, aber vielleicht ist die Haltung - die mentale Haltung - verschieden. Die mentale Haltung seitens Prakriti ist immer die Aktion; die mentale Haltung seitens Puruscha  ist die Konzeption: das Leitprogramm, die Gesamtschau und auch die Feststellung, so als ob er beobachtete, was Prakriti getan hat, und sehen würde, wie es getan wurde [[Prakriti-Puruscha: die beiden ewigen Prinzipien, weiblich und männlich, die sich ausdrücken können durch Werden und Sein, Natur und Seele, Kraft und Bewusstsein...]]. Jetzt verstehe ich. So ist das. Natürlich ist kein Mann (hier auf Erden) ausschließlich maskulin, und die Frauen sind nicht ausschließlich feminin; all das wurde vermischt und wieder vermischt. Ebenso wenig gibt es eine einzige Rasse, die absolut rein ist: all das ist vorbei, vermischt (dies ist eine andere Art, die Einheit wiederherzustellen). Aber es gab TENDENZEN. So wie das, was ich über die Israelis und die Moslems schrieb, nur eine Art ist, es auszudrücken; wenn man mir sagte: "Sie selbst haben das ja gesagt", würde ich antworten: "Ja, ich habe das gesagt, ich kann auch andere Dinge sagen, viele andere!" Es ist eine Weise, gewisse Dinge auszuwählen und für eine bestimmte Aktion in den Vordergrund zu rücken (es geschieht immer für eine Aktion). Aber im Moment ist alles so: vermischt, und vermischt überall im Hinblick auf eine allgemeine Vereinigung - es gibt keine einzige Nationalität, die rein und von den anderen abgesondert wäre, das existiert nicht mehr. Aber für eine gewisse Schau hat jedes Ding seine wesentliche Rolle, seinen Daseinsgrund, seinen Platz in der universellen Geschichte. Wie dieser so starke Eindruck, dass die Chinesen vom Mond stammen, dass, als der Mond sich abkühlte, gewisse Wesen auf der Erde Zuflucht nahmen, und dass diese Wesen der Ursprung der chinesischen Nation sind. Aber jetzt bleibt nur noch eine Spur - eine Spur, die Erinnerung an ihre Besonderheit. Überall ist es so; betrachtet man die Individuen einer Nation, gibt es in jeder Nation alles, aber mit der Erinnerung... der Erinnerung an eine Besonderheit, die ihr Daseinsgrund in der großen irdischen Entfaltung war.

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Er war da, so gegenwärtig, so konkret, hast du ihn gefühlt? Sri Aurobindo.

Ich hörte auf, weil die Zeit um war.

Wenn er so ist, bist du darin eingeschlossen - du bist nicht außerhalb, sondern darin. Er ist so, umhüllend. Du bist darin.

Ein Teil deiner Atmosphäre (Geste oberhalb von Satprems Kopf) ist völlig in Einklang damit, ohne Unterschied.

 

***

 

2. August 1967

 

 

(Über einen Anhänger des Tantrismus, Schüler von X.)

Siehst du manchmal W?

Ja, ich traf ihn gestern.

Er schrieb mir heute: Er ist voller Aufruhr. Was sagte er dir gestern?

Ach...

Er war nicht in bester Verfassung.

Nein, ganz und gar nicht.

Voller Aufruhr. Nachts hat er Herzschmerzen, Brustschmerzen, Kopfschmerzen, Schmerzen überall. Heute schrieb er mir: "Willst du etwa, dass das bis zum Ende der Welt so weitergeht?" Ich antwortete ihm: Genau das Gegenteil will ich!

Gestern sprach ich eine halbe Stunde lang mit ihm, aber er war wie... weißt du, wie vernagelt: er hatte im voraus entschieden, dass er nichts von dem, was ich ihm sagte, verstehen würde. Ich versuchte, bis auf den Grund durchzudringen, aber... Er sagte mir (dies ist eine alte Formation, die auf ihm lastet), dass er alles, was er unternehme, eine Zeitlang mache, worauf ihm eine Katastrophe zustoße und er es abbrechen müsse. Jetzt, sagt er, mache er eine spirituelle Anstrengung, und es sei ihm wieder eine Katastrophe zugestoßen (ich weiß nicht welche). Natürlich sagte ich ihm, dies treffe in keiner Weise zu. Es sei im Gegenteil das Zeichen dafür, dass er den Punkt erreicht habe, wo die Tür sich öffnen und er sich transformieren könne. Er weigert sich aber zu verstehen. Weißt du, wenn die Leute so hartnäckig sind, gibt es kein Mittel, man dringt nicht durch.

Da dachte ich, du könntest vielleicht mit ihm sprechen.

Ich sah ihn gestern Abend, und ich hatte den Eindruck, dass es ihm gut tat, dass er mir auf jeden Fall zuhörte...

Ich hatte auch den Eindruck, dass er dir zuhören würde (deshalb erwähne ich die Sache).

Ja, ich versuche es.

Dann ist es gut... Weißt du, wenn man sich in einen eisernen Käfig einschließt und sagt: "Es ist unmöglich, unmöglich, unmöglich..."

Das ganze tantrische Japa, das er praktiziert hat, ist ein großes Hindernis für ihn.

Aber warum fährt er damit fort?

Das ist ja gerade das Problem, es gelingt ihm nicht, die Kraft zu finden, es aufzugeben.

Ah, voilà! Er fährt damit fort...

Gestern versuchte ich ihm zu sagen, dass diese Art von Disziplin sehr machtvoll ist und sich gut für bestimmte Leute eignet, aber dass man damit eine immer engere Kraft um sich webt, in die man sich selbst verstrickt.

So ist es. Ja, genau!

Aber er muss den Mut aufbringen, es abzubrechen. Das ist sein Problem.

Kein einziges Mal sagte er mir: Ich will aufhören.

Aber er wagt es nicht. Und du sagst es ihm auch nicht, somit... (aber natürlich ist es schwer für dich, es ihm zu sagen).

Gestern erklärte ich ihm, welche Wirkung dieses Japa auf ihn hat, ich erklärte es ihm im Detail, aber ich glaube, er verstand nichts. Ich riet ihm, es zu wechseln; ich gab ihm sogar das Mantra (denn das ist die höchste Befreiung, wenn man damit arbeitet), ich wollte eben, dass er damit übt, anstatt ihn ganz ohne Mantra zu lassen. Aber gestern fragte ich ihn: "Fährst du damit fort?" Er antwortete: "Ach, nur ein bisschen."

Natürlich sind in einem selbst (und folglich um einen herum) genau die Kräfte, die sich der eigenen Verwirklichung entgegenstemmen. Das System dieser tantrischen Mantras besteht darin, in den Wesen des Übermentals einen Stützpunkt zu finden im Kampf gegen diese Kräfte, die viel stärker sind als sie, die Götter, es sind - der Beweis ist, dass sie (die Götter des Übermentals) trotz all ihres guten Willens niemals einen harmonischen Ort aus der Erde machen konnten. Wir sind gezwungen, das festzustellen. Ich sagte ihm, all diese Mantras seien ein direkter Kampf gegen diese Schwierigkeit (genau das löste seine schrecklichen Kopfschmerzen aus, über die er klagt: Es ist gefährlich, es kann die ganze Funktion stören), deshalb riet ich ihm, damit aufzuhören und stattdessen mein Mantra zu nehmen. All das erklärte ich ihm gestern. Ich sagte ihm, man dürfe nicht direkt kämpfen: Man muss einen Stützpunkt in der Kraft finden, die man in sich selbst trägt, die überall zugegen ist und die die Schwierigkeit überwinden kann: "Anstatt zu kämpfen, lebe in dem anderen Bewusstsein!" Aber ich merkte, dass er verschlossen war - wie mit einem Riegel - mit einem harten Blick. Er wollte nicht verstehen. Nun denn...

Eine halbe Stunde lang hielt er mich hier auf. Es war halb eins.

Wenn du ihm das erklären kannst, wird es ihm, glaube ich, gut tun.

Gestern Abend drang es durch, ich hatte etwas berührt.

Ja.

Aber...

Das Ergebnis war, dass er mir heute morgen sagte: "Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, ich fühlte einen Schmerz im Herzen, einen Schmerz, ich weiß nicht mehr wo (an drei oder vier Stellen), ich kann nicht essen, unmöglich" (kurz, eine Schilderung des großen Dramas), und er sagte mir: "Willst du, dass es mir bis ans Ende der Welt so geht?"

Sein Problem ist, sich von diesem Tantrismus zu lösen.

Nein, er hat zwei Probleme. Eins im Hinblick auf die Aktion, und dann herrscht ein gewaltiger Stolz in der ganzen Familie; sie sind schrecklich eitel, es ist eine Formation... Das war gestern in ihm, es war wie zusammengeballt. Da sagte ich ihm: "Habe etwas mehr Demut, etwas mehr Bescheidenheit!"

Nicht wahr, man will um keinen Preis aufgeben.

Es ist das Empfinden, dass man rein gar nichts ist, wenn man dem gegenüber steht... man kann es nennen, wie man will, das spielt keine Rolle (ob man dabei von der Idee des Bewusstseins oder der des höchsten Herrn ausgeht, ist egal). Aber es bedeutet, auf konkrete Weise zu fühlen, dass man nichts ist, solange man in seiner kleinen Person verharrt, und man wird alles, wenn man auf diese kleine Person verzichtet. Genau dies verstehen sie nicht. Der Stolz ist einfach... Man hat einen Kontakt mit der inneren Ewigkeit, der inneren Allmächtigkeit, aber man ist in seinem kleinen Ego eingeschlossen; das Ego stellt sich vor, dass es Das sei, und es meldet seinen Anspruch - es setzt sich fest und will sich nicht mehr rühren, ein kolossales Ich. Es ist genau die höchste Wahrheit (lachend) in ihrer Verformung.

Ich versuchte, ihm das gestern verständlich zu machen (nicht so direkt, ich sagte es ihm sehr freundlich).

Sicherlich sieht man folgendes: Jene, die genau das Gegenteil sind und auf dem Boden kriechen, haben keine Substanz, mit denen kann man nichts anfangen; man muss versuchen, ihnen etwas Vertrauen einzuflößen. Aber das ist nichts. Während man mit diesen da etwas ausrichten kann; aber... ach, sie werden wütend auf einen.

Der Kontakt mit den großen Asuras, den ersten Asuras ist so: das volle Bewusstsein ihrer ungeheuren Kraft, ihrer wunderbaren Fähigkeiten - sie vergessen nur eine Sache, und zwar dass sie keinen Verdienst daran haben, dass sie sie nicht als Eigentum besitzen. So schneiden sie die Verbindung ab und werden Instrumente der Unordnung und Verwirrung.

Jener Herr der Lüge...

Für das menschliche Bewusstsein sind diese Dinge schrecklich, aber von dort oben kann man nur darüber lächeln. Ich erinnere mich, während des Krieges verdarb ich ihm sein Werk mit Hitler, woraufhin ich ihn traf und ihm sagte: "Du weißt sehr gut, dass deine Zeit abgelaufen ist." Er antwortete: "Ich weiß es, aber bevor ich abtrete, werde ich so viel Zerstörung wie möglich anrichten."

Kindereien.

***

(Etwas später)

Ich habe dir schon erzählt, dass ich gerade mit den Lehrern der Schule in Verbindung stehe. Eine "Konferenz" findet statt, hier (Mutter reicht Satprem ein Blatt Papier). Ein Punkt ist interessant:

 

Eure Schwierigkeit rührt von der Tatsache her, dass Ihr immer noch an diesem alten Glauben festhaltet, gewisse Dinge im Leben seien hoch und andere niedrig. Das ist nicht richtig. Nicht die Dinge oder Tätigkeiten sind hoch oder tief, sondern das Bewusstsein dessen, der handelt, ist wahr oder falsch...

 

Dies ist der interessante Punkt.

 

Wenn Ihr Euer Bewusstsein mit dem Höchsten Bewusstsein vereinigt und Es manifestiert, wird alles, was Ihr denkt, fühlt oder tut, leuchtend und wahr. Nicht das Thema des Lehrstoffs muss geändert werden, sondern das Bewusstsein, mit dem Ihr lehrt, muss erleuchtet werden.

(31. Juli 1967)

 

Dann stellte mir Y Fragen über de Gaulle (Mutter reicht ein anderes Blatt Papier):

 

Solange man  für  die einen und  gegen  die anderen ist, ist man notgedrungen weit von der Wahrheit entfernt.

Die ganze aktuelle Politik ist auf der Lüge aufgebaut, und keine Nation kann sich dieser Lüge völlig entziehen.

De Gaulle besitzt einen Keim inneren Lebens, er weiß, dass es eine höhere Kraft als die physischen und mentalen Kräfte gibt... und deshalb ist er aufnahmefähiger als viele andere.

Aber er hat seine Ideen, Prinzipien, Vorlieben usw., womit er sich grob täuschen kann, wie alle menschlichen Wesen.

Durch all den Unsinn und all das Chaos hindurch ist das Wahrheitsbewusstsein am Werk, überall, an allen Punkten der Erde zugleich, in allen Nationen, allen Individualitäten, ohne Vorlieben oder Unterscheidung, überall, wo es einen Funken Bewusstsein gibt, der es empfangen und manifestieren kann.

(29. Juli 1967)

***

(Mutter liest Satprem ein Zitat von Sri Aurobindo vor:)

 

 

Ständig wiedergeboren zu werden

ist die Bedingung für materielle Unsterblichkeit.

Sri Aurobindo

 

Das ist großartig.

***

(Später, nach einer Meditation:)

Tag für Tag, fast Stunde um Stunde, im dem Maße, wie die Kraft zurückkommt... Nicht wahr, ich hatte gesagt, dass sie vollkommen verschwunden war [[Zur Zeit der schweren Prüfung im März 1962, als Mutters Leben in Gefahr zu sein schien.]], und das stimmte. Sie war völlig verschwunden, um den Körper ganz sich selbst zu überlassen, für seine Umwandlung, könnte man sagen; aber sobald in diesem körperlichen Bewusstsein erst einmal die gleiche Aspiration und die gleiche Glut des Bewusstseins erwacht (mit einer viel größeren Stabilität als in irgendeinem anderen Teil des Wesens; im Körper gibt es keine Schwankungen wie im Vital und im Mental, er ist sehr beständig), sobald dies einmal etabliert ist (durch etwas wie aufeinanderfolgende Pulsationen, aber ohne Zwischenräume, zuerst in einem Detail, dann sich ausbreitend und allgemein werdend), kommt die Kraft zurück. Aber bei jeder Phase dieser Rückkehr scheinen auch die alten Schwierigkeiten wieder aufgerührt zu werden, sie scheinen wieder aufzuspringen (sie waren völlig eingeschlafen). [[Bemerkenswert ist, dass Mutter spricht, als handle es sich um ihren eigenen Körper, wo es sich doch um die kollektiven Schwierigkeiten bei den Schülern handelt.]]  Jedes Mal erlebt dieses körperliche Bewusstsein eine Art Überraschung, zugleich tief betrübt und erstaunt, dass die Gegenwart der göttlichen Macht, des göttlichen Bewusstseins, der Kraft der Wahrheit all diese Schwierigkeiten entstehen lassen kann, die im wesentlichen Schwierigkeiten der Unwissenheit, der Trägheit, der Unempfänglichkeit sind. Es kommt zurück wie Erinnerungen (Geste von unten), wie eine Schlange, die sich aufrichtet. Jedes Mal hat alles im physischen Bewusstsein den gleichen Ruf: "Warum können diese Dinge existieren, wo Du doch da bist?" Darin besteht das Erstaunen: "Wie können diese Dinge bestehen, da Du doch da bist?"

Bisher war dies in fast allen Fällen das Zeichen einer Richtungsänderung, einer Transformation, einer Erleuchtung (je nachdem), aber gerade der Fall, von dem wir sprachen (der Anhänger des Tantrismus), erschien genau wie eine Folge dieser Rückkehr der Macht (ich wusste es, er sagte es mir gestern, aber ich wusste es, als er seine Revolte hatte), und alles, was kam, waren genau diese alten Revolten, all diese alten Regungen, die vorher so stark waren, so verallgemeinert, so EINGESESSEN, und dann waren sie in ihrem Ausdruck wie verhindert durch die Tatsache, dass die Macht sich zurückgezogen hatte. Alle dösten so in ihrem Zustand dahin. Und als die Kraft erneut zu arbeiten begann, erwachte alles wieder.

Aber noch ist es nicht die volle Gegenwart, es ist nicht die totale Gegenwart des Wesens, das die Dinge durch eine unanfechtbare Allmacht ändert. Der Körper hat etwas sehr Bewegendes in der Einfachheit seines Gebetes und in seinem kindlichen Erstaunen: "Wo Du doch da bist, wie kann dies sein?"... Und alles, was zur Transformation bereit ist, wird transformiert. Aber es ist noch nicht... (wie soll ich sagen?) zwingend (Geste einer unwiderstehlichen Herabkunft), die absolute Autorität, der nichts widerstehen kann - das besteht noch nicht, bei weitem nicht.

Man weiß nicht, wie lange es noch dauern wird.

Alles, was bereit ist, sich zu ändern, ändert sich.

Ansonsten eine stetige, langsame Arbeit, unterirdisch, unsichtbar, fast nicht wahrnehmbar.

(Schweigen)

Es ist interessant, dass der Körper spontan, unmittelbar, ohne Anstrengung in sich selbst sucht, die Zellen des Körpers (es ist eine ganze WELT, es ist eine Welt!) suchen in sich selbst: "Oh, wo ist meine Unfähigkeit, wo ist meine Machtlosigkeit, wo ist... selbst mein böser Wille oder meine Dummheit oder meine Unfähigkeit, zu verstehen und zu folgen?" Etwa so. Und dann immer dieselbe Antwort: "Alles geben, alles geben, alles geben... Ich verstehe nicht, ich kann nicht verstehen, ich weiß nicht, ich kann nicht wissen - ich kann nicht, ich kann nicht handeln, ich bin unfähig, es selbst zu tun: alles für Dich, handle Du!"

Sie versuchen - alles versucht, sich vollkommen zu geben, GÄNZLICH, das heißt vorbehaltlos, alles, alles.

Es ist eine Art... nicht Besorgnis, aber vor allem eine Wachsamkeit, als ob sie alarmiert worden wären: "Nur tun, was Du willst, nur denken, was Du willst, nur fühlen, was Du willst, nur sagen, was Du willst..." So ist das ständig, ununterbrochen, Tag und Nacht. Selbst beim Handeln, beim Ausruhen, bei allem, allem: "Sein, was Du willst, fühlen, was Du willst, tun, was Du willst, existieren... ohne Unterschied."

Beim geringsten kleinen Schmerz, bei jeder kleinen Widrigkeit, bei der geringsten kleinen Ungeschicklichkeit, egal was, sofort: "Ah (ein Auffahren), das bist nicht Du."

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Das Subtilphysische scheint mehr und mehr transformiert zu werden. Es liegt immer noch ein Geheimnis zwischen den beiden Welten. Ein Geheimnis. Sie existieren nebeneinander (der physische und der subtilphysische Körper), und trotzdem... (Geste einer fehlenden Verbindung) das Subtilphysische scheint keinen Einfluss darauf zu haben (auf den Körper).

Etwas... etwas muss gefunden werden... etwas.

***

 

5. August 1967

 

 

(Mutter gibt Satprem ein Zitat von Sri Aurobindo zu lesen.)

 

Ich habe noch nie gesehen, dass irgendeine meiner Bestrebungen für ein wichtiges Ereignis im Wirken des Weltgeschehens am Ende fehlschlug, obwohl es lange dauern mag, bis die Weltenkräfte sie erfüllen.

Sri Aurobindo (Oktober 1932)

 

Das ist sehr interessant! Ich wusste nicht, dass Sri Aurobindo dies so offen gesagt hatte... Ich kannte die Tatsache, ich hatte es festgestellt, aber ich wusste nicht, dass er es so offen gesagt hatte.

Das ist interessant.

Alles ist gewiss.

(Mutter nickt zustimmend)

 

***

 

12. August 1967

 

 

Sie baten mich um eine Botschaft... Der Prinz von Kaschmir, K.S., veranstaltet am 19. in Delhi ein großes Treffen aller Parlamentarier und Mitglieder der Regierung, um ihnen mitzuteilen, dass es nur eine Politik gibt, die von Wert ist, und zwar die von Sri Aurobindo, und er bat mich um eine Botschaft. Hier ist sie:

 

"O Indien, Land des Lichtes und des spirituellen Wissens, erwache zu deiner wahren Sendung in der Welt! Zeige den Weg zu Einheit und Harmonie!"

 

Ich sagte ausdrücklich nicht "Friede" sondern Harmonie, denn "Friede" bedeutet für sie, anderen Ländern alles mögliche zu verkünden, nur um nicht kämpfen zu müssen, das möchte ich nicht.

(Schweigen)

Es geht sehr schlecht. Und im Grunde... im Grunde ist es sehr gut so, denn das konfrontiert sie mit der Notwendigkeit, etwas zu unternehmen. Nirgends befindet man sich in Sicherheit: Die Leute, die von Kalkutta abfuhren, um am 15. hierher zu kommen, wurden unterwegs angehalten, man musste den Zug umleiten, weil irgendwo Räuber lauerten, ich weiß es nicht.

Aber nein, keine Räuber! Ganz und gar nicht, deshalb ist es ja so gravierend: Studenten hielten die Züge an. Und obendrein erklärte der Ministerpräsident von Bengalen, dass ihre "Beschwerden" berechtigt seien.

Vielleicht sind sie "berechtigt", aber nicht ihre Handlungsweise.

Und er sagte, man müsse ihr Handeln "mit Sympathie" betrachten. Ich sah es heute morgen in den Zeitungen, es ist verblüffend!

(Mutter lacht) Das ist reizend.

Sie sind jedenfalls keine Räuber.

Auf jeden Fall haben die Leute, die kommen sollten, achtundvierzig Stunden Verspätung... Nein, es gibt keine Sicherheit mehr: Jemand, den wir kennen, saß in Kalkutta vor dem Fenster - er saß an seinem Tisch beim Schreiben -, von der Straße schleuderte man eine Schale Vitriol auf ihn... Warum? Man weiß es nicht.

Sie haben alle ihre Werte verloren. Gestern traf ich den Rektor der Universität von Bangalore, und weißt du, was man sie an der Universität in Psychologie lehrt? Man lehrt sie Freud und Jung! Europäische Psychoanalyse! In dem Land, wo es DAS Wissen gibt, wo es alles gibt, sucht man...

Sie sind verrückt. Nein, sie wurden völlig von den Engländern verdorben. Die zweihundert Jahre unter englischer Herrschaft haben sie völlig verdorben. Natürlich bewirkte es auch, dass die Leute erwachten, aber sie wissen nichts; sie kennen nichts, weder von der Verwaltung noch von der Regierung, gar nichts, sie haben alles verloren, und alles, was sie noch wissen, ist das, was ihnen von England beigebracht wurde, nämlich eine völlig korrupte Angelegenheit. So wissen sie nichts, sie können nicht einmal eine Entscheidung treffen.

Trotzdem kommen sie allmählich zur Erkenntnis, dass man diejenigen um Hilfe bitten muss, die etwas wissen... die Tür ist also offen.

Wir werden sehen.

Wäre alles sehr gut gegangen... Das Land ist jetzt ruiniert, die Leute sind völlig ruiniert, es gibt nur einige Banditen (die ich kenne), die immer reicher werden, aber alle anderen sind ruiniert, und... weil die Regierung nicht weiß, was sie tun soll, regieren sie mit Ideen, und was für Ideen! Ideen, die sie eben im Westen gesammelt haben, die sie nicht verstehen und die schon schlecht genug für den Westen sind, aber die hier völlig verderblich wirken.

Doch jetzt beginnen sie zu glauben, dass es vielleicht so nicht richtig ist (Mutter lacht), dass man es vielleicht anders machen sollte... In einem Monat habe ich schon vier Minister gesehen. Einer ist von hier, der Landesminister, offenbar hatte ich ihn getroffen, als er noch klein war (ich erinnere mich nicht mehr, aber er selbst erinnert sich, dass ich ihn gestreichelt habe). Neulich kam er, ich gab ihm eine Blume und ein Päckchen mit "Segnungen", und er sagte mir: "Ich werde es bei mir tragen - und damit werde ich Ihre Arbeit in der Regierung tun." Und er war wirklich entschlossen. Ein junger Mann von vierzig Jahren, glaube ich, und recht stark [[Farook Marécar.]].

Von Madras?

Nein, von hier, von Pondicherry.

Aber ich habe andere getroffen, die von der Bundesregierung kommen. Sie kommen nicht aus Neugier oder aus banalen Gründen, sondern wirklich, weil sie das Bedürfnis nach etwas spüren.

Vielleicht kann man doch etwas ausrichten...

Wir werden sehen.

***

(Mutter findet die Notiz wieder, die sie über das Christentum schrieb, und von der sie am 29. Juli sprach.)

 

Das Christentum vergöttert das Leiden, um daraus ein Instrument für das Heil der Erde zu machen.

 

Weißt du, dies kam mir wie eine Offenbarung. Anstatt dass die ganze Religion so betrachtet wurde (Geste von unten), wurde sie so betrachtet (Geste von oben)... Dazu möchte ich folgendes sagen: Die gewöhnliche Idee des Christentums ist, dass der Sohn (wenden wir ihre Sprache an), der "Sohn Gottes" kam, um seine Botschaft auf die Erde zu bringen - eine Botschaft der Liebe, der Einheit, der Brüderlichkeit, der Barmherzigkeit -, und dass die Erde, das heißt die Regierenden, die nicht bereit waren, ihn opferten, und dass sein "Vater", der höchste Herr, sein Opfer zuließ, damit es die Macht habe, die Welt zu retten. So sieht es das Christentum, dies ist die umfassendste Anschauung - die große Mehrheit der Christen versteht überhaupt nichts, aber ich möchte sagen, dass es Leute gibt (vielleicht - es könnte sein), zum Beispiel unter den Kardinälen, die den Okkultismus und seine tiefe Symbolik studiert haben, die etwas besser verstehen... aber nun. Nach meiner Vision (Mutter zeigt auf ihre Notiz über das Christentum) wäre es so, dass die menschliche Rasse, die menschliche Spezies in der Evolutionsgeschichte der Erde anfing, Fragen zu stellen und sich gegen das Leiden, das eine Notwendigkeit darstellte, aufzulehnen begann, um bewusst aus der Trägheit herauszukommen (bei den Tieren ist es sehr klar; das Leiden war das Mittel, sie aus ihrer Trägheit herauszureißen), aber der Mensch ging über diesen Zustand hinaus und begann, sich gegen das Leiden und natürlich auch gegen die Macht aufzulehnen, die es zulässt und sich seiner vielleicht als eines Mittels zur Herrschaft bedient (seiner Ansicht nach). Dies ist demnach der Platz des Christentums... Vorher gab es schon eine recht lange irdische Geschichte - man darf nicht vergessen, dass es vorher, vor dem Christentum, den Hinduismus gab, der anerkannte, dass alles - einschließlich der Zerstörung, des Leidens, des Todes, allen Unheils - Teil eines einzigen Gottes ist, des einzigen Gottes (das ist das Bild des Gottes in der Gita, der die Welt und ihre Geschöpfe "verschlingt"). So ist es hier in Indien. Es gab Buddha, dem jegliches Leiden unter jeglichen Formen zuwider war - der Verfall in allen seinen Formen, die Vergänglichkeit aller Dinge -, und der in seiner Suche nach einem Heilmittel zu dem Schluss kam, dass das einzig wahre Heilmittel das Verschwinden der Schöpfung sei... So war die irdische Situation beim Aufkommen des Christentums. Es gab also eine ganze Periode davor und eine Vielzahl von Leuten, die sich gegen das Leiden aufzulehnen begannen und ihm zu entkommen versuchten. Andere vergötterten es und ertrugen es wie ein unvermeidliches Übel. So entstand die Notwendigkeit, den Begriff eines vergöttlichten Leidens auf die Erde herabkommen zu lassen, welches das höchste Mittel darstellt, um das ganze menschliche Bewusstsein aus dem Unbewussten und der Unwissenheit herauszuführen und es zur Verwirklichung der göttlichen Glückseligkeit zu führen - nicht, indem man der Existenz seine Zusammenarbeit verweigert, sondern IN der Existenz selbst: in der Existenz selbst das Leiden (die Kreuzigung) akzeptieren als ein Mittel zur Transformation, um die menschlichen Wesen und die ganze Schöpfung zu ihrem göttlichen Ursprung zu führen.

Das stellt alle Religionen an ihren Platz in dieser Entwicklung von der Unbewusstheit zum göttlichen Bewusstsein.

Es handelt sich nicht einfach um eine kleine Bemerkung, die eben so notiert wurde: es ist eine Vision. Man kann immer die Vorstellung von etwas geben, das mental ausgedacht wurde, aber so ist es nicht: Es war, wenn man so will, eine Notwendigkeit in der Entwicklung. Das weist den Dingen ihren Platz zu.

Der Islam war eine Rückkehr zur Empfindung, zur Schönheit, zur Harmonie in der Form und die Rechtfertigung der Empfindungen und der Freude an der Schönheit. Von oben betrachtet war er nicht von sehr hoher Qualität, aber in vitaler Hinsicht war er äußerst machtvoll, und gerade das gab ihnen eine solche Macht, sich auszubreiten, Macht an sich zu reißen, zu nehmen und zu herrschen. Aber was sie schufen, war sehr schön - ihre gesamte Kunst ist großartig. Es war eine Blütezeit der Schönheit... Dann gab es andere. All das kommt eins nach dem anderen. Jede Religion kam wie eine Etappe in der Entwicklung und in der Beziehung zum Göttlichen, um das Bewusstsein zu einer Einheit zu führen, die eine Totalität ist und nicht eine Vernachlässigung einer ganzen Realität, um eine andere zu erhalten. Die Notwendigkeit der Totalität, der Gesamtheit, bewirkte, dass die Religionen so auftraten, eine nach der anderen.

So gesehen ist es sehr interessant.

Anstatt von unten gesehen zu werden, war es plötzlich eine Sicht des Gesamten von ganz oben, wie es sich organisierte, mit einem so klaren Bewusstsein, einem so klaren Willen. Jede Sache ereignete sich genau in dem Augenblick, wo sie notwendig war, damit nichts vernachlässigt würde und damit alles aus dieser Unbewusstheit herauskommen, auftauchen und mehr und mehr bewusst werden konnte... In diesem ungeheuren irdischen Geschehen findet das Christentum seinen Platz - seinen legitimen Platz. Das hat einen doppelten Vorteil: für jene, die es verachten, es zu rehabilitieren, und für jene, die glauben, es sei die einzige Wahrheit, sie sehen zu lassen, dass es nur eins der Elemente eines Ganzen ist. Voilà.

Dies interessierte mich deshalb, weil es das Ergebnis einer Vision war, und diese Vision kam, weil ich mich mit den Religionen zu beschäftigen begann (mich wieder damit beschäftigte, denn früher war mir das Thema sehr vertraut), und als man mir Fragen über die Israelis und die Moslems stellte, überlegte ich und sagte: Nun, dies ist ihre Stellung, ihr Platz, ihre Daseinsberechtigung. Dann sagte ich mir eines Tages: "Halt, es ist wirklich wahr! So gesehen ist es offensichtlich: das Christentum ist wie eine Rehabilitation des Leidens als ein Mittel zur Entwicklung des Bewusstseins."

Sri Aurobindos Aphorismus erhält so seine ganze Bedeutung... Das Christentum kam, weil die Menschen sich gegen den Schmerz auflehnten und der Welt entfliehen wollten, um sich dem Schmerz zu entziehen... und dann, mit den Jahren, im Laufe der Entwicklung bekamen die Menschen Geschmack am Leiden! Weil sie es gern haben... (so wird Sri Aurobindos Aphorismus ganz klar): "Christus hängt immer noch am Kreuz in Jerusalem." Das gewinnt seine volle Bedeutung.

***

(Etwas später)

Könnte man nicht im Bulletin veröffentlichen, was du gerade über das Christentum sagtest?

Ich möchte nicht gern über die Religionen sprechen, es ist zu früh. Es steckt noch zu viel Leidenschaft in den Leuten, wenn man mit ihnen über Religion spricht.

Aber hier ist es auf so objektive Weise ausgedrückt.

Das Unglück ist, dass jeder seine Religion für die ausschließliche Wahrheit hält.

Wir werden im nächsten Jahr sehen. Im nächsten Jahr, vielleicht im Februar - wir werden sehen.

Vielleicht wird im Monat Februar etwas geschehen.

 

***

 

15. August 1967

 

 

(Botschaft zu Sri Aurobindos Geburtstag:)

 

 

Auf jeden Fall arbeitet die Göttliche Kraft stets im Hintergrund, und eines Tages, vielleicht wenn man es am wenigsten erwartet, weicht das Hindernis, die Wolken lösen sich auf, und Licht und Sonne treten wieder hervor. Die beste Einstellung angesichts solcher Schwierigkeiten - wenn man dazu fähig ist -, besteht darin, nicht in Panik zu geraten, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern still zu beharren und offen zu bleiben, sich dem Licht zu öffnen und vertrauensvoll auf es zu warten. Ich fand, dass sich die Torturen dadurch verkürzen.

 

 

***

 

16. August 1967

 

 

Was hast du gestern beim Darschan gefühlt - nicht beim "Darschan", bei der Meditation?... Nichts Besonderes?

Nein, liebe Mutter. Es war gut, aber ich weiß nicht.

Ach... (enttäuschter Tonfall) Warst du zu Hause?

Nein, in Sri Aurobindos Zimmer.

Sieh an!...

Stell dir vor, ich setzte mich hin, als es fast Zeit war, vielleicht eine halbe Minute vorher, und sofort, ohne Vorbereitung, einfach so, wie ein Keulenschlag: eine so starke Herabkunft von etwas... ich war völlig gebannt. Als ob Sri Aurobindo mir gleichzeitig sagte (denn die Definition kam zur gleichen Zeit wie die "Sache" - es war eine Vision, die keine Vision war, sondern ganz konkret), und das Wort war: golden peace [goldener Friede]. Aber so stark! Und dann rührte sich nichts mehr. Während der ganzen halben Stunde bewegte sich nichts mehr. Das ist etwas Neues, nie hatte ich dies je zuvor gefühlt. Ich kann nicht sagen... Es wurde wahrgenommen, aber nicht wie eine objektive Vision. Spontan erzählten mir andere Leute, dass, sobald sie sich zur Meditation niedersetzten, (Geste einer massiven Herabkunft) etwas mit ungeheurer Macht herabkam, alles stillgelegt wurde, und dann das Empfinden eines Friedens, wie sie ihn noch nie zuvor in ihrem Leben gefühlt hatten.

Golden peace...

Wirklich, es erschien mir wie das goldene supramentale Licht, aber es war... ein solcher Friede! Konkret, weißt du, nicht bloß das Gegenteil von Störung und Aktivität, nein: konkret, der konkrete Friede. Ich wollte nicht mehr aufhören: man hatte geläutet, aber ich blieb noch zwei, drei Minuten. Als ich aufhörte, verschwand es. Es machte einen solchen Unterschied für den Körper - im Körper selbst -, ein solcher Unterschied, dass ich mich ganz unwohl fühlte, als es wieder verschwunden war. Ich brauchte eine halbe Minute, um mein Gleichgewicht wiederzufinden.

Es kam und ging davon. Es kam für die Meditation und verschwand dann. Während mehr als einer halben Stunde: fünfunddreißig Minuten.

Golden peace.

Am Abend (beim Balkondarschan) war eine Menschenmenge versammelt (ich glaube, es war die größte Menschenmenge, die wir jemals hatten, sie erstreckte sich über alle Straßen, so weit man sehen konnte, alles war voller Leute). Ich kam heraus, und als ich herauskam, stieg aus dieser Menge etwas wie... etwas zwischen einem Anflehen, einem Gebet und einem Protest gegen den Zustand, in dem sich die Welt und besonders das Land befindet. Es stieg in Wellen auf... Ich betrachtete das (es war äußerst beharrlich) und sagte mir dann: "Es ist nicht mein Tag sondern Sri Aurobindos Tag", ich machte so (Geste des Rücktritts) und ließ Sri Aurobindo nach vorn kommen. Als er nach vorn trat, sagte er einfach:

The Lord knows better what he is doing...

[Der Herr weiß besser als Ihr, was er tut...]

Sofort begann ich zu lächeln (ich lachte nicht, aber ich begann zu lächeln), und derselbe Friede wie am Morgen kam herab.

Voilà.

The Lord knows better what he is doing... mit seinem perfekten Sinn für Humor. Und sofort beruhigte sich alles.

Ich hatte Lust zu lachen, ich lächelte.

Warst du an deiner Tür?

Nein, ich war im Haus und beobachtete durch das Fenster, denn eine große Menge war versammelt... Aber liebe Mutter, wie kommt es, dass ich immer dasselbe wahrnehme, mit Unterschieden in der Intensität, aber IMMER dasselbe. Ich beklage mich nicht, denn es ist wunderbar friedlich, mächtig, ruhig, aber es ist immer "dasselbe". Ich kann nicht sagen, eine Meditation sei sehr verschieden von der anderen: Wenn ich bei dir bin oder beim Darschan, ist es derselbe Zustand.

Aber von der Minute an (wirklich von der Minute an - es war nicht einmal ein Zustand, es war nicht einmal ein Zeitabschnitt, es ist wirklich die Minute), von der Minute an, wo ich mit dem, was ich den Höchsten nenne, nämlich den Teil, der sich mit der Erde befasst, in Beziehung trat, war es im Verlauf der Jahre immer GENAU dasselbe.

Alles, was anders ist, liegt darunter. Das ist der Gipfel. Und der Gipfel... deshalb verwende ich das Wort "der Höchste", denn es gibt nichts anderes als "Das", nämlich ein höchster Friede, ein höchstes Licht, eine Art höchste ruhige Glückseligkeit, ein Empfinden der höchsten Macht und ein Bewusstsein - ein Bewusstsein, das alles enthält, so (Geste ins Unendliche)... und dann ist es vorbei. Es ist reglos - nicht "unbeweglich", aber weit oberhalb der Bewegung, sehr weit oberhalb. Und identisch, und das Empfinden, dass es "bis in alle Ewigkeit so sein wird". Es enthält alles, aber... (unbewegte Geste, die beiden Handflächen zurückgezogen).

Sobald man das berührt, geht alles gut.

Die Veränderung, die Bewegung, das Neue, all das geschieht, wenn man auf dem Wege ist - auf dem Wege macht man ständig Erfahrungen, eine nach der anderen; oder wenn man auf dem Weg zur Transformation ist, gibt es die eine Sache, dann eine andere, und dann wieder eine andere. Aber wenn man dort hinrührt, ist es beendet (die gleiche unbewegte Geste). Jedes Mal, wenn man damit in Berührung kommt, ist es so. Es enthält alles, aber... darum kümmert man sich nicht [[Um das, was es enthält.]].

Natürlich ist es die höchste Ruhe, die höchste Macht, das höchste Wissen, das höchste Bewusstsein... und noch mehr als das.

 

***

 

19. August 1967

 

 

Heute morgen hatte ich zwei Stunden lang wirklich die wunderbarste Erfahrung meines Lebens, was Vision und Wissen betrifft. So total... von der wesentlichsten Wahrnehmung dessen, was oberhalb der Schöpfung liegt, bis zur Wahrnehmung der Zellen des Körpers, auf diese Weise: von oben nach unten. Und auf jeder Ebene die Vision der Schöpfung.

Das dauerte zwei Stunden. Ich ging umher, machte meine Toilette, all das war absolut unwichtig, im Gegenteil: hinzu kam das Wissen, wie der Körper handeln kann, ohne den Bewusstseinszustand zu stören.

Danach gab es eine kleine Abweichung, denn es kam... ich kann nicht sagen, die Erinnerung (es war keine Erinnerung) aber all die Klagen: dasselbe wie auf dem Balkon am Tag des Darschans - die menschliche Haltung dem Höchsten gegenüber ist nur die, sich zu beklagen und zu fordern, sich zu beklagen... Voilà. Das kam wieder. Vorher war es die ganze Vision auf diese Art (Geste von oben nach unten), großartig, wirklich großartig: jede Sache, alles, die ganze Menschheitsgeschichte, die ganze Geschichte der geistigen und materiellen Evolution, alles-alles auf diese Weise, jede Sache an ihrem Platz. Es war wirklich gut. Und nachher kam diese Welle der Klagen.

Es war, als ob der Körper sagte: "Welche Haltung (das stellte die Verbindung her), welche Haltung soll ich einnehmen? Was soll ich tun?..." Denn es war die Vision des Lebens, des Todes, von allem, was sich ereignet, alles-alles war da. Das volle Wissen von allem. Oh, all die Geschichten des Todes - das war hoch interessant: wie die Menschheit zu verstehen suchte, und wie man die verschiedensten Lösungen fand, die verschiedenen lückenhaften Ansätze, und all das war Teil des Ganzen.

Und die Schlussfolgerung... Oh, in dem Augenblick hätte ich vieles sagen können über die verschiedenen intellektuellen und sogar spirituellen Haltungen der Menschheit... Es bestehen keine großen Unterschiede. Die spirituellen Haltungen... was man gewöhnlich "spirituell" nennt, läuft darauf hinaus, dass man das Göttliche zu finden versucht, indem man die Schöpfung aufhebt, genau dies hielt man für das spirituelle Leben (deshalb wurde das Wort entstellt). Die Schöpfung aufzuheben, um das Göttliche wiederzufinden... Und dann HEUTE: die heutige Schau. Offensichtlich nähert man sich dem Augenblick, wo es möglich wird... Es ist eine Frage der Zeit - es kann nicht im menschlichen Maßstab geschehen, aber man steht am Rande.

Wie ich dir sagte, bat der Körper... oh, es gab einen so wunderbaren Augenblick - einige Minuten lang -, wo er WUSSTE, wie er sein müsste. Das war großartig. Dann kam diese Erfahrung [[Mutter scheint sagen zu wollen, dass die Frage des Körpers "der Vermittler" war, der die Erfahrung dieser großen Vision des Ganzen auslöste.]]. Bis dahin ließ es sich nicht ausdrücken: Es wurde gelebt, es war ein lebendiges Bewusstsein, aber das Mental war sehr ruhig geworden, daher war es unausdrückbar. Dann kam diese große Klage der Welt zurück, und die Erfahrung begann sich auszudrücken (Mutter sucht eine Notiz). Sie begann sich auszudrücken, weil es nicht nur das anonyme Verlangen von Tausenden von Leuten war: es hagelt buchstäblich von Briefen, von Fragen, von Forderungen - Leute, die glauben, dass sie Teil der Arbeit, des Werkes sind, die glauben, sich gegeben zu haben, und was für Fragen... so unnütze Fragen, die ihnen von kapitaler Bedeutung zu sein scheinen, die aber so kindisch, dumm und unbedeutend sind: wie man ein Geschäft organisieren soll, das Datum der Eröffnung, der Name eines Hauses, eine Botschaft für ein Treffen... es hagelt nur so von allen Seiten. All das wurde mit dieser neuen Haltung gesehen - nicht "neu", das Bewusstsein war da, voll, es gab eine ganze Tendenz, diese Haltung mehr und mehr einzunehmen, aber nun war es GEWUSST, vollkommen gewusst: Was und wie man sein soll. Da stieg ich herab, um auf all dies zu antworten.

Seit einiger Zeit stellten die Leute haufenweise Fragen - ich weigerte mich, ich lehnte es ganz einfach ab zu antworten, ich antwortete mit einem Scherz: "Ich bin keine Wahrsagerin." Oder auch: "Das kümmert mich nicht, es ist nicht meine Angelegenheit." Solche Scherze, und manchmal sagte ich: "Ach nein, sollen sie mich doch in Ruhe lassen, das sind Kindereien." Leute, die glauben, sie hätten sich hingegeben, zum Beispiel ein Mann, der schon mindestens eine Million Rupien gab (er weiß nur zu gut, dass er sie gab, aber immerhin hat er gegeben!), und er will arbeiten, um noch mehr zu bringen, aber nun seine Fragen... Anstatt mit witzigen Bemerkungen zu antworten (das war meine letzte Erfahrung; die Antworten wurden diktiert, aber es sind witzige Bemerkungen), kam heute morgen etwas auf englisch (Mutter liest ihre Notiz):

 

 

Wir sind nicht hier, um ein leichtes und bequemes Leben zu führen.

Wir sind hier, um das Göttliche zu finden, das Göttliche zu werden, das Göttliche zu manifestieren.

Was uns widerfährt, liegt in der Verantwortung des Göttlichen und ist nicht unsere Aufgabe.

Das Göttliche weiß besser als wir, was gut ist für den Fortschritt der Welt und für unseren eigenen.

   

We are not here to make our life easy and comfortable.

We are here to find the Divine, to become the Divine, to manifest the Divine.

What happens to us is the Divine's outlook, it is not our concern.

The Divine knows better than us what is good for the progress of the world and our own.

 

Alle kommen, um sich zu beklagen, dass der eine gestohlen hat, dass seine Frau ihn nicht liebt, dass sein Bruder ihn im Stich lässt, dass... All die dummen Geschichten - zu Hunderten, verstehst du, es prasselt nur so herab.

***

(Etwas später, eine Sympathisantin des Aschrams, Mme Z, betreffend, die nicht aus ihrem Christentum herauskommen kann [[Durch ein recht verblüffendes Zusammentreffen fiel seit Mutters Vision vom 29. Juli ("das Christentum vergöttlicht das Leiden") das ganze Christentum über Mutter her: Mönche, kirchliche Würdenträger usw., darunter die Dame, die mehrmals in dieser Agenda auftritt. Was zeigt, dass Mutters Visionen tatsächlich Handlungen sind.]] )

Hast du diese Dame nun getroffen?

Ich habe den Eindruck, dass es möglich ist, etwas auszurichten... Wie ist dein Eindruck?

Heute morgen war auch das Christentum unter all den Dingen.

(Schweigen)

Hinter dieser ganzen irdischen Evolution steht mehr oder weniger bewusst (es ist eher ein unausgedrücktes Bedürfnis als ein präzises Bewusstsein) das Bedürfnis, das Göttliche zu leben - man kann es auch anders ausdrücken: göttlich zu leben. Offensichtlich waren das, was durch die verschiedenen Religionen ausgedrückt wurde, individuell gefundene Lösungen ("gefunden" und vielleicht teilweise gelebt). Hier [in Indien] lautete die Lösung: um wirklich wieder göttlich zu werden, darf es keine Schöpfung mehr geben. Das war die Lösung des Nirwana. Instinktiv hatte die Menschheit gefühlt, dass der Tod die Verneinung des Göttlichen war. Aber wie jede Verneinung konnte er den Weg zeigen und öffnen. Die Lösung des Christentums war nicht völlig neu, es war die Anpassung einer alten Lösung: ein Leben in anderen Welten - was sich durch die ganz kindliche Auffassung des Paradieses ausdrückt. Aber dies war eine Auffassung für den allgemeinen Gebrauch: das Leben in der Gegenwart des Göttlichen, ausschließlich beschäftigt mit dem Göttlichen, man sang, man... Es ist rührend in seiner Einfachheit. Sie stellten sich jedenfalls eine Welt vor, in der sich ein göttliches Leben verwirklicht hatte (es war aber keine materielle Welt). In den alten indischen Traditionen gab es Andeutungen von Welten, die schon göttlich waren - wie eine Reaktion auf den Nirwanismus: Wenn wir göttlich sein wollen, müssen wir aufhören zu sein, oder wenn das Göttliche rein sein will, darf es sich nicht mehr manifestieren... All das sind ungeschickte Versuche, um einen Weg zu finden, und vielleicht innere Vorbereitungen, um fähig zu werden, wirklich in Beziehung zum Göttlichen zu treten. Dann gab es die große Reaktion des Kultes der Materie, der VIEL dazu beigetragen hat, sie zu kneten, sie weniger unbewusst ihrer selbst werden zu lassen: das führte das Bewusstsein mit Gewalt in die Materie zurück. Vielleicht war all das eine genügende Vorbereitung, so dass der Augenblick der totalen Manifestation (Geste des Herabstiegs) gekommen ist.

Heute morgen während der Erfahrung spürte der Körper die ganze Glückseligkeit des Zustandes, aber er war sich seiner Unfähigkeit bewusst, sie zu manifestieren. Er war sehr bewusst, in einem so vollkommenen Frieden (Geste nach oben geöffneter Handflächen), wo nicht einmal die Intensität des Bedürfnisses bestand. Es war einfach eine Vision, wie die Dinge beschaffen waren, wie der Zustand war. In etwa so: Die irdischen Bedingungen, die Bedingungen der Substanz sind derart beschaffen, dass eine lokale und vorübergehende Manifestation als Beispiel nicht unmöglich ist, dass aber die Transformation, die die neue Manifestation des supramentalen Wesens ermöglicht - nicht nur als isolierter Fall, sondern mit seinem Platz und seiner Rolle im irdischen Leben -, nicht unmittelbar erreichbar zu sein scheint. So war der Eindruck.

Es bestand kein starker Drang, etwas zu wissen, keineswegs, es war einfach eine sehr ruhige Schau der Dinge, fast aller Bedürfnisse entleert: es war so (die gleiche Geste mit geöffneten Handflächen), so friedlich, wie man nur sein kann, lächelnd, ruhig, mit einem Gefühl der Ewigkeit... All das in diesem Körper, der sich seiner Unfähigkeit voll bewusst war. Natürlich hat der Körper sehr wohl das Empfinden, weder zu wissen, noch wissen zu können, noch wollen zu können, noch handeln zu können: einfach so (Geste mit geöffneten Handflächen), so friedlich offen, empfänglich, hingegeben wie nur möglich. Das war dann die Folge davon (die Vision, dass die Manifestation nicht unmittelbar bevorsteht).

Es endet immer auf die gleiche Art: "Was Du willst."

Aber eine sehr klare Vision, dass eine ausreichend kollektive Transformation, um eine neue Rasse auf Erden zu schaffen, erst in einiger Zeit stattfinden kann... ohne Einschätzung der Dauer, aber jedenfalls nicht unmittelbar bevorstehend.

Die Tatsache ist gewiss.

Die Tatsache ist gewiss - es ist keine bloße Möglichkeit, sondern eine TATSACHE. Aber was sich im irdischen Bewusstsein durch Zeit ausdrückt, war unabschätzbar, man kann es nicht berechnen.

 

***

 

26. August 1967

 

 

(Die Gruppe "World Union" - Einheit der Welt - betreffend.)

Ach, das ist ein alter Zopf, diese World Union... Es gibt Hunderte von diesen Gruppen, die schwatzen, die nichts tun und absolut nichts ändern.

Ja, das schien mir schon immer Kinderei und Geschwätz.

Ach... Übrigens haben sie den Mann, der diese Gruppe gründete, rausgeschmissen, sobald sie organisiert war, unter dem Vorwand, er sei nicht ehrlich, aber immerhin war er selbst der Gründer! Er besuchte Russland, und dort stieß er auf die Idee der World Union. Sie gründeten diese World Union mit vier oder fünf Personen, und vierzehn Tage später begannen sie sich zu streiten, und ein Jahr später schmissen sie den Burschen raus, der sie gegründet hatte. Dann war S an der Reihe, er hatte Ideen... Schließlich wurde auch er weggeschickt. Sie kamen zu mir, um mir ihr Missgeschick zu erzählen. Ich sagte ihnen: "Hört zu, ihr seid absolut lächerlich, denn ihr wollt die Einheit der Welt predigen, und das erste, was ihr tut, ist, euch zu streiten. Das beweist, dass ihr nicht bereit seid." Dabei blieb es. Dann rekrutierte A.B., der in Afrika sehr bekannt war, alle Arten von Leuten, und er stellte mir einige von ihnen vor, um mich zu fragen, ob sie fähig seien, etwas zu tun - absolut nichts: alte Stützen eines Hauses in Ruinen, nichts anderes!...

***

(Mutter hört der Lektüre aus dem Heft eines Schülers zu, der ihr regelmäßig Fragen stellt.)

"Liebe Mutter, man sagt, dass stets das Gute und das Wahre triumphiere, aber man sieht, dass es im Leben oft anders ist, die Bösen gewinnen und scheinen gegen das Leiden immun zu sein."

(Mutter lacht und verharrt dann schweigend)

Man verwechselt immer zwei Ideen.

In universaler und spiritueller Hinsicht wird zwar nicht das "Gute", wie die Menschen es auffassen, sondern das Wahre, die Wahrheit, das letzte Wort haben, das steht fest. Das heißt, letztlich wird das Göttliche siegreich sein. Das sagt man, das sagen alle, die ein spirituelles Leben geführt haben - es ist eine absolute Tatsache. Wenn die Menschen es ausdrücken, sagen sie: "Ich bin ein guter Junge, ich lebe nach dem, was ich für wahr halte, folglich muss mein ganzes Leben auf Rosen gebettet sein"! (Mutter lacht) Erstens ist die Einschätzung seiner selbst immer sehr zweifelhaft, und dann ist in der Welt, wie sie jetzt ist, alles vermischt. Und was sich für das halbblinde menschliche Bewusstsein offen manifestiert, ist nicht das Gesetz der reinen Wahrheit - sie verstünden es nicht einmal. Um mich genauer auszudrücken: Die höchste Vision realisiert sich ständig, aber ihre Verwirklichung in der vermischten materiellen Welt erscheint der unwissenden menschlichen Sicht nicht wie der Triumph des Guten (dessen, was die Menschen "gut" und "wahr" nennen). Aber (um es auf amüsante Weise auszudrücken) das ist nicht die Schuld des Herrn, sondern die Schuld der Menschen. Das heißt, der Herr weiß, was er tut, aber die Menschen verstehen es nicht.

In einer wahren Welt wäre vielleicht alles gleich wie jetzt, aber es würde anders gesehen.

Beides. Es gäbe einen Unterschied. Die gegenwärtige Unwissenheit und Finsternis in der Welt geben der göttlichen Handlung eine verformte Erscheinung; natürlich muss das allmählich verschwinden. Aber es ist auch wahr, dass es eine Art gibt, die Dinge zu sehen, die... man könnte sagen, die ihrer Erscheinung eine andere Bedeutung gibt - es ist beides da (Geste des Vermischens).

(Schweigen)

Es läuft immer auf eines hinaus: Das Urteil der Menschen ist falsch - weil ihre Sicht der Dinge falsch und unvollständig ist -, und dieses Urteil bewirkt notgedrungen auch falsche Resultate.

Die Welt ist in ständigem Wandel begriffen - ständig, nicht eine Sekunde lang bleibt sie gleich -, und die allgemeine Harmonie drückt sich immer vollkommener aus. Folglich kann nichts so bleiben, wie es ist, und trotz aller gegensätzlicher Erscheinungen ist das GANZE immer in ständigem Fortschritt: die Harmonie wird immer harmonischer, die Wahrheit wird immer wahrer in der Manifestation. Aber um das zu sehen, muss man das Ganze sehen, und der Mensch sieht nur... nicht einmal den menschlichen Bereich, sondern nur seinen winzig kleinen, mikroskopischen, persönlichen Bereich - er kann also nicht verstehen.

Es ist eine zweifache Sache, die sich ergänzt (die gleiche Geste des Vermischens) mit einer wechselseitigen Aktion: in dem Maße, wie die Manifestation sich ihrer selbst bewusster wird, perfektioniert sich ihr Ausdruck und wird auch wahrer. Die beiden Bewegungen gehen zusammen.

(Schweigen)

Das war eines der Dinge, die neulich sehr klar gesehen wurden, als dieses Wissens-Bewusstsein herrschte: Wenn die Manifestation ausreichend aus der Unbewusstheit aufgetaucht ist, so dass die ganze Notwendigkeit des Kampfes, der durch die Gegenwart der Unbewusstheit entstand, immer unnötiger wird, wird dieser Kampf ganz natürlich verschwinden. Der Fortschritt wird harmonisch abzulaufen beginnen, anstatt sich in Anstrengung und Kampf zu vollziehen. Genau das sieht das menschliche Bewusstsein als göttliche Schöpfung auf Erden voraus - es wird wieder nur eine Etappe sein. Aber für die gegenwärtige Etappe ist es eine harmonische Krönung, die aus diesem universalen Fortschritt (der konstant ist), statt eines Fortschritts in Kampf und Leiden, einen Fortschritt in Freude und Harmonie machen wird. Ich sah aber auch, dass das Gefühl des Ungenügens, von etwas, das nicht vollständig und nicht vollkommen ist, voraussichtlich noch für sehr lange Zeit bestehen wird (wenn die Wahrnehmung der Zeit dieselbe bleibt, das weiß ich nicht). Aber jeglicher Wechsel schließt Zeit mit ein; man kann es nicht durch den Zeitbegriff, wie wir ihn auffassen, ausdrücken, aber es bedingt eine Aufeinanderfolge.

Alle diese vermeintlichen Probleme (ständig erhält man Fragen und Probleme des Mentals - alles Probleme der Unwissenheit), all dies sind Probleme eines Erdwurms. Sobald man nach oben durchbricht, bestehen dieser Art Probleme nicht mehr. Es gibt keinen Widerspruch mehr. Die Widersprüche ergeben sich immer wegen der unzulänglichen Vision und der Unfähigkeit, etwas unter allen Gesichtspunkten gleichzeitig zu sehen.

Um konkret auf sein Heft zurückzukommen, so hat jedenfalls meines Wissens kein Heiliger zu irgendeiner Zeit jemals behauptet: "Sei gut, und es wird dir äußerlich gut gehen" - denn das ist eine Dummheit. Dies in einer Welt der Unordnung und der Lüge zu erhoffen, ist nicht vernünftig. Aber wenn man genügend aufrichtig und total in seiner Seinsweise ist, kann man eine innere Freude und eine volle Befriedigung empfinden, wie immer auch die Umstände beschaffen sind, und nichts und niemand kann das beeinträchtigen. Das ist etwas anderes. Aber dass euer Geschäft gut verläuft, dass eure Frau euch treu sei, dass eure Kinder gesund bleiben und alle diese Dinge, das sind Dummheiten.

***

(Etwas später, die christliche Sympathisantin des Aschram betreffend, die Satprem mehrere Male besuchte und die etwas... lästig wurde.)

...Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich fühle, dass sie in Not ist, in aufrichtiger Not, und dass sie da herauskommen möchte, ohne die Kraft zu haben herauszukommen.

Sie will es nicht ganz.

Ja.

Weißt du, ich hatte so eine Erfahrung, vor sehr langer Zeit, als ich noch in Frankreich, in Paris war. Ich hatte eine Freundin im Atelier (denn ich war lange Zeit in einem Malatelier), eine sehr gute Malerin. Wir waren eng befreundet, und ich hatte angefangen, ihr von der Revue Cosmique und von Théons Lehre zu erzählen. Sie stammte aus einer katholischen Familie, mit Erzbischöfen und sogar Kardinälen in der Familie, kurz, es war... Sie war äußerst interessiert und vollkommen überzeugt: sie hatte den Eindruck von einer Befreiung des Geistes und eine Aspiration gehabt. Dann, als ich die Lehre Sri Aurobindos kennenlernte, vermittelte ich sie ihr, und sie war vollkommen davon ergriffen. Oft sagte sie mir jedoch: "Solange ich wach bin, geht alles gut, aber in meinem Schlaf wache ich plötzlich mit einer schrecklichen Angst auf: Wenn die katholische Lehre doch wahr ist, werde ich in die Hölle kommen!" Das war eine Tortur. Sie sagte mir: "Wenn ich hellwach bin, sehe ich, wie völlig lächerlich es ist, aber..."

Alle, die getauft wurden und die eine Zeitlang zur Beichte gingen, sind Teil eines Ganzen, einer inneren, psychologischen Einheit, und es ist SEHR SCHWIERIG, da herauszukommen; sie sind an ein Ganzes gebunden - es gibt... eine unsichtbare Kirche, und alle diese Leute sind darin festgehalten. Um da herauszukommen, muss man im Vitalen ein Held sein. Ein wahrer Held. Denn es ist sehr stark. Ich sah dies: Alle Religionen haben eine Art Vereinigung im Unsichtbaren. Aber von allen ist die christliche Religion die stärkste auf der Welt: sie ist sehr viel stärker als die der Buddhisten, viel stärker als die der Chinesen, viel stärker als die alten hinduistischen Religionen - sie ist die stärkste. Und natürlich auch viel stärker als die jüngeren Religionen. Wenn man getauft wurde, ist man gebunden. Wenn man nicht zur Messe geht, wenn man nicht gebeichtet hat, kann man mit etwas vitaler Energie da herauskommen, aber diejenigen, die zur Beichte gingen - vor allem die Beichte -, und wenn man die Kommunion erhält, wenn man den Leuten Christus zu essen gibt... (noch eine schreckliche Sache).

Dieses Mädchen war eine echte Künstlerin und von großer Intelligenz, folglich hatte ich ein Beispiel. Im Wachzustand verstand sie wunderbar; sie selbst war wütend, aber sie hatte nicht .. sie hatte nicht die Kraft, ihr Unterbewusstsein von diesem Einfluss zu befreien.

Sie war viel intelligenter als Mme Z, gar kein Vergleich. Sie war eine begabte Künstlerin.

Was soll ich tun? Soll ich darauf hinarbeiten, etwas zu tun? Ich bin wie ein Vermittler, verstehst du. Oder soll ich sie brutal, aber mit Bewusstsein und Kraft, vor die Tatsache stellen, dass sie eine Gefangene ist und ich wirklich nichts für sie tun kann.

Ich möchte nicht, dass sie in dein Leben eindringt. Denn sie weiß es nicht, aber es kann eine feindliche Formation sein (sie ist ein völlig unbewusstes Instrument). Wenn du sehr kräftig wärst, verstehst du, wenn du viel vitale Kraft hättest, würde ich sagen: es macht nichts, man wird ihnen das Genick brechen; aber du musst aufpassen.

Du sagst selbst, dass es dich ermüdet.

Oh, ja, ich bin erschöpft.

Also.

Einmal von Zeit zu Zeit macht es nichts, aber nicht zu oft.

Ich müsste es ihr sagen.

Ja, du könntest ihr sehr höflich sagen, dass sie Luft schnappen soll! Aber sie wird dir anbieten, dich draußen zu treffen [[Die in Frage stehende Person hat eine wichtige diplomatische Stellung inne, daher die Schwierigkeit, sie "an die frische Luft" zu schicken.]] !

Ich werde versuchen, etwas zu tun, aber sie ist nicht sehr... Ach, sie machen auf mich immer den Eindruck (lachend), als ob sie von etwas Klebrigem umgeben wären, als ob sie ein Klebeband um sich hätten. Man kann nicht eindringen.

Sie bat mich um einen indischen Namen.

Oh, sie hat dich als Guru angenommen.

Ich weiß nicht, sie nahm mich als Vermittler, ja. Diese Rolle gefällt mir GAR NICHT!

(Mutter lacht) Oh, wie ärgerlich!

Aber verstehst du, ich bin im Zwiespalt zwischen der Sorge um sie und um mich. Was soll ich tun?

(Nach langem Schweigen) Kannst du mich oder Sri Aurobindo zwischen dich und die Leute, die du siehst, stellen?

Ich weiß nicht, ob ich es fertigbringe, aber ich rufe immer, ich bin immer so [Geste zum höheren Bewusstsein], ich richte meinen Anruf nach oben.

Aber so ist es nicht! Es ist HIER (Mutter macht eine Geste vor Satprems Brust), verbirg dich dahinter... (lächelnd) wie ich es vor ein paar Tagen auf dem Balkon tat.

In welchem Abstand fanden die beiden Besuche statt?

Fünf oder sechs Tage.

Wir werden sehen, ich werde versuchen...

Das letzte Mal sagte sie mir sogar, sie wolle mit mir meditieren - aber schließlich bin ich doch kein Guru!

Es ist kein angenehmes Metier! (Lachen)

Wir werden sehen, du wirst es mir sagen.

(Mutter versinkt in Konzentration)

Siehst du, Sri Aurobindo ist gegenwärtig, von hier bis da (Geste von unterhalb des Brustkorbs bis zur Stirn) Wenn du in dem Zustand bist, während die Leute bei dir sind...

Direkt vor dir.

Hast du es gefühlt? Plötzlich lag eine Art Fülle in der Atmosphäre. Als ob etwas "Angenehmes" entstände, das ist ein zu schwaches Wort: eine Art Fülle. Hast du es gefühlt?

Ja.

Es kam auf, als er kam.

Er verweilte hier.

Wenn du das hast, kannst du jeden Beliebigen treffen, es macht nichts!

(Schweigen)

Es gibt auch recht obskure Dinge in mir.

(Nach einem Schweigen) Man reicht sie dar als Opfergabe.

 

***

 

30. August 1967

 

 

Seit einigen Nächten verbringe ich fast die ganze Nacht - mehrere Stunden - an einem Platz, der sicher zum Subtilphysischen gehört, wo man das materielle Leben neu organisiert. Es ist unermesslich - unermesslich -, eine unübersehbare Menge; aber es handelt sich um Individuen, keine Masse, ich habe mit jedem von ihnen zu tun. Gleichzeitig gibt es Dokumente und Tische, auf denen man schreibt, aber keine Wände. Ein sehr merkwürdiger Ort.

Mehrere Male fragte ich mich, ob die Erinnerung an die physischen Formen mich diese Welt so sehen lässt oder ob sie wirklich so IST? Manchmal besteht kein Zweifel, denn es hat seinen vollkommen eigenen Charakter, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, und ich frage mich, ob es nicht in der aktiven Erinnerung ist. Denn ich bin mir dabei sehr bewusst, und alles ist äußerst natürlich. Es ist permanent: ich finde dieselben Dinge am selben Platz wieder, manchmal mit kleinen Unterschieden, aber Unterschiede, die durch die Aktion notwendig waren. Es ist eine zusammenhängende Welt, keine zügellose Phantasie. Aber in welchem Maße sind diese Formen eine Widerspiegelung der materiellen Formen? In welchem Maße SIND sie so, oder SEHEN wir sie nur so? Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Früher hatte ich dasselbe Problem, als ich ins Übermental ging und die Götter sah: ich zögerte immer, ob sie wirklich so sind oder ob wir sie nur wegen unserer physischen Gewohnheiten so wahrnehmen... Dort kam ich nach einiger Zeit zu einer Schlussfolgerung, aber hier, physisch?...

Seltsamerweise gibt es dort keine Türen, Fenster, Decken oder Böden, alles besteht in sich selbst und scheint gar nicht dem Gesetz der Schwerkraft unterworfen zu sein, das heißt, es gibt keine magnetische Anziehungskraft der Erde, dennoch scheint es ein Federhalter zu sein, wenn man schreibt. Wenn man auf etwas schreibt, scheint es Papier zu sein. Gibt es Dokumente, so scheinen sie in Fächern zu liegen... Man fühlt wohl, dass die Substanz nicht die gleiche ist, aber das Aussehen ist sehr ähnlich. Gerade bei dieser Erscheinung erhebt sich für mich das Problem: Legen wir wegen des gewohnheitsmäßigen Funktionierens unseres Gehirns diese Erscheinungsform darüber, oder ist sie wirklich so?

Dort treffe ich fast alle Leute. Ich habe es dir erzählt: sehr regelmäßig bist du da, und wir arbeiten. Du selbst erinnerst dich nicht. Andere erinnern sich, aber ihre Erinnerung ist... (Mutter dreht leicht den Finger) nur ein klein bisschen verschoben, das heißt, es ist nicht identisch mit dem, was ich sah. Wenn sie dann mit mir darüber sprechen, habe ich ganz den Eindruck, ja, dass es an der Übertragung in ihrem Gehirn liegt... Die objektive Realität der materiellen Welt rührt daher, dass das gleiche Objekt, wenn man es zehnmal sieht, stets ähnlich erscheint, mit Unterschieden, die logisch sind, die zum Beispiel Unterschiede der Abnützung sein können - aber dort ist es auch so. Wenn man es sorgfältig studiert, sehen zwei Leute auch in der physischen Welt die Dinge nicht genau auf die gleiche Art. Dort ist die Variation vielleicht betonter, aber es scheint ein ähnliches Phänomen zu sein...

Die Erklärung wird sehr einfach, sehr leicht, wenn man in das Bewusstsein eintritt, wo die materielle Realität zur Illusion wird - sie ist illusorisch, sie ist nicht genau: die innere Realität ist viel wahrer. In dem Falle ist es dann einfach. Vielleicht ist nur unser Mental erstaunt?

Nimm zum Beispiel die Schrift; ich bemerkte es nicht im Detail, aber wenn man dort schreibt, scheint man viel müheloser zu schreiben... ich weiß nicht, wie ich es erklären soll... Es nimmt viel weniger Zeit in Anspruch; die Dinge werden auf Papier notiert, aber ist es Papier? Es ähnelt Papier, aber es wird viel direkter notiert... Vielleicht besteht nur eine Ähnlichkeit: Wenn man zum Beispiel einen Federhalter oder einen Bleistift benützt, ist es nicht exakt ein Federhalter oder ein Bleistift, sondern es ähnelt... (wie soll ich sagen?) dem Prototyp oder Prinzip des Objektes. Aber ich wollte sagen, wenn wir noch in der Zeit der Gänsefeder oder des Stäbchens, das man in Flüssigkeit taucht, lebten, sähe ich es wahrscheinlich auf die Art!... Es muss die ESSENZ oder das Prinzip der Sache sein, die sich in der Erinnerung durch eine Ähnlichkeit ausdrückt.

Aber es ist eine Aktion. Ich kenne die Zeit nur, wenn ich zurückkomme, denn ich nahm die Gewohnheit an, jedes Mal, wenn ich zum materiellen Bewusstsein zurückkomme, nach der Zeit zu sehen (ich habe eine Uhr neben meinem Bett), deshalb kann ich sagen: es dauerte eine Stunde, es dauerte zwei Stunden. Aber dort hat man gar kein Zeitgefühl, es ist überhaupt nicht dasselbe Empfinden - der INHALT der Handlung zählt, und während dieser Stunden werden wirklich sehr viele Dinge getan. Ich treffe dich regelmäßig, aber auch viele andere, und ich bin an vielen Plätzen gleichzeitig. Wenn mir jemand sagt: "Ach, ich habe Sie letzte Nacht gesehen, Sie taten dies und jenes, dort oben irgendwo", antworte ich: "Nun ja, das ist wahr." Der andere sieht es mit ganz kleinen Unterschieden (dieselbe Geste der Drehung), aber die Essenz der Sache ist dieselbe.

Ich bemerkte, dass die Dinge, die sehr nah am Physischen sind, verschwinden, wenn man brüsk aufwacht und vor allem, wenn man sich beim Aufwachen bewegt, wenn man eine Bewegung macht oder sich umwendet. Erst später, wenn ich zu gegebener Zeit sehr ruhig bin und in mich gehe, kann ich wieder mit diesem Zustand in Beziehung treten. Deshalb erstaunt es mich nicht, dass die meisten Leute sich nicht erinnern. An die Erfahrungen im Vital und im Mental erinnert man sich viel leichter, aber das, was dem Physischen sehr nahe steht...

Es ist von einer solchen Beschaffenheit, dass man etwas verrückt erscheinen würde, wenn man beim Erwachen das Bewusstsein davon beibehielte. Vor zwei Tagen hatte ich diese Erfahrung und lernte viel - ich betrachtete es, studierte es, bis ich es verstand. Es geschah während der Ruhestunde am Nachmittag. Nachmittags schlafe ich überhaupt nicht, aber ich trete in das innere Bewusstsein ein, und bevor ich begann, hatte ich beschlossen, dass ich zu einer bestimmten Zeit "aufwachen" würde, das heißt, ich würde aufstehen; als es Zeit war, war ich noch völlig in meiner Aktion, und sie dauerte an, der Bewusstseinszustand setzte sich mit offenen Augen fort, und in dem Bewusstseinszustand... (ich kann nicht sagen "ich", denn es war nicht dasselbe Ich, in dem Moment bin ich viele Personen), aber das Ich dieses Moments hatte die Angewohnheit, eine Uhr aus Gold zu tragen (Geste zum Handgelenk) - nicht materiell hier, sondern "dort oben" -, und es hatte vergessen, die Uhr anzulegen, es schaute hin und merkte es: "Ach, ich vergaß, meine Uhr anzulegen, was ist aus der Uhr geworden? Warum habe ich sie vergessen?" In dieser Weise. Beim Zurückkommen (hier trage ich keine Uhr) bestanden die beiden Bewusstseinszustände gleichzeitig, und ich sagte mit lauter Stimme: "Wo ist meine Uhr? Ich habe vergessen, meine Uhr anzulegen." Als ich das sagte, wurde es mir klar. Das gab mir zu denken, ich studierte es, betrachtete es gründlich und sah deutlich, dass in dem Augenblick die beiden Bewusstseinszustände (Mutter legt die beiden Handflächen eng aufeinander) absolut simultan waren.

Das ist sehr interessant. Oh, allerlei Probleme wurden durch diese Erfahrung gelöst. Zum Beispiel das Problem vieler Leute, die man für verrückt hält und die einfach in dem subtilen Bewusstsein sind (dieselbe überlagernde Geste), das in einem gegebenen Augenblick vorherrscht. Das lässt sie Dinge äußern, die hier keinen Sinn ergeben, aber dort einen sehr klaren Sinn haben, und das Bewusstsein ist so (aufeinanderliegende, fast verschmolzene Geste). Das erklärt viele Fälle von angeblicher Verrücktheit. Auch Fälle von scheinbarer Unaufrichtigkeit sind so, denn das Bewusstsein sieht sehr klar in dem Bereich, und es ist ein so naher Bereich, dass man den Dingen die gleichen Namen geben kann (sie scheinen dieselben Formen zu haben oder ganz ähnliche Formen), aber es ist nicht das, was man hier die "greifbare Realität" nennt: materiell, äußerlich sind die Dinge nicht völlig so. Es gibt Fälle von vermeintlicher Unaufrichtigkeit, die einfach eine Mischung von zwei zu eng nebeneinanderliegenden Bewusstseinszuständen sind - zu eng, um sie aktiv unterscheiden zu können.

Oh, ein ganzer Bereich wurde erhellt - nicht nur erhellt, sondern es enthielt auch den Schlüssel zur Heilung oder Transformation. In innerer, psychologischer Hinsicht erklärte es sehr viele Dinge. Es verringert die Fälle tatsächlicher Geistesstörung und wirklicher Lügen erheblich, das heißt den Fall, wo man willentlich und bewusst das Gegenteil dessen, was geschehen ist, sagt - das kann nicht so häufig sein, wie man glaubt. Viele Leute sagen Dinge auf die Art (fließende Geste), die nicht exakt sind, aber die sie in einer anderen, nicht rein materiellen Welt bemerken, mit einer zu engen Vermischung und einem ungenügenden Unterscheidungsvermögen, um die Vermischung zu erkennen... Sri Aurobindo sagte oft, dass echter böser Wille, echte Feindseligkeit und Lügen recht seltene Fälle sind ("echt" im Sinne des Absoluten, in sich selbst bewusst und willentlich - absichtlich, absolut, bewusst), das ist selten, und dass man diese als feindliche Wesen beschreibt. Aber alles andere ist eine Art Illusion des Bewusstseins, Bewusstseinszustände, die sich überlagern (Mutter schiebt die Finger ihrer rechten Hand zwischen die der linken), ohne ein präzises Unterscheidungsvermögen zwischen den verschiedenen Bewusstseinszuständen, die so vermischt sind (dieselbe Geste), abwechselnd ineinander reichend.

(Schweigen)

Als Ergebnis sah ich die Ungeheuerlichkeit des zu lösenden Problems und des noch bevorstehenden Weges und der zu vollziehenden Transformation... Betrachtet man es in rein psychologischer Hinsicht, ist es relativ leicht und direkt, aber wenn man dorthin kommt (Mutter berührt ihren Körper), zur äußeren Form und zur sogenannten Materie, ach, das ist eine ganze Welt! Jede Lektion... sie gleichen Lektionen, die einem aufgegeben werden, das ist wirklich interessant! Lektionen mit allen Konsequenzen und allen Erklärungen. Man verbringt ein oder zwei Tage für eine winzig kleine Entdeckung. Man sieht, dass nach diesem Tag oder jenen Stunden der Arbeit im körperlichen Bewusstsein das Licht da ist, es ist verändert - die Reaktionen sind nicht mehr die gleichen, aber... (Geste einer ganzen Welt von Arbeit).

Die neue Gegenwart wird immer vertrauter, immer konkreter, und in diesen Augenblicken... in manchen Augenblicken (Geste des Anschwellens) ist es derartig konkret, dass es wie eine Absolutheit ist, und dann (Geste der Überdeckung) tritt ein anderer Bewusstseinszustand ein, und alles muss wieder von vorn begonnen werden.

Das ist interessant.

Es lehrt einen so vieles... die großen Worte, die großen Haltungen, die großen Erfahrungen, all das ist sehr gut für dort oben, aber hier... nichts Spektakuläres - alles ist sehr bescheiden, sehr still, sehr unauffällig. Sehr bescheiden. Gerade das ist die Bedingung des Fortschritts, die Bedingung der Transformation.

So sieht es aus, mein Kind.

 

***

 

3. September 1967

 

 

(Den Auroville-Strand betreffend, wo Satprem abends oft spazieren geht. Der Strand liegt ungefähr sieben Kilometer von Pondicherry entfernt.)

Ich finde, die Atmosphäre ist anders.

Dort unten?... Dort ist es wunderbar.

Ja, aber die Atmosphäre ist ganz anders, ich weiß nicht, ob es an meinem Bewusstsein liegt.

Fehlt etwas?... Reicht sie nicht bis dort hin? (Mutters Atmosphäre)

Ich weiß nicht, ich fühle mich nicht "eingehüllt" wie hier.

Als Sri Aurobindo noch hier war, fühlte ich seine Atmosphäre bis zum See [[Ungefähr zehn Kilometer von Pondicherry entfernt.]], wenn ich ausging. Wenn ich weiter wegging, verringerte es sich, und dann hörte es auf.

Aber ich glaubte, dass hier...

Ich weiß nicht, ich habe diesen Eindruck; vielleicht ist es sehr subjektiv, aber ich empfinde nicht dieselbe Geborgenheit, wenn du so willst.

Im Moment ist hier nämlich eine so gewaltige Ansammlung, weißt du. Ich staune immer darüber, dass niemandem etwas zustößt. Natürlich müssen die aufnahmebereiten und empfindsamen Leute einen großen Unterschied spüren. Es ist wirklich fast konkret geworden, weißt du, so (Geste einer geschlossenen Faust). Ich selbst spüre den Unterschied.

Daran liegt es vielleicht.

***

(Die christliche Person betreffend, die sich dem Aschram anzunähern sucht.)

Hast du sie gesehen?

Ach, ja... Es gibt gewisse Entwicklungen. Als ich sie das letzte Mal traf, spürte ich wirklich, dass sie von etwas umgeben war... etwas, das sehr aufnahmebereit erschien, aber tatsächlich völlig in seiner eigenen Struktur eingeschlossen war.

Das stimmt.

Am nächsten Tag schrieb sie mir einen Brief. Als ich diesen Brief las, hatte ich das Gefühl, die große Lüge, den Asura zu berühren. Weißt du, die WAHRE Lüge, das heißt, diejenige, die das Licht erfasst hat und eine Lüge daraus macht.

Genau so ist es.

Ich sagte: "Das ist die Lüge." Ich hatte eine eigenartige Reaktion: plötzlich wollte ich den Brief mit einem Messer durchbohren und ihn dann verbrennen.

Sieh an, das ist interessant!

Ich tat es nicht, denn ich sagte mir, dass ich ihr vielleicht ein Leid zufügen würde.

Ich hatte auch diesen Eindruck von Lüge [[Hier einige kurze Auszüge aus dem zur Debatte stehenden Brief: "... Jemand sagte: Es geht nicht darum, die Freiheit wie eine Fahne zu tragen, sondern wie ein Kreuz... Warum mag man in Ihrem Buch das Kreuz nicht? Seit aller Ewigkeit ist es die Form, die versammelt und die aufsteigt. Die Form, die nicht alleine aufsteigen will; die Form, die in eine Masse getaucht, nur mit der ganzen Masse auftaucht - die Form, die an allen Kardinalpunkten haftet und an allen Kardinalpunkten blutet... Sofort nachdem ich Sie gesehen hatte, ging ich zur Werkstatt der Leprakranken, und dort schöpfte ich nicht nur die Kraft, ihnen durch finanzielle Mittel, Fachwissen oder Freundschaft zu helfen, sondern sogar vielleicht so zu sein wie sie und bis auf den Grund ihrer wahren Misere zu gehen...]].

Amüsanterweise erhielt ich den Brief, las ihn, und dann kam Sujata ins Zimmer, sie verbrachte nur fünf Minuten hier, dann sah ich sie plötzlich wieder hinausgehen. Eine halbe Stunde später sagte sie mir: "Was ist mit dir los? Plötzlich war ich erschöpft, als hätte ich zwölf Stunden gearbeitet."

Siehst du.

Was geschah danach?

Ich schrieb ihr einen Brief, in dem ich folgendes sagte: "... Sie müssen selbst sehen, selbst fühlen. Wenn Sie mit der religiösen Erfahrung, die das Christentum darstellt, zufrieden sind, sehe ich nicht ein, warum ich Ihre Illusion zerstören sollte. Jeder folgt dem Weg, den er für gut befindet. Wenn Sie zu mir kämen und sagten: "Ich suche etwas anderes", na, gut, dann könnte ich vielleicht etwas ausrichten. Aber sonst kann ich wirklich nichts für Sie tun, und alle Worte sind überflüssig. Es liegt an Ihnen, das zu fühlen und zu sehen."

Ausgezeichnet. Genau das musste sie zu hören bekommen... Sie sind alle gleich, sie wollen von den anderen "profitieren". Das ist wirklich eine Lüge.

Dieser Brief ist sehr gut.

(Schweigen)

Diese Einstellungen enden immer in einer Krise.

Wir hatten hier eine Französin aus der Dordogne. Nach ihrer Ankunft änderte sie ihren Namen: wir nannten sie Nivedita. Sie war überaus enthusiastisch und sehr ergeben. Gleichzeitig war sie sehr christlich geblieben und versuchte, die beiden in Einklang zu bringen. Natürlich verursachte das innere Schwierigkeiten, und eines Tages, ohne recht zu wissen warum, ging sie zur Beichte - das führte zu einem Zusammenbruch. Sie geriet in eine tiefe Verzweiflung. Ich sagte ihr: "Es ist besser, du gehst fort." Und sie fuhr ab. Sie kehrte nach Frankreich zurück; dort angekommen, schrieb sie wieder verzweifelte Briefe, und dann starb sie.

Je tiefer sie dringen, desto schwieriger wird das Problem. Es ist besser... Diese Dame hat eine äußere Arbeit zu verrichten. Ich ermutigte sie nicht, uns nahezutreten, denn eines Tages wird sie dem großen Problem gegenüberstehen - symbolisch auf eine Person übertragen -, und zwar dem Problem der auf ein Dogma reduzierten Religion als absolutes Gesetz im Gegensatz zur Freiheit, und... nicht viele Leute können das ertragen.

 

***

 

6. September 1967

 

 

...Ich habe vier volle Körbe mit Briefen - mehr als hundert Briefe. Morgens ist es so (Mutter weist auf einen Stapel Briefe auf dem Tisch), und nachmittags wird es dasselbe sein. Dann kommt A um sieben Uhr abends mit noch mehr... Das bedeutet fünfundzwanzig bis dreißig Briefe pro Tag. Davon (lachend) kann ich, wenn ich hart arbeite, vier oder fünf beantworten. Verstehst du, der Rückstand vermehrt sich: vier Körbe!

***

(Etwas später)

Ich mache Entdeckungen... Ich habe entdeckt, dass mein Psychisches in ich weiß nicht welchen früheren Leben mehrere Male in einem gefolterten Körper war. Es kommt wieder für eine... (wie soll ich es ausdrücken?) weltweite, kollektive Aktion auf der Erde, damit solche Geschehnisse unmöglich werden. Eine recht interessante Arbeit.

Ich bemerkte das, weil ich mich fragte: "Warum beschäftige ich mich dauernd damit?" Ich betrachtete es aufmerksam und sah, dass das Psychische vor langer Zeit mehrere Male in einem gefolterten Körper war, während der Inquisition, aber wahrscheinlich auch in neuerer Zeit bei politischen Fällen. Wirkliche Folterungen, diese Erfindungen, bei denen die Menschen schlimmer als Monster sind - es gibt kein Tier, das so ungeheuerlich ist wie ein derartiges menschliches Bewusstsein... Es kam wieder, mit dem "Gesetz", dem Prinzip der Sache, der Entstellung des Bewusstseins, und als ich es verstanden hatte, betrachtete ich mich selbst (ich fragte mich: "Warum? Warum beschäftige ich mich damit?"), und ich beobachtete, ich verstand. Ich begann, alles Notwendige zu tun, um es aus der Schöpfung zu verbannen - manche Dinge wird es nicht mehr geben.

Nichts in der Schöpfung, das der Welt der Mineralien, der Welt der Vegetation, der Tierwelt angehört, muss verschwinden. Es gab ungeheuerliche Tiere: sie verschwanden materiell, aber nicht... nicht das Prinzip der Schöpfung; erst seit der Mensch mit seinem Mental existiert: als das Mental entstellt und von den gegnerischen Kräften pervertiert wurde. Das ist wirklich hässlich.

Wie lässt sich das auslöschen? Die Folter abschaffen zum Beispiel, Dinge dieser Art? Wie ist es möglich, sie aus dem irdischen Bewusstsein zu tilgen, so dass es nicht wieder vorkommt?

Oh, für alle wirklich abscheulichen Dinge gibt es nur eine Kraft - nur eine Kraft, die sie auflösen kann. Das wusste ich im Prinzip, aber jetzt kenne ich das praktische Mittel: es ist die Kraft der Liebe. Die Liebe ist tatsächlich allmächtig - aber die wahre Liebe, nicht was die Menschen "Liebe" nennen, nein: die wahre, göttliche Liebe.

Sieht man nur einen Tropfen von "Dem" in seiner Vollkommenheit, verschwinden alle Schatten - alle Disharmonie verschwindet. Das geschieht nur in ihrer vollkommenen Form, in ihrer essentiellen Reinheit.

Das ist wahrhaftig die Allmacht.

Und ohne... ohne die Empfindung des Sieges, das ist so wunderbar! Es ist der Über-alles-Siegreiche, der überhaupt nicht das Empfinden hat, siegreich zu sein - ganz und gar nicht.

(Schweigen)

Heute morgen spielten sich für mehr als eine Stunde wirkliche Folterszenen in ihrer Vollständigkeit ab, in allen Einzelheiten und dann... dieses wunderbare Geschehen.

Im selben Augenblick, in dem die Tortur in diesem Bewusstsein stattfindet, verschwindet sie. Sie verschwindet nicht nur für das Opfer, sondern auch für den Täter. Und die Sache selbst... Das war interessant.

Alle Details des Geschehens wurden gezeigt, mit einer solchen Präzision! Die ausgesprochenen Worte, die Bewegungen... wenn es aufgeschrieben würde, ergäbe dies einen außergewöhnlichen Roman. Das erstaunte mich besonders, denn ich bin keine Schriftstellerin, und gewöhnlich interessiert es mich nicht. Warum kam es in der Art zurück, dargestellt in so totaler Weise? Bis zur... bis zur Vollendung - das Ende war wunderbar: "Das".

***

(Dann wendet sich Mutter der Lektüre des ersten Entretiens zu, das für das nächste Bulletin bestimmt ist. In diesem Entretien vom 29. April 1953 stehen die Religionen zur Debatte... wie durch Zufall. Mutter sagte: "... andernfalls gäbe es keine Religionen: es gäbe Meister und Schüler, Menschen, die eine höhere Lehre und eine außergewöhnliche Erfahrung haben. Das wäre sehr gut. Aber häufig verwandelt sich das vom Meister übermittelte Wissen nach dessen Ableben in eine Religion. Man stellt starre Dogmen auf, religiöse Regeln bilden sich, und man muss sich den Gesetzestafeln beugen, während es zu Beginn ganz anders war. Dann wird behauptet: "Dies ist wahr, jenes ist falsch, der Meister hat gesagt..." Nach einiger Zeit wird der Meister zum Gott, und man sagt: "Gott hat gesagt."")

Soll ich das durchlassen? Es wird einen Orkan auslösen! (Das wäre gar nicht übel.)

War es so, oder hast du es verbessert?

Nein, Nein! Manchmal verbessere ich die Grammatik, aber ich habe es wirklich nicht angerührt, es war genau so.

Ich frage dich das, denn als ich diese Zusammenkünfte (auf dem Sportplatz) abhielt, fühlte ich an manchen Tagen die volle Kraft (Geste der Herabkunft), und alles, was ich sagte, kam direkt. Andere Male sprach die Erinnerung, da war alles flach. Aber wenn du mir die Gespräche wieder vorliest, merke ich, welche direkt sind und bei welchen einfach eine Maschine ablief. Und dieses Entretien war sehr gut.

Besonders bei den letzten, im letzten Jahr war es sehr klar für mich: An manchen Tagen sprach Das (Geste nach oben), ich war nur der Mund, der Klang der Stimme. Andere Male war es der ganze Vorrat an Erinnerungen, und es kam überhaupt nichts Wertvolles zum Ausdruck.

Während langer Zeit ordnete ich die Entretiens, die im Bulletin veröffentlicht wurden, anders an, denn es erschien mir zu sehr als gesprochene Sprache und zu zergliedert. Aber wenn ich jetzt eine Gesamtausgabe zusammenstelle, stelle ich die Dinge fast wörtlich wieder her, wie du sie sagtest, außer wenn es allzu holprig klingt. Sonst lasse ich es, denn ich finde, dass es gerade so seine Kraft hat.

(Mutter versinkt in Kontemplation)

Ein so großer Kopf... Er lächelte, und dann zeigte er uns beiden so etwas wie ein symbolisches Abbild der Entretiens. Wirklich interessant! Sein Kopf war so groß (etwa fünfzig Zentimeter), ganz leuchtend, in diesem supramentalen Licht... golden, aber mit Rot darin - nicht rot: rosa, aber... es ist unaussprechlich. Fast wie eine Flamme, aber nicht blendend, es gibt einem das Gefühl einer Kraft - einer wirklich allmächtigen Kraft. Er befand sich zwischen uns beiden, er hielt seine Hand ausgestreckt (alles war von dieser Farbe), und darin lag ein Würfel. Dieser Würfel stellte all die Entretiens dar. Er zeigte den Würfel, der aus einem transparenten Licht bestand... (wie soll ich sagen?) einem stetigen, ruhigen, transparenten Licht - nicht unbeweglich, aber stetig. Adern liefen hindurch: blaue Adern, silberne Adern und... Es war ein Würfel, ein symmetrischer Würfel, aber er bewegte sich: blaue Adern, silberne Adern, rote Adern und dann von Zeit zu Zeit eine kleine dunkle Linie. Er zeigte uns das, um zu sagen: "Nun, so sieht es aus." Das Ganze war ein durchsichtiger Würfel aus farblosem, transparenten Licht - rein transparent und rein leuchtend. Darin verliefen Strömungen. In einer Ecke ... (es bewegte sich, es war nicht starr) manchmal war es dunkelblau (nicht dunkel, sondern tiefblau - wirklich blau), manchmal war es silbern, manchmal weiß, und von Zeit zu Zeit, hier oder da (Geste zu verschiedenen Punkten) war an einer Ecke oder Kante (lachend) eine kleine schwarze Linie.

Er hielt es in seiner Hand und lachte.

Das war sehr gut! (Mutter lacht) Genau die Darstellung der Entretiens.

Er schien sagen zu wollen, dass das Ganze der Würfel war - ein wohl organisierter Würfel transparenten Lichts, sehr rein und sehr leuchtend, und darin (lachend) bewegte sich etwas.

Ich sah ihn im Profil (er stand gerade zwischen uns), und seine Hand, die ich sah, war gerade so zwischen uns beiden. Er zeigte es, damit wir beide es sehen konnten, dann lächelte er... ich glaube, er wollte lachen!

 

***

 

9. September 1967

 

 

(Der "unerträgliche Druck")

Sobald man etwas tun will, erhebt sich massiv die ganze Gegenbewegung... in einem Ausbruch von Dummheit, der jegliches Maß übersteigt. Möchte man Harmonie schaffen, zanken sich alle. Intelligente Leute scheinen zu verdummen und tun idiotische Dinge - seit heute morgen verbringe ich meine Zeit damit zu schreiben, um die Leute davon abzuhalten, Dummheiten zu begehen... Seltsam. Schließlich handelt es sich um intelligente Leute, verantwortliche Leute, Leute, die lange Zeit gearbeitet haben, aber... Eseleien.

Sobald ein wenig Kraft kommt - die Macht des Lichts, die Macht der Wahrheit, die Macht der Liebe (der Aspekt der Macht der Dinge) -, sobald sie sich manifestiert (Geste eines Aufsteigens), bewirkt es eine schreckliche Verwirrung: alle fühlen sich voller Energie und stellen mit dieser Energie Dummheiten an... Zieht man andererseits die Kraft zurück... (Geste des Abflachens) sind sie erschöpft und tun nichts mehr!

Nun...

 

***

 

13. September 1967

 

 

(Die katholische Dame Z betreffend, die sich im Aschram herumtreibt.)

Ich habe eine hässliche kleine Geschichte zu erzählen... Neulich, ich weiß nicht mehr wann, traf F Madame Z, die ihr sagte (sie war auch im Konzentrationslager): "Ich möchte gerne... (wörtlich), dass Satprem ins Konzentrationslager zurückkehrt, um zu sehen, ob seine Reaktion immer noch die gleiche wäre." F war so empört, dass sie sich nicht zurückhalten konnte, ihr zu sagen: "Wie monströs, einen solchen Wunsch zu hegen!"

Dies ist die Geschichte: "Ich möchte gerne, dass er ins Konzentrationslager zurückkehrt, um zu sehen..."

Das Wunderbare ist, dass ich heute das Gefühl habe, man könnte mich egal wohin schicken, alles mögliche könnte mir zustoßen, sogar schlimme Dinge... nichts würde sich rühren!

Ohne jede Bedeutung, das stimmt. Und gerade das ärgert sie. Ihrer Meinung nach kann man das Heil nur erreichen, wenn man katholisch ist.

Nun, das ist das Ende der Geschichte.

Aber sie ist noch nicht zu Ende, weißt du! Ich hatte einen Kampf mit ihr.

Oh, hat sie dir wieder geschrieben?

Ich hatte einen richtigen Kampf mit ihr.

Wann?

Als ich ihr sagte: "Ich kann nichts für Sie tun, wenn Sie nicht etwas anderes suchen", schrieb sie mir einen weiteren Brief, in dem sie sagte: "Aber ich suche tatsächlich etwas anderes" usw. Ich wollte nicht antworten. So fertigte ich eine kleine Zeichnung an, eine Art Gleichnis, das mir in den Sinn kam: eine große Sonne in einer Ecke, Bergketten wie im Himalaya, und ganz unten eine kleine Moschee, eine kleine Kirche und eine kleine Pagode und dann einen Vogel, der der Sonne entgegenfliegt... und ich schickte ihr meine Zeichnung.

(Mutter lacht) Und dann?

Sie hat mich besucht. Und es spielte sich eine wirkliche Schlacht ab; eine Stunde lang hatte ich einen wirklichen Kampf mit ihr. Denn sie bedrängte mich, sie wollte es wissen: "Warum sagen Sie nein zu mir, warum verschließen Sie Ihre Tür, warum entziehen Sie sich mir?..." So musste ich ihr alles sagen: ihr Gefängnis, ihre Religion, die ein Gebäude errichtet, in das sie eingeschlossen ist. dass man den Yoga nicht verfolgen kann, wenn man nicht dort herauskommt usw. Alles kam zur Sprache. Denn ich wurde wirklich dorthin geleitet. Ich fühlte, dass es eine wirkliche Schlacht mit ihr war. Zwei oder drei Male war ich mir einer kleinen Sache bewusst (Geste wie eine Schlangenzunge), nur eine kleine, unheilvolle Schwingung, zwei oder drei Male. "Ah!" sagte ich mir: "So ist das also." Gleichzeitig empfand sie eine Art aufrichtiger Verzweiflung und sagte: "Seit zwanzig Jahren wollte ich nach Indien kommen, zwanzig Jahre habe ich auf diesen Augenblick gewartet, warum verschließen Sie mir jetzt Ihre Tür?"

Es ist schwer, sich diesem Einfluss zu entziehen.

Sehr schwer.

Wie endete es?

Wir kamen zu keinem Ergebnis. Ich sagte ihr: "Ich verschließe Ihnen nicht meine Tür, aber ich konfrontiere Sie mit der eigentlichen Bedeutung der Sache." Ich sagte ihr: "Der Yoga beginnt damit, diese ganzen Konstruktionen zu demolieren." Sie antwortete mir jedoch: "Christus ist das Supramental." Ich sagte: "Nein, so ist es nicht."

(Mutter lacht)... Hinterließ es keine Spuren?

Ich war etwas beunruhigt, denn es war wirklich ein Kampf. Nachher betete ich viel, und es ging gut aus.

Nach diesem Geschehen muss sie F gesagt haben, dass sie dich gerne im Konzentrationslager sähe - reine Rachsucht!

Aber ich sprach wirklich aufrichtig zu ihr - nicht heftig, sondern aufrichtig, mit den Worten: "Nun, so ist es, ich kann nichts daran ändern."

Sehr gut. Es ist das beste, was ihr passieren konnte. Ihr die Sache mit einem Zuckerguss zu präsentieren, hätte ihr nicht geholfen.

Wir werden schon sehen. Wenn es ein aufrichtiger Anruf ist, wird es sich zeigen.

Ich fühlte ihre Aufrichtigkeit, Mutter, denn meine Antwort erfolgte wie auf einen aufrichtigen Anruf in ihr. Gleichzeitig empfand ich zwei oder dreimal diese kleine Schwingung, und ich sagte mir: "Oh, das ist schlecht."

Es ist die Furcht vor der Hölle, mein Kind! Diese Auffassung hat ein schreckliches Unheil in der Welt angerichtet: die Idee, dass man FÜR EWIG in die Hölle kommt, wenn man eine schwere Schuld auf sich lädt, verstehst du.

Ja, furchtbar.

Es ist eine entsetzliche, ungeheuerliche Idee.

Schaut man es sich außerhalb aller Routine an, ist es eine monströse Idee - ich weiß nicht, welcher Dämon das erfunden hat... Wenn man sagen würde: "Ihr müsst einige Jahre in die Hölle zur Buße", ginge es noch an; nicht gerade liebevoll, nicht gerade großzügig, aber immerhin zulässig; doch diese Idee "für alle Ewigkeit" - eine EWIGE HÖLLE - das ist schauderhaft! Eine teuflische Idee.

Das flößt ihnen diese Furcht ein. Selbst wenn sie es nicht bewusst zugeben, haftet es im Unterbewusstsein.

(Schweigen)

Es scheint... (Ich weiß nicht genau, denn ich hörte es nur über Umwege) eine hochgestellte katholische Person, der ich sehr offen sagte, was ich dachte, antwortete mir: "Im Kardinalskollegium lehrt man den Leuten die Wahrheit und sagt ihnen, diese Geschichte sei nicht wahr." Ich antwortete: "Gott segne die Kardinäle, aber ihre erste Pflicht wäre, diese... diese monströse Formation zu zerstören..."

Das Schreckliche ist, dass sie sich frei glaubt!

Aber ja!

Sie hält sich für strahlend oder erleuchtet. Ich sagte ihr: "Sicherlich, wenn Sie in einer Schachtel stecken und Licht in der Schachtel ist, haben Sie eine lichtvolle Fülle in der Schachtel!"

(Mutter lacht) Ach, das ist gut!

Ich sagte alles, es kam so aus mir heraus. Am Schluss war sie eiskalt. Es war eine wirkliche Schlacht.

Du hast gute Arbeit geleistet.

Verstehst du, ihre Idee ist: "Christus ist das Supramental... Christus ist schon auferstanden, er hat schon einen glorifizierten Körper, er ist schon transformiert..."

(Nach einem Schweigen) Nein, er ist wieder fortgegangen, er blieb nicht. Er hat keinen glorifizierten Körper... Er ging fort in höhere Regionen, er hat keinen glorreichen Körper. Er ist vielleicht glorreich dort oben, das ist seine Angelegenheit (lachend), aber hier... Er ging wieder fort. Sri Aurobindo selbst sagte, Christus sei ein Avatar. Ein Avatar in derselben Richtung wie Krishna, die Richtung... ja, der Güte, Fürsorge, Liebe, Harmonie. Er gehört dieser Richtung an.

***

(Über Demut)

Es ist ganz einfach, wenn man den Leuten sagt: "Seid bescheiden", denken sie sofort an eine "Demut anderen Menschen gegenüber", und diese Demut ist schlecht. Wirkliche Demut ist die Demut dem Göttlichen gegenüber, das heißt die präzise, genaue und LEBENDIGE Empfindung, dass man nichts ist, nichts kann und nichts versteht ohne das Göttliche. Selbst, wenn man ein außergewöhnlich intelligentes und fähiges Wesen ist, bedeutet es nichts im Vergleich zum göttlichen Bewusstsein. Das muss man immer bewahren, dann nimmt man immer die wahre Haltung der Empfänglichkeit ein, einer bescheidenen Empfänglichkeit, die dem Göttlichen keine persönliche Anmaßung entgegensetzt.

***

(Dann kommt die Rede auf den kleinen R und das Zusammentreffen von Paul Richards Tod und der Geburt dieses Kindes.)

Ich sah den Kleinen mit kaum zwei Monaten, als man ihn zu mir brachte. Er lag ruhig und friedlich in den Armen seiner Mutter. Sie legte ihn mir auf den Schoß, ich sah ihn an - ich betrachtete ihn und schickte ihm ein klein wenig von der Kraft, einfach so. Er bewegte sich und begann unaufhörlich zu schreien... Man musste ihn wegbringen. Aber ich fühlte genau, hätte ich mit ihm gesprochen... Es scheint, dass er zuhört, wenn man mit ihm spricht: seine Augen öffnen sich, er beobachtet, er hört aufmerksam zu, und wenn man ihm von Auroville erzählt, ist er sehr interessiert. Ich bemerkte, dass sein Bewusstsein im Mental konzentriert ist; ich wollte besonders die Reaktion auf den Druck der Kraft im Schweigen sehen (wie ich sagte: er begann zu schreien), aber wenn man mit ihm spricht, hört er zu und ist sehr interessiert.

Wenn man ihn das nächste Mal zu mir bringt, werde ich ihm eine lange Rede halten! (Lachend) Wir werden sehen, was passiert.

Das andere Kind, A.F., ist bei schlechter Gesundheit, aber es ist ganz selig, wenn man ihm Gedichte von Sri Aurobindo vorliest. Offensichtlich ist weder das eine noch das andere ein gewöhnliches Kind.

Aber ich werde es beim nächsten Mal, wenn ich R sehe, versuchen... Es ist ein "Zufall" - aber gibt es "Zufälle" in der Welt? - Ich glaube nicht... Früher... Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist, aber früher hatte Richard ein okkultes Wissen, ich hatte ihm das nötige okkulte Wissen vermittelt, so dass er seinen Körper verlassen und in einen anderen eintreten konnte. War das seine Absicht?... Ich weiß, dass er hierher zurückkehren wollte; besonders nach Sri Aurobindos Weggang hatte er es sich in den Kopf gesetzt, hierher zu kommen.

Wir wissen es nicht, wir werden später sehen.

***

(Am Ende der Unterhaltung sieht Mutter Satprem lange an)

Habe ich dir das schon erzählt?

Freunde von F, Franzosen, die schon einmal hier waren und zurückgekommen sind, schrieben mir mit der Bitte, mich zu sehen, aber der junge Mann meinte: "Beim letzten Mal sahen Sie mich sehr lange an, und Ihr Blick erschreckte mich, muss ich unbedingt wiederkommen?" (Mutter lacht) Ich hatte ihm schon eine Verabredung gegeben, bevor ich den Brief gelesen hatte. Ich schaute ihn natürlich nicht an. Aber das ließ mich etwas erkennen, durch diesen Vorfall wurde mir etwas klar. Am selben Tag erhielt ich den Brief eines Inders von etwa vierzig Jahren, in dem er schreibt: "When I was sitting in front of you, you looked at me for a long time and I felt that your eyes were burning all impurities in me." [["Als ich vor Ihnen saß, schauten Sie mich lange an, und ich fühlte, wie Ihre Augen alle Unreinheiten in mir verbrannten."]] Natürlich drückte er seine Dankbarkeit aus.

Wenn ich dort hinunter gehe [ins Musikzimmer], um die Leute zu treffen, konzentriere ich mich einfach in einer Art Anrufung an die Gegenwart des Herrn. Wenn er dann anwesend ist und ich fühle, dass der ganze Raum von ihm erfüllt ist, geht es gut. Das ist mein einziger Wunsch (unbewegliche, passive Geste nach oben gewandt). Ich drückte dies jemandem gegenüber mit den Worten aus: "Ich gebe Ihnen ein Bad des Herrn." Einfach so: "Seine Gegenwart, Sein Handeln... Seine Gegenwart, Sein Handeln..." Das ist alles. Und wenn ich sie ansehe, ist niemand mehr da: nur Seine Gegenwart und Seine Handlung.

Es hat eben auf jeden eine andere Wirkung!

Sie sagen mir: "Ihr Blick reinigt mich"... Ich möchte keine Überlegungen anstellen, und gebe keine Antworten, aber es existiert nur die Gegenwart und die Aktion. Ich versuche nicht einmal zu wissen, warum und wie oder was Er tut oder was geschieht: nichts. Als einziges dringt in mich (in dieses Bewusstsein hier) der Zustand ein, in dem sich die anwesende Person befindet: das prägt sich sehr deutlich ein. (Lachend) Neulich hatte ich eine sehr amüsante Erfahrung... Hier lebt eine junge Frau, die sich in einen Mann verliebt hat, beide sind keine Kinder mehr: sie haben beide die Dreißig überschritten oder sind zwischen 25 und 30. Sie schreibt ihm lange Briefe, schickt Süßigkeiten und Blumen; er gibt all das an mich weiter. (Sonst spielt sich nichts ab.) Es war ihr Geburtstag, und wahrscheinlich hatte sie ein recht schlechtes Gewissen, ich weiß es nicht, aber ich hatte die Geschichte völlig vergessen... An ihrem Geburtstag kam sie, ich empfing sie auf die gleiche Weise wie immer, und plötzlich verspüre ich ein Ziehen, Krämpfe, intensive Leibschmerzen. Ich fragte mich: "Was geht in ihr vor? Was ist los?" Es dauerte recht lange, ich musste mich etwas konzentrieren, damit es aufhörte. Am Nachmittag schickte mir der Mann den Brief (auf Hindi oder Gujarati) und die Schachtel Bonbons, die sie ihm gesandt hatte (ich glaube, sie sehen sich nicht). Ah! (lachend) sagte ich: "Voilà! Sie hatte Angst, ich würde mit ihr schimpfen, und so bekam sie Magenschmerzen!"... So läuft es ab, eine Arbeit in einer allgemeinen Vereinigung. Ich spüre die Reaktion der Leute in meinem eigenen Körper. So nehme ich es wahr und werde mir dessen bewusst... (lachend) Manchmal ist es eine Glückseligkeit, und manchmal sind es Magenkrämpfe!

Lustig.

 

***

 

16. September 1967

 

 

(Es geht um einen recht unangenehmen Brief, den Satprem von der katholischen Dame erhielt.)

Ja, der erste Eindruck war... unangenehm, dann dachte ich gründlich darüber nach; im Grunde rührt das ganze Übel daher, dass diese Person eine sehr hohe Meinung von sich selbst hat, sie beurteilt alles vom Gipfel ihrer Überlegenheit - nicht wahr, dieser Anschein wohlwollenden Mitleids für den Aschram... Das war mein erster Eindruck, als ich sie das erste Mal sah; seither hat er sich verstärkt, und dieser Brief bestätigt das vollkommen.

Ich sagte nichts, aber ich befragte F über diese Person, und schließlich sagte sie mir: "Ich habe dir bis jetzt nichts gesagt, da es Unbehagen in mir auslöste, aber heute berichte ich es dir. Zu Beginn sagte mir Frau Z eines Tages: "Aufgrund MEINER und IHRER Position bin ich überzeugt, dass wir dazu bestimmt sind, eine Annäherung der katholischen Kirche und des Aschrams zu bewirken..."" F sagte mir: "Ich antwortete nicht, diskutierte nicht und ließ es fallen."

Aber ich sagte mir: "Das erklärt alles..." Sie sah ihren Platz ganz oben auf dem "Gipfel" der katholischen Religion...

Ja, das sagte sie mir auch.

So ist es: sie wurde von Gott geschickt (lachend), um eine Annäherung zu bewirken.

Das Klügste ist, glaube ich, nichts zu sagen, es fallenzulassen - nicht zu diskutieren, nicht zu antworten. Wenn sie nochmals kommt (sie wird es nicht wagen, glaube ich), müssen wir nur höflich sein, das ist alles. Wenn wir antworten, spielen wir ihr Spiel (genau das will sie). Wenn du willst, bewahre ich beide Briefe nahe bei mir auf, den deinen und ihren, denn das schafft für mich ein Aktionszentrum.

Bevor sie zu mir kam, wusste ich nicht, dass sie so stark katholisch war, ich hatte nicht daran gedacht, aber als sie hier war, dachte ich einfach (ich sah es): "Meine Kleine, dir fehlt die für den Fortschritt unerlässliche Demut." Das ist alles. Dann kam all dies allmählich zum Vorschein, und gestern wurde es klar, denn es gehört eine gewisse Unverfrorenheit dazu, das zu sagen: "Wir sind dazu bestimmt, eine Annäherung zwischen der katholischen Kirche und dem Aschram zu bewirken."

Als ich ihren Brief erhielt, drehte mir die darin enthaltene Kraft buchstäblich den Magen um...

(langes Schweigen)

All dies ist Teil eines großen Organisationsplans im Mental [[Der große "Plan" ist die ganze Erweiterung des Christentums, das seit 1967 eine entscheidende Wende genommen zu haben scheint.]]...

Weißt du, in früheren Zeiten musste man Prüfungen bestehen - es waren natürlich symbolische Dinge, aber sie wussten, dass sie Prüfungen zu bestehen hatten, so waren sie wachsam. Aber heutzutage... Ich erinnere mich, ganz am Anfang, als ich die Arbeit mit Sri Aurobindo begann, wies er mich darauf hin (ich hatte es selber auch schon bemerkt): Die Lebensumstände sind in jeder Minute so organisiert, dass derjenige, der dazu bestimmt ist, eine gewisse Arbeit zu tun, einerseits mit seinen eigenen Schwierigkeiten konfrontiert wird, um diese zu überwinden, und andererseits auch mit den Schwierigkeiten der Welt, in der er arbeitet, welche er ebenfalls besiegen muss. Wenn er genug Demut besitzt, um zu sehen, was er in sich selbst transformieren muss, um fähig zu werden, die Arbeit zu tun, geht alles gut. Wenn er aber voller Stolz und Eitelkeit ist und wenn er glaubt, dass die ganze Schuld außerhalb liegt und bei ihm gar keine, verläuft die Sache natürlich schlecht. Die Schwierigkeiten spitzen sich zu. Während der ganzen Zeit, als ich die Arbeit verrichtete... wie viele Jahre? Dreißig Jahre arbeitete ich mit Sri Aurobindo, während er da war, und ich war so bequem hinter ihm verborgen (Geste des Geborgenseins hinter Sri Aurobindo): Ich stand zwar vorn, ich erweckte den Anschein, die Arbeit zu verrichten, aber ich fühlte mich völlig beschützt, so hinter ihm verborgen (die gleiche Geste); ich war vollkommen ruhig und suchte weder zu verstehen noch zu wissen, nichts - ich richtete all meine Aufmerksamkeit auf... das, was zu tun war. Selten musste ich ihm etwas sagen; manchmal fand ich mich einer Schwierigkeit gegenüber und erzählte ihm das, aber er brauchte nicht einmal zu antworten: sofort war es verstanden - dreißig Jahre ging das so.

Als er fortging, trat ein ganzer Teil - der materiellste Teil des supramentalen Herabstiegs bis zum mentalen Körper - sichtbar aus seinem Körper aus und drang in den meinen ein. Es war so konkret, dass ich spürte, wie die REIBUNG der Kräfte die Poren der Haut durchdrang... Ich erinnere mich, in dem Augenblick gesagt zu haben: "Mit dieser Erfahrung kann jeder Beliebige der Welt das Weiterleben beweisen." Es war... so konkret, als ob es materiell gewesen wäre. Danach geschah es natürlich im Bereich des Bewusstseins... Immer mehr erkannte ich, dass alles Geschehen, alle Leute, die wir treffen, alles, was uns persönlich zustößt (wenn man diesen kleinen Körper als Person nimmt), all das eine STÄNDIGE Probe ist: Man hält stand, oder man hält nicht stand - man macht einen Fortschritt, oder, wenn man nicht standhält, muss man wieder von vorn beginnen.

FÜR DEN KÖRPER ist es jetzt so geworden: Schmerzen, Störungen, Androhungen der Auflösung... Er hat immer dieses Bewusstsein, das innerlich aufrecht wie ein Schwert ist und das sagt: "Hältst du durch?" Die Zellen sind rührend in ihrem guten Willen: "Ach, so ist das? Gut, gut." Man verhält sich vollkommen ruhig und ruft den Herrn. Man wiederholt das Mantra, das automatisch kommt, und... der Friede stellt sich ein: augenblicklich ist der Schmerz verschwunden - alles, alle Bedrohungen verschwinden eine nach der anderen: "Herr, Du bist da..." Die Beweise sind so einschlägig, dass es unmöglich ist, sie zu widerlegen, diese wunderbare Gegenwart - so einfach, so einfach und so total bei allem, was kommt, bei allem, was geschieht, im geringsten Detail, um einen so schnell wie möglich zur Transformation zu führen.

Alles, was sich annähert - aus mehr oder weniger großen Abständen -, wird von der Bewegung erfasst, ohne es überhaupt zu wissen.

Deshalb habe ich den Brief der Dame aufbewahrt.

Um auf ihre Voreingenommenheit für den Katholizismus zurückzukommen, da gibt es wirklich interessante Dinge... Du weißt, dass der Papst, als er nach Bombay kam, Dinge sagte, die ich ihm selbst so mitgeteilt hatte (Geste einer inneren Kommunikation), als wir unsere Unterhaltung führten [[Siehe Agenda Bd. 4 vom 3. Juli 1963 und vom 7. September 1963, und Bd. 5 vom 2. Dezember 1964.]] (sicherlich weiß er nicht, mit wem er sich unterhielt, aber ich denke, er ist bewusst genug, um zu wissen, dass er eine Unterhaltung hatte)... Wir hatten drei solche Unterhaltungen, wovon eine lang, wichtig und genau war, und er selbst war sehr berührt, und als es Zeit war, sich zu trennen - er, um in seinen Körper zurückzukehren, und ich, um meine Arbeit wieder aufzunehmen -, meinte er: "Was werden Sie über unsere Begegnung sagen?..." Ich habe dir das schon erzählt. Als er hierher nach Indien kam, drückte er genau das aus, was ich ihm gesagt hatte; die Entschlüsse, die er dort fasste, entsprechen genau dem, was ich vorgeschlagen hatte... Das beweist, dass es eine Wirkung hat.

Hast du von seiner letzten Entscheidung gehört?... Der Priester drehte in der Kirche seinen Gläubigen immer den Rücken zu, wenn er seine Messe las: er wandte sein Gesicht der Gottheit zu und stand mit dem Rücken zu den Gläubigen (sicherlich war die ursprüngliche Idee, dass er die Aspiration und das Gebet der Gläubigen vertrat, er wandte sich an das Göttliche). Jetzt sagte der Papst: "Dreht eure Altäre herum, blickt zur Öffentlichkeit und repräsentiert das Göttliche." Das ist interessant... Hier führen sie das gerade aus, und das Komische daran ist, dass sie U gebeten haben, die Arbeit zu übernehmen, die Altäre umzudrehen. So erfuhr ich es, U erzählte es mir; in allen Kirchen hier baten sie ihn, die Altäre umzubauen. Das ist eine schwere Arbeit, denn sie sind eingemauert.

(Schweigen)

In einem Punkt möchte ich in der Tiefe meines Bewusstseins Klarheit gewinnen. Wenn diese Person wiederkommt, soll ich ihr dann die Idee einer möglichen Versöhnung ihres Christus mit dem Yoga lassen, oder darf ich wirklich keine Illusionen bestehen lassen und gilt es, ihr zu sagen: Man muss da herauskommen, wenn man den Yoga betreiben will?

Als ich ihren Brief las und die ganze Geschichte erfuhr, verhielt ich mich wie immer (Geste einer unbewegten Darbietung nach oben), da kam die WAHRE Sache (keineswegs das, was sie denkt und was der Papst denkt, sondern die WAHRE Sache): eine wesentliche Einheit, die sich auf der Erde manifestieren wird, aber nicht nur für diese Religion, sondern für ALLE Religionen, die eine Manifestation... (sagen wir, um uns leichter verständlich zu machen) eines Awatars waren, das heißt etwas von oben Gesandtes, das zur Erde kam, eine Botschaft brachte und das in einer Religion resultierte (ich spreche nicht von all dem Aberglauben und der Unwissenheit). Das wird aufgerufen, wieder zu seinem Ursprung aufzusteigen und eine komplexe, vollkommene, totale Einheit zu bilden, das heißt, die Essenz aller menschlichen Aspirationen zum... unbekannten Göttlichen. Das wird nicht nur gutgeheißen: es EXISTIERT, das heißt, es ist bereit herabzukommen.

In den egoistischen, begrenzten, menschlichen Bewusstseinszuständen drückt es sich durch die eine oder andere Person aus, oder es drückt sich durch den Papst aus, der natürlich möchte, dass... [[Mutter wollte wahrscheinlich sagen: der die Einheit unter katholischer Schirmherrschaft erreichen möchte.]] Das ist seine ganze Daseinsberechtigung, sonst wäre er nur ein kleiner Mensch wie viele andere. Das ganze Interesse des menschlichen Egoismus ist darin eingeschlossen. Genau dies entstellt alles. Aber es gibt ein "Etwas" (über das sie reden, ohne zu wissen, worum es geht), ein Etwas, das bereit ist, sich zu manifestieren. Gleichzeitig war es, als ob man mir sagte: "Sei ruhig, beunruhige dich nicht, du brauchst nichts zu tun, es WIRD SEIN, und wie gewöhnlich wirst du spontan das sagen, was du zu sagen hast, ohne es vorher zu wissen." Voilà.

Ich wollte sagen, wenn sie persönlich kommt, brauchen wir nicht versuchen, zu kämpfen oder sie zu überzeugen oder sie zu ändern, wir müssen nur... wir müssen eine Manifestation sein: weißt du, wie das Licht, das OHNE ABSICHT strahlt. So wird die Arbeit ordnungsgemäß ablaufen. Wir sind das Licht, das strahlt - ohne Absicht. Allein das Licht, das strahlt. Ganz spontan sagen wir das, was gesagt werden muss, aber ohne Absicht, ohne mentale Absicht. Wir tun, was wir tun müssen, wir sagen, was wir zu sagen haben - der Herr ist da.

Das ist interessant.

Man könnte von diesen Leuten sagen (lachend), dass ihr Ego die Haltung eingenommen hat, ein Instrument Gottes zu sein - aber es ist das Ego. Natürlich sehen sie dann nicht klar: sie sehen, was sie sehen wollen, sie tun, was sie tun wollen. Aber sie denken: "Ich bin ein Werkzeug Gottes."

Wir werden sehen.

Ich versuche, sie etwas ruhig zu halten, ich möchte nicht, dass sie zu sehr in dein Leben eingreift. Das ist eine unnütze Strapaze. Aber wenn du dich so verhältst, wenn du dich ins Licht zurückziehst und so verharrst, wird es dich nicht mehr ermüden oder jedenfalls sehr viel weniger.

(langes Schweigen)

Es ist diese außerordentliche Erfahrung, alles, was kommt, als ein Mittel zu nehmen, um zu lernen, das zu sein, was man sein soll - seine Empfänglichkeit, seine Wirksamkeit zu stärken -, dann spürt man augenblicklich eine wunderbare und allmächtige Gegenwart, aber "so", konkret.

Dann versteht man, dass nichts unmöglich ist.

***

 

20. September 1967

 

 

Jemand hat es sich in den Kopf gesetzt, eine Broschüre für den 21. Februar nächsten Jahres herauszugeben (Mutters neunzigster Geburtstag), man schickte mir nun die Broschüre mit der Bitte, eine Botschaft für die erste Seite zu schreiben. In dieser Broschüre bat man um die Meinung vieler bekannter Leute: Indira Gandhi, den Präsidenten von Indien und alle möglichen anderen; jeder sagt dasselbe in millionenfacher Wiederholung: "Große Persönlichkeit, dies und jenes..." All die üblichen Dummheiten. Ich schrieb daraufhin folgendes:

 

 

Es gibt kein anderes Bewusstsein als das Höchste Bewusstsein.

Es gibt keinen anderen Willen als den Höchsten Willen.

Es gibt kein anderes Leben als das Höchste Leben.

Es gibt keine andere Persönlichkeit als die Höchste Persönlichkeit, die der All-Einzige ist.

 

Alle üblichen Platitüden leiern sie herunter!

Ich sagte mir, das könnte ihnen eine Lehre sein.

***

(Etwas später)

Ich hatte vieles zu sagen, aber ich erinnere mich nicht mehr.

Nur eine Feststellung ist wirklich interessant, dass alle dasselbe sagen - alle, die DIE Erfahrung hatten, sagten dasselbe... nur, jeder auf seine Art, so dass es den Anschein hat, etwas anderes zu sein. Gestern war dies so klar und noch den ganzen Morgen, heute morgen sehr früh: auf diese Weise, auf jene Weise, der eine hier, der andere da (Mutter deutet verschiedene Facetten an), die Philosophen, die Religionsgründer, die Weisen aller Länder, haben stets dasselbe gesagt. Zum Beispiel scheint sich die Lehre Buddhas sehr von der des Christentums zu unterscheiden, und doch ist es immer dasselbe. Das heißt, es gibt EINEN Zustand (wenn man diesen Zustand erlangt), wo man sich des göttlichen Bewusstseins bewusst ist (nicht "bewusst von", "bewusst durch" oder "bewusst mit", ich kann es nicht erklären... das göttliche Bewusstsein ist bewusst, das heißt, das Bewusstsein in seiner Essenz), und da bestehen keine Probleme mehr, keine Komplikationen, keine Erklärungen, nichts - alles ist so klar wie nur möglich. Jeder versuchte es zu erklären, und natürlich wurde es konfus, unvollständig, falsch und widersprüchlich - aber alle sprechen von derselben Sache!

Das erschien gestern wegen eines Jungen, der mir einen Brief von einem Freund von ihm schickte mit dem üblichen Unsinn: "Ich glaube nicht an Gott, denn ich kann ihn nicht sehen." Die gewöhnliche kleinliche Dummheit. In Bezug darauf sah ich nach längerem Nachdenken, dass derjenige, der ableugnet, und derjenige, der beteuert, derjenige... dass all das (wie soll ich sagen?) Variationen desselben Themas sind, selbst wenn es das Gegenteil zu besagen scheint.

Gestern war es interessant, denn dieselbe Feststellung galt auch für die Materialisten, die meinen, dass die "konkrete" Wahrheit die einzige Wahrheit sei, nämlich das, was man ihrer Meinung nach sehen, hören und berühren kann... Es ist dieselbe Sache, derselbe Zustand - reflektiert in verschiedenen Spiegeln. Aber der Unterschied zwischen den einzelnen Spiegeln ist kein wesentlicher und radikaler Unterschied, nur... (Geste sich bewegender Facetten), ja, gewisse Leute nannten es "Spiel", aber es ist nicht einmal ein Spiel; man könnte es fast eine unterschiedliche Position nennen.

Alles, was man darüber sagt, ist unwichtig, es gehört zu diesem enormen Geschwätz, das versucht, "etwas" auszudrücken, das nicht ausgedrückt werden kann. Aber wenn man darin ist, wird es so klar, so offensichtlich - einfach, ohne Probleme. Und die Welt ist kein Problem mehr.

Selbst dieser so bedeutsam erscheinende Unterschied zwischen jenen, die die Manifestation für göttlich und wesentlich halten, und jenen, die meinen, um das wahre Göttliche zu erlangen, müsse man aus der Manifestation heraustreten (weil sie ein "Irrtum" ist, nicht wahr, ein Irrtum, der im Bewusstsein begangen wurde), selbst diese beiden Anschauungen sind ein und dasselbe! - Aber wie soll man es ausdrücken? Wenn man das sagt, scheint es idiotisch, und dennoch ist es dort oben wahr. Es ist wahr - wahr und so voll. Es ist voll und nicht leer - hier klingt alles hohl, hohl, hohl; die Leere des Unzureichenden. Aber dort oben...

Es ist fast wie ein Kaleidoskop: man dreht es, und ein anderes Bild erscheint, man dreht, und wieder erscheint ein anderes Bild, noch einmal dreht man... und dennoch ist es immer ein und dasselbe.

Jetzt macht der Körper die Erfahrung. In einem bestimmten Zustand, dem wesentlichen Zustand, der Dem entspricht, ist alles harmonisch, in einem lebendigen Frieden, lächelnd und glücklich. Bei der geringsten Kleinigkeit, einem Nichts - schon dem Eintreten einer Unstimmigkeit in die Atmosphäre - eine Geringfügigkeit -, habe ich das Gefühl von etwas äußerst Scharfem und Schmerzlichem, auf eine Art, die nicht dem Schmerz der Unwissenheit ähnelt sondern eher einem... man könnte es Unbehagen nennen, nicht einmal das... Jeder hat es auf seine Weise erklärt: die einen nennen es "von der Wahrheit in die Lüge abfallen", die anderen "vom Licht in die Dunkelheit fallen", wieder andere "vom Ananda ins Leiden fallen", andere... Jeder brachte seine Erklärung, aber es ist etwas... Ich finde keine Worte dafür, doch der Körper spürt es auf sehr intensive Weise, und er sieht, dass am Ende davon, als Konsequenz, die Auflösung steht; so wendet er seine ganze Anstrengung darauf, diese innere Harmonie wiederherzustellen, diesen harmonischen Zustand, wo alles in Einklang steht - wobei die Dinge sich dem Anschein nach nicht einmal ändern. Dennoch sind sie auf die eine Art wunderbar und auf die andere abscheulich.

Dieser Gegensatz spitzt sich mehr und mehr zu, von Minute zu Minute: in einem Augenblick ist alles göttlich, im anderen alles abscheulich - dennoch ist es ein und dasselbe.

Seit der Erfahrung auf dem Balkon am 15. August [[Der "goldene Friede".]] wurde das sehr deutlich.

Es hat nichts mit dem Denken und nicht einmal mit den Gefühlen zu tun: es ist rein materiell (Mutter berührt die Haut ihrer Hände). Es ist der Unterschied zwischen einer fortschreitenden und ununterbrochenen Harmonie, die keinen Grund hat aufzuhören, die immer bewusster, immer harmonischer wird, immer... man nennt es glückselig, froh, all das - aber das ist es nicht. Es ist "etwas"... etwas, das SO NATÜRLICH ist... das den Rhythmus der Ewigkeit besitzt - es ist DAS, und dann plötzlich (Geste der Umkehrung) ein Zurückfallen in... genau DIESELBE SACHE, alles ist das Gleiche, und alles ist das Gegenteil.

Das geht so weit, dass die materielle Wahrnehmung einer vollkommenen Harmonie (die sich nicht beschreiben lässt, da sie kaum mentalisiert ist) zu einer schweren Krankheit im Bewusstsein werden kann. Solche Dinge.

Ich habe zum Beispiel eine äußerst umfassende und zugleich vollkommene Schau, dass all jene, die versuchten, die Macht der direkten Einwirkung auf die Materie mittels der Vorstellungskraft, des Denkens, des Willens oder des Glaubens zu erklären, nur einen kleinen Aspekt der Angelegenheit erfasst haben, aber in der eigentlichen Sache gibt es keine Trennung; wenn es wahrgenommen oder erfasst wird, splittert es sich in unzählige kleine Dinge auf, aber im wesentlichen ist es... (wie soll ich sagen?) eine Seinsweise, ein Bewusstseinszustand - eine SEINSWEISE, nicht einmal ein "Bewusstseinszustand", denn das würde beinhalten, dass man sich "EINER Sache" bewusst wäre, das ist es aber nicht: es ist eine Seinsweise. Diese Seinsweise drückt sich im menschlichen Bewusstsein so aus: "Ah, das Göttliche", als Gegensatz. Es handelt sich um eine VOLLKOMMEN NATÜRLICHE, spontane Seinsweise - aber wie verwandelt sich DAS in das? Wie formt es sich um?... Ständig, ständig (Geste winziger Umkehrungen) vollzieht sich der Wechsel vom einen zum anderen, vom einen zum anderen, vom einen zum anderen, wie um zu lernen, wie Das entweicht (der Mechanismus des Übergangs). Für uns, für das ganze armselige Bewusstsein, das unzählige unheilvolle Erfahrungen durchgemacht hat, scheint es ein "Rückfall" in einen früheren Zustand zu sein, folglich ist es nicht das. Aber wie läuft der Mechanismus ab?...

Im Grunde werden wir die Lösung erst finden, wenn wir das Wie und Warum kennen.

Ständig, ständig... (die gleiche Geste winziger Drehungen).

Alle bisherigen Erklärungen sind nichts als Erklärungen. Es ist nicht wirklich DAS.

Zu wissen warum und wie, bedeutet wahrscheinlich die Macht, alles zu ändern...

In dem Falle wird es eines Tages kommen.

 

***

 

23. September 1967

 

 

Ich habe wieder einen Besuch von Frau Z erhalten...

Sie ist hartnäckig.

Sie lässt nicht locker.

Was ist denn passiert?

Ich kann es in wenige Worte fassen. Sie sprach wieder von ihrer Religion, und ich sagte ihr: "Hören Sie, wenn Sie mit Ihrer Religion zufrieden sind, bleiben Sie doch dabei!" Sie antwortete: "Aber Sie besitzen Geheimnisse, die wir nicht haben."

Ach! So ist das...

Und was hast du ihr geantwortet?

Ich erklärte ihr, dass ich kein Guru sei, und dass, wenn sie diesem Weg folgen wolle, sie einen Guru brauche, ich aber nicht dazu da sei, die frohe Botschaft zu verbreiten. Ich sagte ihr: "Wenn Sie ganz allein auf diesem Weg gehen, laufen Sie Gefahr, Ihre Gedanken und Wünsche für die Befehle Gottes zu halten, daher wäre es besser, einen Lehrer zu haben, der Sie beschützt und leitet. Ich bin jedoch in keiner Weise ein Guru." Noch einmal sagte ich ihr: "Wenn Sie es wollen, ist Mutter da, richten Sie sich an sie!" Dabei ärgerte mich eine Kleinigkeit. Sie sagte mir: "Ja, Sri Aurobindo, ich verstehe Sri Aurobindo; Sri Aurobindo ist ein Awatar, aber Mutter... sie ist eine sehr entwickelte Persönlichkeit, aber kein Awatar." Ich antwortete: "Aber welche Wahrnehmung haben Sie, um solche Dinge zu sagen!" Dann fügte ich hinzu: "Das spielt überhaupt keine Rolle..."

Ja.

"...Solange man nicht weiß, redet man darüber; ich selbst sage weder "Mutter ist ein Awatar", noch "Mutter ist kein Awatar", ich sage gar nichts. Wenn man die Wahrnehmung hat, spricht man. Das ist alles."

(Mutter lacht) Sehr amüsant!

Ich halte die Dame für ehrgeizig: ihr geht es mehr um die Macht als um das Wissen.

Aber sie belästigt dich...

Ich nehme es so, wie du es mir geraten hast.

Das ist die einzig richtige Weise.

Denn sie wird wiederkommen, es ist noch nicht vorüber.

Oh, ja, sie ist hartnäckig!

Die Geschichte läuft darauf hinaus: Ihr besitzt Geheimnisse, die wir nicht kennen.

Ja, das stimmt. Aber sie braucht nur zu lesen! Wenn sie alles liest, wird sie die Geheimnisse kennen, sie sind ALLE da. Sie sind alle da, alle.

Das Schöne an der Sache ist, dass man ewig lesen kann, ohne irgend etwas zu begreifen, solange man im Mental ist.

 

***

 

30. September 1967

 

 

Bist du auf dem laufenden über die Bekehrung des Papstes?

Die Bekehrung des Papstes! Nein.

Ich war sehr zufrieden, denn es bewies mir, dass unsere Gespräche nicht nutzlos gewesen waren. Ich fragte mich, ob er sich dessen bewusst war; ich weiß nicht, ob er mental bewusst war, aber es ist jedenfalls interessant, du kannst es lesen. (Mutter reicht Satprem einen Zeitungsausschnitt)

Vatikan, 26. September

In einem gestern Abend hier veröffentlichten Artikel erklärte der Papst, dass seine Reise nach Indien 1964 "die Offenbarung einer unbekannten Welt" gewesen sei.

Der Osservatore Romano veröffentlichte in einem Artikel Auszüge aus einem Buch, das bald erscheinen wird. Es enthält bestimmte Unterhaltungen des Papstes mit einem lebenslangen Freund, dem französischen Philosophen und Mitglied der "Académie française", Jean Guitton.

"Ich sah, wie es in der Apokalypse beschrieben ist, eine unübersehbare Menschenmenge, ein überwältigender Empfang", erklärte der Papst. "In den Tausenden von Gesichtern entdeckte ich mehr als Neugier, eine Art unaussprechliche Sympathie.

Indien ist ein spirituelles Land. Von Natur aus hat es einen Sinn für "christliche Tugenden"..."

"Christliche Tugenden", er sieht alles unter der Parole "christlich", aber das macht nichts...

"Wenn es in der Welt ein Land gibt, wo die Verheißungen der Bergpredigt jemals für die Massen Wirklichkeit werden können, ist es Indien", fügte der Papst hinzu...

Sieh dir das an!

"Was steht der indischen Seele näher als die Armut des Geistes, die Sanftmut, der Friede, die Frömmigkeit und die Reinheit des Herzens?" fragte er...

"In Indien sind nicht die Politiker Führer, so wie im Westen, sondern die Weisen und Mystiker..."

Ja.

"Das Leben verläuft in Andacht. Die Leute sprechen mit leiser Stimme. Ihre Bewegungen sind langsam und liturgisch. Das Land ist "für den Geist geboren", sagte der Papst."

Jedenfalls bedeutet es, dass er empfänglich ist.

Es erklärt die Art, wie er P empfing, als er dorthin ging. Du weißt, dass P (ein indischer Schüler Sri Aurobindos) ihn besuchte; er wurde von einem Italiener, der hierher gekommen war, zu ihm geführt (ein sehr freundlicher junger Mann, der ihn zum Besuch Italiens veranlasste und ihn dort zum Papst führte). Der Papst gab ihm eine Privataudienz, und nachdem er mit ihm gesprochen, Fragen gestellt und geantwortet hatte (es war eine ganze Unterhaltung), sagte er ihm mit einem Lächeln: "Was werden Sie mir schenken?" (Sie sprachen französisch.) P antwortete ihm: "Ich habe nur etwas, das ich immer bei mir habe und das mir unendlich wertvoll ist, aber ich werde es Ihnen schenken", und er gab ihm die Gebete und Meditationen. Der Papst antwortete ihm: "Ich werde sie lesen."

Das passt zusammen.

Das ist interessant.

Oh, gestern sah ich das Foto eines Mannes, eines Deutschen, der Deutsch spricht, aber ich weiß nicht, ob er in Deutschland oder in Amerika geboren ist. Er muss ungefähr vierzig oder fünfundvierzig sein, und seit Jahren... Die Geschichte ist folgende: Seine Eltern - Vater und Mutter - waren völlig ungläubig, und bei seiner Geburt (am Tag nach seiner Geburt) erschien, für das bloße Auge sichtbar, horizontal über seinem Kopf eine Lichtsäule. Natürlich waren die Eltern beunruhigt. Aber interessanterweise dauerte es an. Dieser Mann (ich sah die Fotos) veranstaltete in Amerika ein Treffen mit viertausend Leuten (ich sah das Foto, viertausend Leute!). Er sprach, und diese Lichtsäule war da, man sah sie auf dem Foto. Sie ist etwa so dick wie ein Arm, so lang (etwa 20 cm), und er hat das Gefühl, dass man zu ihm "spricht", dass etwas wie die höchste Gottheit zu ihm spricht und man ihm auftrug, die Ankunft des zweiten Christus anzukündigen... Er verkündet dies und gibt den Leuten eine Art Taufe. Ich sah sein Foto, und... es ist seltsam, er hat ein machtvolles Gesicht, aber mit einem bösartigen Mund (Geste wie eine Messerschneide), dünn und verbissen.

Kürzlich sah ich zwei Fotos der Oberhäupter des Rosenkreuzer-Ordens in Holland (oder Belgien, ich weiß nicht mehr: die europäischen Oberhäupter), und die haben genau denselben Mund: gemein, hart, unerbittlich. Sonderbar.

Dasselbe sagtest du mir am Anfang über den Papst.

Ja, er hat denselben Ausdruck; dieser hat einen weniger bösartigen Mund, aber es liegt etwas Unerbittliches darin.

Was ist das nur?... Alle Christen haben es.

Bei diesem Deutschen handelt es sich offensichtlich um ein vitales Phänomen. Da es für das bloße Auge sichtbar ist, kann es nur ein vitales Licht sein. Er hat unzählige Schüler. Er tauft sie für die zweite Ankunft Christi... Es scheint (ich weiß es nicht, denn es ist auf deutsch geschrieben, und man hat es mir nur ausschnittweise übersetzt), aber er scheint überhaupt keinen philosophischen Geist und keine Ideen zu haben: es ist nur eine Art Aktion, um die Leute in Verbindung mit diesem Licht zu bringen. Ich erfuhr es von einer Deutschen, die hier lebt (ihre Mutter ist in Deutschland und ist Schülerin dieses Mannes, und sie schickte ihr das Buch). Aber die Mutter ist etwas erschrocken.

Er hat etwas Unerbittliches - warum nur? Ich verstehe das nicht. Denn Christus kam doch im Gegenteil, um von Brüderlichkeit, Güte, Wohltätigkeit und Mitleid zu sprechen... Dieser Ausdruck, ja, es gibt kein anderes Wort, er ist unerbittlich: die Lippen zusammengepresst und die Linie des Mundes gerade (Geste wie die Schneide eines Messers), das macht den Anschein einer schrecklichen Boshaftigkeit, etwas Unerbittliches (das sich durch Inquisitionen und Folter usw. ausdrückt). Warum ist das so?... Aber bei dem Deutschen war am Morgen nach seiner Geburt ein Licht da - damals hatte er noch keinen unerbittlichen Mund!

Das Üble bei diesen Leuten wie dem Papst, diesem Deutschen, und den Rosenkreuzern ist, dass sie im Grunde nur in kirchlichen Begriffen denken...

Aber ja!

In kirchlichen Begriffen, um Macht über die Leute auszuüben und sie in ihre Konstrukte einzusperren.

Ja, das stimmt.

Genau das ist das Übel.

So ist es. Der Deutsche (ich bin mir nicht sicher, denn ich habe nicht alles gelesen), aber er tauft - er tauft, das bedeutet, jemandem die Hand auflegen und ihn darunter halten (Geste über einem gebeugten Kopf)

Da ist auch ein Koreaner, hast du sein Foto gesehen?... Ich sah sein Foto, er ist ein großer Bursche, er muss dasselbe Alter haben, zwischen dreißig und vierzig Jahren. Ein Koreaner, der von sich unumwunden sagt, er sei zwar nicht der wiedergeborene Christus (ich glaube nicht, dass er Christ ist), aber der "neue Awatar" (wäre ihm die indische Tradition bekannt, würde er "Kalki" sagen ). [[Kalki: der letzte Awatar, der auf einem geflügelten weißen Pferd erscheint. Er ist mit einem Schwert bewaffnet und wird "wie ein brennender Komet erscheinen".]] Anscheinend hat er Hunderttausende von Schülern. Ich habe sein Foto gesehen... Ich sah ihn als "Koreaner", verstehst du, nicht universell.

Es bedeutet nur, dass es überall in Bewegung gerät - es bewegt sich.

Aber dass ein Papst so etwas sagt, ist neu. Das ist neu.

Etwa drei Wochen vor seiner Ankunft in Indien stand ich in einer mentalen Beziehung zu ihm (offensichtlich richteten sich seine Gedanken nach Indien). Wir hatten eine sehr interessante Unterhaltung, und alles, was ich ihm sagte, war folgendes: "Die Spiritualität ist viel weiter als eine Kirche, und sobald Sie die spirituelle Verwirklichung auf eine Kirche oder eine Religion einschränken, stecken Sie mitten in der Lüge." Er hörte zu: Als er nach Indien kam, waren dies seine Worte.

Aber etwas beunruhigte ihn, ich habe dir das schon gesagt. Als er fortging, als es Zeit für mich war, aufzustehen und wir uns trennen mussten, betrachtete er mich mit einem besorgten Blick und sagte mir: "Was werden Sie Ihren Schülern über unser Treffen erzählen?" Ich lächelte und antwortete ihm: "Ich werde ihnen sagen, dass wir in einer..." (nicht "identischen", auch nicht "gemeinsamen", ich erinnere mich nicht mehr an die Worte) "... Liebe zum Höchsten verbunden waren..." Sein Gesicht entspannte sich, und er ging fort... "Wir waren verbunden in derselben..." Es war nicht "dasselbe", es war... ich weiß nicht, etwas, das ausdrückt, dass wir beide in der "Liebe zum Höchsten Herrn" verbunden waren. Ich sagte das mit einem Lächeln, das heißt, Sri Aurobindo sprach mit seinem Sinn für Humor... Sein Gesicht entspannte sich, und er ging fort.

***

(Nach einer langen Meditation beginnt Mutter, noch sehr nach innen gewandt und halb in Trance, zu sprechen:)

Hast du nichts Besonderes gespürt?... Seit zwei oder drei Tagen, aber besonders letzte Nacht und heute morgen, lernt nämlich der Körper - die Zellen selber... Ich habe dir schon erzählt, dass die Arbeit der Übertragung darin bestand, anstatt aus Gewohnheit und aufgrund der normalen Reaktionen zu handeln, dazu überzugehen, das göttliche Bewusstsein handeln zu lassen. Heute morgen - während eines Teils der Nacht und den ganzen Morgen über, bis die Leute kamen -, war bei allen Handlungen, allen Bewegungen, allen Gesten, den ganz kleinen Dingen... Wenn jemand zum Beispiel ein Problem aufwirft oder eine Entscheidung zu treffen ist, kommt es seit Jahren von oben, aber jetzt war für alle materiellen Bewegungen, auch für die inneren Bewegungen, die Einstellung des Körpers, die Einstellung der Zellen, für das absolut materielle Bewusstsein, für alles-alles-alles, die alte Methode völlig verschwunden.

Es begann mit der Wahrnehmung des noch verbleibenden Unterschiedes zwischen dem erreichten Zustand und dem, was er sein sollte, und dann verschwand diese Wahrnehmung, und es blieb nur noch "Das" bestehen... Etwas... (wie soll ich sagen?) Das englische Wort smooth [fließend, glatt] gibt den Eindruck am besten wieder; alles geschieht smoothly, alles-alles, ohne Ausnahme: die Körperpflege, das Zähneputzen, das Gesichtwaschen, alles (seit langem arbeite ich daran, auf die wahre Weise zu essen). Es beginnt immer mit einer Art Hingabe (Mutter öffnet die Hände) - ich finde nicht das richtige Wort, es ist weder Selbstaufgabe noch Darbietung, es liegt zwischen den beiden, im Französischen gibt es kein Wort dafür -, einer Hingabe in der ART, wie man die Dinge tut: die Sache an sich ist völlig bedeutungslos (in diesem Zustand gibt es weder "groß" noch "klein", weder "wichtig" noch "unwichtig"). Es ist etwas so... (gleichmäßige, weite Geste) einheitlich bei aller Vielfalt; es gibt weder Stöße noch Reibungen oder Schwierigkeiten und... (all das sind zu grobe Worte, um die Dinge auszudrücken): Es handelt sich um etwas, das in einer steten Bewegung voranschreitet... (die gleiche weite Geste), das treffendste Wort ist smooth, das heißt, ohne Widerstände. Ich weiß nicht. Es ist keine Intensität der Glückseligkeit, nein; es ist so gleichmäßig, so regelmäßig (die gleiche Geste) und nicht einförmig sondern mannigfaltig. Aber ALLES ist so (die gleiche Geste) im selben... Rhythmus (das Wort Rhythmus ist zu heftig). Es ist keine Einförmigkeit, aber etwas so Gleichmäßiges, das den Eindruck erweckt, so sanft zu sein, mit einer UNGEHEUREN Macht auch in den geringsten Angelegenheiten.

Seit mehreren Tagen (ich erzählte es dir schon) hatte ich die Vision der Grausamkeit in den menschlichen Wesen, und eine sehr aktive Arbeit fand statt, um sie aus der Manifestation zu eliminieren. Dies ist Teil einer Gesamtarbeit, mit einer so konkreten Macht (Mutter schließt die Faust), damit das verschwindet. Es begann mit Bildern des Schreckens (fast Erinnerungen), die gesehen wurden - mehr als gesehen -, von Dingen, die diese Empörung, diesen Schrecken hervorriefen... Dann organisiert es sich in seiner Totalität, und alles wird so aufgenommen (Mutter öffnet die Arme), alle Bewegungen von früher (Zeit und Raum verschmelzen in einer Unendlichkeit - eine Unendlichkeit, eine Grenzenlosigkeit, und man könnte sagen "Vielfältigkeit", aber Worte sind unzulänglich), nun, eine Totalität, die in das Bewusstsein aufgenommen wird - eine Totalität von Seinsweisen und Schwingungen -, und das wird dem höchsten Bewusstsein dargereicht, damit es transformiert wird und nicht mehr besteht.

So fing es an.

Ist das einmal getan, wird es gleichsam konkretisiert, auf den kleinen Punkt des Körpers konzentriert, damit gewisse Dinge, gewisse Schwingungen der Unbewusstheit dort auch nicht mehr bestehen können. Heute führte es zu dieser Übertragung, die konstant war - ununterbrochen -, ohne Vermischung, während etwa vier Stunden. Nachher... Besonders das Eindringen äußerer Dinge unterbricht die Erfahrung. Dennoch besteht keine Missbilligung dieses Eindringens; die Transformation - diese ÜBERTRAGUNG - muss auch im Austausch mit allem, was eintritt, bestehen bleiben. So wäre es gut.

Es gibt zwei Dinge. Bei dieser ganzen Menge, die ich ständig sehe, seit langem ("seit langem", das heißt, menschlich gesprochen) seitdem ich da bin -, seitdem der Körper da ist, um die Leute zu sehen, ist er nur noch ein Kanal, eine Art von... (Geste, das Durchdringen der Kraft anzeigend, die von oben durch Mutter herabkommt und zu den Leuten ausgeht), damit das Bewusstsein des Herrn hindurchdringt und weitergeht. Es besteht nur noch ein minimales Bedürfnis zu empfangen: die Aktion verläuft so (dieselbe Geste durch Mutter hindurch), die Kraft selbst dringt hindurch. Und wenn es in dem Zimmer stattfindet, das ausschließlich dazu bestimmt ist, die Leute zu empfangen, füllt das Zimmer sich mit der Gegenwart, und es ist, als ob diese Gegenwart die Arme öffnete, um die Leute zu empfangen, sie nähme, sie umhüllte und sie dann herausgehen lässt.

Alle persönlichen Dinge des Körpers, wie seine Pflege, die Ernährung, all das verläuft nicht mehr auf die gleiche Weise, ich kann es nicht erklären... hier ist es eine Aktivität; dort ist es einfach eine Gegenwart. Hier ist es eine Aktivität: man muss ein Glas Wasser füllen, Zahnpasta auftragen, die Zähne bürsten, all das sind Aktivitäten, aber jetzt... keine Erinnerungen mehr, keine Gewohnheiten mehr; die Dinge erledigen sich nicht mehr, weil man gelernt hat, sie so zu tun: sie geschehen spontan durch das Bewusstsein. Zwischen der alten und der neuen Bewegung bestand ein kurzer Übergang, der schwierig war, wo die alte Gewohnheit nicht mehr da ist und das neue Bewusstsein noch nicht auf permanente Weise besteht... Das drückt sich zum Beispiel durch scheinbare Ungeschicklichkeiten aus, durch Bewegungen, die nicht ganz so ablaufen, wie sie sollten. Aber es dauert nicht an - ab und zu passiert es für etwas, nur um seine Lektion zu lernen - wir sind immer da, um eine Lektion zu lernen.

Die Erinnerung, das Gedächtnis, die Aktion muss ersetzt werden durch... Zum Beispiel zu wissen, wo jemand wohnt, seine Adresse oder sein Haus (das war die Beschäftigung dieser Nacht), und die alte Methode, die mentale Methode muss ersetzt werden durch die neue Methode des Bewusstseins, das genau im richtigen Moment weiß, was zu tun ist: "Das muss getan werden." Es heißt nicht: "Ach, ich muss dorthin gehen", nein: in jeder Minute ist man da, wo man sein soll, und wenn man an dem Ort ankommt, wo man sein soll: "Ja, da ist es."

Das ist wirklich sehr interessant.

Zwischen dem Punkt, wo man wie alle handelt, und dem Moment, wo man handelt... wo der Herr selbst handelt, gibt es einen kleinen Übergang: man kennt das eine nicht mehr sehr gut und das andere noch nicht gut genug, da fühlt der arme Körper kleine Unsicherheiten, kleine Ungeschicklichkeiten. Aber er lernt seine Lektion sehr rasch.

Das ist wirklich interessant.

(langes Schweigen)

Man versteht gut, warum die Heiligen, die Weisen, jene, die sich dauernd in dieser göttlichen Atmosphäre fühlen wollten, alle diese materiellen Dinge beseitigten - denn sie waren nicht transformiert, und so fielen sie zurück in die alte Seinsform, und von einem gewissen Punkt an wird das unangenehm. Aber das zu transformieren... ist UNVERGLEICHLICH, unermesslich höher in dem Sinne, dass es eine STABILITÄT, ein Bewusstsein und eine außerordentliche WIRKLICHKEIT verleiht. Die Dinge werden zur WAHREN Sicht, zum WAHREN Bewusstsein - so konkret, so wirklich!

Nichts anderes kann diese Fülle geben.

Entweichen, fliehen, träumen, meditieren, eintreten in die... das ist sehr gut, aber es erscheint so armselig im Vergleich dazu, so armselig!

(Schweigen)

Das Schwierigste, das übrigbleibt, ist zu sprechen. Es erfordert eine große Anstrengung. Als ich heute morgen die Erfahrung hatte, kam es fast wie ein Gebet des Körpers: "Oh, sprich nicht, erzähl es nicht!" Ich beabsichtigte nicht, es zu sagen, aber (Geste von oben) ich bin gezwungen. Der Körper wollte nicht sprechen, er möchte es nicht, aber etwas zwingt ihn.

Das ist das einzig Schwierige.

Worte sind so unzulänglich! Auch das fragte man mich: Wie werden die Wesen, die ganz supramentalisiert sind, sich verständigen (ich meine Wesen ohne Vermischung mit diesem materiellen Ursprung)? Einfach so? (Geste des inneren Austausches)

Das Sprechen erfordert eine solche Anstrengung.

Es ist keine "Gedankenübertragung" - was man Telepathie nennt, nein... es sind Bewegungen des Bewusstseins. Und zwar ohne Anstöße, ohne Widerstände: Bewegungen des Bewusstseins [in der Materie]. Zum Beispiel muss etwas getan werden, und nicht dieser Körper hier soll es tun, sondern ein anderer; wir sind noch gezwungen, dem anderen zu sagen: "Tu dies oder jenes", und man hat den Eindruck, einen Berg versetzen zu müssen; wäre der andere dagegen in demselben Zustand, würde es sich ganz natürlich und spontan vollziehen. Ich hatte Beispiele: von Zeit zu Zeit SEHE ich ("ich denke" nicht: ich sehe), ich sehe: "Das muss so sein" (ganz kleine Dinge), ich sage nichts - der andere Körper tut es. Aber so geschieht es nur von Zeit zu Zeit, selten - es müsste ein ständiger Zustand sein... Ach, was für ein wunderbares Leben das wäre!

(Schweigen)

Und du?

Ich stecke wie in einem Tunnel.

Du bist in einem Tunnel, ach, warum?

Viel Arbeit...

(Mutter lacht) Sieh an! Das ist amüsant, ich weiß nicht wann, gestern oder in der Nacht, sagte ich dir mit großem Nachdruck, etwas "sehr Wichtiges": "Am Ende des Tunnels ist das Licht, und diskutiere nicht - diskutiere nicht: am Ende des Tunnels IST das Licht." (Mutter lacht) Ich fragte mich: Warum sage ich ihm das?...

 

***


4. Oktober 1967

 

 

(Sujata gibt Mutter eine Blume namens "Heilkraft".)

Heilkraft?... In der Zeitschrift Planète las ich die Geschichte eines Mannes, der 1905 geboren wurde und seit fünfunddreißig Jahren die Leute durch Handauflegen heilt. [[Es handelt sich um d'Alalouf. Siehe Planète Nr. 35, Juli-August 1967.]]  Sein Vater war Italiener, seine Mutter Spanierin, und er wurde in Frankreich geboren: er ist Franzose. Seit fünfunddreißig Jahren legt er die Hände auf; er behandelte fünf Millionen Menschen - fünf Millionen! Davon wurden zwei Drittel geheilt. Unzählige Anklagen wurden gegen ihn erhoben... natürlich von Ärzten: Er habe keinerlei Recht, die Leute zu heilen, weil er kein vereidigter Arzt ist!... Ich erzähle dir den Anfang der Geschichte später (den Anfang zum Schluss!), aber bei einer der Gerichtsverhandlungen erkrankte sein Rechtsanwalt sehr heftig an einer Ischiasnerventzündung, die sein Bein lähmte, verbunden mit einem scharfen Schmerz. Der Richter, der sich für sehr schlau hielt, sagte ihm: "Nun, beginnen Sie damit, ihren Rechtsanwalt zu heilen!" Der Mann erhob sich, legte dem Rechtsanwalt seine Hände auf, und fünf Minuten später war er geheilt: "Oh, aber ich bin geheilt!" (Mutter lacht) Er wurde trotzdem verurteilt. Das ist typisch. Als er ganz klein war, das heißt fünf oder sechs Jahre alt, hatte er seinem Vater, der fischen gegangen war, einen Fisch entwendet, und man fand den Fisch nicht mehr. Zwei Wochen später fanden die Eltern den Fisch bei seinem Spielzeug... absolut trocken und unversehrt. Der Vater wollte es selber sehen: sie hatten ein Becken mit Goldfischen, der Vater nahm zwei Goldfische heraus und gab einen seinem Sohn; er legte den Fisch auf seine Handfläche - und der Fisch begann zu trocknen. Der andere war nach ein paar Stunden verdorben. Man sprach darüber mit Ärzten (sie wohnten in Toulouse), dies war etwas später, als er zwölf oder dreizehn Jahre alt war. Der Arzt hatte im Krankenhaus einen Patienten, dessen Wunde er seit vielen Wochen nicht heilen konnte: sie war schrecklich, eine Eiterwunde. Der Arzt rief den Kleinen, der seine Hände auflegte - vierundzwanzig Stunden später war die Wunde geheilt.

Dieser Mann sagt: "Ich lebe in der Gegenwart Gottes." (Ich sah sein Foto, er hat einen großartigen Kopf.) Er sagt das ganz einfach, und ich glaube, er macht nicht viel Aufhebens - er hat übrigens keine Zeit dazu, denn er steht jeden Tag um 5 Uhr auf und geht erst nach Mitternacht zu Bett. Er beginnt seine Arbeit um halb sechs und arbeitet den ganzen Tag, das bedeutet Leute sehen, Leute sehen, Leute sehen. (Als man mir das vorlas, dachte ich mir: und ich beklage mich!) Bewundernswert. Er hat studiert, aber er ist kein Philosoph, er stellt keine Theorien auf: er scheint einfach mit heilenden Händen geboren zu sein. Wahrscheinlich heilt er Infektionen, indem er sie austrocknet, und so heilt er alle derartigen Krankheiten. Man ließ von ihm Enzephalogramme, Kardiogramme usw. machen (man bereitete dem armen Kerl ein unmögliches Leben). Man stellte fest, dass in dem Moment, wo er seine Hände auflegt, sein Herzrhythmus während einiger Sekunden (oder höchstens zwei, drei Minuten) sich plötzlich von sechzig auf achtzig beschleunigt, um sich dann wieder zu normalisieren. Er erweckt nicht den Anschein, ein großes Aufhebens zu machen, wie der Deutsche, von dem ich dir erzählte, der aufschneidet - nichts dergleichen, sehr einfach, sehr freundlich.

Diese Geschichte gefiel mir.

Ein schöner Kopf. Ein großer, sehr starker Mann, der äußerst wenig isst. Er schläft nur zwei oder drei Stunden in der Nacht, ohne zu träumen (das verstehe ich!).

Das ist interessant.

Manche Leute kamen nur einmal, und manchmal sorgte er sich. Er fragte, warum diese Person nicht wiedergekommen sei - "Ja, ich wurde geheilt." Eine Anklage nach der anderen, und ein Steuerbeamter wohnte inkognito seinen Behandlungen bei. Er sagte, er habe niemals Geld verlangt, und unter... ich weiß nicht, während er anwesend war, kamen etwas mehr als zweihundert Personen, und davon gaben ihm vielleicht sechzig etwas. So musste der Steuerbeamte feststellen, dass er sich keiner Übertretung schuldig gemacht hatte.

Trotzdem wurde er verurteilt.

Das ist wirklich hübsch, man darf nicht heilen, wenn man nicht vereidigt ist!...

***

(Etwas später)

Es geht weiter... Hast du einen Mönch gesehen?

Ja, ich bin ihm auf der Straße begegnet, aber ich habe nicht mit ihm gesprochen.

Heute morgen besucht er Pavitra, und F hat ihn zweimal gesehen. Er macht gerade eine Indienreise und kam hierher. Es scheint ihm sehr gut gefallen zu haben. Hier, so sieht er aus (Mutter zeigt ein Foto). Ist das der gleiche, den du getroffen hast?... Gut. Er schrieb zwei Briefe, einen an mich und einen an den Prior seines Klosters, den er mir auch zum Lesen schickte. Die beiden Briefe zusammen, das ist recht interessant (Mutter reicht Satprem den ersten Brief):

 

Mutter,

Nachdem ich nur einige Tage im Aurobindo Aschram verbrachte, wo ich nichts anderes als der "Entzückte" aus der Krippe der Provence sein konnte, erlaube ich mir, Sie darum zu bitten, die Zeit, die mir in Indien bleibt, bei Ihnen verbringen zu dürfen, das heißt bis Mitte Dezember... usw.

Bruder A

P.S. Anbei ein Brief an Vater Prior von Bellefontaine, der im Falle einer Zusage abgeschickt wird, und von dem ich Sie informieren möchte.

 

Ich trug F auf, ihn zu bitten, bis Freitag zu bleiben, so dass ich dir den Brief heute zeigen und dich fragen kann, ob es dir wohl möglich ist, den Mann zu treffen und mit ihm zu sprechen (um zu sehen). Aber wenn es dir lästig ist... F hatte einen guten Eindruck. Hier, lies seinen Brief an den Vater Prior:

Mit Freude erhielt ich Ihre Antwort, und ich schreibe Ihnen erneut... Ich bin im Aurobindo Aschram; ich beabsichtigte, ihn nur kurz zu besuchen, aber etwas hier zieht mich sehr stark an, und ich denke, ich bin genug herumgereist. Ich werde zum Ramakrischna-Mutt in Ootacamund fahren, da ich meinen Besuch angesagt habe, aber ich beabsichtige, so bald wie möglich hierher zurückzukehren. Alles ist wunderbar und erstaunlich hier. Wer hinter die glatte Oberfläche sieht, mag sich fragen, ob der neue Himmel und die neue Erde, von denen Johannes spricht, sich nicht hier treffen.

Zwei Schritte entfernt liegt eine große Kirche, und gestern, am ersten Oktober, sagte der Prediger: "Werdet Bürger der himmlischen Stadt"... Er hätte nicht besser auf mein Fragezeichen zielen können. Am Abend traf ein junger Pariser, der sich ganz frisch wie ein Neugeborener hierher aufgemacht hatte, als ersten den gleichen Priester der großen Kirche, der ihn fragte: "Was suchen Sie hier, hier gibt es nichts." Der Pariser sagte: "Und der Aschram?" Der Priester antwortete: "Der Aschram ist ein Bordell." Wegen dieser beleidigenden Erklärung (und dies war noch das Netteste, was er ihm sagte) - (Mutter lacht) -, richte ich an Mutter die Bitte, die mir in Indien verbleibende Zeit hier verbringen zu dürfen. Ich glaube wirklich, dass Gräuel und Verwüstung an dem heiligen Platz herrschen. Wann wird man endlich das Wort Christi anerkennen: "Man erkennt einen Baum an seinen Früchten"? Jai-jai!

Bruder A

Jai-jai bedeutet Sieg-Sieg!

Wenn du also mit ihm sprechen willst...

Ich kann ihn gerne treffen... Oh, die Katholiken hier hassen uns.

Ja. Das sagte ich auch in meiner Erklärung [[Am Morgen nach den Ereignissen des 11. Februars 1965, in deren Verlauf der Aschram angegriffen, mehrere Schüler verwundet und einige Gebäude niedergebrannt worden waren, hatte Mutter eine Erklärung abgegeben, in der sie verschiedene Elemente hervorhob, die für diesen Hassausbruch verantwortlich waren, und unter den Hauptverantwortlichen nannte sie die Katholiken Pondicherrys: "... vor allem die militanten Katholiken, denn trotz der Erklärung des Papstes nach seinem Indienbesuch sind sie überzeugt, dass jeder, der nicht katholisch ist, ein Instrument des Teufels ist..."]], aber sie leugneten es. Sie hatten die Dreistigkeit, mir zu sagen (Katholiken, die mich besuchten): "Warum haben Sie so etwas gesagt? Es ist nicht wahr." Man müsste ihnen diesen Brief unter die Nase halten. Ich WEISS, dass sie mit allen so reden. Eine Art Wut.

Seit langer Zeit dauert das schon an. Es begann, als du mit dem Gouverneur Baron hier warst (vor zwanzig Jahren), erinnerst du dich? Sie schrieben Parolen an die Mauern.

Du könntest ihn treffen. Man sagte mir sogar, dass er dich schon gesehen habe?

Ich sah ihn auf der Straße. Aber ich kann mich nicht auf meine Eindrücke verlassen, denn...

Wie war dein Eindruck? Das interessiert mich.

Ich wage nicht, mich darauf zu verlassen...

Ich auch nicht: Sie beginnen, ungehalten zu sein, und dann...

Ich muss sagen, dass ich nicht sehr begeistert war... Ich fühlte, was man bei fast allen Katholiken fühlt, etwas... wie soll ich sagen, Ausweichendes, nicht sehr Sauberes.

Scheinheilig?

Ja, etwas in der Art, und man fühlt darunter eine große Verdrängung; etwas steckt darunter und ist nicht sehr sauber.

Ich hatte auch diesen Eindruck, als ich das Foto sah.

Man hat den Eindruck von sehr verklemmten Leuten.

Sie sind hypnotisiert von dieser Sexgeschichte.

Ja, das fühlte ich darunter, und darüber ein Blick... der einem nicht in die Augen sehen kann.

So ist es.

Im Grunde ist es eine christliche Atmosphäre der Sünde.

Deshalb wollte ich, dass du ihn triffst, denn natürlich hat F einen sehr guten Eindruck, und Pavitra war voller Beifall, als er den Brief las. Ich war (Geste des sich Zurückziehens) abwartend.

Warum will er kommen?... Natürlich könnte es einfach sein, dass er sehr zufrieden und sehr glücklich ist, das ist in Ordnung. Aber offensichtlich ist er sehr christlich, er beabsichtigt nicht, das zu ändern.

Ich weiß nicht.

Ich wollte dich bitten, ihn zu treffen, wegen dieses... etwas unangenehmen Eindrucks, ich weiß nicht. Ich wollte ihm nicht schreiben: "Ja, Sie können bleiben", wenn es unerfreulich ausgehen sollte. Aber es mag nicht so sein, wenn er bewusst ist - wenn er bewusst ist, kann es anders sein. Viel schlimmer aber ist, dass sie im Namen ihrer Religion ihre Seele verraten. So ist das.

Wenn er sich der Möglichkeit bewusst ist, gut. Denn er wird zumindest auf der Hut sein... Aber ich habe ihn nicht gesehen, nur das Foto, und der erste Kontakt mit dem Foto war: "Vorsicht..."

Ich nahm auch Abstand. Aber ich schrieb das meinen Vorurteilen zu. Ich bin misstrauisch, verstehst du, mein ganzes Leben lang habe ich dieses Christentum verabscheut...

Hatte er seine Tracht an?

Nein, er war in Zivil. Aber, wie gesagt, der Eindruck war, dass er darunter spirituell nicht kultiviert ist.

Gut, treffe ihn! Ich möchte nur, dass du mir ja oder nein sagst, nämlich, ob der Eindruck "günstig" oder "ungünstig" ist, etwas Einfaches, ein einziger Satz, und dementsprechend kann ich ihm eine Nachricht zukommen lassen: "Sie können bleiben", oder "Es ist besser, dass Sie nicht bleiben."

Aber am Ende wird er immer mit dem gleichen Problem konfrontiert sein: die Religion im Gegensatz zur Freiheit.

Das ist nur in intellektueller Hinsicht so. Wenn er kein Philosoph ist, wenn er nicht in einer Ideenwelt lebt, hat dies keinerlei Bedeutung. Es ist vielmehr eine Frage der ERFAHRUNG... Es scheint, er erlebte "eine Herabkunft des Ananda" [[ In Frankreich.]], etwas, das er noch nie erfahren hatte; plötzlich geschah es, und er sagte seinem Vorgesetzten: "Ich möchte ganz allein in die Einsamkeit aufs Land gehen", denn er mochte die Riten, die Zeremonien und all das nicht. Das war der Beginn, dann fühlte er das Bedürfnis, nach Indien zu reisen. In Indien war er ein bisschen überall, und schließlich kam er hier an. Er ist erst seit zwei oder drei Jahren im Orden, es ist eine neuere Bekehrung - nicht "Bekehrung" in religiöser Hinsicht sondern im Leben, denn er muss seit seiner Kindheit katholisch gewesen sein, aber er wollte das alltägliche Leben verlassen und Mönch werden, das geschah erst kürzlich.

Aber es ist ein seltsames Kloster, denn Pavitra hatte eine lang andauernde Korrespondenz mit einem Abt, der in dem Kloster war (er hat ein dickes Dossier!), und plötzlich hörte sie auf, ich weiß nicht warum.

Ich habe nicht den Eindruck, dass dieser Mann ein Intellektueller ist, das ist nicht das Problem.

Aber wie können sie von dem Einfluss befreit werden?

Ja, das ist es. Genau das fühlte ich, als ich ihn sah: diese Sache, die über ihm stand. Eine gewisse "Sache", die all diesen Leuten gemeinsam ist.

Allen.

Eine Atmosphäre. Es ist eine Atmosphäre...

Es ist eine kollektive Suggestion, mein Kind, die dermaßen stark ist. So stark! Ich habe dir die Geschichte erzählt: Es gibt Leute, die sich im Wachzustand widersetzen und kämpfen; intellektuell verstehen sie. Aber wenn sie dann halbbewusst sind oder im Schlaf, überkommt es sie einfach so, und sie sind voller Schrecken... So ist es auf der GANZEN Welt, auf der ganzen Welt (überall gibt es Christen). Ich sehe diese Atmosphäre wie eine ungeheure Spinne über der ganzen Erde.

(Schweigen)

Jedenfalls besteht eine offensichtliche Bemühung für eine Annäherung (ich zeigte dir die Erklärung des Papstes). Wenn der Augenblick gekommen wäre, diesen Machteinfluss zu beseitigen, würde der Versuch sich lohnen.

Nur deshalb lasse ich die Tür offen - wir werden sehen. Jahrelang habe ich mich nicht damit beschäftigt, aber seitdem die Kraft auf diese Art wirkt (Geste eines Drucks), sich immer mehr ansammelt (das ist ungeheuer), wird sich all das wohl in einem gegebenen Augenblick ändern... Ist der Augenblick gekommen?

Es ist doch symptomatisch, dass du seit einiger Zeit von allen Seiten Katholiken ankommen siehst.

Ja sicher!

Diese Frau Z, dieser Mönch.

Oh, und andere, die schreiben.

Ja, deshalb: Wenn er bewusst guten Willens ist, das heißt, wenn seine Gebundenheit eine unterbewusste Angelegenheit ist... (ich sagte dir, es ist kein Mann mit einer mentalen Kraft, gegen die er kämpfen muss, so ist es nicht), aber wenn er sehr guten Willens ist, kann man durch ihn etwas ausrichten. Gerade deshalb möchte ich, dass du ihn triffst.

***

(Dann macht sich Mutter an die Übersetzung der "Botschaft", die sie für das Darschan im November austeilen will:)

Hier habe ich einen Text, den ich sehr interessant finde, ich hatte ihn nie zuvor gelesen. Ich habe dir schon davon erzählt:

 

In der Natur eines jeden gibt es immer diese kritische, feindliche Stimme, die alles in Frage stellt, diskutiert, die Erfahrung selbst leugnet und Zweifel an sich selbst und Gott erweckt. Man muss sie als die Stimme des Gegners erkennen, der versucht, den Fortschritt zu verhindern, und ihr absolut keinen Glauben schenken.

Sri Aurobindo

 

There is always this critical hostile voice in everybody's nature, questioning, reasoning, denying the experience itself, suggesting doubt of oneself and doubt of the Divine. One has to recognize it as the voice of the Adversary trying to prevent the progress and refuse credence to it altogether.

Sri Aurobindo

 

Das interessierte mich sehr, denn ich bemerkte, dass es im PHYSISCHEN Bewusstsein war, auf eine sehr allgemeine Weise, und dass man ständig, ständig dagegen ankämpfen musste: in sich selbst, in anderen, überall. Es ist so, wie du sagtest, gerade "darunter". Es scheint mir interessant, dies zu sagen.

***

(Etwas später)

Hast du mir nichts zu sagen?

Ja, aber es ist nicht wichtig.

Das macht nichts.

Ich habe T gesehen. Sie erzählte mir von dem Dahinscheiden ihrer Mutter und dass du von einer gewissen Erfahrung sprachst, die du mit ihrer Mutter während ihres Komas oder ihrer "Bewusstlosigkeit" hattest.

Ja.

Sie wollte dich bitten zu wiederholen, was du über diese Erfahrungen sagtest.

Weißt du, ich kann nie zweimal das gleiche erzählen. Ich hatte gar nicht die Absicht, ihr all dies zu sagen; ich wollte ihr nur ein, zwei Worte sagen: dass alles gut geht, und dann kam es, also sprach ich. Wenn es einmal heraus ist, ist es vorbei. Ich weiß nicht einmal mehr, was ich ihr sagte.

Eines weiß ich (ich weiß nicht, ob sie gerade das verstanden hat): vor allem wollte ich, dass sich ihr Fortgang unter möglichst harmonischen Umständen vollziehen würde, mit dem geringstmöglichen Verlust, so dass sie das VOLLKOMMENE Ergebnis ihrer Lebensreise hier bewahren könnte, und dass... Im Grunde, was ich tat (das sagte ich ihr nicht), sobald ich die Nachricht von ihrem Schlaganfall erhielt, tauchte ich sie in ein Bad des Herrn. Ich hielt sie so umfangen (umhüllende Geste). Zunächst wusste ich nur, dass sie sich entweder ziemlich schnell erholen würde, wenn sie geheilt werden sollte, oder falls dies nicht der Fall wäre, dann zum Zeichen, dass der Augenblick ihres Weggehens gekommen war. Aber dann würde sie auf solche Weise gehen, dass der Körper, ihre physische Substanz sozusagen, den vollen Nutzen des physischen Lebens hier bewahren würde, und ihr inneres Wesen würde in den besten Bedingungen sein. Bei allen, die hier sterben, ist das innere Wesen in den besten Bedingungen (aber meistens habe ich nicht die Gelegenheit, das innere Wesen langsam heraustreten zu lassen [[Weil man sich beeilt, den Körper zu verbrennen.]] ). Ich sah... weißt du, als Sri Aurobindo wegging, bewahrten wir ihn fünf Tage, und ich sah, wie es vor sich ging, ich habe dir das erzählt. Während ich aufrecht neben ihm stand, verließ er seinen Körper und trat in den meinen ein. Es war so materiell, dass eine Reibung entstand - der Körper fühlte die Reibung der eindringenden Kraft - und ich sah (natürlich war es bei ihm völlig anders und in ungeheuerlichem Maßstab, aber für alle ist es so): Damit das Weggehen sich in höchster Harmonie vollziehen kann, muss es nach einem inneren RHYTHMUS geschehen, in der Gegenwart der göttlichen Kraft, die gleichzeitig einen Schutz und eine Hilfe darstellt. Ich tauchte sie dorthinein, und (ich weiß nicht, ob sie es dir sagte) ihr Bruder ist Arzt, er kam und erklärte mit der gewohnten Überheblichkeit: "Oh, morgen Vormittag wird sie gegangen sein." Ich sagte nichts, ich blieb ruhig. Natürlich vergingen noch drei Tage mehr. Er selbst musste eingestehen, dass es da etwas gab, was er nicht verstand.

Was sagte sie dir denn?

Sie sagte mir, dass du eine besondere Erfahrung mit ihrer Mutter hattest, in dem Sinne, dass das Bewusstsein der Zellen, das materielle Bewusstsein der Zellen ihres Körpers zusammen mit dem inneren Wesen austreten konnte und es nicht verloren ging.

Ja, das ist NORMAL...

Genau das ist normal. Es braucht allerdings Zeit. Und es bewirkt, dass der ganze Nutzen, den die Zellen hatten, nicht verlorengeht.

Ja, hier beeilt man sich, die Leute zu verbrennen, das ist schrecklich.

Oh, das weiß ich... Aber sie wurde begraben.

Ach! Ich weiß, ich sah zwei oder drei Fälle hier, wo die Leute bewusst waren - das war schrecklich für sie, furchtbar, furchtbar.

Nehmen wir den Fall von C [[Ein Ingenieur des Aschrams. Mutter sprach von diesem Fall in der Agenda Bd. 1 vom 28. Mai 1960.]]. Er hatte gelernt, seinen Körper zu verlassen: er ging hinaus und schaute sich um; er sah Dinge, er merkte sie sich, und dann trat er wieder in seinen Körper ein. Bei einer Operation trafen die Ärzte nicht die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen, und das Herz konnte dem Schock der Operation nicht standhalten: nach fünf Tagen ging es zu Ende. Er hatte aber die Gewohnheit, seinen Körper zu verlassen, er tat es und kam zu mir (ich wusste es, bevor man mir ankündigte, dass er "tot" war, weil er zu mir gekommen war). Aber er selber wusste nicht, dass er tot war: Er war aus seinem Körper ausgetreten, wie er es gewöhnlich tat, kam zu mir und blieb bei mir. So ging es sehr gut, er blieb ruhig. Dann, zu einem bestimmten Zeitpunkt... (er starb im Krankenhaus, und damals hörte natürlich niemand auf mich: man verbrannte ihn viel zu früh - aber es wäre auf jeden Fall zu früh gewesen für ihn, denn gerade weil er darin geübt war, hätte es vieler Vorkehrungen bedurft, die Zeit in Anspruch genommen hätten; aber alles wurde viel zu schnell erledigt). Als man ihn verbrannte (ich wusste nicht einmal, in welchem Augenblick man ihn verbrannte), kam er plötzlich ganz entsetzt in mein Zimmer... entsetzt, weinend und elend: "Aber ich bin ja tot! Ich wusste nicht, dass ich tot bin, ich bin tot, und sie haben mich verbrannt, sie haben mich verbrannt..." Oh, es war schrecklich, schrecklich. Ich beruhigte ihn, trug ihm auf, hierzubleiben, sich ruhig zu verhalten, bei mir zu sein, und sagte, dass ich ihm einen anderen Körper suchen würde. Für eine lange, lange Zeit hielt ich ihn bewusst in meiner Nähe. Dann lehrte ich ihn, sich zu reinkarnieren - all dies bis ins Detail ausgeführt. Daher weiß ich...

Dasselbe gilt für N.S. Auch da... Er fiel auf seinen Kopf und brach sich den Schädel (er wurde auf der Straße ohnmächtig, auf diese Weise starb er). Man brachte ihn ins Krankenhaus. Er verließ seinen Körper [[Er verließ seinen Körper, Mutter erzählte von dieser Erfahrung in der Agenda Bd. 3 vom 4. Juli 1962.]] und kam sofort zu mir (ich wusste es: als man mir vom Unfall berichtete, wusste ich bereits, dass etwas geschehen war, denn er war zu mir gekommen), und ich behielt ihn hier, brachte ihn zur Ruhe, und er war schön ruhig - völlig ruhig. Man hatte mich nicht einmal um Rat gefragt, um zu erfahren, wann man ihn beerdigen sollte, gar nichts (natürlich eine Arztfamilie!). Schlagartig, brrt! (Geste des Berstens) verließ er plötzlich meine Atmosphäre. Dann nichts mehr... Ich brauchte TAGE, um wieder Kontakt mit ihm aufzunehmen - wegen des Schocks, den er erlitten hatte, als man seinen Körper verbrannte. Ich brauchte Tage, um ihn wiederzufinden, ihn zur Ruhe zu bringen, ihn wieder zu sammeln. Ein Teil von ihm war verschwunden; nicht sein ganzes Bewusstsein kam, denn ein Teil des materiellsten Bewusstseins, des materiellen Vitals, muss durch den Schock hinausgeschleudert worden sein. Ich weiß das, denn Alberts Vater [[Albert: der freundliche Schneider des Aschrams.]], der operiert worden war (das geschah mehr als ein Jahr später, vielleicht zwei Jahre), sah sich, als er narkotisiert wurde, plötzlich N.S. gegenüber (selbst ein Teil kann die Erscheinung des ganzen Wesens annehmen, Sri Aurobindo erklärt das, es ist wie eine Fotografie). Er sah ihn, und N.S. fragte nach Neuigkeiten von seiner Familie, seiner Frau, seinen Kindern, und er sagte ihm: "Ich kümmere mich um ihr Ergehen." Der Teil, der an seiner Familie hing, muss sich vom Rest seines Wesens abgetrennt haben: Als er zu mir kam, war er vollständig, aber nachher, ich weiß nicht, was geschah, nicht wahr (Geste des Berstens unter dem Schock). Es war so konkret, dass Alberts Vater, als man ihn aufweckte, mit lauter Stimme sagte: "Warum unterbrechen Sie meine Unterhaltung mit N.S.?" Daher wusste man es. Er sagte: "Aber ich sprach doch gerade mit N.S., warum unterbrechen Sie meine Unterhaltung?" So erfuhr man, was geschehen war.

Voilà.

(Sujata ergreift das Wort:) Liebe Mutter, auch ich habe N.S. gesehen.

Wann?

Es war in dem Jahr, als er starb, aber viele Monate später, etwas weniger als ein Jahr später: acht oder neun Monate danach. Ich sah ihn, er kam zu mir (es war in der Nacht, im Traum), er stand vor der Tür, ich ging, ihn zu sehen [[Sujata präzisierte: "Er war sehr groß, so groß wie die Tür. Er fragte nach Neuigkeiten von seiner Frau."]]. Aber jemand, der bei mir war, sagte: "Aber er ist tot!" Da bekam er einen solchen Schock, der arme Mann, und er litt. So nahm ich ihn mit, legte ihn auf mein Bett, und ich schickte V, die anwesend war, um dich davon in Kenntnis zu setzen.

All das im Traum?

All das im Traum. Ich beruhigte ihn, und dann sagte ich V, sie solle zu dir gehen.

Aber diese Teilung, dieser abgetrennte Teil entstand, als man ihn verbrannte. Vorher bewahrte ich ihn vollständig, und ich hätte ihn ins Psychische übergehen lassen, wie ich das bei allen tue, ruhig, ohne Verletzungen, ohne Schwierigkeiten. Aber brrt! (die gleiche Geste des Zerplatzens). Weißt du, das ist ein schrecklicher Schock. Man entfacht das Feuer zuerst im Mund... Das ist... oh, das Verhalten der Menschen zueinander - ich sah all dies, ich sah es... Es ist schrecklich, einfach schrecklich!

Wenn ich daran denke... Es geschieht nicht einmal oder zweimal, sondern Hunderte von Malen, dass Leute, wenn sie jemanden, den sie liebten (ihren Vater oder ihren Bruder oder ihre Mutter), nach deren Tod im Traum oder in einer Vision sehen, schreckliche Angst haben und sie fortjagen... Warum?... Wenn ich sie nach dem Grund frage, können sie es mir nicht einmal sagen, weil dies bei ihnen eine so spontane Reaktion ist. Sie können es nicht, sie sind erstaunt, dass ich sie frage, so natürlich erscheint es ihnen.

Genau das sagte ich T (ich glaube, sie hat es nicht verstanden): Es besteht kein so großer Unterschied zwischen dem, was die Leute "Leben" und "Tod" nennen; der Unterschied ist sehr klein, und wenn man dem Problem auf den Grund geht, alle Details untersucht, verringert sich der Unterschied noch weiter. Man zieht stets eine scharfe Trennlinie zwischen den beiden - das ist völlig idiotisch: es gibt Lebende, die schon halb tot sind, und es gibt VIELE Tote, die SEHR lebendig sind.

 

***


 

5. Oktober 1967

 

 

(Brief von Satprem an Mutter)

Liebe Mutter,

Ich habe den Mönch getroffen.

Mein Eindruck ist trotz allem günstig.

In Liebe

Satprem

 

 

***

 

7. Oktober 1967

 

 

(Satprem berichtet Mutter von seinem Treffen mit dem Mönch)

...Er sprach mit Pavitra, anscheinend ist er interessiert an der Suche nach dem "inneren Gott" - den will er finden. Er sagte: "Die Vergöttlichung der Erde, all das ist sehr gut..." (Mutter lacht), aber ihn interessiere vor allem die Entdeckung des inneren Gottes. Hat er dir etwas davon gesagt?

Ja, an einem Punkt sprachen wir über die Dogmen, und er meinte, all diese äußeren Dinge hätten keinen Wert für ihn; was für ihn zähle, sei der Aufstieg hier [Geste zum Herzen], die Himmelfahrt hier, die Auferstehung hier.

Das ist gut. Wenn er die Religion so auffasst, ist es gut. Jedenfalls scheint er aufrichtig in seinem eigenen Suchen zu sein.

Er sagte mir, dass ihn die Sakramente, die Riten usw. im Grunde nicht sehr interessierten, aber er wolle sie nicht fallenlassen, weder die Sakramente noch die Riten, denn, wie er meinte: "Wenn ich sie fallenlasse, verlasse ich ihre Gemeinschaft, dann bin ich ausgeschlossen und habe kein Aktionsmittel mehr."

Möchte er etwas unternehmen?

Ja, seine Idee ist, sein Christentum zu erweitern, eine Wahrheit zu finden, und sie dorthin zu bringen.

Ah!

Er sagte sogar etwas, das ich recht christlich fand; er sagte mir: "Im Grunde habe ich den Wunsch nach totaler Weihung, nach völliger Hingabe, wie ein Märtyrer zu sein und mein Leben für diese neue Wahrheit zu geben..." Er dürstet danach, ein Märtyrer zu sein - ein Märtyrer der Kirche.

Sri Aurobindo sagte einmal halb scherzhaft, als er sich mit den Anwesenden über das Christentum und den "neuen Christus" unterhielt: "Oh, wenn der neue Christus kommt, wird ihn die Kirche ans Kreuz nageln!"

(Schweigen)

Er ist also ehrgeizig...

Ja, offensichtlich ist es eine Art Ehrgeiz. Aber es basiert auf einer Aufrichtigkeit.

Ja, ein gutes Gefühl.

Also gut, wir werden sehen, was geschieht.

(Mutter setzt die Unterhaltung fort, während sie Satprem eine etwas seltsame Rose zeigt, die auf einigen Blättern rot zu werden schien, dann aber ein blasses Gelb annahm)

Man könnte meinen, sie wüsste nicht, was sie wollte!...

Wie bei den Leuten: sie wollen eine Sache tun, und schließlich tun sie etwas anderes. Vielleicht wird es auch bei Bruder A so sein?

Jedenfalls ist er der erste, von dem ich hörte, dass er etwas ändern will; die anderen wollen das Neue ändern, um es ihrer Religion anzupassen. Er möchte das Neue bringen, um die Religion zu verändern. Das ist gut. Ein gutes Gefühl.

Warum sind die Leute von der Vergangenheit hypnotisiert?... Seltsam. Es war sehr interessant in dem Augenblick, als es kam, es war nötig; es musste kommen, es hat sein Werk getan - aber jetzt ist es abgeschlossen.

Sie verstehen es nicht, fortzuschreiten. Sie sind so geartet, sie setzen sich nieder: "Jetzt habe ich es gefunden. Ich kann mich setzen und brauche mich nicht mehr zu rühren." (Mutter lacht)

Sri Aurobindo sagte immer:  "Ich möchte nicht, dass die Leute dasselbe mit dem tun, was ich sagte..."

Wir müssen immer weitergehen.

Er fährt fort, mir neue Dinge zu sagen, das ist sehr interessant... Erst heute morgen noch vollzog sich ein gründliches Aufräumen alles Etablierten: "Nein, noch etwas weiter, noch etwas höher, noch etwas wahrer..."

(Schweigen)

Er sprach auch über die Angst der Leute: die seines Priors zum Beispiel.

Hat er Angst?

Ja. Es ist ein sehr guter, aufrichtiger Mann, der die Wahrheit sucht, aber letztlich hat er Angst.

Ja, das stimmt.

Er sagte mir: "Der Teufel steckt nicht in der Sünde, sondern genau dort."

Ja, in der Furcht.

Trotzdem endete er mit den Worten: "Auch Sie gehören zur römischen Einheit."

Ach! Das hat man mir auch gesagt. Ein "Großer" der Kirche sagte mir: "Aber was wissen Sie denn schon? Auch Sie sind Teil der universalen, römischen Kirche." Ich antwortete (lachend): "Mir ist das egal, das stört mich nicht."

Aber sie sind eine Pest mit ihrer Kirche!

(Mutter lacht) So sind sie eben.

Rom!... Schließlich war Rom noch ein inexistenter Fötus, als es anderswo schon Jahrtausende der Weisheit gab.

Aber Rom ist nichts! Ich weiß nicht, warum man dieser ganzen Geschichte in Europa soviel Bedeutung beimisst...

Die Welt beginnt mit Rom.

Selbst in kultureller Hinsicht lag Rom weit hinter Griechenland zurück... Ich weiß nicht, warum sie alle so voreingenommen sind - aber ich glaube, das ist bei allen romanischen Ländern so.

Sie verdrehen alles.

Genau das entmutigt mich immer, denn man hat den Eindruck, man schenke ihnen all dies, gebe ihnen eine gute Substanz...

Und dann verändern sie alles.

...einfach um ihre römische Geschichte aufzublasen. Genau das stört mich.

Ja. Oh, aber sie stehen nicht allein. Scheinbar blähen sich eben alle alten Dinge auf, so sehr sie können, um nicht zu verschwinden. Heute erhielt ich von einem früheren Schüler eine Glückwunschkarte... (Mutter sucht die Karte) Es war A.C., ein Israeli, der hier lebte und dann nach England ging. In England gehörte er lange der "Sri Aurobindo Gruppe" an, dann, als der Krieg zwischen Israel und Ägypten ausbrach (etwas früher), wurde er fanatisch, ein fanatischer Israeli: "Ich will nur für Israel arbeiten." Als man ihm über Auroville schrieb, antwortete er: "Kann Auroville Israel helfen?" Solche Dinge. Gerade ist Neujahr dort unten, so schickte er mir das (Mutter zeigt eine Karte, mit sieben Kerzen, die die Welt erleuchten, und Weizenähren). Früher nannte er mich "The divine Mother" und Sri Aurobindo war "the Lord". Dann hieß es im letzten Brief "Guru" (ich bin ein "Guru" geworden) und: "I want to inform you that I have left the group" [ich möchte Sie informieren, dass ich die Gruppe verlassen habe]. Und jetzt schickt er mir diese Karte: "to the Mother... God bless you" [An Mutter... Gott segne Sie] (Mutter lacht). Es ist dasselbe! Dort gibt es nicht viele religiöse Leute, sie haben einen viel praktischeren Sinn, aber er hat ein religiöses Temperament, und jetzt ist es so (Mutter bläst ihre Backen auf), sein Judentum bläht sich auf. Die sieben Lichter und die Garbe des Wohlstandes... Ich fand es rührend: "God bless you." (Mutter lacht)

Ich erinnere mich, vor langer Zeit, ganz am Anfang (ich glaube, ich war gerade zu Sri Aurobindo gezogen), da war jemand, ich weiß nicht mehr wer... (hatte Tagore eine Schwester? [[Es war nicht Tagores Schwester, sondern eine entferntere Verwandte, Sarala Devi Choudhurani, eine Widerstandskämpferin, die Sri Aurobindo in Bengalen kannte.]] ), eine große, starke Frau, recht eindrucksvoll, die gekommen war, um einen Tag im Aschram zu verbringen, und sie sagte mir: "Warum vermieten Sie keine Zimmer an Besucher? Sie könnten zehn Rupies am Tag verdienen." (Mutter lacht) Ich schaute sie an, ich war verblüfft (sie brachte mir bei, praktisch zu sein). Zum Schluss sagte sie mir: "God bless you." Dieses Mal konnte ich mich nicht zurückhalten, und ich antwortete ihr: "Das ist schon geschehen." (Mutter lacht)

Nein, es ist überall dasselbe, a patronizing attitude [eine gönnerhafte Haltung].

Wenn sie sich dann zu klein fühlen, um sich aufzublasen, treten sie einer Religion bei und blasen die Religion auf: sie machen eine Riesensache daraus, die die Welt beherrscht.

Ach, das macht nichts. Wenn es sie amüsiert...

(Schweigen)

Was meinen diese Menschen überhaupt mit "Sünde"? Was ist denn Sünde?... Wenn man mir von Sünde erzählt, antworte ich: "Wissen Sie, die eigentliche Sünde ist, nicht göttlich zu sein."

Also leben alle in der Sünde.

Für die Katholiken bedeutet Sünde die erbärmliche Angelegenheit des Sex. Dennoch befürworten sie die Ehe. Sie segnen die Ehe, und wenn man kirchlich getraut wird, ist es für alle Ewigkeit. Wenn man in die Hölle geht, geht man zusammen dorthin; und wenn man ins Paradies geht, geht man zusammen ins Paradies - aber man kann sich nicht trennen! (Mutter lacht) Wort-wörtlich, ich erfinde nichts.

Aber ich sagte ihm: "Ihre Religion ist eine barbarische Religion."

Was erwiderte er darauf?

Er ist völlig einverstanden! Seine Idee ist, frischen Wind dort hineinzubringen.

(Schweigen)

Das ist ganz so, als wollte man einen Teich reinigen, indem man darin herumwühlt: es wird ekelhaft, alles steigt hoch... Jeden Tag gibt es zwei oder drei Dinge... na gut.

 

***

 

11. Oktober 1967

 

 

(Sujata gibt Mutter eine Blume namens "Neue Geburt")

Sag mir (zu Satprem): Was ist denn eine neue Geburt?

Vollkommen anders sein.

(Nach einem Schweigen) Sich in jedem Moment erneuern.

Heute morgen während, ach, mehr als zwei Stunden: eine völlig neue Person. Aber mit der Arbeit, dem Kontakt mit der Welt [verblasst es] jedes Mal... und es kommt nie auf ganz gleiche Weise zurück, etwas ist entwichen. Heute morgen war es zwei Stunden lang noch stärker als neulich, aber nicht das gleiche - nie zweimal dieselbe Erfahrung.

Aber es war... In einem bestimmten Moment dachte ich an dich und sagte mir: Ja, wäre er jetzt da und könnte es niederschreiben, wäre es interessant..

***

(Mutter setzt sich an ihren Tisch und lacht dann selbst über die unglaubliche Ansammlung von Dingen, Paketen in schwankenden Stapeln, Vorräte von Umschlägen, Papier, Füllern...)

Alles ist hier geordnet, und machst du die geringste unbewusste Geste, bedeutet es eine Katastrophe. Kleine Wesen wurden dazu bestimmt aufzupassen, und das ist das Amüsanteste von allem: Wenn du eine unbewusste Geste machst, packen sie den Gegenstand, den du hältst, und lassen ihn weit wegfliegen!

Das passierte mir schon ich weiß nicht wie oft. Ich lache nur darüber, ich weiß, was passiert: Sie nehmen den Gegenstand, und paff! schleudern sie ihn in die Luft, als hättest du eine heftige Bewegung gemacht. Das geschieht andauernd. Dieser Tisch ist extra dafür eingerichtet - nicht ich habe ihn so geordnet: man LIESS ihn mich so einrichten. Und wenn du eine unbewusste Geste machst, fällt natürlich etwas herunter. (Mutter deutet auf die Berge von Umschlägen)

Schrecklich!

Ja, aber alles hat seine Daseinsberechtigung und seine Nützlichkeit.

Ich habe auch Gottheiten (Mutter ergreift drei Statuen aus Bronze, die mit anderen in einer Fülle von Papieren verschwinden): Das ist ein stehender Ganesch, dies ist Garuda, der Wächter Wischnus, und das ist Schiwas Stier, Nanni. Und dort (etwas weiter auf dem Tisch) habe ich drei Ganesche: einen ganz kleinen silbernen, der zwischen den Beinen dieser Gottheit steht (sie scheint modern zu sein), dann noch einen zweiten Ganesch, ich weiß nicht woraus, und schließlich einen aus Bronze. Und darin (Mutter zeigt auf eine Schublade, in der sie Geld aufbewahrt), habe ich drei andere Ganesche: einen aus Bronze, einen aus Silber und einen aus Gold. Er versprach mir nämlich, er würde mir alles Geld geben, das ich benötige, und so (lachend) kann er nicht behaupten, ich hätte ihn vergessen (oder sein Versprechen).

Diesen Ganesch (auf dem Tisch), hat mir ein kleiner Junge von etwa zweieinhalb Jahren gegeben. Als dieser kleine Junge einige Monate alt war, und bis zum Alter von einem Jahr, schrie er jedes Mal, wenn seine Mutter ihn mitbrachte, er heulte und machte Szenen - die Eltern waren verzweifelt. Ich sagte ihnen stets: "Beruhigt euch, alles wird gut gehen, wir werden sehr gute Freunde sein." Dabei schauten mich die Eltern stets ungläubig an. Jetzt, wo er zweieinhalb oder drei Jahre alt ist, sagt er schon, wenn er auf der Treppe wartet: "Mother, Mother, Mother!..." (oder "Ma", ich weiß nicht). Und wenn er kommt (er tritt als erster der Familie ein), dann bringt er immer eine Blume mit, und einmal gab er mir den Ganesch, aber mit einem solchen Bewusstsein! Wunderbar. Gestern war er absolut köstlich: er kommt als erster, so selbstsicher und fröhlich, und dann gibt er mir kleine Zeichen, wie um mir zu sagen: "Alles geht gut, sei unbesorgt!" Ich spreche mit ihm - er versteht nichts von dem, was ich sage, aber er stimmt ernsthaft zu. Er ist wirklich köstlich.

Ich sehe einen großen Fortschritt bei den Kindern.

***

(Etwas später, über die "Durga-Puja", das Fest der universalen Mutter, das am selben Morgen stattgefunden hat.)

Heute morgen bekam ich Besuch von Durga. Jedes Jahr besucht sie mich, aber heute morgen war es interessant, denn sie erklärte mir ihren Standpunkt, wie sie das Dasein empfindet, und gleichzeitig... Du weißt, dass sie letztes Jahr kam, ich habe es dir erzählt. Wenn ich früher hinunterging, um das Darschan zu geben, kam sie nicht nur, sondern blieb die ganze Zeit da. Und letztes Jahr sagte ich ihr: "Das ist alles sehr gut, du erfüllst deine Pflicht sehr gut im Universum, aber etwas fehlt dir..." Ich erklärte ihr, was es bedeutet, in bewusstem und aufmerksamem Kontakt mit dem höchsten Willen zu stehen, und sie verstand. Sie verstand und stimmte zu, sie sagte ja. Während des Jahres muss sie es versucht haben, denn heute morgen kam sie wieder, und es bestand wirklich ein Unterschied, vor allem im Verständnis, und sie erklärte es mir. Dann erzählte ich ihr von der physischen menschlichen Natur und ihrer Schwäche. Sie sagte mir: "In diesem Körper gibt es dennoch etwas, das wir alle dort oben nicht haben, das wir nicht haben können, und zwar die Möglichkeit einer ständigen Gegenwart und eines beständigen Kontakts mit dem Göttlichen." Sie hatte nie zuvor daran gedacht! Erst seit letztem Jahr. Sie sagte das mit einer solchen Intensität und einem solchen Verständnis und einem Gefühl... Als verschwinde alles menschliche Elend augenblicklich vor dieser so AUSSERGEWÖHNLICHEN Tatsache, dass man in jeder Zelle die göttliche Gegenwart spüren kann.

Das war wirklich interessant. Der Morgen war wirklich interessant.

Sie blieb da, während ich meine Toilette machte, und sagte: "Siehst du, du kannst all dies tun und verlierst nicht für eine Minute, nicht für eine Sekunde, den Kontakt mit Dem, mit diesem höchsten Wunder. Wir selbst sind voller Macht und... ohne irgendeines eurer kleinen Leiden, irgendeine eurer kleinen Schwierigkeiten, aber wir sind so gewöhnt an unsere Seinsweise, dass sie für uns wertlos ist, sie ist evident, fast zwangsläufig." Sie sagte (Mutter lächelt): "Wir denken nie an das Göttliche, wir SIND das Göttliche... So haben wir nicht diesen Willen zum Fortschritt, diesen Durst nach etwas Besserem, nach immer mehr - das fehlt uns völlig."

Das war wirklich interessant. Ich übertrage es in Worte (offensichtlich sprach sie nicht auf französisch mit mir), aber es war sehr einfach, der Kontakt war sehr einfach (Geste eines inneren Austausches), sehr natürlich und spontan. In einem bestimmten Augenblick fragte ich sie sogar (lachend): "Macht dir diese ganze Verehrung der Leute Spaß?" Sie verneinte dies. Sie sagte mir: "Nein, das ist mir egal." Zu sehr daran gewöhnt, es ist ihr egal.

***

(Dann kommt die Rede auf Auroville).

Ich habe Y getroffen. Sie bereiten eine Ausgabe ihrer Zeitschrift über Auroville vor, und sie kam mit einer so langen Frageliste (Geste) und sagte mir: "Die Soziologie von Auroville verstehe ich nicht recht." Ich antwortete (lachend): "Ich auch nicht!" Dann stellt sie mir Fragen (zugegebenermaßen sehr intelligente Fragen), und ich beantwortete sie. Aber da gab es einen Punkt über die Auswahl der Leute und die Aufnahme in Auroville... dazu sagte ich ihr, die wesentliche Voraussetzung für die Auswahl der Leute sei natürlich, dass alle Vorlieben und Abneigungen, Sympathien und Antipathien, alle moralischen Regeln, all dies völlig verschwinden muss - nicht nur, dass man daran arbeitet, sie zu überwinden, sondern sie müssen gänzlich verschwunden sein, (lachend) es darf keinerlei Ego mehr geben. Ich sagte ihr: Es handelt sich nicht um ein Urteil, es bedeutet nicht, die Leute anzuschauen und zu beurteilen, ob sie fähig sind oder nicht, ob sie dazu bestimmt sind, da zu sein, oder nicht, so ist es auf keinen Fall - ihr "beurteilt" nicht... Und nachdem sie wegging, schrieb ich den Schluss der Sache auf (Mutter nimmt eine Notiz und liest):

 

" Die Kraft ist auf alle gerichtet, identisch und vom Höchsten kommend..."

 

Die Kraft ist für alle identisch (gleichförmige Geste über die ganze Erde) und vom Höchsten, das heißt... nun, vom Höchsten, so (dieselbe gleichmäßige Geste). Wer immer sie sind und was immer ihre Haltung ist, auf alle richtet sich die Kraft in gleicher Weise - und SIE SELBST ordnen sich ein; man entscheidet nicht, dass derjenige hier oder da oder dort ist: SIE SELBST stufen sich ein entsprechend...

 

" Und jeder ordnet sich selbst ein, durch sich selbst, entsprechend seiner Empfänglichkeit und der Qualität dieser Empfänglichkeit - oder seiner Weigerung und Unfähigkeit."

 

Es gibt alle Abstufungen. Wenn es Weigerung oder Unfähigkeit ist, so flieht er selbst, indem er sagt: "Ihr seid Dummköpfe, ihr versucht, etwas Unmögliches zu tun, es lässt sich nicht verwirklichen" (ich kenne viele davon, die halten sich für höchst intelligent). Aber sie stufen sich selbst ein... Sie war mit der Idee einer Hierarchie gekommen. Ich sagte, ja, alles arrangiert sich immer nach einer Rangordnung, und vor allem ordnen sich alle bewussten Wesen ein, aber es ist kein willkürlicher Wille, der sie einstuft: sie nehmen ihren Platz spontan ein, ohne es zu wissen - den Platz, der ihnen zusteht. Es ist keine Entscheidung, sagte ich ihr, man will keine Kategorien: dieser ist hier und jener ist dort, dieser wird hier eintreten und jener dort - all das sind mentale Konstruktionen, die nichts taugen. Aber wahr daran ist, dass jeder ganz NATÜRLICH, entsprechend seiner Aufnahmefähigkeit, seiner Begabung und seines inneren Auftrags seine Stellung in der Rangordnung einnimmt und sie wahrhaftig, spontan, ohne vorherige Entscheidung erfüllt.

Zur Erleichterung der Organisation könnte man eine Art Plan erstellen oder eine allgemeine Karte, so dass nicht jeder seine Stellung neu erfinden muss, sondern eine fertige vorfindet - das ist alles.

Es war amüsant, aber sehr interessant.

(Mutter reicht Satprem ihre Notiz) Das Wasser von den Blumen ist darauf getropft, es ist kaum mehr leserlich.

Die Gefahr bei all den Leuten ist, dass sie es als Gesetz festhalten wollen.

Ach, sie wollen mental konstruieren, rechteckig, wie ein Gefängnis, schrecklich!

Nicht wahr... wenn sie kommt, ist sie sehr freundlich, sehr aufnahmefähig, sehr offen und ganz bereit zuzuhören, zumindest in ihrer äußeren Haltung, aber offenbar hat sie dort eine Gruppe, und... (ich hörte es von aufrichtigen Leuten, die dort hingingen) in der Gruppe ist es schrecklich. Scharfe Urteile. Ein enormes Gefühl der Überlegenheit.

Das ist schade.

Es scheint auch (sie sagte mir nichts, verriet nichts), aber anscheinend hält man das Bulletin für einen alten Zopf.

Ich habe davon gehört.

Ach!

Seltsam, als ich hörte, schien es mir, als ob es von Y käme.

Sieh an!

Genau der Ausdruck, den du benutzt hast. Ich weiß nicht warum, eines Morgens sagte etwas: "Ach, das Bulletin ist ein alter Zopf." Es war, als ob Y am anderen Ende des Drahtes war. Das ist amüsant.

(Mutter verharrt schweigend) Sri Aurobindo gehört schon "der Vergangenheit an"!

Sie geht schnell voran!

Ich weiß das, weil ich von ihr einen Brief mit einer Andeutung erhielt. Sie sagte, die Mutter in ihren vier Aspekten gemäß dem Buch von Sri Aurobindo sei "sehr gut für die heutige Schöpfung" (sagen wir nicht die "gestrige", sondern die "heutige"!), "aber für die Schöpfung von morgen braucht es noch diesen Aspekt der Liebe der Mutter, der sich noch nicht manifestiert hat." Es war sehr geschickt ausgedrückt, aber doch in einer Weise, dass nicht zu überhören war, dass gerade sie Das manifestieren sollt...

Ich sagte: "Sehr gut!" (Mutter lacht) Und: "Was der Herr will, wird geschehen." Aber seit diesem Moment behandle ich sie... (wie soll ich sagen?) mehr als eine Gleichwertige: wie eine Höhergestellte, mit Versicherunge... die erdrückend für sie sind. Ich verliere keine Gelegenheit, ihr zu sagen, dass man, um dies oder jenes zu tun oder um Das zu manifestieren,... SPONTAN UND DEFINITIV OBERHALB allen Verlangens, allen Ehrgeizes, aller Vorlieben stehen muss - jedes Mal auf die Art (Mutter macht eine Geste des Behämmerns).

Scheinbar rührt sich nichts in ihr, aber... (lachend) schön, wenn sie der "Probe" standhält, wir werden ja sehen.

Etwas in ihr ist sehr hart.

Hart, ja, sehr hart - mitleidslos.

Sie ist wie eine Karikatur von etwas anderem.

Genau so ist es.

(Schweigen)

Sie brachte mir ein kleines Gedicht auf französisch über den "Geliebten und die Geliebte" (all das da oben), das wirklich sehr hübsch ist. Sie las es mir vor, und anschließend sagte ich ihr: "Aber die Liebe... dieser Geliebte und diese Geliebte sind keine Personen; es sind keine menschlichen Wesen. Es sind nicht einmal symbolische menschliche Wesen..." In dem Moment öffnete sich oben etwas, und ich sagte ihr, was die Liebe war.

Das würgte sie so stark in der Kehle, dass meine Stimme danach fast ausgelöscht war.

Wir werden sehen. Alle können sich ändern, nicht wahr? Ich lasse ihr die VOLLE Chance.

Weißt du, es ist einfach wunderbar... Wo auch immer sich Das manifestiert, spielt keine Rolle. Es manifestiert sich hier, da, dort, und es ist immer dasselbe, das sich manifestiert. Wo Es wählt, sich zu manifestieren, wo Es sich zwangsläufig am besten manifestieren muss - da manifestiert Es sich. Das einzige - das einzige - ist, der Illusion und der Täuschung nicht zu erlauben, sich einzumischen: sie erbarmungslos in Schach zu halten, sonst... Man will keinen Unfug des Egos, denn es ist ganz klein, schäbig, dumm und unnütz und reine Zeitverschwendung. Es ruft unnütze Wirbel in der Atmosphäre hervor. Aber abgesehen davon... Es manifestiert sich hier oder da oder dort...

(langes Schweigen)

Manche Leute sind ganz von Y eingenommen. Aber andere sind bewusst, sind nur einmal dorthin gegangen und haben ihren Fuß nie mehr dorthin gesetzt.

Von Anfang an fühlte ich eine Abneigung vor ihr... Es ist die Härte des Ego.

Ja, mit der ganzen Maske des Wohlwollens.

Sehr interessant.

(Schweigen)

Auch die Götter haben ein Ego - ein göttliches Ego. Das war wirklich interessant heute morgen... Sie fühlen, dass sie in sich selbst existieren, durch sich selbst, für sich selbst (Mutter schließt ihre Faust). Nur steht es in keinem Vergleich zur Schäbigkeit des menschlichen Ego.

Heute morgen war das besonders interessant... Wenn diese göttlichen Egos abdanken, wird im Maße dieser Abdankung eine AUSSERGEWÖHNLICHE Transformation in der Schöpfung stattfinden. Das war wie eine Vision, die langsam Form annimmt (Mutter schließt die Augen), es entstanden fast Bilder, als ob ich die gesamte Erde sähe (Geste einer Kugel), und ich sehe das Bild von Durga (die Erde umhüllende Geste), und beides zusammen ist sehr hübsch.

Mit der Erde in ihren Armen...

(Schweigen, die Augen geschlossen)

Nimm zum Beispiel Durga: In diesen Visionen hat sie eine festgelegte, sichtbare Form, und dieser Körper (von Mutter) ist nicht dort, denn er gehört hierhin, zur Erde; er ist ein strahlendes Zentrum weißen Lichts, das eine Form annehmen kann (aber keine bestimmte Form hat), ein strahlendes Licht, eine Schwingung von Licht und Bewusstsein - von bewusstem Licht; das ist sehr interessant... (Mutter verharrt mit geschlossenen Augen). Es kam gleichsam, um zu sehen, wie das - dieses Bewusstsein, dieses Licht - sich in genauen Formen auf der Erde manifestieren kann, ohne die Reinheit und die Strahlkraft des Bewusstseins zu verlieren...

(Mutter tritt in eine lange Kontemplation ein)

Hier (Geste zwischen Mutter und Satprem) war eine von diesen Stehlampen in Schlangenform, weißt du, sehr groß (ungefähr eineinhalb Meter). Sie war aus Kupfer, mit Einlagezeichnungen, und oben war eine Kugel, die alle Lichter enthielt, als ob jeder Schlangenkopf ein Licht sei - wunderbar! Sie brannte. An der Basis wanden sich "Power"-Blumen (roter Hibiskus) in Girlanden darum herum. Jemand sagte: "Ist dies nicht viel schöner als die materielle Wirklichkeit?..."

Der künstlerische Aufbau (mental, künstlerisch) war "schöner als die Wirklichkeit". Das war die vorherrschende Idee der betreffenden Person: "Ist das nicht viel schöner als die wahre Natur?" Voilà.

Es war sehr schön, etwas sehr Schönes, aber... die mentale Versteinerung der Sache. Sehr interessant - unerwartet, ich erwartete nicht, so etwas zu sehen: die Form einer geringelten Schlange aus Bronze, in eingelegter Bronze, eine wunderbare Arbeit! Die brennenden Lampen, das brennende Licht... über die Wirklichkeit erhaben: "Ist das nicht viel besser?"

Dies war für mich ein so deutliches Symbol, ich war verblüfft.

Sozusagen der Höhepunkt der mentalen Evolution.

(Schweigen)

Der Herr bedient sich aller Dinge, und Er hat keine Angst. Er bedient sich aller Dinge.

Das ist interessant, sehr interessant.

Wie er sich der Götter bediente, wie Er sich aller Dinge bedient, wie Er sich der Gegner bedient... Alles... All dies sind Seinsweisen, und alles führt uns... dorthin, wohin wir gehen müssen.

 

***

 

14. Oktober 1967

 

 

(Das Treffen beginnt mit einer Stunde Verspätung. Sujata gibt Mutter Blumen namens "Transformation".)

Zwei für dich (Sujata), zwei für dich (Satprem), und dann eine für mich... Es soll den Körper veranlassen, sich zu transformieren! (Mutter steckt eine Blume in ihr Knopfloch) Er tut, was er kann, man lässt ihm nicht viel Zeit, sich um sich selbst zu kümmern... Es wird immer schlimmer... Die Nacht verkürzt sich; und die Augenblicke, in denen ich mich tagsüber ausruhen konnte, sind vorbei. Dauernd, dauernd ist er beschäftigt. Das ist nicht sehr angenehm.

***

(Etwas später)

Gestern Nachmittag, gegen Abend (gegen sechs Uhr, kurz vorher) entstand plötzlich eine Atmosphäre von... (wie soll ich sagen?) eine Art entmutigter Pessimismus, wo alles farblos, grau und unbefriedigend geworden war. Sieht man die Dinge von oben, in einer gewissen Atmosphäre der Totalität, hat alles seinen Platz und arbeitet an einer allgemeinen Manifestation mit, aber da war es wie etwas, das in sich selbst eingeschlossen war, das keine Daseinsberechtigung hatte, außer dass es existierte - es hatte weder einen Zweck noch eine Antriebsfeder noch einen Seinsgrund, und es war kein spezieller Umstand oder besonderes Ereignis, sondern eine Art in sich selbst eingeschlossene Formation, ein Seinszustand, der offensichtlich morbide war, nicht gewalttätig, nichts Heftiges... Ja, wo rein gar nichts einen Daseinsgrund, einen Zweck, irgendeine Befriedigung hatte: weder man selbst noch die anderen noch die Dinge. Ich war ABSICHTLICH dort eingeschlossen, um dies zu empfinden. Das Bewusstsein fragte sich: "Warum das? Was soll das bedeuten? Warum ist das so?" Gleichzeitig (weißt du, gestern war der Tag von "Durgas Sieg", für die Leute, die Durga verehren), gleichzeitig sagte ich mir: "Warum wählte sie ausgerechnet den Tag des Sieges, um mich in diesen Zustand einzuschließen? Was soll das bedeuten? Was hat dies zu bedeuten?..." Es war genau wie eine konkrete Demonstration der vollkommenen Nutzlosigkeit dieser Art Seinsweise, die nicht den geringsten Grund hatte, die egal wann egal was sein konnte, ohne Grund und Motiv. Es war wie das Symbol der unzufriedenen Nutzlosigkeit. Aber es dauerte an... Ich schaute und schaute; ich versuchte, irgendeinen Hinweis für die Ursache dieses Zustands zu finden: Was, wann, wer, wie?... Seltsamerweise ist so etwas meiner Natur sehr fremd, denn selbst wenn ich sehr verärgert war, verlor ich nie meine Zeit damit, so lustlos zu sein. Es dauerte an, so wie die Dinge, die andauern, damit ich sie untersuche, sie verstehe und das Notwendige unternehme. Dann, in einem bestimmten Augenblick sagte ich mir: "Halt, vielleicht beabsichtigt Durga, gerade das in diesem Jahr zu überwinden?" Gleichzeitig erinnerte ich mich (am Rande des Bewusstseins, sehr weit weg) an die Zeit, als Sri Aurobindo noch da war. Jedes Jahr am Tag des "Sieges" sagte ich ihm: "Sieh, in diesem Jahr hat Durga das und das bewirkt", und er bestätigte es. Ich sagte: "Durga hat dieses erobert, Durga hat jenes..." Jedes Jahr, während langer Zeit. Diese Erinnerung war da, weit entfernt im Licht, wie um mir zu sagen: "Siehst du, erinnerst du dich?" So dachte ich mir: "Halt, vielleicht ist es das, was Durga erobern wollte?" Dann überlegte ich: "Was gibt es denn da schon zu erobern? Das ist idiotisch!" Es ist ein stumpfsinniger Zustand (ich weiß, viele Leute befinden sich in diesem Zustand, aber es ist völlig idiotisch, es hat keinen Grund, keine Ursache, kein Ziel, es ist etwas, das sich einstellt, man weiß nicht wie oder warum). Dies dauerte recht lange (ich erinnere mich nicht mehr genau). Als ich dann deutlich erkannte und verstand, dass es so war, fragte ich Durga: "Willst du das überwinden?..." Und plötzlich war es wie... etwas ganz Seltsames, als ob ich einer Verflüchtigung beiwohnte, paff!... Es machte so (Geste eines Berstens) und dann... Ich suchte und suchte - die Erinnerung, alles, vollkommen verschwunden! Innerhalb einer Sekunde war alles völlig verschwunden.

Solange es andauerte, war es... ja wie etwas, das keinerlei Wahrheit in sich hat, etwas, das keinerlei Basis in der Wahrheit hatte. Ein verdrießlicher, unbefriedigter, mürrischer Zustand, grau, grau, grau, farblos, alles unter dem Aspekt der Nutzlosigkeit und der Dummheit gesehen. Dann war es plötzlich wie ein Bersten: paff! und es war vorbei. Und jetzt ist es eine Art vage Erinnerung, an die ich mich nur noch mühsam erinnern kann, die aber nicht mehr besteht.

Als dies geschah, sagte ich (lachend): "Was für ein Sieg!" Dann kam die Erinnerung, die Vision von Sri Aurobindos Zeit und der Eindruck (Durga war anwesend und schaute zu): "Willst du das etwa besiegen?" Sie antwortete nicht, sie lächelte, und einige Minuten später: (gleiche Geste eines Berstens) einfach so, ich kann es nicht erklären. Aber es war seltsam, ich hatte dies nie zuvor gesehen... Früher, wenn sie zu Sri Aurobindos Zeit etwas überwand, hatte man stets den Eindruck einer Macht, die eine Lüge umschloss (Geste als ob man einen Büschel Gras ausreißt), sie so umschloss und mit Gewalt isolierte, festnagelte, ihr alle Unterstützung entzog; aber diesmal... ein seltsames Phänomen. Es war etwas so Bedeutungsloses, ohne jegliche Wahrheit. Diese ganze Seinsweise hing wie über der Erde und befand sich in Kontakt mit gewissen Leuten, aber alles war wie in einen Sack eingehüllt: es gab keinen Kontakt mit dem Rest, aber wenn man einmal drinnen war, konnte man unmöglich wieder hinaus. Man war eingeschlossen. Dann plötzlich barst es: "Ah!..." Danach nichts mehr.

Es war insofern interessant, als ich so etwas zum ersten Mal erlebte. Es war wirklich, als versuchte ich, etwas zu fühlen oder zu berühren - doch es gab nichts mehr. Niederdrückend, man versuchte herauszukommen: unmöglich, man war eingeschlossen, versklavt, völlig unfähig.

Ich hoffe, es hat seine Auswirkungen.

***

(Etwas später, über Auroville)

Die Anfragen für eine Aufnahme in Auroville haben erschreckend zugenommen - jeden Tag ein solches Paket -, natürlich muss jeder sein Foto zusammen mit einem Antrag schicken und sagen, warum er nach Auroville kommen will, was er tun kann und zu welcher Kategorie er gehört: Die eine Kategorie will arbeiten, um es aufzubauen, und die andere Kategorie will kommen, um sich dort ruhig niederzulassen, wenn es fertig ist. Und dann, was für eine Menschheit, mein Kind!... Meistens sind es gerade alle die Unzufriedenen. Von Zeit zu Zeit kommt einer mit einem Licht in den Augen und dem Bedürfnis nach etwas, das er nicht finden kann - das ist sehr gut. Manche hatten nirgends Erfolg, sind völlig angewidert und fragen sich, ob sie vielleicht hier Erfolg haben könnten. Dann gibt es die Alten, die lange gearbeitet haben und sich ausruhen wollen. Sehr wenige Junge sind darunter. Die wenigen Jungen, die kommen wollen, sind Leute von Wert (die gewöhnliche Jugend interessiert sich nicht). Die jungen Leute, die ich sah, wollen selbst arbeiten: nicht kommen, um von der Arbeit der anderen zu profitieren, sie wollen selbst arbeiten. Bald werden wir also eine recht interessante Equipe haben. Aber (lachend) bei den selbstzufriedenen Alten... I postpone the decision [verschiebe ich die Entscheidung], put in observation [lasse sie unter Beobachtung] (Mutter lacht). Gestern kam eine ganze Anzahl davon. Bei denen wird man sehen; wenn sie sich nützlich machen wollen, indem sie Geld oder Material oder Vorschläge einbringen, wird man sehen, aber dem beleibten, selbstzufriedenen Herrn, der wohlgenährten Dame mit Sitzleder, die kommen, um den Rest ihres Lebens dort zu verbringen, sagen wir: "Wartet noch ein wenig, wir werden sehen!"

Von den Arbeitern verlangen wir nichts, das heißt, sie müssen nichts bezahlen: sie können kommen und arbeiten, unter der Bedingung, dass sie ihre Nützlichkeit unter Beweis stellen. Aber diejenigen, die ein Stück Land oder eine Unterkunft wollen, müssen dafür zahlen; manche haben ein beschränktes Vertrauen (lachend) und sagen: Etwas Geld gebe ich ihnen jetzt sofort, und den Rest bezahle ich Ihnen nach und nach in Raten - diese Leute lehne ich gewöhnlich ab. Manche schicken im voraus Geld, so groß ist ihr Wunsch zu kommen. Wenn Leben oder etwas in ihnen steckt, nehme ich sie an. Aber dem größten Teil, von einigen wenigen abgesehen, sage ich "zur Beobachtung" - wir werden sehen, wie das wirkt!

***

(Etwas später, über ein Foto von Mutter aus dem Jahr 1954 auf dem Sportplatz, mit Kindern und Schülern um sie herum.)

Damals erklärte ich, dass ich Inderin werden wolle, die Doppelbürgerschaft annehmen wolle... Die indische Regierung sagte mir, dies sei "ein denkwürdiger Tag in der Geschichte Indiens"... Ich wusste nichts davon! [[Trotzdem hat die Regierung Mutter die Doppelbürgerschaft verweigert.]]

(Mutter betrachtet das Foto aufmerksam) Lustig, wenn ich all diese Dinge aus der Vergangenheit betrachte, habe ich das sehr deutliche Gefühl, auf meine Kindheit zurückzuschauen, all dies erscheint mir so kindisch!... Noch in der Illusion der Welt befangen.

Und seit wie vielen Jahren?... Ungefähr seit 1915 habe ich den Eindruck - ständig -, auf eine Anordnung zu reagieren: eine Anordnung, die von oben kommt. Der persönliche Impuls ist verschwunden. Seit sehr langer Zeit, seit 1915, und in diesem Zustand fand eine ganze Evolution und eine Transformation statt. Wenn ich jetzt zurückblicke, erscheint mir nicht nur alles, was ich tat, sondern auch die Art zu sehen, besonders die Art zu sehen... [kindisch]. Die Reaktion war schon so (weite, gleichförmige Geste), denn ich war sehr darauf bedacht, jede unwissende Reaktion zu korrigieren; die Reaktion war schon so (die gleiche weite Geste), aber GEWOLLT, nicht spontan. Darin liegt der große Unterschied. Diese Art universaler Gleichmut (dieselbe Geste) war gewollt, das Ergebnis einer ständigen Wachsamkeit und eines ständigen Willens. Auch jetzt ist die Wachsamkeit beständig, aber sie wurde ersetzt durch eine Wachsamkeit und einen Willen des Wesens, ständig so zu sein (Mutter dreht ihre Handflächen auf der Höhe der Stirn wie eine Schale nach oben, so dass sie ein nach unten zugespitztes Dreieck bilden), die ganze Zeit nach innen gewendet, als sei jede Zelle nach innen zu ihrem leuchtenden Zentrum gewendet - so ist das. Dort besteht immer noch eine Wachsamkeit, nicht zu vergessen und nicht zu weichen - alle Zellen nach innen zu Dem gewandt. Das ganze äußere Spiel, oh, wie kindisch das erscheint! Jetzt tue ich Dinge, die noch viel kindischer sind, eine Vielzahl von kleinen Dingen, die für die gewöhnliche menschliche Betrachtungsweise völlig nutzlos und kindisch sind - aber all dies ist nicht dieselbe Sache... Es ist... (weite, schmiegsame und langsame Geste) wie die Wellen und der Rhythmus einer sich ausdrückenden göttlichen Harmonie.

Vielleicht könnte man es so wiedergeben: Im Augenblick dieser Erklärung (1954) nahm ich die Dinge noch ernst. Als ich zur Zeit der "Unterrichtsstunden" sprach, nahm ich all das ernst.

Jetzt ist es zwar keine Gleichgültigkeit, aber... Ich weiß es nicht, Worte können es nicht ausdrücken, denn Losgelöstheit wäre nicht das richtige Wort... Ich weiß nicht, es gibt dafür keine Worte.

Gewiss ist es eine Art Wahrnehmung, dass die Menschheit gewissen Dingen ein Gewicht, eine Bedeutung beimisst, die... Offensichtlich ist es die mentale Struktur, es ist alles, was das Mental der Welt hinzugefügt hat: vor allem die Wertunterschiede, Unterschiede der Bedeutung und dann eine Art Feierlichkeit und Schwere, eine Gewichtigkeit, ein Ernst... Alle diese Dinge. All dies hat das Mental in die Welt gebracht. Jetzt muss ich darüber lachen.

So wie das menschliche Bedürfnis nach Zeremonien, das religiöse Gefühl, diese Art awe (wie sagt man auf französisch?... Ehrfurcht?) vor der göttlichen Macht, all das hat das Mental dem Leben hinzugefügt - das bringt mich jetzt zum Lachen.

Wenn Leute mich mit dieser Art Ernst besuchen, würde ich am liebsten in Gelächter ausbrechen. Also lache ich, lächle und bereite ihnen einen ganz kameradschaftlichen Empfang. (Mutter lacht) Voilà.

 

***

 

19. Oktober 1967

 

 

Wie es scheint, kündigt das Evangelium für dieses Jahr einen großen Kampf an...

Das Evangelium? In diesem Jahr?

Nicht explizit in diesem Jahr, aber es heißt, dass es vor der Wiederkunft Christi eine schreckliche Schlacht geben wird... Ich selbst weiß nichts davon. Aber eine Schülerin, eine Dame aus Holland, schrieb einen Brief: Es scheint, alle dort sind in großer Angst, eine Panik herrscht im ganzen Land, und man sagt, es sei das vorhergesagte Jahr des Kampfes. Hier in Indien (sie haben sich nicht untereinander verständigt), sagten Astrologen, dass September und Oktober die Monate eines schrecklichen Kampfes sein würden - vielleicht kein Krieg, aber ein Kampf zwischen der Wahrheit und der Lüge. Dort in Holland scheint es wie im Jahr 1000 zu sein: sie versammeln sich zu Meditationen, zu Anrufungen, zu gemeinsamen Gebeten... Hier ist es dasselbe, es herrscht Panik.

Ein Kampf findet statt. Man kann keinen Finger rühren, ohne eine Schlacht zu provozieren.

Ich gebe dir ein sehr alltägliches Beispiel: Die Regierung schuldet mir 175000 Rupien, und ich brauche sie unbedingt. Sie schulden sie mir seit einem halben Jahr; vor zwei Wochen schickte man mir ein Schreiben und sagte mir: Hier ist es. Ich war erleichtert, denn ich muss vor Monatsende bezahlen. Aber das Schreiben war nur ein Versprechen des Schecks, und jetzt sind die Zahlungen abgeschlossen, in diesem Jahr wird nichts mehr ausbezahlt... Verstehst du, auf diese Art, und ALLES ist so. Wenn ich kein Geld benötigte, wäre es mir ziemlich egal, nur ist jetzt "Dipavali" [[Das Fest des Lichtes in Indien.]], ein Haus ist zu bezahlen, und alles sammelt sich an. So ist es: bei der geringsten Sache entsteht ein Kampf.

Dasselbe gilt für Auroville: Ein ganzer Teil der Regierung ist absolut enthusiastisch, aber drei oder vier Individuen hier im Staate Madras sind völlig dagegen und tun schreckliche Dinge: sie bringen alles zum Stillstand. Minister kommen (wie gewöhnlich), man trifft sie, sie versprechen einem wörtlich: "Ich stehe Ihnen bei, Sie werden alles bekommen, was Sie wollen"; sie verlassen das Zimmer und schicken ein Telegramm an ihren Sekretär: "Unterzeichnen Sie diese Papiere nicht." Überall solche Lügen, verstehst du.

Aber was amüsant ist: Hier sind es Hindus, dort drüben sind es Christen, und beide treffen sich in den Sternen und verkünden, es sei dieses Jahr, in diesem Augenblick hier.

Was denkst du darüber?

Was ich darüber denke? Ich fühle diesen Kampf seit langem - das Feld eines hässlichen Kampfes, ein Kampf in Form von Bosheiten, die sich überall manifestieren, so sehr sie können... Für mich ist das einzige Heilmittel, sich ruhig zu verhalten - ruhig zu sein und den Sturm vorbeiziehen zu lassen, sich nicht zu rühren.

Man sagte, wir würden im September einen Krieg mit China haben: das ließ sich verhindern.

Der Monat Oktober ist noch nicht zu Ende, wir werden sehen. Aber dass ein Kampf stattfinden werde, sagte ich schon zu Beginn des Jahres; ich sagte, dass man in diesem Jahr unbedingt eine Entscheidung fällen und dann durchhalten müsse.

Aber irgendwie hat man den Eindruck, es wäre besser, es käme äußerlich zum Ausbruch.

(Mutter schüttelt verneinend den Kopf) Nicht bei den Zerstörungsmitteln, die sie jetzt gefunden haben. Nicht mit dem, was sie jetzt entdeckt haben - das hält sie übrigens zurück, sie könnten ja ganze Städte zerstören.

Die Russen haben Apparate auf die Venus geschickt. Sie brauchten vier Monate für den Weg. In den Apparaten gab es Verbindungssysteme wie beim Radio, die Daten aussandten. Sie haben eine Vorrichtung, Erde aufzusammeln und zu analysieren: alles mit Maschinen. Der Satellit landete auf der Venus, und jetzt bringen sie jeden Tag Meldungen: "Wie es auf der Venus aussieht." (Mutter lacht) Sie prahlen ein wenig damit. Die Amerikaner gaben sich mit dem Mond zufrieden - auf den Mond gelangt man recht schnell. Aber die Russen brauchten vier Monate, um die Venus zu erreichen. Es hat geklappt, sie erhielten die Meldung, die elektronischen Einrichtungen funktionieren.

Ja, aber auf der Erde funktioniert es nicht!

Auf der Erde!... Ein Humorist schrieb in einem Artikel, dass die Amerikaner schließlich auf dem Mond landeten, und als sie sich umschauten, sahen sie plötzlich Leute ankommen: "Oh, Mondbewohner!" Sie konnten sich nicht verständigen (sie sprachen miteinander, aber sie verstanden sich nicht). Einer sprach sowohl Englisch als auch die andere Sprache, und so merkten sie, dass die "Mondbewohner" Russen waren! Das war sehr amüsant.

Ich weiß nicht mehr genau, früher las ich das Evangelium, aber ich erinnere mich nicht mehr, ich wusste nicht, dass man eine große Schlacht ankündigte. Ich weiß, dass man darin das Jüngste Gericht ankündigt, wo alle Menschen aus den Gräbern auferstehen und vor dem göttlichen Herrn erscheinen werden, der auf seinem Thron sitzt (Mutter lacht), und der sagt ihnen dann, ob sie... (lachend) Er wird die einen auf die eine Seite und die anderen auf die andere schicken... Ich übertreibe nicht, so steht es geschrieben.

(Dann schenkt Mutter Blumen) Das bereitet mir Freude. Das ist die Freude meines Lebens.

***

(Etwas später)

Der Arzt ist wieder hingefallen (gerade am Abend vor seinem Geburtstag), und er hat sich den Arm verletzt, anscheinend hat er eine innere Blutung. Er teilte mir heute morgen mit, es werde mehr als zwei Monate dauern... Aber das ist bei allen so: Die Leute werden genau in dem Augenblick krank, wo sie nicht krank werden sollten (und sie werden gesund, wenn es nicht nötig ist, dass sie gesund werden!). Verstehst du, die ganze Zeit besteht eine allgemein verbreitete, kleinliche Bösartigkeit. Ich sage ihnen (den kleinen unsichtbaren Wesen): "Ihr seid dumm", aber sie sind durchaus zufrieden, wenn man ihnen das sagt; sie denken sich: "Die müssen ganz schön verärgert sein, um uns zu sagen, dass wir dumm sind".

Und ich sah... Gestern war der Geburtstag des Arztes, ich gab ihm eine Meditation (er hatte darum gebeten). Vor der Meditation bat er mich sehr freundlich: "Oh, ich möchte Frieden in meinem ganzen Körper, mein Körper findet keinen Frieden." Ich stellte Frieden her. Während einer Viertelstunde war er glückselig. Dann kam plötzlich etwas wie eine Wolke (kriechende, ziemlich niedrige Geste in der Atmosphäre), und er spürte eine Art Unbewusstheit: elend, elend, so elend, er war erschrocken. Da musste ich die Meditation beenden. Er war es nicht: es ging nicht von ihm aus. Ich sah es (dieselbe kriechende Geste). Ich sehe es kommen, daher kann es mir nichts anhaben - ich sehe es, und ich sehe sogar den Charakter, den es annimmt, die Suggestionen, die es mit sich führt, und all das. Es kommt mit solcher Macht, dass ich gezwungen bin, es zu sehen - ich sehe. Es gibt nur EINE Lösung (bis jetzt): die absolute Unbewegtheit der allerhöchsten Kraft - aber kein Gegenstoß, einfach so (unbewegte, unbeugsame Geste). Zum Schluss erschöpft es sich und fällt zusammen. Aber man muss durchhalten, und nicht viele Leute können durchhalten - es ist hart. Es ist hart, es ist bösartig, es ist gemein, es ist so (Geste dicht am Boden), und es ist SEHR MATERIELL, sehr materiell: es berührt die Zellen, es stört die Ordnung. Der Körper beginnt sich unwohl zu fühlen: "Was ist los?" Unwohl. Bei allen ist es so; sie fragen mich, was es sei, und ich antworte: "Verhaltet euch ruhig - Friede-Friede-Friede-Friede", in der Weise.

Wenn man zu reagieren versucht, ist es viel stärker als man selbst: es dringt hinein, dann ist die Unordnung innen, und man wird krank. Oder man fällt auf die Nase wie der Arzt.

Scheußlich, einfach scheußlich.

***

(Etwas später konzentriert sich Mutter auf das Foto einer Europäerin, die entfernt mit dem Aschram verbunden ist.)

...Ich fühle nichts. Ich habe keinen Kontakt - einen gewissen Kontakt habe ich mit allen, aber ich möchte sagen, hier besteht keine besondere Verbindung: das Psychische scheint völlig eingeschlafen zu sein. Ihr Kontakt ist vital und intellektuell. Das Psychische ist eingeschlafen oder abwesend, im Hintergrund, und bewegt sich nicht.

Ihre Schwierigkeiten müssen hauptsächlich mentaler Natur sein.

Was kann all das retten?

Gerade weil es zu viele solche Leute gibt, ist die Erde in solchen Schwierigkeiten! Viel zu viele Menschen stecken im Mental: mentale Schwierigkeiten, mentale Schwierigkeiten... Dort dringt man nicht durch (verschlossene Geste), man dringt nicht durch, man kann es nicht berühren. So ist es ein endloser Prozess, und gerade dies bewirkt die Notwendigkeit von... bumm! Kämpfe, Kriege, Konflikte.

Ein brennender Glaube, eine psychische Aspiration, Elan, Selbsthingabe - aber nein, immer nur das: Selbstbezogenheit, Selbstbezogenheit... Allein die Selbsthingabe kann die Welt retten.

(Schweigen)

Der mentale Glaube genügt nicht, ein psychischer Elan ist vonnöten - Selbsthingabe, Selbstaufgabe.

Der Körper selbst lernt gerade, dass jedes Mal, wenn er an sich denkt, eine kleine Katastrophe eintritt - keine "Katastrophe", aber ich möchte sagen, im Verhältnis zum Körper: eine zellulare Katastrophe, jedes Mal, wenn er auf sich selbst bezogen ist. Er muss sich selbst ganz vergessen und darf auf keinen Fall versuchen, Unterstützung, Trost, Verständnis, Hilfe zu finden, nicht so (horizontale, umgebende Geste), nur da (Geste, die Handflächen nach oben geöffnet, während beide Hände ein nach unten zeigendes Dreieck bilden): Die einzige Unterstützung ist das Göttliche. Die einzige Hilfe, die einzige Verantwortung. Alles übrige... Nichts kommt von einem menschlichen Wesen oder geht auf es zu, ohne vermischt zu sein; und Vermischtsein bedeutet Konflikt.

Wir sind im Augenblick der Extreme: und sogar Extreme im ganz Materiellen. Habe ich euch voriges Mal erzählt, dass ich die erste Blüte einer Pflanze hatte, die sichtbar die supramentale Macht war? - So eine Blüte (Geste), eine Hibiskusblüte. Gestern gab es die erste Blume einer anderen Pflanze, auch eine Hibiskus, so groß, weiß wie Schnee, mit einer solchen Farbe im Zentrum! Eine unbestimmbare Farbe, man kann sie nicht benennen... ein goldenes Rosa, aber so schön, dass man sich fragt, wie solche Farben physisch existieren können. Eine so große Blüte (ungefähr fünfzehn Zentimeter). Es war SICHTBAR (es drückte sich so aus) der Sieg der Liebe, die Macht der Liebe... Man könnte meinen, dass die ganze physische Natur, oh, sie ist so (Geste einer intensiven Aspiration), sie versucht - sie versucht, und es gibt eine Antwort. Sie haben die Gnade, kein Mental zu haben.

Das war wirklich schön. Sie verwelkte leider, sonst hätte ich sie aufgehoben, um sie dir zu zeigen; so schön! Oh, es war so sehr... (die gleiche Geste von Begeisterung und Aspiration): der Durst, der Durst nach dem Göttlichen, allein der Durst nach dem Göttlichen. Alle mentalen Grübeleien, alle mentalen Komplikationen, all das dreht sich endlos im Kreise. Ja, genau das führt zu den gegenwärtigen Ereignissen: ein hässlicher Konflikt, wirklich hässlich, zwischen der Lüge und der Wahrheit.

Die Regierung ist verdorben. Leute, deren Taktik und Handlungsprinzip nur die Lüge ist: täuschen, täuschen, täuschen. Und natürlich sich selbst täuschen.

Weißt du, es sind die Tage der Pudschas: erst Durgas Tage, und bald wird Kalis Tag kommen; nun sind alle Kräfte so (Geste, bereit zuzuschlagen), und bei dem geringsten Hinweis würden sie losstürmen. Man muss sie ständig zurückhalten (Geste des Stillhaltens), gut aufpassen und nicht das geringste Ungehaltensein empfinden, sonst...

Das höchste Bewusstsein dort oben schaut sich das an und... das höchste Lächeln.

Ich habe dir von der Begegnung mit Durga erzählt. Kali ist da und wartet. Natürlich bedeutet sie eine immense Macht - eine Macht... sie sind viel stärker, viel mächtiger als die wimmelnde Menschheit, und wenn man sie loslegen lässt... Ich möchte wirklich, dass die Liebe den Sieg SOFORT davonträgt - sie wird es auch tun, sie wird es tun, aber... nicht erst nach so viel Zerstörung.

(Schweigen)

Wir haben einen Höhepunkt erreicht, denn man hat wirklich den Eindruck, dass das Mental über die Materie triumphiert, und es ist davon überzeugt. Überzeugt - man geht, wohin man will, man weiß, was überall passiert... aber man weiß nicht, was in einem selbst geschieht.

 

***

 

21. Oktober 1967

 

 

Gestern Nachmittag hatte ich eine Erfahrung im Zusammenhang mit einer Frau, die seit fünfundsechzig Tagen im Koma liegt. Nach fünfzig oder fünfundfünfzig Tagen (die ganze Familie war dabei, nur der Sohn war wieder zur Arbeit gegangen), nach fünfundfünfzig Tagen fing sie plötzlich an, nach dem abwesenden Sohn zu rufen. Sie schrie laut! (Lachend) Ich glaube, sie bekamen alle Angst... Dann die üblichen dummen Phrasen: "Sie war bewusstlos." Ich sage: "Mein Gott! Warum sagt ihr, sie sei bewusstlos, ihr wisst nichts!... Sie kann sich nicht ausdrücken, aber sie ist nicht bewusstlos." Sie ist völlig bewusst, allein ihre Ausdrucksmittel sind beeinträchtigt, sie kann sich ihrer nicht mehr bedienen. Ich hielt eine lange Rede darüber, aber niemand war da, um sie aufzuzeichnen, und ich kann die gleiche Sache nie zweimal sagen. Es kam deutlich (Sri Aurobindo war da) und mit dem absolut klaren Bild, was genau der Tod ist... Ich kann es nicht mehr wiederholen.

Um die Wahrheit zu sagen, um es praktisch auszudrücken... aber es ist nicht mehr das: Die Leute nennen es "Tod", wenn das Kommunikationsmittel, das Verbindungsmittel mit dem Milieu und das Ausdrucksmittel so weit zerstört ist, dass es nicht mehr von Nutzen ist. Da gibt es dann einen Punkt, wo das Bewusstsein... es aufgibt. Wahrscheinlich aus allen möglichen Gründen (in jedem Fall sind die Gründe verschieden), aber das Bewusstsein gibt es auf, weil es nicht mehr von Nutzen sein kann.

Gestern war es sehr klar; jetzt ist es nichts mehr. Ich erlebte es wirklich - so klar, so konkret, so offensichtlich: "Aber die Menschen wissen nichts-nichts-nichts!..." Jetzt klingt es nur noch wie eine Platitüde.

(Schweigen)

Die Vision war so deutlich... nicht Vision: das Erleben, die Erfahrung war so deutlich, dass sie in sich selbst den Daseinsgrund der Schöpfung enthielt. Man sah die Arbeit des Bewusstseins, das Unbewusste zu durchdringen und es allmählich zu befähigen, das Bewusstsein zu manifestieren (Geste einer aus der Erde dringenden Blume), mit wachsenden Komplikationen, aber die Komplikationen sind das Ergebnis der Unfähigkeit des Unbewussten - der unbewussten Materie -, die in der Hoffnung, die höchste Möglichkeit wiederherzustellen, immer wieder neue Mechanismen oder Methoden erfand. Durch alle diese Komplikationen und in dem Maße, wie die Substanz mehr und mehr von Bewusstsein durchdrungen wird, erübrigt sich die Notwendigkeit der "Methoden" allmählich, und man wird zu einer höheren Einfachheit zurückkehren können.

Aber all das, gelebt, gesehen - so deutlich!

(Schweigen)

Und jedes "Leben", wie die Menschen es nennen - nämlich der Gebrauch eines Teils der in einem sogenannten Körper organisierten Materie -, dient zur größtmöglichen Manifestation des Bewusstseins (Aufnahme und Manifestation).

Natürlich ist dies nur deshalb möglich, weil selbst auf dem Grund des Unbewussten ein Bewusstsein vorhanden ist; aber das ist Philosophie. Gestern kam die völlig konkrete, materielle Erfahrung von alldem.

Die Individualisierung ist ein Teil des Vorgangs, eine Notwendigkeit des Vorgangs, denn sie erlaubt eine genauere und direktere Aktion.

Wenn die Materie plastisch genug geworden ist, um sich durch die Aktion des Bewusstseins zu transformieren - eine BESTÄNDIGE Transformation -, dann erübrigt sich diese Notwendigkeit, etwas aufzugeben, das zu nichts mehr nutze ist oder das nur noch unter unmöglichen Bedingungen fortbesteht. Auf diese Weise ließe sich für die Notwendigkeit der Transformation zumindest ein beliebig langes Fortbestehen erreichen, das beliebige Fortdauern einer Form, die vergänglich war.

Gestern hatte ich das Gefühl, dass der Tod jetzt nur noch eine alte Gewohnheit und keine Notwendigkeit mehr ist. Er besteht nur... Zunächst weil der Körper immer noch so unbewusst ist, um eine vollkommene Ruhe... (wie soll ich sagen?) nicht zu "begehren", denn das ist nicht das Wort, aber das Bedürfnis danach zu empfinden, das heißt, die Trägheit. Wenn das einmal beseitigt ist, gibt es keine Störung, die nicht behoben werden könnte - der Bereich der Unfälle wurde nicht untersucht, aber im normalen Verlauf der Dinge -, auf jeden Fall keine Abnutzung, keine Verschlechterung, keine Unstimmigkeit, die nicht durch die Aktion des Bewusstseins wieder behoben werden könnten.

Nur dieser Rest (der beträchtlich ist), dieser Rest an Unbewusstheit verlangt nach Ruhe (Geste der Auflösung). Was er Ruhe nennt, ist ein Zustand der Trägheit. Das heißt ein Zurückweisen der Manifestation des Bewusstseins. Nicht mehr als das.

Dann diese GEWALTIGE kollektive Suggestion... die lastet. Das Altern... Altern, Abnutzung und Tod - "Tod", jedenfalls das, was man Tod nennt, der kein Tod ist: "Tod", was soll das bedeuten? Auslöschung gibt es nicht, nichts wird ausgelöscht, aber schließlich die Preisgabe der Form, weil die Form sich weigert, sich zu transformieren (so ungefähr ist das). Sie ist nicht aufnahmebereit, sie akzeptiert, mehr und mehr abgenutzt zu werden durch den gewaltigen Druck der allgemeinen Suggestion - die jahrtausendealte Gewohnheit: "Es war schon immer so." Das große Argument. Das übrigens nicht stimmt.

Im Körper herrscht eine solche Dummheit. In jedem Augenblick (es sind Sekunden oder Minuten), aber in jedem Augenblick ist es die Wahl zwischen der Fortsetzung der alten Gewohnheit oder dem Fortschritt zum Bewusstsein. Immer ist es so. Und durch... (wie soll man sagen?) Willenlosigkeit (was ist es?... kein böser Wille, denn es ist dumm; es ist eher Dummheit als ein böser Wille) besteht eine spontane Tendenz, die Verschlechterung zu wählen, anstatt eine Anstrengung für den Fortschritt zu unternehmen. Nur wenn ein etwas erwecktes Bewusstsein vorhanden ist, um zu sagen: "Aber du bist doch idiotisch! Du hast viel größere Schwierigkeiten durchgemacht als die kleine Schwierigkeit, eine Anstrengung zum Fortschritt zu machen", dann hat es Gewicht - nicht immer.

Es gibt ein passives Wissen (der Körper weiß ja - es ist also bloß eine Willenlosigkeit), aber wenn er weiß und eine Anstrengung unternimmt, drückt es sich immer durch Lichter aus, ja, wie Schwingungswellen, und die Lichter des Fortschritts haben alle Farben, sie schillern in allen Farben: ein Licht, das aus allen schillernden Farben besteht. Das sind jene, die eine kleine sofortige Anstrengung wählen und die Laschheit verwerfen... Aber dabei handelt es sich um keine wichtigen Ereignisse: es geschieht in jedem Augenblick, für jedes Ding, immer, immer, immer - für alles.

Es muss eine Phase sein. Ich kenne ihre Dauer nicht, aber es muss eine Phase sein, denn es ist offensichtlich ein Übergangszustand. Bei dieser inneren Aspiration, oh, ich sah die Zellen, die etwa folgendes sagten: "Ach, wird es denn nie eine Möglichkeit geben, ohne Anstrengung Du zu sein?" Und dann kommt eine so wunderbare Antwort! Während einiger Sekunden ist es... (glückselige Geste), dann setzt die alte Routine wieder ein.

Die große Schwierigkeit ist die mentale Beobachtung: das Mental, das beobachtet (ein unpersönliches Mental: ein Mental, das beobachtet), das erschwert die Dinge sehr. Kann man das Mental beschäftigen, ist es leichter. Denn das Mental ist äußerst hart, trocken, festgelegt, uff! logisch, vernünftig, schrecklich. Selbst wenn ich es beschönigend ausdrücke, sind die umgebenden Schwingungen (besonders jetzt in unserer Zeit) voller Zweifel - gemein - und störrisch! Sie behandeln all dies als phantastische Einbildung.

Dem kann man nur entgegnen: Ich möchte mich lieber so täuschen als du auf deine Weise.

(Schweigen)

Im psychologischen Aufbau stecken all die alten Dinge des menschlichen Atavismus: vernünftig sein, vorsichtig sein, scharfsichtig sein... alle Vorkehrungen treffen, vorausschauend sein, oh! All dies ist der Stoff des gewöhnlichen menschlichen Gleichgewichts. Abscheulich. Die ganze Mentalisierung der Zellen ist voll davon, und nicht nur aufgrund der eigenen Seinsweise, der eigenen Erfahrung, sondern mit jener der Eltern und der Großeltern und der Umgebung und der... ach!

 

***

 

25. Oktober 1967

 

 

(Mutter liest in "Savitri":)

 

28. Oktober 1967

 

 

(Mutter versucht vergeblich, eine "Transformationsblüte" in ihr Knopfloch zu stecken.)

Soll ich dir helfen?

Nein. (Mutter schließt die Augen und steckt die Blume ins Knopfloch) Wenn ich die Augen schließe, sehe ich. (Lachen) Aber das ist wahr! Ich tue es nicht absichtlich: Wenn ich sehen will, schließe ich die Augen, und dann sehe ich! Es ist so natürlich und spontan, dass ich es nicht einmal bemerke; wenn ich etwas tun will und klar sehen will, schließe ich die Augen.

***

(Dann kommt Nolini, der Mutter seine englische Übersetzung der "Notizen auf dem Weg" für das nächste Bulletin vorliest.)

Ich habe mich schon gefragt: Vielleicht höre ich deutlicher, wenn ich nicht hinhöre! (Nolini sieht Mutter mit einem gewissen Erstaunen an) Nein, ich sagte vorhin, dass ich die Augen schließe, wenn ich etwas genau sehen will, worauf ich wirklich gut sehe. Ich tue es spontan (ich bemerkte es, weil Satprem mich fragte, was geschah). Aber ich höre nichts - wenn ich nicht hinhöre und so in mich gehe, könnte ich vielleicht hören? - Es muss einen Trick geben!

(Satprem:) Das hängt vom Bewusstsein ab, mit dem man liest.

Ja, manche Leute sprechen ganz leise, und ich verstehe sie genau. Andere Leute schreien, und ich verstehe kein Wort; das heißt, ich höre Lärm, aber ich verstehe nichts. Ja, es hängt von der Genauigkeit des Bewusstseins ab: wenn dieses genau ist, verstehe ich; wenn das Bewusstsein konfus ist, verstehe ich gar nichts.

Wir werden es versuchen. (Lektüre)

***

(Nach Nolinis Weggang)

Halt, ich will dir ein Foto zeigen, das vor kurzem gemacht wurde, am Tag von Ps Geburtstag (Mutter reicht Satprem ein Foto).

Das bin nicht ich, die schaut: es ist der Augenblick, in dem ich ein "Bad des Herrn" gebe.

Selbst auf dem Foto sieht man das Licht in den Augen.

Manche Leute bekommen Angst, andere hingegen sind glücklich - das ergibt eine sofortige Einstufung. Ich weiß, wenn ich diesen Anschein erwecke: in so einem Augenblick ist keinerlei persönliches Bewusstsein mehr vorhanden, es ist völlig verschwunden. Es besteht kein Empfinden einer Person mehr: allein die Kraft.

Aber es ist das erste Mal, dass man es auf einer Fotografie festhalten konnte. T hatte mich um Erlaubnis gefragt, das Foto aufzunehmen.

P wirkt wie ein Riese daneben.

Er ist der Leibwächter!

(Mutter lacht)

 

***

 

30. Oktober 1967

 

 

Man bat mich um eine Botschaft, um sie am 21. Februar von allen Radiostationen in Indien auszustrahlen. Ich sagte: "Gut, ich werde eine geben." Aber sie wollen sie im voraus haben. Und ich sah so deutlich: Wenn ich sie jetzt gebe, wird sie zu Kalis Periode des Kampfes gehören - ich habe sehr stark den Eindruck, dass von Anfang nächsten Jahres an die Atmosphäre sich... (Geste eines Ansteigens) klären wird. Ich weiß nicht warum. So wäre es besser, bis Januar zu warten. Denn mental kann man sich immer etwas vorstellen und es dann aussprechen, aber für mich geschieht es nicht so: es kommt, oder es kommt nicht. Ein ganze Totalität von Dingen tritt ein, aber sie gehören zu einem gewissen Bewusstseinszustand, und dies ist nicht der Bewusstseinszustand des nächsten Jahres.

***

(Zu Satprems Geburtstag schenkt ihm Mutter drei Karten, die alle Schiffe darstellen, dazu ein bemaltes Metalltablett, das ebenfalls ein Schiff darstellt.)

Dies (das Tablett) ist zur Unterhaltung!

(Mutter gibt ihm die Karten:) Es sind drei - eins, zwei und drei.

Alles Schiffe!... Werde ich verreisen?

Nein, nein! Im Raum reisen.

Lies sie nachher, das ist unwichtig...

(die erste Karte:)

 

"...Für das Erwachen des höchsten Bewusstseins und seiner Macht der Vision."

(zweite Karte:)

 

"...Auf dass die schönsten Träume lebendige und wahre Wirklichkeiten werden."

 

(Meditation)

Du hast gefragt, ob all deine Schiffe Anzeichen für eine Reise seien... Weißt du, das sind immer Symbole des Yoga, der Disziplin, der man folgt, und jeder hat sein besonderes "Transportmittel"! Bei den einen sind es Flugzeuge, bei den anderen sind es Züge, bei wieder anderen... Aber am häufigsten sind es Schiffe, und besonders die großen alten Segelschiffe. Für dich ist es sehr deutlich das Symbol für den Weg zur Verwirklichung. Jedes Mal wenn im Laufe des Jahres ein Schiff kommt, lege ich es für dich zur Seite!

Komme ich voran?

Dieses Mal hat sich alles so arrangiert, als ob es... Es geschah deutlich mit Sri Aurobindos Humor (viele Karten stellen sein Porträt dar). Und zuletzt kam das Tablett. Als ich das Tablett erhielt, oh, da dachte ich: "Das ist perfekt!" (Mutter lacht)

Sri Aurobindo selbst bestand sehr darauf, denn... Um die Wahrheit zu sagen, bat ich ihn (wegen der Vision, die du haben wolltest: den Zustand der Vision), ich bat ihn, sie möge dir gegeben werden, du mögest sie erlangen, weil du sie anstrebst. Da antwortete er mir (ich schrieb auf eine der Karten, was er mir sagte): Die Vision, die du haben wirst, wird die Vision des Wahrheitsbewusstseins sein. Es ist die höchste Vision, die wahre Vision (man hat Visionen im Subtilphysischen, im Vital, viele im Mental, aber... all dies ist nicht befriedigend, man hat immer den Eindruck einer Umschreibung, die nicht sehr genau ist), doch die wahre Vision ist die Vision des Bewusstseins, des höchsten Bewusstseins. Er sagte mir, dass du genau diese haben werdest.

Das Schiff bedeutet die Entwicklung, das Mittel, zu dieser Verwirklichung zu gelangen. Alles ist so eingetreten.

Ich habe allen Grund zu hoffen, dass es in diesem Jahr geschieht. Denn es kam auf diese Weise.

Ich mache mir große Sorgen um das Buch "Der Sannyasin", das ich gerade umschreibe... Diese Schwierigkeit, die Sache REIN zu beschreiben.

(Nach einem langen Schweigen) Ich hatte schon immer den Eindruck, dass Schreiben deine Art der Sadhana ist. Nicht die Meditation, nichts dergleichen, sondern das Schreiben. Ich sehe eine Art von Verwandlung in dir, wenn du schreibst. Nicht nur etwas, das du "persönlich" nennst, "deine" Art zu schreiben oder "dein" Buch, nicht nur das: sondern auf genaueste, präziseste Weise zu formulieren, das ist deine Art, die Sadhana zu verrichten. Es ist eine Sadhana dort oben.

Das heißt, nach meiner Sicht ist der Prozess des Ausdrückens wichtiger als das äußere Ergebnis. Es ist ein inneres Ergebnis (das sich nicht in Worten ausdrückt), das viel wichtiger ist als das äußere Resultat. Als du das Buch über Sri Aurobindo schriebst, war es völlig klar; und auch bei diesem (die erste Version des Sannyasin), und zwar in einem noch größeren Ausmaß: diese Art innerer Verwandlung war sehr viel wichtiger als das, was du geschrieben hast - aus meiner Sicht.

Es ist ein Vorgang der inneren Gestaltung deines Bewusstseins.

Was mit dem Ende geschah (die erste, von Satprem verworfene Version des "Sannyasin"), geschah, weil der Augenblick für die letzte Transmutation (ich weiß nicht, wie ich es erklären soll... oder Transformation - mehr als Transformation), die endgültige Transmutation noch nicht gekommen war. Er war nahe, aber lag noch an der Tangente. Es war so (Geste zweier sich einander annähernder Linien), es näherte sich an.

Genau das sah ich die ganze Zeit.

Der Ausdruck - der Ausdruck, der dir den Eindruck vermitteln wird... wo du sagen könntest: "Ja, das ist es!" wird mit dem Höhepunkt der Sadhana kommen.

Auch das ist für dieses Jahr. Es steht nahe bevor, es nähert sich, und...

Ach, ein gutes Jahr!

 

***

 

4. November 1967

 

 

(Den Sturm betreffend, der mit Kalis Pudscha zusammenfiel.)

Gab's bei dir keine Überschwemmungen? Im unteren Zimmer regnete es auf den Tisch neben meinem Stuhl, ich stellte einen Topf mit Blumen dorthin und gab den Leuten all die nassen Blumen.

Hat sich Kali beruhigt?

(Lachend) Vielleicht hat sie das abgekühlt!

Sie lachte... Sie kann auch lachen!

***

(Kurz darauf kommt die Rede auf Mutters alte Entretiens von 1950 bis 1958, deren erste Gesamtausgabe Satprem vorbereitet. Er beklagt sich, die Originaltexte nicht mehr finden zu können:)

Q war sehr frei in ihrem Walten, sie vernichtete sogar einige Entretiens, die ihr nicht gefielen!

Lange verwendete ich die Entretiens, die Q zurückgelassen hatte, bis ich eines Tages merkte, dass sie völlig verstümmelt waren. Schließlich entdeckte ich eine andere Sammlung, aber ich sah, dass auch sie nicht originalgetreu war. So ist es jedes Mal eine enorme Arbeit, alle Teile zu finden, um das genaue Original wiederherzustellen.

Aber wer nahm sie auf?

Am Anfang nahm man es fortlaufend auf: es gab nicht genug Bänder, so schrieb man sie ab und löschte die Tonbänder wieder. Wenn man wenigstens diese ursprünglichen Notizen wiederfinden könnte! Denn leider war auch das "Original", das ich fand, bereits modifiziert worden, es ist nicht mehr das Original.

Ja, wenn man spricht, macht man oft Fehler, die Sätze sind nicht beendet...

Aber das macht nichts! Ich bemerkte (seit Jahren beschäftige ich mich damit), dass selbst dann, wenn der Satz unvollendet ist, es wertvoll ist, ihn unverändert zu lassen, denn es liegt ein innerer Rhythmus in dem Gesagten, der zerstört wird, wenn man es nicht so belässt.

So konnte ich sprechen, wenn es von oben kam... Es war nicht immer gleich; an manchen Tagen sprach ich, und es war nicht das Bewusstsein hier, es kam so (Geste der Herabkunft), und wie du sagst, selbst wenn die Sätze unvollständig waren, geschah es immer mit einem bewussten Willen.

An anderen Tagen war es viel oberflächlicher - da war es unwichtig, es hatte viel weniger Wert.

***

(Mutter tritt in eine lange Kontemplation)

Ein sehr schwieriger Augenblick.

(langes Schweigen)

Die Arbeit ist in vollem Gange und... nichts zu sagen, unmöglich. Unmöglich.

Das Schwierigste in der materiellen Welt hier ist, gegen das Ergebnis der jahrtausendealten Erfahrungen anzukämpfen, die eine Art pessimistisches und defätistisches Bewusstsein gebildet haben - ein allgemeines Bewusstsein dieser Art (die Erde umhüllende Geste). Man kann es nicht in Worten formulieren, aber für dieses Bewusstsein lässt es sich so ausdrücken: "Ja, wir leugnen die Existenz all dieser göttlichen Dinge nicht, aber das ist nicht für uns, es ist für... (Geste nach oben)."

Sehr unerfreulich. Ein allgemein verbreiteter, sehr elender Zustand. Genau das sahen alle Leute, die diese Erfahrungen von oben hatten, und sie erklärten: Es ist hopeless [hoffnungslos].

Es ist ganz und gar nicht hopeless (natürlich nicht), aber es verlangt nach einer Wachsamkeit, einer ständigen, ununterbrochenen Sorgfalt.

(Schweigen)

Nun, wir werden sehen.

Gleichzeitig wächst die Arbeit gewaltig an ("Arbeit", nicht die wahre Arbeit: die äußere Arbeit, die Anzahl der Leute, der Briefe)... Ich kenne den Grund gut, es ist, weil (Schweigen)... diese Umstände treten ein, damit der Körper das Gefühl seiner Persönlichkeit verliert. Aber das ist sehr schwierig.

Sehr schwierig.

Er kann es sehr gut, aber nur im bewusstesten Teil.

 

***

 

8. November 1967

 

 

(Zu Beginn liest Mutter die Botschaft für den indischen Rundfunk, die sie am 21. Februar 1968 zum Anlass ihres neunzigsten Geburtstags ausstrahlen will.)

 

 

Nicht die Anzahl der Jahre, die du gelebt hast, macht dich alt. Du wirst alt, wenn du aufhörst, Fortschritte zu machen. Sobald du fühlst, du hast getan, was du tun solltest, sobald du denkst, du weißt, was du zu du hättest genug im Leben gearbeitet, dann wirst du sofort alt und beginnst abzubauen. Wenn du aber im Gegenteil davon überzeugt bist, dass dein Wissen nichts ist im Vergleich zu all dem, was zu wissen übrig bleibt, wenn du fühlst, dass deine Taten nur der Startpunkt all dessen sind, was noch zu tun ist, wenn du die Zukunft wie eine lockende Sonne siehst, die mit unzähligen, noch zu erreichenden Möglichkeiten strahlt, dann bist du jung, wie viele Jahre du auch immer auf der Erde verbracht hast: jung und reich an allen Verwirklichungen von morgen. Und wenn du nicht willst, dass dein Körper dich im Stich lässt, dann vermeide, deine Energien in unnützer Geschäftigkeit zu verschwenden. Was immer du tust, tue es in ruhiger und gesammelter Ausgeglichenheit. Im Frieden und Schweigen liegt die größte Kraft.

 

Voilà.

***

Wir haben einen großen Teil der Nacht damit verbracht, zusammen zu arbeiten, ungefähr von elf Uhr bis... oh, lange, bis drei Uhr morgens - zu arbeiten, umherzugehen. Dies sind Orte - wie Häuser und Landschaften -, sehr vertraute Plätze, wohin ich regelmäßig gehe, in einer speziellen Atmosphäre und für eine spezielle Arbeit. Dort gibt es Berge, absteigende Wege... Es ist immer gleich: es handelt sich um einen Ort, der permanent besteht, aber jedes Mal finden verschiedene Ereignisse statt (wie im Leben). Die Ankunft dort ist unterschiedlich: manchmal gehe ich, manchmal bin ich im Auto, manchmal habe ich ganz besondere Transportmittel. Ich treffe nicht immer die gleichen Leute und verrichte nicht immer die gleiche Arbeit, aber die Qualität der Atmosphäre (Mutter macht eine Geste, als fühle sie die Luft) bleibt immer die gleiche. Ein gewisser Ort der Organisation: der Macht der Organisation.

Seit unzähligen Jahren kenne ich diesen Ort und gehe dorthin. Aber letzte Nacht verbrachte ich... oh, gute drei Stunden dort - drei Stunden unserer Zeit hier (ich weiß nicht, wie viele es dort waren).

Ich traf dich, sprach mit dir, erklärte dir Dinge, und wir arbeiteten zusammen: präzise und genau in allen Details, all das... Wäre ich beim Aufwachen völlig unbewegt geblieben, dann könnte ich mich jetzt erinnern, aber so habe ich nur einen vagen Eindruck, einige Bilder kommen auf (verstreute Geste, als ob Mutter verschiedene Punkte eines Bildes berührte, wie Teile zurückbleibender Bilder). Der Eindruck, die Erinnerung an die Art der Arbeit, und dann... Der Ort steht offensichtlich in Verbindung mit dem Bau der Zukunft der Erde.

Aber ich kam dort mit einer großen Befriedigung und der Feststellung heraus, dass die Dinge jetzt viel besser gehen... Man sah: die Zukunft ist heller.

Gewöhnlich bleibe ich nicht so lange - es muss ein entscheidender Augenblick gewesen sein.

***

(Mutter geht zu verschiedenen Arbeiten über und bemerkt nebenbei:)

Ach, gestern sah ich den Ex-Bruder A. Er besuchte mich (er hatte mich darum gebeten, so ließ ich ihn kommen). Er trat ein und gab mir einen Blumenstrauß; er setzte sich auf den Boden und schaute mich an. Wir sahen uns mindestens fünf Minuten an; dann lächelte ich, daraufhin machte er ein großes Pranam, erhob sich und ging wieder. Ich fand ihn sehr aufnahmefähig und sehr aufrichtig in seinem Bestreben, sich selbst zu finden, seine Seele zu finden. Sehr gut, sehr konzentriert. Ich war sehr zufrieden. Kurzum, er verhielt sich ausgezeichnet. Sehr friedlich und sehr empfänglich.

In einem bestimmten Augenblick lächelte ich (ich weiß nicht warum), da erhob er sich und ging. Das war gut.

Er ist aufrichtig, er kommt nicht mit Hintergedanken - gar nicht wie die andere (Madame Z).

(Schweigen)

Am 11. ist der Geburtstag von M. Sie wurde am elften Tag, im elften Monat, im Jahr 1911 geboren - elf ist die Zahl des Fortschritts. Spirituell ist sie vielleicht nicht sehr interessiert, aber auf materieller Ebene ist sie eine Frau, die wirklich gerne etwas gut macht, es gut machen will, und das, was sie tut, gerne gut macht.

***

(Am Ende des Gesprächs kommt Mutter auf ihre Erfahrung vom Anfang zurück:)

Letzte Nacht war es sehr gut - du bist sehr bewusst, sehr bewusst.

(Satprem ist überrascht)

Die Verbindung fehlt (Mutter zeigt eine dünne Schicht zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger). Bei mir selbst wird bei der Rückkehr eine ganze Welt ausgewischt. Es ist noch da: Wenn ich mich bemühte, käme es zurück, aber es nimmt Zeit in Anspruch, es ist schwierig, und man muss sehr ruhig sein, man darf nicht beschäftigt sein. Diese Welt steht der unseren sehr nahe, sie wirkt sich hier sehr aktiv aus, und deshalb erinnert man sich viel besser an jene Dinge, die ganz oben geschehen, doch mit dem Naheliegenden ist es schwierig.

Ich muss fast jeden Tag dorthin gehen, aber nur kurz, während es letzte Nacht bemerkenswert war. Du warst dabei und fühltest dich sehr wohl; ja... du warst dabei, wie etwas Gewohntes - ich treffe dich übrigens häufig dort an. Gestern dauerte es viel länger: allerlei Erklärungen, Vorführungen, Organisationen. Dann gibt es auch Orte, wo man die Welt von oben sieht. Es ist der Erde sehr nahe.

Weißt du, es genügt, dass etwas Hauchdünnes, so wie ein Blatt Papier, nicht entwickelt ist, und beim Wechsel von dort nach hier verliert das Bewusstsein die Erinnerung (Geste zwischen beiden).

Aber die Wirkungen, das Ergebnis bleibt - man hat es: es dringt von innen nach außen, man ist nicht etwa abgeschnitten. Nur das aktive Bewusstsein, die aktive Erinnerung fehlt.

Voilà, auf Wiedersehen, mein Kind.

 

***

 

10. November 1967

 

 

Auch letzte Nacht, während langer Zeit, wieder am selben Ort. Seltsam, die genaue Erinnerung an das ganze Geschehen könnte ich nicht wiedergeben, aber bei allen Umständen habe ich am Morgen ständig das Gefühl: "Ach, letzte Nacht wurde dies entschieden... letzte Nacht wurde jenes gesehen..." In der Art. Seltsam. Es geschieht immer am Vortag oder in der Nacht vor dem Tag, an dem ich dich sehe.

***

(Mutter liest die Botschaft, die sie am 1. Januar 1968 verteilen will:)

 

 

Bleibe jung,

höre nie auf, nach Vollkommenheit zu streben!

Remain young.

Never stop striving towards perfection.

 

***

(Dann versinkt Mutter in eine lange Kontemplation, die fast eine dreiviertel Stunde dauert.)

Hast du nichts zu sagen, nichts zu fragen?... Ich selbst kann so auf unbestimmte Zeit verweilen. Das passiert mir sonst nie [[Mutter hat nie Zeit.]] - ja, für ein, zwei Minuten, aber so lange... das gibt mir eine Art Bad von ruhigem Licht: Nichts existiert mehr, nichts bewegt sich, es ist alles leuchtend, friedlich und ruhig... eine Art Glückseligkeit.

Ach...

 

***

 

15. November 1967

 

 

Hast du nichts zu sagen?

Nein, man hat das Gefühl, wenn nicht ein Wunder geschieht (was die Menschen darunter verstehen), dann wird es viele Jahrhunderte dauern.

Hast du etwa gehofft, es würde keine Zeit in Anspruch nehmen?

Ja, offenbar.

Ich habe nie geglaubt, dass es schnell eintreten könnte. Man braucht es nur mit seinem eigenen Körper auszuprobieren, so wie ich es tue, um den Unterschied zu sehen zwischen der Materie, wie sie ist, ihrer jetzigen Beschaffenheit, und... nun, dem, was wir uns unter einer göttlichen Existenz vorstellen können - "göttlich" will sagen, dass sie nicht in jeder Sekunde an die Finsternis einer fast völlig unbewussten Materie gebunden ist... Wie viel Zeit wird es dauern? Wie lange hat es denn gedauert, bis der Stein sich in eine Pflanze verwandelte, die Pflanze in ein Tier, das Tier...? Wir wissen nichts Genaues darüber, aber so, wie sich die Dinge entwickeln... Jetzt, wo sie alles so genau ausrechnen können, was glauben sie, wann die Erde sich bildete? Vor wie viel Milliarden Jahren [[Offenbar vor viereinhalb Milliarden Jahren.]] ? Und all das, um dahin zu gelangen, wo wir jetzt sind.

Je weiter es voranschreitet, um so schneller wird es natürlich gehen, aber schneller... Was heißt schon schnell?

Wenn der Prozess auf "natürliche Weise" stattfinden soll, wird es wohl eine Ewigkeit dauern.

Nein, es ist keine Frage von "natürlich". Die Natur hat die Dinge für die fortschreitende Manifestation des Bewusstseins organisiert, das heißt, die ganze Arbeit bestand darin, das Unbewusste darauf vorzubereiten, bewusst werden zu können. Jetzt ist das Bewusstsein wenigstens größtenteils vorhanden; daher geht es sehr viel schneller, das heißt, der größte Teil der Arbeit wurde schon geleistet, aber wiederum, wie ich schon sagte, wenn man sieht, wie sehr es noch ans Unbewusste gebunden ist, an ein vages Bewusstsein, wo die unwissenden Menschen noch eine "Fatalität", ein "Schicksal" spüren, das, was sie "Natur" nennen, und all das, was vorherrscht und regiert; nun, damit sich die letzte Veränderung vollziehen kann, muss all dies voll bewusst werden, und nicht nur auf mentale Weise - das genügt nicht -, auf göttliche Weise! So bleibt noch viel zu tun.

Genau das sehe ich jeden Tag bei diesem armen kleinen Körper, und dann all das, was ihn umgibt (Geste eines Gewimmels ringsum), die ganze so geartete Substanz, ach... nichts als Krankheiten, Elend und Unordnung - all das hat nichts mit dem Göttlichen zu tun. Eine unbewusste Masse.

Du willst sagen: Wenn nicht irgend etwas eingreift und das GEWALTSAM verändert?

Ja.

Sri Aurobindo sagte (ich las es vor zwei Tagen, ich weiß nicht mehr, wo er das geschrieben hat, es war ein Zitat), wenn das göttliche Bewusstsein, die göttliche Macht, die göttliche Liebe, die Wahrheit sich zu schnell auf der Erde manifestierte, würde sich die Erde auflösen. Sie könnte es nicht ertragen... brrf!

Ich übersetze, aber so lautet die Idee.

Nun, vielleicht nicht gerade die volle göttliche Dosis, aber eine kleine göttliche Dosis!

(Mutter lacht) Die kleine Dosis ist immer da, immer. Es gibt sogar eine ziemlich kräftige Dosis davon, und wenn man Das sieht, dann staunt man. Aber gerade daran kann man ermessen, wie die Dinge stehen.

Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht die Feststellung mache, dass nicht einmal eine richtige Dosis, sondern ein ganz kleiner Tropfen, ein winzig kleiner Tropfen von Dem, einen in einer Minute heilen kann ("kann": es HEILT einen tatsächlich, es "kann" nicht nur), dass man ständig in der Schwebe ist, dass die geringste Schwäche zu einer Störung führt oder das Ende bedeutet. Und ein einziger Tropfen von Dem... lässt es zu Licht und Fortschritt werden. Die beiden Extreme nebeneinander.

Diese Feststellung macht man jeden Tag mehrere Male.

Wenn es der Zweck dieses Instruments (Mutter) wäre, festzustellen, zu erklären und zu beschreiben, dann könnte es Wunder erzählen, aber... ich weiß nicht, wie es scheint, ist es das erste Mal, dass das Instrument nicht dazu da ist, die "Botschaft", die "Offenbarung", die Erleuchtung zu verkünden, sondern selber zu versuchen, es zu realisieren: das Werk, die unscheinbare, mühselige Arbeit zu verrichten. Es macht seine Beobachtungen, aber es verharrt nicht glückselig in der Freude der Beobachtung, sondern es ist gezwungen, in jeder Minute zu sehen, wie viel Arbeit TROTZDEM noch zu tun bleibt. Es wird erst frohlocken können, wenn die Arbeit getan ist - was heißt das, "die Arbeit ist getan"? - wenn etwas BEGRÜNDET ist. Diese göttliche Gegenwart, dieses göttliche Bewusstsein, diese göttliche Wahrheit manifestiert sich blitzartig, und dann... nimmt alles seinen kleinen alltäglichen Lauf - es vollzieht sich zwar eine Änderung, aber eine kaum wahrnehmbare. Für ihn (den Körper) ist das sehr gut, ich nehme an, es stärkt seinen Mut und gibt ihm eine Art lächelnden Frieden, obwohl er zu keinem sehr befriedigenden Resultat kommt. Aber es kann ihn nicht befrieden, er wird erst zufrieden sein,... wenn es getan ist, das heißt, wenn das, was jetzt noch eine Offenbarung ist - leuchtend, aber von kurzer Dauer -, eine vollendete Tatsache wird; wenn es wirkliche göttliche Körper gibt, göttliche Wesen, die auf göttliche Weise mit der Welt umgehen, ja... dann wird er sagen: "Das ist es"; aber nicht vorher. Ich glaube jedenfalls nicht, dass es sofort geschehen kann.

Denn ich sehe sehr wohl, was hier am Werk ist... Wie ich schon sagte, wäre ich dazu bestimmt, zu erzählen, zu erklären und vorauszusagen, könnte ich mit diesen Dingen eine ganze Lehre aufstellen, mit nur EINER dieser Erfahrungen - ich habe mehrere jeden Tag. Aber das führt zu nichts, ich weiß es!

Dies ist keine Ungeduld, nicht einmal eine Unzufriedenheit, ganz und gar nicht, sondern... eine Kraft, ein Wille, der Schritt für Schritt voranschreitet und der nicht einhalten kann, um zu erzählen und sich an dem zu ergötzen, was getan wurde.

(Schweigen)

Gibt es irgendwo auf der Erde ein wirklich göttliches Wesen, d.h. das von keinem Gesetz des Unbewussten beherrscht wird?... Mir scheint, man wüsste es. Wenn es existierte, und ich wüsste es nicht, dann müsste ich mir sagen, dass irgendwo in mir eine recht große Unaufrichtigkeit ist!

Ehrlich gesagt, stelle ich mir diese Frage nicht.

All jene, die als "Offenbarer der neuen Welt" oder "Verwirklicher des neuen Lebens" gelten, bei all diesen Leuten ist der Prozentsatz an Unbewusstheit viel größer als bei mir, folglich... Aber das ist das, was öffentlich bekannt ist - gibt es irgendwo ein Wesen, von dem niemand etwas weiß? Dann würde es mich wundern, wenn es keine Kommunikation gäbe. Ich weiß es nicht.

Vieles geschieht, es gibt eine ganze Schar von neuen Christussen, von Kalkis [[Der letzte Awatar nach hinduistischer Tradition.]] und Übermenschen, ach, viele, aber meistens tritt man auf irgendeine Weise in Verbindung mit ihnen, jedenfalls erfährt man von ihrer Existenz. Und unter all den Wesen, mit denen ich in unsichtbarer oder sichtbarer Beziehung stand, gab es nicht eines, das... (wie soll ich sagen?) weniger Unbewusstheit als dieser Körper gehabt hätte - aber ich gebe zu, es gibt noch sehr viel davon.

Eben diesen Prozess sehe ich nicht, um aus dieser Trägheit und Unbewusstheit herauszukommen.

Prozess, welcher Prozess? Der Transformation?

Ja, man sagt, dass das Bewusstsein wirken und all das erwecken soll...

Aber genau das tut es.

Ja, das tut es, aber...

Es hört nicht auf, es zu tun!

Ich sage dir, die Antwort ist folgende: Plötzlich besteht die Wahrnehmung irgendeiner Störung (oh, es sind ganz subtile Dinge - sehr subtil -, aber für das Bewusstsein sind sie sehr konkret), wie eine Welle der Desorganisation. Die Körpersubstanz beginnt sie zuerst zu fühlen, dann sieht sie das Ergebnis, und alles beginnt sich aufzulösen: die Desorganisation stört den notwendigen Zusammenhalt der Zellen, um einen individuellen Körper aufzubauen. Und man weiß: "Ach! (Geste der Auflösung) es wird zu Ende gehen." Dann erhebt sich die Aspiration der Zellen, eines gewissen zentralen Bewusstseins des Körpers, intensiv, mit einem so vollendeten surrender wie nur möglich: "Dein Wille, Herr, Dein Wille, Dein Wille..." Darauf entsteht eine Art... nichts Aufsehenerregendes, kein leuchtender Blitz, aber... nun, es sieht aus wie eine Verdichtung dieser Welle der Störung, worauf etwas zum Stillstand kommt: zuerst ein Friede, dann ein Licht, dann Harmonie - und die Störung ist verschwunden. Sobald die Störung verschwunden ist, entsteht IN DEN ZELLEN unmittelbar der Eindruck, die Ewigkeit, für die Ewigkeit zu leben.

Dies geschieht mit der ganzen Intensität einer konkreten Wirklichkeit, nicht nur täglich, sondern mehrere Male am Tag. Manchmal ist es sehr ernst, das heißt wie eine Masse, manchmal berührt einen nur etwas. Im Bewusstsein des Körpers drückt sich dies wie ein Wirken der Gnade aus: ein weiterer Fortschritt über das Unbewusste. Nur sind es keine aufsehenerregenden Ereignisse: der menschliche Nachbar merkt es nicht einmal, er kann vielleicht ein Innehalten in der äußeren Tätigkeit feststellen, eine Konzentration, aber das ist alles [[In solchen Augenblicken wurde Mutter blass; man sah sie oft ihre Handflächen über ihre Augen legen.]]. Darüber spricht man nicht, man kann keine Bücher darüber schreiben, man macht keine Propaganda... Darin besteht die Arbeit.

Keine einzige der mentalen Aspirationen ist damit zufrieden.

Eine sehr unscheinbare Arbeit.

(Mutter tritt in eine lange Kontemplation)

Da brannten zwei große und drei kleine Kerzen... Was hatte das zu bedeuten? Sie brannten alle fünf. Was mag das bedeuten? Ich weiß es nicht. Zwei waren so groß und brannten; sie waren von einer Farbe... nicht rot und nicht gelb: orange, aber durchscheinend. Es war, als ob die Kerzen zwischen uns beiden brannten.

Zwei große und drei kleine. Ich kenne die Bedeutung nicht.

Sie brannten langsam (unbewegliche Geste), ohne einen Luftzug, sehr ruhig.

Es hielt lange an.

(langes Schweigen)

Vor ein oder zwei Tagen, ich weiß nicht mehr, hatte ich eine Gesamtschau der Bemühung der Erde um ihre Vergöttlichung. Es war, als ob jemand sagte... nicht jemand: das Bewusstsein als Zeuge, das beobachtende Bewusstsein, das sich aber in Worten ausdrückt - sehr oft drückt es sich auf englisch aus, und ich habe den Eindruck, dass es Sri Aurobindo ist, Sri Aurobindos aktives Bewusstsein - manchmal drückt es sich erst in meinem Bewusstsein in Worten aus, und in diesen Tagen sagte etwas: "Ja, die Zeit der Verkündigungen, der Offenbarungen ist vorbei - jetzt ist Zeit zum Handeln!"

Die Verkündigungen, die Offenbarungen, die Prophezeiungen, all das ist im Grunde sehr bequem, es erweckt den Eindruck von etwas "Konkretem"; während es jetzt sehr verborgen ist, das Gefühl, dass es sehr verborgen, unsichtbar und unverstanden ist - es wird erst durch Ergebnisse sichtbar, die noch in ferner, ferner Zukunft liegen.

Das wird nicht verstanden... C wollte die Notizen auf dem Weg und A Propos auf Hindi übersetzen, in einem Band. Er sprach mit R darüber, und R schrieb mir: "Die Leute verstehen nichts", und er habe den Eindruck, die menschliche Sprache sei ungeeignet, das auszudrücken - was könne da bei einer Übersetzung schon herauskommen? - eine Platitude; es wäre besser zu warten. Ich bin vollkommen damit einverstanden, ich sagte ihm, es sei besser zu warten. Aber das zeigte mir den Stand der Dinge. Denn von R und C erwartet man, dass sie verstehen, und offensichtlich verstehen sie nichts. Als Nolini da war, gab ich ihm den Brief zu lesen, und er sagte: "Oh, ja." - Bei ihm ist es dasselbe, er hat nichts verstanden. So ist es allgemein. Denn viele Leute zitieren meine Worte oder führen Erfahrungen an, die sie hatten, geben Erklärungen zu den Notizen auf dem Weg, und jedes Mal sehe ich, dass sie NICHTS verstanden haben.

Es scheint mir ein allgemeines Unverständnis zu herrschen.

(Schweigen)

Es gehört einem Bereich an, der noch nicht dazu bereit ist, erklärt und in Worten manifestiert zu werden.

Das ist offensichtlich, ich sehe es deutlich: Weil sie alle recht freundlich sind und viel Respekt haben, gestatten sie ihrem Mental nicht zu sagen: "Das ist albernes Geschwätz", aber für sie gehört es zum Bereich des Unverständlichen.

Soweit es wirklich neu ist, ist es tatsächlich unverständlich. Was ich sage, entspricht keiner gelebten Erfahrung des Lesers.

Ich sehe klar: Nur eine kleine Arbeit (Geste einer Umkehrung) wäre nötig, um es zu einer prophetischen Offenbarung zu machen. Eine kleine Arbeit, eine kleine Umkehr im Mental - die Erfahrung liegt völlig außerhalb des Mentals, und was man darüber sagt... (Mutter schüttelt den Kopf). Gerade weil es nicht mental ist, klingt es ziemlich unverständlich, und damit all dies zugänglich wird (ich sehe das so deutlich!), braucht es (die gleiche Geste) nur eine kleine Wendung des Mentals, und es wird prophetisch. Aber das... das ist nicht möglich. Es würde seine Wahrhaftigkeit verlieren.

Nun, wir sind auf dem Weg.

 

***

 

18. November 1967

 

 

(Mutter beantwortet Gesuche)

Ich fühlte aus ihrer Notiz, dass sie völlig fassungslos war. Ich wollte sie behalten, um sie dir zu zeigen, aber da ist ein solches Durcheinander von Briefen, dass ich nicht weiß, wo sie hingekommen ist. Ich weiß nicht einmal mehr... Ich wollte ihr sofort mit einer kurzen Notiz antworten, aber ich weiß nicht einmal mehr, ob ich es getan habe.

Bei diesem Übermaß an Arbeit bleibt mir nur eine mögliche Vorgehensweise, nämlich in jeder Minute zu "übertragen" und auf den Impuls zu warten, zu antworten oder nicht zu antworten. Bei gewissen Dingen kommt die Antwort unmittelbar: sofort schicke ich eine Notiz, und damit hat sich's; andere muss ich auf die Seite legen und abwarten, um zu wissen, was ich tun soll. Von denen hebe ich einige auf und finde sie später wieder - die Antwort kommt an einem anderen Tag, und ich antworte; bei anderen ist es so (Geste der Verdunstung), als ob etwas sie entwendete. Sie verschwinden, ich sehe sie nie wieder... Natürlich wird die mentale Antwort, die unsichtbare Handlung immer sofort gegeben - ich weiß, was ich ihr geantwortet habe, und besonders, was ich GETAN habe; das versteht sich, das fehlt nie, denn das braucht keine Zeit, es geschieht spontan. Es ist nur eine Frage... im Grunde ist die schriftliche Antwort nur ein Zugeständnis an das äußere Bewusstsein. Jeden Tag sind es gut hundert Fälle... die materielle Zeit fehlt mir.

 

 

***

 

22. November 1967

 

 

(Mutter nimmt Blumen entgegen)

Ich werde sie ins Wasser stellen... Blumen, das ist die Schönheit des Lebens.

Ein Fortschritt ist eingetreten.

Ach, ja?

Am Ende der Sportschau [am 2. Dezember [[Alljährlich am 2. Dezember führen alle Schulkinder und Schüler eine gemeinsame Sportschau vor.]] werden alle Kinder im Chor beten, und ich selbst habe das Gebet geschrieben. Ich werde es dir vorlesen.

Die Idee stammt nicht von mir: man bat mich darum, und so verfasste ich es.

Wahrscheinlich lasen sie das Bulletin und baten dann um ein Gebet - ein wirkliches Gebet des Körpers. Ich antwortete darauf:

 

Das Gebet der Zellen im Körper

 

Jetzt, da wir durch die Wirkung der Gnade langsam aus der Unbewusstheit auftauchen und zu einem bewussten

Leben erwachen, steigt ein brennendes Gebet in uns auf nach mehr Licht und mehr Bewusstsein:

O Höchster Herr des Universums,

wir flehen Dich an, uns die Stärke, die Schönheit

und die harmonische Vollkommenheit zu geben,

die notwendig sind, um Deine göttlichen Instrumente

auf Erden zu sein!

***

The Prayer of the Cells in the Body

 

Now that by the effect of the Grace we are slowly emerging out of inconscience and waking up to a conscious life,

an ardent prayer rises in us for more light, more consciousness:

O Supreme Lord of the Universe,

we implore Thee, give us

the strength and the beauty,

the harmonious perfection

needed to be Thy divine instruments upon earth.

 

Das ist fast eine Verkündigung.

Gut, lass es uns jetzt ins Französische übersetzen.

Sie werden es nach ihrer Vorführung sprechen; offenbar wollen sie die ganze Entwicklung des Sports zeigen, und am Schluss werden sie sagen: Wir sind noch nicht am Ende, wir sind am Beginn von etwas, und dies ist unser Gebet.

Ich war sehr froh darüber.

Du sprachst von Fortschritt?

Das ist ein unglaublicher Fortschritt! Früher dachten sie nie an so etwas, nie; als Kollektiv haben sie noch nie an die Transformation gedacht. Sie dachten höchstens daran, die besten Athleten der Welt zu werden und all den üblichen Unsinn.

Der Körper - sie baten um ein Gebet des KÖRPERS -, endlich haben sie verstanden, dass der Körper sich in etwas anderes transformieren muss. Vorher waren sie voll von allen möglichen Sportgeschichten aus allen Ländern, in welchem Land der Sport am weitesten fortgeschritten sei, der Gebrauch des Körpers, wie er jetzt beschaffen ist... usw. - eben das alte Ideal der Olympischen Spiele. Jetzt haben sie das endlich überwunden: es gehört der Vergangenheit an, jetzt wollen sie die Transformation.

Die Leute strebten in ihrem Mental und ihrem Vital danach, göttlich zu werden - kurz die ganze alte Geschichte der Spiritualität, seit Jahrhunderten wird das bis zum Überdruss wiederholt - aber jetzt ist es der KÖRPER. Der KÖRPER selbst will daran teilhaben. Das ist ein echter Fortschritt.

Ja, man versteht gut, wie sich die Aspiration im Mental aufrechterhält, wie sie von selbst fortbesteht. Auch im Herzen sieht man wohl, wie die Aspiration lebt. Aber im Körper? Wie lässt sich die Aspiration im Körper erwecken?

Aber, guter Gott, sie ist voll erwacht! In mir ist sie seit Monaten wach! Genau das spürten und spüren sie.

Wie es vor sich geht? - Es geschieht gerade.

Aber wie kann es in uns...

Nein, nein, nein! Wenn es in einem einzelnen Körper geschehen ist, kann es in allen Körpern geschehen.

Ja, aber ich meine, wie... Ja, wie?

Genau das versuche ich seit Monaten zu erklären.

Zuerst muss das Bewusstsein in den Zellen erweckt werden...

Ja, genau!

Aber wenn es einmal getan ist, ist es getan: Das Bewusstsein erwacht immer mehr, die Zellen leben bewusst, rufen bewusst an. Mein Gott, ich versuche dies seit Monaten zu erklären! Genau das macht mir Freude, dass sie zumindest die Möglichkeit begreifen.

Dasselbe Bewusstsein, das ein Monopol des Vitals und des Mentals war, ist körperlich geworden: Das Bewusstsein wirkt in den Zellen des Körpers.

Die Zellen des Körpers werden bewusst, vollkommen bewusst.

Ein unabhängiges Bewusstsein, das überhaupt nicht vom vitalen oder mentalen Bewusstsein abhängt: ein körperliches Bewusstsein.

(Schweigen)

Dieses physische Mental, von dem Sri Aurobindo gesagt hatte, es stelle eine Unmöglichkeit dar, es drehe sich ewig im Kreise und werde sich immer im Kreise drehen, wie eine Art Maschine ohne Bewusstsein, wurde verwandelt, wurde schweigsam, und im Schweigen empfing es die Inspiration des Bewusstseins. Es begann zu beten: dieselben Gebete, die vorher im Mental waren.

Ich verstehe wohl, dass es bei dir so abläuft, aber...

Wenn es in einem Körper geschieht, kann es in allen Körpern geschehen. Ich bin aus keinem anderen Stoff gebaut als alle anderen. Der Unterschied liegt im Bewusstsein, das ist alles. Mein Körper ist aus genau demselben Stoff gemacht, aus denselben Elementen, ich esse dasselbe, und er wurde auf die gleiche Art geformt, ganz und gar.

Er war genauso dumm, genauso finster, genauso unbewusst, genauso widerborstig wie alle anderen Körper der Welt.

Es begann, als die Ärzte erklärten, ich sei sehr krank, das war der Beginn [[Der Wendepunkt am 16. März 1962, der zur Erfahrung vom 13. April 1962 führte: die großen Pulsationen.]]. Denn als der ganze Körper all seiner Gewohnheiten und seiner Kräfte entleert war, da erwachten die Zellen ganz langsam zu einer neuen Aufnahmefähigkeit und öffneten sich direkt dem göttlichen Einfluss.

Jede Zelle vibriert.

Sonst gäbe es keine Hoffnung. Wenn diese Materie, die anfangs... Selbst ein Stein hat schon eine Organisation; ganz zu Beginn war es sicherlich schlimmer als ein Stein: das träge, absolute Unbewusste. Und dann erwachte es ganz allmählich. Man sieht es, man braucht nur die Augen zu öffnen, man sieht es. Nun, das gleiche spielt sich jetzt ab: Damit das Tier zum Menschen wurde, war nur das Einflößen eines Bewusstseins nötig - in jenem Fall war es ein mentales Bewusstsein -, und jetzt erwacht dieses Bewusstsein, das ganz unten auf dem Grunde schlummerte. Das Mental hat sich zurückgezogen, das Vital hat sich zurückgezogen, alles hat sich zurückgezogen; als man mich für schwer krank hielt, war das Mental verschwunden, war das Vital verschwunden, und der Körper war sich selbst überlassen - mit Absicht. Gerade weil das Vital und das Mental fort waren, entstand der Eindruck einer sehr schweren Krankheit. In dem sich selbst überlassenen Körper begannen die Zellen ganz allmählich zum Bewusstsein zu erwachen (Geste einer aufsteigenden Aspiration); denn dieses Bewusstsein, das dem Körper DURCH das Vital eingeflößt worden war (vom Mental zum Vital, vom Vital in den Körper), trat langsam, langsam in Erscheinung, als die beiden fort waren. Es begann mit dem Ausbruch der Liebe ganz oben, auf der obersten Höhe, und dann stieg es ganz allmählich bis in den Körper herab. Dadurch wurde dieses physische Mental, das heißt, etwas ganz und gar Idiotisches, das sich endlos im Kreise drehte und stets dasselbe, hundertmal dasselbe wiederholte, allmählich erleuchtet und bewusst, es organisierte sich und trat dann in das Schweigen, und im Schweigen fand diese Aspiration ihren Ausdruck als Gebet.

(Schweigen)

Das ist die Widerlegung aller spirituellen Behauptungen der Vergangenheit: "Wenn ihr im vollen Bewusstsein des göttlichen Lebens leben wollt, müsst ihr euren Körper verlassen - der Körper kann nicht folgen." Sri Aurobindo kam und erklärte: "Der Körper kann nicht nur folgen, sondern er kann die das Göttliche manifestierende Basis sein."

Die Arbeit muss noch getan werden.

Aber jetzt gibt es eine Gewissheit. Das Ergebnis liegt noch weit entfernt. Sehr weit entfernt, vieles muss noch getan werden, damit diese äußere Kruste - die Erfahrung auf der äußersten Oberfläche, so wie sie ist - das manifestiert, was sich innen abspielt (nicht "innen" in den spirituellen Tiefen: innen im Körper). Damit sie fähig wird, das zu manifestieren, was innen ist... Es wird als letztes kommen, und das ist sehr gut so, denn käme es vorher, würde man die Arbeit vernachlässigen; man wäre so zufrieden, dass man vergäße, seine Arbeit zu vollenden. Innen muss alles getan sein, bestens verändert sein, dann wird das Äußere es ausdrücken.

Aber alles ist EINE EINZIGE Substanz, überall genau die gleiche und überall gleich unbewusst; bemerkenswerterweise geschehen jetzt AUTOMATISCH Dinge (Geste in der Welt verstreuter Punkte), ganz unerwartet, hier und da, selbst bei völlig unwissenden Leuten.

(Schweigen)

Die materiellen Zellen mussten die Fähigkeit erwerben, das Bewusstsein zu empfangen und zu manifestieren; aber was dann eine radikale Transformation ermöglicht anstatt eines fast endlosen, zeitlich unabsehbaren Aufstiegs, ist das Erscheinen eines neuen Typus - eine Herabkunft von oben. Die vorherige Herabkunft war eine mentale Herabkunft, und jetzt ist es, wie Sri Aurobindo sagt, eine "supramentale Herabkunft"; das Gefühl ist: ein Herabstieg des höchsten Bewusstseins, das in etwas einfließt, das fähig ist, es zu empfangen und zu manifestieren. Wenn es gut durchgeknetet worden ist (wie lange wird das dauern? Man weiß es nicht), wird daraus eine neue Form entstehen, die Sri Aurobindo die supramentale Form nannte - sie wird... irgend etwas sein, ich weiß nicht, wie diese Wesen sich nennen werden.

Welche Ausdrucksmittel werden sie haben, wie werden sie sich verständlich machen, all das...? Beim Menschen hat es sich sehr langsam entwickelt. Nur hat das Mental alles gut durchgeknetet und so die Dinge im Grunde beschleunigt.

Wie werden wir dorthin gelangen?... Sicherlich wird es Stadien in der Manifestation geben, vielleicht mit einem Prototyp, der kommt, um zu sagen: So wird es sein (Mutter sieht vor sich hin). Man kann das sehen.

Nur, als sich der Mensch aus dem Tier entwickelte, gab es kein Mittel, um das aufzuzeichnen - es zu notieren und den Vorgang festzuhalten -, jetzt ist es völlig anders, daher wird es interessanter sein.

(Schweigen)

Aber bis heute ist - bei weitem - die Mehrheit der menschlichen Intellektuellen völlig damit zufrieden, sich mit sich selbst zu beschäftigen und bei ihren kleinen Fortschritten dieser Art zu bleiben (Mutter bezeichnet einen mikroskopischen Kreis). Sie strebt nicht einmal - sie hat nicht einmal den Wunsch nach etwas anderem.

Demzufolge kann sich die Ankunft eines übermenschlichen Wesens sehr gut unbemerkt vollziehen oder nicht verstanden werden. Ich kann es nicht sagen, weil es keine Analogie gibt; hätte ein Affe, einer der großen Primaten, den ersten Menschen getroffen, hätte er offensichtlich einfach gespürt, dass es ein etwas... seltsames Wesen wäre, mehr nicht. Aber jetzt ist es anders, denn der Mensch denkt, überlegt.

Bei allem, was dem Menschen überlegen ist, dachte er gewöhnlich, es seien... nun, göttliche Wesen; das heißt, sie hätten keine Körper und würden im Licht erscheinen, kurz, all die Götter nach menschlicher Auffassung - aber so ist es ganz und gar nicht.

(langes Schweigen)

Sollen wir das übersetzen?

(Mutter übersetzt das "Gebet der Zellen im Körper" ins Französische. Schweigen)

Nun?

Bist du nicht überzeugt?

Warum versuchst du es nicht?

Aber ja! Eben deshalb habe ich dich gefragt. Ich zweifle an nichts. Ich stellte dir die Frage und sagte: Wie geht man es an, ich verstehe nicht, wie es geschehen kann... Zum Beispiel rasiere ich mich morgens. Nun, morgens ist man stumpfsinnig, man ist müde, das Mental arbeitet nicht, das Vital arbeitet nicht...

Ja, das ist eine ausgezeichnete Gelegenheit.

Aber ja, genau das meine ich! Und ich sage: Nun, ich verstehe einfach nicht. Ich weiß nicht, wie sich das rühren kann - es rührt sich einfach nicht... Es rührt sich nicht, wenn ich nicht das Mental oder das Vital oder das Herz hinzunehme.

Bah!

Nicht dass ich Zweifel hätte! Ich sage, dass mein Körper möglicherweise ein Esel ist, aber ich zweifle nicht.

Er ist kein Esel, der Arme! (Mutter lacht)

Er hat keine Zweifel. Aber Fragen über das "How", das "Wie", ja, ich weiß es nicht.

Für mich hat sich das Problem nie gestellt, denn... Wenn man musiziert oder malt, merkt man deutlich, dass das Bewusstsein die Zellen durchdringt und dass die Zellen bewusst werden. Zum Beispiel diese Erfahrung: Es befinden sich Gegenstände in einer Schachtel, und man sagt der Hand: "Nimm zwölf davon!" und die Hand bewegt sich, man kümmert sich nicht mehr darum, und findet zwölf (ohne zu zählen, einfach so), sie nimmt zwölf Gegenstände, und reicht sie einem. Diese Erfahrung hatte ich schon vor langer Zeit; mit zwanzig fing ich mit solchen Experimenten an; folglich weiß ich, wie das Bewusstsein funktioniert. Es ist unmöglich, Klavierspielen oder das Malen zu lernen, ohne dass das Bewusstsein in die Hände dringt, wobei die Hände UNABHÄNGIG vom Gehirn bewusst werden - das Gehirn kann mit etwas anderem beschäftigt sein, das spielt keine Rolle. Das geschieht übrigens bei sogenannten "Schlafwandlern": sie besitzen ein ihrem Körper eigenes Bewusstsein, das ihre Bewegungen steuert und sie Dinge ganz unabhängig vom Mental und Vital ausführen lässt.

Ich wollte sagen, wenn ich nicht innerlich zum Mantra greife oder mit einer vom Herzen aufsteigenden Aspiration arbeite, während ich vor dem Spiegel stehe, um mich zu rasieren, nun dann rasiert sich ein träges Stück, und darüber hinaus dreht sich das Mental im Kreis. Aber wenn ich das Mantra oder einen mentalen Willen einsetze...

Aber nein! DER KÖRPER selbst spricht schließlich spontan das Mantra! So spontan, dass selbst, wenn du zufällig an etwas anderes denkst, dein Körper das Mantra sprechen wird. Hast du diese Erfahrung nicht?

Nein.

Der Körper selbst ruft an, der Körper spricht das Mantra, der Körper will das Licht, der Körper will das Bewusstsein - du selbst kannst an etwas anderes denken: Pierre, Paul, Jacques, ein Buch usw., das ist unwichtig.

Jetzt verstehe ich es gut, ich verstehe es gut! Zu Beginn verstand ich es nicht, ich glaubte, ich sei "sehr krank" geworden, um das Leben, das ich dort unten führte, aufzugeben [[Seit dieser "Krankheit" von 1962 hat sich Mutter in ihre oberen Räume zurückgezogen.]], - jetzt führe ich ein noch viel geschäftigeres Leben, als ich es dort unten führte, folglich... Ich fragte mich, warum: War es ein Augenblick des Übergangs? Aber jetzt verstehe ich: abgeschnitten - ich wurde regelmäßig ohnmächtig. Deswegen erklärte der Arzt, ich sei krank, weil ich nicht einen Schritt tun konnte, ohne ohnmächtig zu werden: ich wollte von hier nach dort gehen, und auf dem Weg, paff! fiel ich in Ohnmacht; man musste mich halten, damit der Körper nicht fiel. Entscheidung des Arztes: ins Bett, nicht bewegen! Aber ich selbst verlor das Bewusstsein nicht eine Minute. Ich wurde ohnmächtig, war aber bewusst, ich sah meinen Körper, ich wusste, dass ich ohnmächtig war; ich verlor nicht das Bewusstsein, und der Körper verlor nicht das Bewusstsein. Jetzt verstehe ich es: Er war vom Vital und vom Mental abgeschnitten und seinen eigenen Mitteln überlassen; und dann, allmählich, ganz allmählich...

Ich erinnere mich zum Beispiel an alles, was die Ärzte taten: man gibt einem Vitamine, dies und jenes, gut; sofort merkte ich nach der Einnahme dieser Vitamine, dass das physische Mental unruhig wurde, also sagte ich: "Die Vitamine möchte ich nicht mehr nehmen, sie bringen das Gehirn in Erregung." Da änderte man es, und man ließ mich etwas zu einer anderen Zeit nehmen, was gut war. All das war ganz einfach der Körper: alles, was er wusste, alle Erfahrungen, die er hatte, die ganze Meisterung aller seiner Seinszustände, vom Vital zum Mental und darüber hinaus, all das, verschwunden! Der arme Körper war sich selbst überlassen. Natürlich baute es sich ganz allmählich wieder auf. Lange konnte ich nicht... Ich konnte nicht mehr viel ausrichten (ein klein wenig), aber allmählich bildete es sich wieder: ein bewusstes Wesen, rein bewusst - das jetzt viel schwatzt. (Er konnte sich nicht ausdrücken.)

Ja, ich verstehe. Ich verstehe. Aber vielleicht meinte Sri Aurobindo das, als er mir sagte: "Dein Körper ist jetzt der einzige auf Erden, der das tun kann." Ich hielt es für Freundlichkeit seinerseits... Aber es ist wahr, dass er abgeschnitten war, ich wusste es - ich sah es - abgeschnitten, die Seinzustände fortgeschickt: "Geht weg, man benötigt euch nicht mehr!" Da musste er sich wieder eine Existenz aufbauen. Anstatt durch all diese Seinszustände hindurchgehen zu müssen, wie er es vorher tat, durch dieses aufeinanderfolgende Erwachen (Geste eines Aufstiegs von Stufe zu Stufe, wie bei den alten Yogis) bis ganz hoch oben, oberhalb der Form, öffnet er sich jetzt einfach (Geste einer aufsteigenden Aspiration, die sich wie eine Blume öffnet), er benötigt überhaupt nichts mehr von alldem... Etwas hat sich geöffnet und hat sich innen entwickelt, was bewirkte, dass sich dieses dumme Körpermental organisierte und fähig wurde, still in einer Anrufung zu verharren; und... so besteht nun der direkte Kontakt ohne Vermittler - ein direkter Kontakt. Jetzt hat er ihn ständig. Ständig, ständig, ständig steht er in direktem Kontakt. Der KÖRPER: es geschieht nicht durch alle möglichen Dinge und Seinsweisen, nein, direkt.

Ist dies einmal getan (Sri Aurobindo hat das gesagt), hat es EIN Körper vollbracht, besteht die Fähigkeit, es an andere weiterzugeben; ich habe dir das gesagt, jetzt gibt es hier und da (verstreute Geste, verschiedene Punkte auf der Erde anzeigend) plötzlich die eine oder andere Erfahrung, die sich in den Leuten vollzieht (vielleicht nicht in der Totalität und im Detail, wahrscheinlich nicht). Manche (die meisten) kriegen Angst, natürlich geht es dann weg - weil sie innerlich nicht genug vorbereitet waren (wenn es nicht eine ständige kleine Routine jeder Minute ist, kriegen sie Angst, und wenn sie einmal Angst haben, ist es vorbei; Jahre der Vorbereitung sind dann nötig, damit es sich wieder einstellt). Wenn sie aber keine Angst bekommen, erleben sie plötzlich eine Erfahrung: "Ach!..." Etwas ganz Neues, Unerhörtes, an das sie niemals gedacht hatten.

Es ist ansteckend. Ich weiß es. Das ist die einzige Hoffnung, wenn nämlich alle durch dieselbe Erfahrung gehen müssten... jetzt bin ich neunzig - mit neunzig sind die Leute müde, sie haben genug vom Leben. Man muss sich jung wie ein kleines Kind fühlen, um das zu tun.

Es dauert lange - ich weiß wohl, dass es lange gedauert hat.

Es ist noch nicht getan, es GESCHIEHT GERADE, aber es ist noch nicht getan - weit entfernt davon, weit entfernt davon... Was ist der Prozentsatz bewusster Zellen? Man weiß es nicht.

Von Zeit zu Zeit schimpfen einige von ihnen die anderen aus, das ist sehr amüsant. Sie ertappen sie, weisen sie zurecht (auf ihre Art), wenn sie... (Mutter bezeichnet einen winzigen Kreis) ihre alten Gewohnheiten fortsetzen wollen. Die Verdauung will auf eine bestimmte Weise ablaufen, die Nahrungsaufnahme will auf eine bestimmte Weise ablaufen, die Durchblutung will auf eine bestimmte Weise ablaufen, die Atmung will... alle Funktionen wollen nach der Methode der Natur ablaufen. Wenn es nicht so verläuft, beunruhigt es sie. Aber diejenigen, die wissen, packen sie und versetzen ihnen ein gutes Bombardement des Herrn, das ist sehr lustig.

Etwas drückt dies in Worten aus (es vollzieht sich ohne Worte, aber etwas drückt es dort in Worten aus). So finden Unterhaltungen unter den Zellen statt (Mutter lacht): "Dummkopf, warum hast du Angst? Verstehst du nicht, dass hier der Herr selbst handelt, um dich zu transformieren?" Dann die andere: "Ach!..." Worauf sie sich ruhig verhält und sich öffnet und wartet, und... der Schmerz verschwindet, die Störung verschwindet, und alles ordnet sich.

Wunderbar.

Aber wenn unglücklicherweise das Mental eingreift und beistehen oder sein Urteil abgeben will, hört alles auf und fällt in die alte Gewohnheit zurück.

(langes Schweigen)

Im Grunde wurde das vitale und mentale Ego, all das, paff! entfernt. Eine Radikaloperation.

Jetzt besteht ein Art Geschmeidigkeit, Formbarkeit. All das lernt - es steht in enger Beziehung zu dem Ganzen (horizontale Geste), aber es lernt, seinen Halt, seine ganze Kraft, sein ganzes Wissen, all sein Licht, seinen ganzen Willen, all das so zu suchen (vertikale Geste, dem Höchsten zugekehrt), einzig so, in einer außerordentlichen Formbarkeit.

Und dann: die Pracht der Gegenwart.

(Schweigen)

Nun gut.

Was soll ich für dich tun?

Ich weiß nicht, eine Operation!

Eine radikale Operation. (Mutter lacht)

Ja, vielleicht.

Sag mir, als man dich betäubte, um dir den Blinddarm herauszunehmen, warst du da bewusst? Gar nicht? Nichts?

Nein.

Wir werden sehen...

Wir werden sehen.

 

***

 

25. November 1967

 

 

(Die Post betreffend)

Sehr oft ist es so: Täglich erhalte ich etwa fünfundzwanzig bis dreißig Briefe; ich habe Zeit, acht bis zehn davon zu lesen; während ich sie lese, kommt meistens keine Antwort - mindestens 98% sind auch überflüssig. Wenn es irgendeine Antwort gibt, kommt sie sehr schnell. Wenn die Antwort nicht sofort kommt, lege ich es manchmal (oft) beiseite, und später, wenn ich allein bin, kommt Sri Aurobindo und sagt mir: "Wenn du ihm das sagtest..." Dann schreibe ich unverzüglich. Das geschieht sehr häufig. Immer eine Antwort, oh, mit einem Sinn für das Lächerliche, mit Humor, es trifft genau den Punkt der Schwäche und der Unbewusstheit. Das ist sehr amüsant. Ich suche niemals, wirklich niemals, es geschieht ganz einfach so. Wenn ich antworten muss, kommt es; ich muss nur Papier und Bleistift nehmen, und dann schreibe ich. Dieser Teil der Arbeit ist überhaupt keine Arbeit, es ist eine Unterhaltung.

***

(Etwas später)

Zweimal hielt ich dir eine Rede.

Sehr früh morgens, als du sicher noch schliefst. Während der Nacht von gestern auf heute und in der Nacht von vorgestern auf gestern, früh morgens, gegen vier Uhr, hielt ich dir eine Rede. Nicht ganz und gar "ich"... wo bin "ich" überhaupt? Ich weiß nichts... Manchmal kommt es von ganz oben, einfach so, zwingend; manchmal kommt es von Sri Aurobindo, was viel näher und intimer ist. Die beiden Male war es Sri Aurobindo. Ich hielt dir eine Rede.

Worüber?

Er muss es dir gesagt haben! Es wird in dir wiederkommen (Geste von innen), eines Tages wird es plötzlich aus deiner Tiefe hervordringen. Ich sah es sogar (die Erfahrung war ziemlich vollständig), ich sah es eintreten, und eines Tages wird es hervorquellen, es wird wie eine Eingebung oder eine Offenbarung sein oder vielleicht einfach ein Wissen: "Ach, so ist das!"

Das ist sehr unterhaltsam.

Sri Aurobindo sprach sehr klar. Er sagte dir, WARUM es so ist. Aber er trug mir nicht auf, es dir mitzuteilen, er sagte: "Ich sage es ihm, und eines Tages wird er es wissen."

Aber zu welchem Thema?

Zu dem Thema, über das du letztes Mal gesprochen hast: Dass dein Körper, sich selbst überlassen, keine Erfahrungen hat. Er sagte dir, warum. Er erklärte dir das Wie. Aber wie es zu tun ist, kann ich dir wiederholen: er sagte dir, dass dein Körper noch in dem Zustand ist, wo er zur Schule gehen muss, und dass dein inneres Wesen, dein Bewusstsein, dein wahres Ich, ihm den Unterricht erteilen müsse. Er sagte: "Er ist noch in der Phase, wo man ihn belehren muss, und man muss ihm Unterricht geben."

Voilà.

Das ist sehr interessant und sehr persönlich.

Daraufhin fragte ich ihn: "Soll ich es ihm sagen?" Er antwortete: "Nein, es muss aus ihm selbst hervorquellen, so dass es eine plötzliche Offenbarung ist und er sich sagt: Ach, ja..."

Voilà. (Lachend) Und ich habe dir einen kleinen Schubs gegeben.

 

***

 

29. November 1967

 

 

Lies mir doch bitte diesen Brief vor:

"Liebe Mutter, im Bulletin sagtest du: "Die psychischen Erinnerungen... sind unvergessliche Momente des Lebens, wo das Bewusstsein intensiv, leuchtend, stark, aktiv und mächtig ist; manchmal sind es Wendepunkte in der Existenz, die die Ausrichtung eines Lebens verändern. Aber niemals könnte man sagen, welches Kleid man gerade trug oder mit welcher Person man sprach, die Nachbarn, und in welcher Art von Umgebung man sich befand." (Entretien vom 6. Mai 1953). Über die Erinnerungen an kleine Details sagtest du: "Das ist völlig idiotisch."

Aber wie kommt es dann, dass man in den Zeitungen recht oft die Geschichte von kleinen Kindern liest, die sich an ihr vergangenes Leben erinnern?..."

Das ist keine psychische Erinnerung. Sie schaffen immer eine schreckliche Verwirrung!

Es ist nicht psychisch, sondern wenn ein Vital aufgrund besonderer Umstände von einem Körper in einen anderen übergeht und sich deshalb daran erinnert - gewöhnlich wenn es innerhalb der Familie oder unter Nachbarn überwechselt.

Ist das alles, was er sagt?

"...Wie kommt es, dass die Zeitungen recht oft die Geschichte kleiner Kinder erzählen, die sich an ihr vergangenes Leben erinnern, und die Einzelheiten sich bewahrheiten? Das Studium von Ereignissen dieser Art führt die Parapsychologie dazu, die Wiedergeburt zu bestätigen; sind sie also nicht auf dem Holzweg? Wie kann man sonst die Wiedergeburt auf wissenschaftliche Weise beweisen?"

Wie arrogant das Mental ist! Anstatt sich einfach zu sagen: "Es gibt da etwas, das ich nicht verstehe", und um eine Erklärung zu bitten, oh, reckt es sofort den Kopf.

Wie heißt denn der Junge? Ich werde ihm das schicken (Mutter schreibt):

 

Die Erinnerungen, von denen du sprichst und die in den Zeitschriften erzählt werden, sind Erinnerungen des vitalen Wesens, das ausnahmsweise einen Körper verließ, um in einen anderen einzutreten. So etwas geschieht, aber nicht sehr häufig. Ich sprach hingegen von der Erinnerung des psychischen Wesens, und man ist sich dessen nur bewusst, wenn man in bewusster Beziehung zu seinem psychischen Wesen steht. Die beiden Dingen stehen in keinerlei Widerspruch.

***

(Dann kommt die Rede auf das Darschan vom 24. November)

Ich habe neue Fotos vom Tag des Darschans bekommen. Die Fotos wurden mit einem Teleobjektiv aufgenommen, interessiert dich das? (Mutter holt die Fotos)

S hat eine neue teleskopische Kamera und nahm damit nur meinen Kopf auf, anstatt alles aufzunehmen, als ich auf dem Balkon stand. Zwei davon finde ich sehr gut... Es ist kein vergrößerter Ausschnitt, das Foto ist so. (Mutter zeigt Satprem die Fotografien)

Ich weiß nicht, aber bei jedem Darschan habe ich den Eindruck, eine andere Person zu sein, und wenn ich mich nachher auf dem Foto objektiv betrachte, sehe ich tatsächlich jedes Mal eine andere Person. Manchmal einen alten Chinesen, manchmal eine Art Transposition von Sri Aurobindo, einen verhüllten Sri Aurobindo; dann manchmal jemanden, den ich sehr gut kenne, der aber nicht dieselbe Person ist: Ich WAR einmal so. Das ist mir mehrere Male passiert.

Diesmal habe ich auch den Eindruck von jemandem... Gewöhnlich siehst du ganz anders aus.

Nicht wahr!

Etwas, das ich kenne.

Ja, richtig. Genau mein Eindruck. Ich schaue mir das an und sage mir: ich kenne diese Person sehr gut - aber sie hat nichts mit diesem Körper zu tun.

Da ist etwas, das ich kenne.

Genau, man kennt es sehr gut, aber es ist nicht dies (Mutter zeigt auf ihren Körper); es ist nicht hier, obwohl es sehr vertraut ist.

Ich weiß nicht warum, aber es erinnert mich an einen Maler.

Man weiß nicht recht, ob es eine Frau oder ein Mann ist, ich bin nicht sicher.

Ich fragte mich, ob es nicht ein Wesen ist, das in einer anderen Welt als der physischen Erdwelt lebte? Denn es ist... ich kenne es, aber nicht mit der Vertrautheit der körperlichen Empfindung - jemand, den ich sehr gut kenne, den ich häufig gesehen habe.

Ich habe auch den Eindruck von jemandem, den ich schon gesehen habe.

Oh, ja. Aber ich weiß nicht, ob du ihn in dieser Welt gesehen hast.

Ich weiß nicht warum, ich denke an ein Gemälde oder einen Maler.

Welches von beiden ist dir vertrauter?

Dieses, Nummer 14.

Ja, das ist es. Bist du sicher, dass es eine Frau ist?

Ich bin mir auch nicht ganz sicher.

Nein.

Ich weiß nicht warum, aber mir kommt die Idee eines Malers oder eines Gemäldes.

Ein Maler?... Leonardo da Vinci? (Lachend) Aber der hatte einen Bart!

(Sich an Sujata wendend:) Kennst du diese Person?

Es ist nicht dieselbe Mutter!

Ja (Mutter nimmt das eine und dann das andere Foto): dies und das sind zwei verschiedene Personen.

Aber ich kenne sie sehr gut, seltsam, besonders dies (Mutter weist auf eine Stelle des Fotos zwischen den Augenbrauen und den Lippen), und etwas im Blick.

Vielleicht ist es ein Gemälde, du hast vielleicht recht. Aber ich weiß nicht welches.

Jemand, der mir sehr vertraut ist, aber... Wenn man mir sagte, es sei eine historische Persönlichkeit, wäre ich nicht erstaunt.

Besonders dieses hier (Nummer 14).

Seltsam. Das wird immer ausgeprägter. In dem Maße, wie der Körper den inneren Rhythmus erfasst, nimmt es zu.

Es kann nicht physisch sein.

(Sujata:) Ein wenig chinesisch.

Was ist es? Eines Tages werden wir es wissen...

Es ist sehr vertraut.

Ja. Aber mein Eindruck ist so: Jemand, den ich sehr nahe kannte, mit dem ich vielleicht gelebt habe, aber nicht ich, verstehst du. Der Körper sagt nämlich: das bin nicht ich. Innerlich ist es völlig anders: es gibt kein "Ich und Du", all das existiert dort nicht; aber der Körper selbst hat das noch und sagt: "Das bin nicht ich, es ist jemand, den ich sehr gut kenne, aber ich bin es nicht."

Warum erscheint es gerade auf dem Balkon so?

Es kann zwei Gründe geben. Vielleicht hat sich das ursprüngliche Bewusstsein in einer vergangenen Existenz abgespalten (das geschah mehrere Male) und sich in zwei verschiedenen Körpern gleichzeitig manifestiert; natürlich bestand eine Intimität und wahrscheinlich eine Vermischung ihrer Leben - es kann also eine physische Sache sein. Aber es kann sich auch um jemanden handeln, der auf dauerhafte Weise existiert, eine dauerhafte Form, mit der wir auf konstante Weise in Beziehung stehen, irgendwo in einer anderen Welt (im Übermental, im Supramental, oder anderswo), und das Gefühl stammt von innen: "Oh, dies ist mir vertraut." Vielleicht ist es eins dieser beiden Dinge. Ich weiß noch nicht welches.

(Nach einem Schweigen) Es handelt sich mehr um einen Ausdruck, eine Art Schwingung, eine Atmosphäre, als um genaue Züge. Es wäre also eher jemand, der irgendwo auf beständige Weise existiert und mit dem wir in Beziehung stehen.

Dies würde das Gefühl erklären, dass man nicht weiß, ob es ein Mann oder eine Frau ist: es muss sich in einer geschlechtslosen Welt abspielen, wo es weder Mann noch Frau gibt.

(Schweigen)

Der Körper selbst hat mehr als einen Eindruck, eine Art... ein Wissen - mehr als ein Wissen, kurz, es ist eine Tatsache: Es gibt viele, viele Wesen, Kräfte, Persönlichkeiten, die sich durch ihn manifestieren, manchmal sogar mehrere gleichzeitig. Das ist eine sehr geläufige Erfahrung; zum Beispiel ist Sri Aurobindo da, und er spricht, er sieht, er hat seine Art zu sehen (durchdringende und ironische Geste) und seine Art, sich auszudrücken, das geschieht sehr häufig. Oft ist es auch Durga oder Mahakali oder... Manchmal sind es Wesen von sehr hoch oben, ewige Wesen - die sich manifestieren, und es gibt eine Art Absolutheit im Wesen, das kommt. Manchmal sind es Wesen von einer nahen Ebene, die versuchen, sich fühlbar zu machen, sich auszudrücken, aber das ist unter Kontrolle.

Der Körper ist daran gewöhnt.

Als ich diesmal am 24. auf den Balkon trat, war es seltsamerweise jemand... (und das erlebe ich von Zeit zu Zeit, aber immer häufiger), der von einer Ebene der Ewigkeit aus blickt, mit einem großen Wohlwollen (etwas wie Wohlwollen, ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken kann) verbunden mit einer absoluten Ruhe, fast Gleichgültigkeit, und beide blicken gemeinsam (Mutter bezeichnet weit unten befindliche Wellen), als ob es aus weiter Ferne gesehen würde, von sehr hoch, sehr... (wie soll ich sagen?) mit einer sehr ewigen Vision. Genau dies fühlte mein Körper, als ich auf den Balkon trat. Der Körper sagte: "Aber ich muss rufen, es bedarf einer Aspiration, damit die Kraft auf alle Leute niederkommt." Und "Das" war... (erhabene, darüberstehende Geste), oh, sehr wohlwollend, aber mit einer Art Indifferenz - eine Indifferenz der Ewigkeit, ich kann es nicht erklären. Der Körper empfindet all das als etwas, das sich seiner bedient.

Deshalb interessieren mich die Fotos: um es zu objektivieren.

Wir werden es erfahren.

 

***


 

2. Dezember 1967

 

 

Mutter verteilt "Transformations"-Blüten und steckt eine in ihr Knopfloch

Eine allgemeine Transformation!

Ich habe auch eine... Sie verwelkt, und wenn ich ein Bad nehme, nehme ich sie heraus und stelle sie in ein Glas Wasser. Eine halbe Stunde später ist sie wieder so frisch, als ob sie gerade erblüht wäre! Sehr hübsch.

Die Blumen sind meine Freude im Leben.

Ich muss sagen, morgens verbringe ich eine dreiviertel Stunde damit, Blumen zu arrangieren, das erfüllt mich mit Freude - nur Licht, Licht, ohne Dunkelheit.

***

(Dann geht es um das Gespräch vom 22. November über die Wende von 1962 und das Erwachen des Bewusstseins der Zellen, das Satprem in der Rubrik "A Propos" im Bulletin vom nächsten Februar veröffentlichen wollte.)

Es ist zu persönlich.

Aber es ist so klar! Zum ersten Mal machst du die Dinge so klar verständlich.

(Nach einem langen Schweigen) Ich weiß, dass die Leute interessiert wären, aber es wird zu einer Menge Verdruss führen.

Glaubst du, es wird dir Schwierigkeiten bereiten?

Ständig werde ich überflutet (viel schlimmer als jetzt kann es gar nicht werden!)... In einem gewissen Augenblick war es sehr schwierig, aber jetzt beginnt es zu... Ich habe mich damit abgefunden. Ich glaube, vor allem der Körper leidet unter den Auswirkungen, aber ich habe das Gefühl, er nimmt immer mehr Abstand von seiner eigenen Persönlichkeit.

Die Leute verstehen so schlecht - aber was soll man dagegen tun?

Im ganzen Land gibt es eine Unmenge Artikel über mich, einer so dumm wie der andere... wegen dieser neunzig Jahre. Sie machen eine solche Geschichte aus diesen neunzig Jahren!

Ich hatte beabsichtigt, all das erst zu veröffentlichen, wenn die Erscheinung des Körpers transformiert ist, da wird es interessant, aber wir sind noch weit davon entfernt.

***

(Etwas später)

Heute morgen zeigte man mir wieder Fotos, die ich noch nie gesehen hatte. Man schickte sie mir zum Unterzeichnen für die Leute, die sie gekauft hatten... Auf einem ähnele ich Annie Besant. (Mutter lacht) Alles ist da!

Auf einem scheine ich in einer Welt der Dunkelheit und der Unbewusstheit eingeschlossen zu sein. Wenn man den Gesichtsausdruck betrachtet... er scheint wirklich verzweifelt zu sein - nicht gerade verzweifelt, aber jedenfalls nicht glücklich. Manche dieser Dinge hatte ich nie bemerkt. Sie werden zu Tausenden verkauft, mein Kind.

 

***

 

6. Dezember 1967

 

 

Letzte Nacht habe ich dich getroffen.

Ach, ja?

Erinnerst du dich?

Nein.

Wir waren im Subtilphysischen. Ich sah eine Vielzahl von Leuten: Purani (ein verstorbener Schüler) und andere Leute, die nicht mehr auf der Erde sind. Es geschah im... nicht im Haus, aber im Lebensbereich von Sri Aurobindo. Ich sah und verrichtete viele Dinge. Da waren Leute, die auf der Erde sind, und welche, die nicht mehr auf der Erde sind: alle zusammen. Sri Aurobindo war auch gegenwärtig und kümmerte sich um viele Details, dann verschwand er. Danach betrachtete ich all das und sagte zum ersten Mal im Subtilphysischen: "Oh, wie ist euer Leben langweilig und unnütz, wenn ihr nicht an das Göttliche denkt!"

Das war eine so markante Erfahrung. Da sagte ich ihnen (unter den anwesenden Leuten befand sich Purani und, wie gesagt, Leute, die auf der Erde sind): "Auf der Erde hat man diese Intensität der Aspiration, aber hier ist das Leben so leicht! Und schaut doch all eure Beschäftigungen, all das, oh, es ist so blass, weil dieses intensive Bedürfnis nach dem göttlichen Leben nicht besteht." Das war so stark, dass ich während mehrerer Stunden des Vormittags so war (Geste intensiver Aspiration). Das Leben, wo auch immer - egal wo, in irgendeinem Teil der Welt (des Universums) und unter beliebigen Umständen, selbst den leichtesten, den harmonischsten, ist nicht lebenswert ohne diese intensive Aspiration, das BEDÜRFNIS, das Göttliche zu sein.

Dies geschah zum ersten Mal.

Als ich früher in alle diese Bereiche ging, waren es immer sehr interessante Dinge; im Subtilphysischen war ich gewöhnlich immer mit Sri Aurobindo zusammen - diesmal war es auch bei Sri Aurobindo, aber dann zog er sich in einen Teil seines Bereiches zurück, und danach war ich mit all den anderen zusammen, die dort ein leichtes, sorgloses Leben führten. Alles, was sie unternahmen, erschien so... meaningless [sinnlos]. Warum denn? Warum all das, warum sich damit beschäftigen, warum all diese Dinge unternehmen, wenn nicht für die Aspiration, für dieses Bedürfnis, das Göttliche zu sein und zu werden?

Aber es geschah zum ersten Mal und dauerte an: stundenlang heute morgen war ich so (Geste intensiver Aspiration).

Voilà.

Demzufolge hatte ich den Eindruck, wenn nicht das gesamte Universum DAS wird... was soll dann das Ganze? Alles, alles, was nicht das Bewusstsein ist, das höchste Bewusstsein, ja, das höchste und gänzlich göttliche Bewusstsein, alles übrige... Zum ersten Mal spüre ich so intensiv die Nutzlosigkeit aller äußeren Tätigkeiten - die Nutzlosigkeit AN SICH, wie eine Entfaltung, denn die gleichen Dinge werden alle schön und interessant, wenn es das göttliche Spiel ist, aber in sich selbst, für sich selbst sind sie NICHTS. Zum ersten Mal spüre ich dies so intensiv. Denn ich fühlte es in der subtilen Welt... In der materiellen Welt ist es immer vermischt mit einer Anzahl von Ärgernissen, großen Anstrengungen und einem Haufen Schwierigkeiten, da ist es ganz anders, aber in der subtilen Welt geschieht alles ohne jede Schwierigkeit, völlig harmonisch, vollkommen - und es war NICHTS. Als Sri Aurobindo anwesend war, war es vollkommen, und als er sich zurückzog... farblos.

Das PHYSISCHE Bewusstsein macht diese Erfahrungen in der Nacht: Der Körper verbleibt in Trance, und es ist das physische Bewusstsein. Es war das physische Bewusstsein, aber in einer subtilphysischen Welt, befreit von allen Schwierigkeiten - es war nicht besser. Dies war wie eine Antwort auf den Ehrgeiz der Leute, die hier auf der Erde sind und die ein Leben suchen, das angenehm, leicht, ohne Schwierigkeiten, ohne Konflikte, ohne Erschütterungen, ohne Krankheiten ist... und die sich sagen: oh, wie reizend alles wäre! - es ist nicht wahr: alles ist leer, wenn es DAS nicht gibt.

Die Erfahrung war sehr interessant.

***

(Etwas später)

Ich führe eine ganze Korrespondenz auf französisch mit S, der Französisch lernt und mir Fragen stellt. (Mutter zeigt ein Schriftstück) Hier ist das letzte, von gestern, denn ich hatte ihm eine Geschichte erzählt.

Weiß du, ich stecke mir immer eine Transformationsblüte hierhin (Mutter zeigt auf ihr Knopfloch); diese Blüte hebe ich den ganzen Morgen über auf; nachmittags lege ich mein Kleid ab, um ein Bad zu nehmen, da ist sie natürlich in einem jämmerlichen Zustand, und gewöhnlich werfe ich sie dann weg. Aber eines Tages hatte mir S Rosen in einem Glas Wasser geschickt, und es stand auf meinem Toilettentisch; so stellte ich die Transformationsblüte ins Wasser, und als ich von meinem Bad zurückkam, war sie einfach prächtig, viel frischer und viel kräftiger als ich sie erhalten hatte. Ich behielt sie die ganze Nacht, bis zum nächsten Morgen, und sie veränderte sich nicht mehr. Sie blieb immer gleich frisch. Am nächsten Tag schickte ich ihm die Blume in seinem Glas zurück. Als er am Nachmittag kam, um mich zu treffen, erzählte ich ihm die Geschichte und fragte ihn: "Haben Sie die Transformationsblüte gefunden? Nun, so kam es dazu..." Am nächsten Morgen schrieb er mir folgendes:

"Erfordert die Transformation nicht einen sehr hohen Grad an Aspiration, Unterwerfung und Empfänglichkeit?"

Ich antwortete:

 

Die Transformation erfordert eine totale und integrale Hingabe. Aber ist dies nicht die Aspiration eines jeden aufrichtigen Sadhaks?

 

"Total" bedeutet...

Ja, es stand auf der nächsten Seite (denn ich sagte mir, dieser Mann wird sich fragen, warum ich "total" und "integral" auseinanderhalte, was ganz einfach dasselbe zu sein scheint). So gab ich ihm die Erklärung:

 

"Total" bedeutet vertikal in allen Wesensstufen, von der materiellsten bis zur subtilsten. "Integral" bedeutet horizontal in allen verschiedenen und oft widersprüchlichen Teilen, die das äußere Wesen ausmachen (das physische, das vitale und das mentale Wesen).

 

***

(Dann hört sich Mutter die Lektüre einiger unveröffentlichter Briefe von Sri Aurobindo an:)

Wie kann ich Sri Aurobindos Licht im Mental empfangen?

 

Es kann immer kommen, wenn du geduldig danach strebst. Aber die grundlegende Bedingung, wenn du jenes Licht willst, ist, dich von allen anderen mentalen Einflüssen freizumachen.

 

Was bedeutet "sich von allen anderen mentalen Einflüssen freizumachen"? Heißt es, dass ich besser keine anderen Bücher als die Sri Aurobindos lese oder nicht versuche, etwas zu lernen, indem ich auf andere höre oder sie bewundere?

 

Es ist keine Frage von Büchern oder Fakten, die man lernt. Wenn eine Frau jemanden liebt oder bewundert, wird ihr Geist instinktiv durch ihn geformt, und dieser Einfluss bleibt auch dann bestehen, nachdem das Gefühl selbst vergangen oder scheinbar vergangen ist. Dies bezieht sich nicht nur auf Xs Einfluss, sondern es ist eine allgemeine Regel, um dich von allen anderen Einflüssen freizuhalten.

30.5.1932

 

Das wissen die Leute gewöhnlich nicht. Es ist wirklich wahr, aber sie wissen es nicht. Wenn sie beginnen, vielerlei Dinge zu bewundern, wird es ein Potpourri.

(Schweigen)

Das gehört zu den Dingen, die ich in letzter Zeit aus Erfahrung gelernt habe: die Universalität, der Kontakt mit allem (horizontale Geste), das wurde dem Körper auf eine so präzise Weise gezeigt, im Detail aller Schwingungen... Im Zustand der Empfänglichkeit (vertikale Geste nach oben), der aufnahmefähigen Passivität (d.h. das Gegenteil des Handelns) muss man ausschließlich zum Höchsten gerichtet sein (die gleiche vertikale Geste); das war dem Körper, den Zellen beigebracht worden - sie verstanden es und haben es sich jetzt zur Gewohnheit gemacht. Im Zustand der Handlung (horizontale Geste), wenn man eins ist mit... reduzieren wir das Problem auf die Erde: eins mit der ganzen Erde, muss es eine AKTIVE ausstrahlende Schwingung des Höchsten sein. Eine solche Empfänglichkeit (vertikale, die Kraft empfangende Geste) und eine solche Aktivität (horizontale, die Kraft ausbreitende Geste). Sie fühlten es, sie verstanden es, sie können es ausführen. Das ist so wunderbar! Bis ins geringste Detail, die Beziehung mit allem, was einen umgibt (es wird immer mehr), mit einer wachsenden Ausstrahlung.

Wenn man diese beiden Haltungen gleichzeitig verwirklicht, wird die Ansteckung ausgelöscht: die mentale Ansteckung (von der Sri Aurobindo hier spricht, die man erfährt, wenn man etwas "bewundert"), die vitale Ansteckung und SELBST DIE PHYSISCHE ANSTECKUNG - wenn die Zellen das verwirklichen, erwischt man keine Krankheiten mehr. Denn vorher (während langer Zeit) gab es jedes Mal, wenn sich im Ausstrahlungsfeld des Handelns etwas ereignete, eine Nachwirkung (in Mutter). Sehr lange war es gefährlich. Dann beschränkte es sich auf ein Unwohlsein, das bewusst wurde - des Warum und Wie bewusst. Es beschränkte sich auf ein Unwohlsein, aber es war immer noch lästig. Jetzt ist es eine Art... ich kann nicht sagen "Wissen", denn es ist nicht mental, aber awareness (im Französischen gibt es nur das Wort "Bewusstsein"), eine Wahrnehmung - das ist alles, und es hat keine Wirkung (keine Auswirkung auf Mutters Körper). Das ganze Problem liegt also darin:

Einige fanden die Vertikale, die in den Höhen entschwindet, um sich dann von der Welt zu isolieren (sie konnten es nicht völlig tun, denn sie besaßen nicht das nötige Wissen, aber sie versuchten es). Das ist es nicht. Andere wollen helfen: die Großzügigen mit dieser Haltung (Geste der horizontalen Ausbreitung), sie nehmen alles auf, selbst die geistigen Krankheiten aller Leute der Umgebung. Die Wahrheit liegt in beiden zusammen: Der passive, aufnahmebereite Zustand (vertikale Geste) und der tätige Zustand der Handlung und der Ausstrahlung (horizontale Geste). Der Körper ist sich der doppelten Bewegung völlig bewusst geworden, und er arbeitet daran, sie im Detail zu verwirklichen.

Damit ist ein großes Problem gelöst.

Das ist interessant, denn diese beiden Haltungen können fast simultan werden, aber sie sind... Im Hinblick auf die Schwingung, die schwingungsmäßige Empfindung sind es zwei Gegenpole, die sich vereinigen: Eine Empfänglichkeit zum Bewusstsein hin, zur Kraft, zur Macht, zum Licht, zu allem von oben Kommenden und dann natürlich die Liebe (aber über die Liebe werde ich später sprechen), und es kommt (Geste einer Herabkunft), es kommt, und alles ist absolut passiv und aufnahmebereit (Geste einer vertikalen Öffnung): aufnehmen, aufnehmen, aufnehmen, völlig hingegeben und im Zustand eines Schwammes, der aufsaugt, aufsaugt, aufsaugt... Gleichzeitig besteht die Beziehung mit der Welt (horizontale Geste), und die Macht geht hindurch und arbeitet, mit dem Empfinden der Kraft, der Aktion, der Sache, die sich durchsetzt. Das ist großartig. Und in DER GLEICHEN schwingungsmäßigen Ausstrahlung von "Dem". Stets dieselbe allmächtige Vollkommenheit, die aufgenommen wird und handelt (Geste der Übermittlung durch Mutter hindurch in einem ununterbrochenen Hinausströmen in die Welt).

Dies scheint das Geheimnis der Allmacht zu sein. Es ist überhaupt nicht nötig, durch das mentale Wissen zu gehen - das vermindert, verengt und verhärtet nur.

Es ist ein Zustand geschärften Bewusstseins: völlig wach. In den Zellen des Körpers vertreibt es alle Dunkelheit. Natürlich ist es eine lange und langsame Arbeit, aber es ist ein Zustand, der überall alle Dunkelheit verjagt. Dunkelheit ist immer das Zeichen (oder die Ursache) von Störungen. Man weiß, dass es noch viele davon gibt. Es ist eine langsame Arbeit, eine ganze Welt! Wenn man... (wie soll ich sagen?) hinabsteigt (man kann sagen: hinabsteigt oder sich konzentriert) in diese zellulare Konstruktion, die den Körper bildet, ist es auf körperlicher Ebene eine unermessliche Welt, eine unübersehbare Welt. Alles ist wie aus unzähligen kleinen Punkten aufgebaut, und jeder Punkt muss erweckt und mit Bewusstsein und Licht durchflutet werden - eine lange Arbeit.

(Schweigen)

So ergibt sich die Lösung für die beiden Irrtümer, die ständig im Wettstreit miteinander liegen: der Irrtum der Verengung, der Ausschließlichkeit eines Einflusses (der übrigens, wenn dies mental praktiziert wird, zu einer Begrenzung, einer kleingeistigen Haltung führt, wie bei allen ausschließlichen Glaubensformen), oder aber ein wirkungs- und kraftloser Eklektizismus, der eine Art Gemisch aus allem, aus allen Ideen macht (mental ist das nicht von Belang, aber im Hinblick auf die Transformation ist es ernst). Für diese beiden Gegensätze ist das Problem somit gelöst.

Der Zustand, den ich gerade beschrieben habe, ist in den Zellen des Körpers und im körperlichen Bewusstsein möglich und auch im psychischen Bewusstsein; vital und mental scheint es jedoch - aufgrund einer Starrheit, einer Starrheit der Form: der Form der Gedanken und der Empfindungen - eine fast unmögliche Verwirklichung zu sein, selbst wenn man versteht. Mental könnte es sich nur durch eine Annahme aller Denkweisen, aller Formeln ausdrücken, und indem man diese auf eine höhere Ebene anhebt... zu etwas, das kein Gedanke, nichts mental Formuliertes mehr ist, sondern ein Licht, ein bewusstes Licht, das sie organisiert und vereint. Aber wenn man all das auf derselben Ebene nimmt... Man kann alles zulassen, aber immer nur als eine von unzähligen Auffassungen von "etwas", das sich nicht in Worte fassen lässt, denn sobald man es in Worten ausdrückt, wird es eine Formel, und die Formel raubt die Kraft. Aber physisch, in den Zellen des Körpers, ist es sehr deutlich wahrnehmbar, und es lässt sich völlig spontan leben: ausschließlich von oben empfangen und ausbreiten.

 

***

 

8. Dezember 1967

 

 

Das einzig Neue ist, dass der Körper allmählich ein wenig... restless [ungeduldig] wird wegen seines Verfalls. Vorher war es ihm völlig egal, er vergeudete keinen Gedanken daran; er wusste, dass das geschah, aber... Jetzt beginnt es ihn zu stören. Vielleicht ist dies ein Zeichen? Ich weiß es nicht. Es beginnt, störend zu werden - nicht psychologisch, aber wenn er den Auftrag bekommt, etwas zu tun, und er zwar keine eigentliche Unfähigkeit, aber doch eine Einschränkung der Möglichkeit verspürt, beginnt es... er ist nicht zufrieden. So fragte ich mich...

Nachts ist es auch so, er beschwert sich: "Warum eine so lange Periode einer Verminderung des Bewusstseins?"

Verminderung?

Er ist nicht glücklich, er ist nicht in seinem von ihm als normal eingeschätzten Zustand, wo er voll bewusst ist und in der Gegenwart schwingt. Während der Aktivitäten der Nacht ist es... (wie soll ich sagen?) wie etwas, woran man gewöhnt ist, weißt du, wie eine Gewohnheit (Geste einer rollenden Woge): es ist nicht mehr die Freude einer vibrierenden Feststellung; es ist ein Normalzustand, und darüber ist er nicht glücklich: Er möchte, dass es nachts von derselben Intensität ist (vibrierende Geste). Zum Beispiel kann er sich nicht mit der Idee der Müdigkeit, einer Notwendigkeit des Ausruhens abfinden. Er ist zwar nie mehr ganz unbewusst, aber nicht einmal eine Ruhe wie ein Rückzug in sich selbst, um den Verschleiß auszubessern - nicht einmal das möchte er: es sollte keinen Verschleiß mehr geben; es soll eine beständige Anpassung an alles sein, was von ihm verlangt wird. Später wird er wahrscheinlich nicht einmal mehr eine Anstrengung zulassen - er strengt sich nicht mehr wirklich an. Statt sich anzustrengen ist da eine Art bewusste Aufnahmebereitschaft, die bewirkt, dass er handeln kann. Ständig gibt es Beispiele, dass, wenn diese bewusste Aufnahmebereitschaft fehlt, eine ungeschickte Bewegung stattfindet, eine Unmöglichkeit entsteht, solche Dinge... Vorher hatte er das Empfinden, es sei unvermeidlich, jetzt will er es nicht mehr - es darf nicht mehr so sein. Um zum Beispiel etwas zu ordnen, um etwas zu finden, um etwas zu tun, hat er manchmal das Gefühl einer Schwierigkeit (es ist nie völlig unmöglich, denn nichts Unmögliches wird gefordert), aber manchmal ist es schwierig, und das beginnt ihm zu missfallen. Er empfindet es wie eine Schwäche, wie einen Mangel von Aufnahmebereitschaft. Dann die Tatsache, dass er gebeugt ist. Vorher sagte er sich: "Das wird schon in Ordnung kommen"; jetzt beginnt er die Geduld zu verlieren. Das ist ganz neu. Seit dem 24. November ist es so. Denn es ist keine egoistische Selbstbezogenheit, nein, es ist nicht für ihn selbst, sondern... der Eindruck eines Mangels an Empfänglichkeit für die Kraft, einer Einschränkung, die von einer Unfähigkeit herrührt - das gefällt ihm nicht.

 

***

 

13. Dezember 1967

 

 

Hast du das Erdbeben bemerkt?... Es ereignete sich vorgestern morgen um halb fünf. Ich spürte nichts. Aber manche Leuten spürten es und erzählten es mir.

Dort drüben war es schlimm [[In der Provinz Maharashtra in Indien.]].

Meine Mutter kam am gleichen Tag in Bombay an, und sie spürte es. Alle Hunde heulten; während drei Sekunden wurden die Häuser erschüttert.

Ein kleines Dorf ist vom Erdboden verschwunden [[Das kleine Dorf Konya.]].

Nein, es ist seltsam... Ich schlief nicht, aber ich befand mich außerhalb meines Körpers, so merkte ich nichts. Es weckte meinen Körper nicht.

Aber hier muss es sehr schwach gewesen sein. Ich selbst war wach, und ich spürte nichts.

(Schweigen)

Steckt etwas hinter dem Erdbeben?

Ich weiß nicht, was es ist... Ich weiß es wirklich nicht, aber tags zuvor, am vorigen Abend (ich erinnere mich nicht mehr, was ich tat, aber ich war beschäftigt) gab es plötzlich... Oft gibt es kleine vitale Wesen, nehme ich an, oder vitale Kräfte (aber für mich sind es Dinge ohne Kraft oder Macht), und eins dieser kleinen vitalen Wesen erweckte die Erinnerung an ein Erdbeben: Etwa 1922 oder 23 hatten wir ein Erdbeben; ich stand zusammen mit Pavitra, und während wir sprachen (wir gingen gerade hinaus, es war nachmittags), plötzlich, hopp! sprangen wir beide in die Luft. [[Wahrscheinlich 1934 (eine Verwüstung in Bihar), denn Pavitra kam erst Ende 1925 nach Pondicherry.]] Wir wussten, was es war, denn in Japan waren wir daran gewöhnt. Ich sagte: "Sieh an, ein Erdbeben!" Es dauerte nicht lange - einige Sekunden, dann war es vorbei. Ich hatte es vollkommen vergessen. Es war also, als ob eines dieser Wesen die Erinnerung daran zurückbrächte und gleichzeitig den Gedanken aufkommen ließ: "Nanu, wenn es noch eines gäbe?" Ich sagte: "Oh, wie dumm!"

Gerade am Vorabend.

Da fragte ich mich: "Was? Sind es etwa Wesen von der Art, die das organisieren?..." Ich verstehe das nicht... Beim Regen weiß ich es: es sind bewusste kleine Wesen, das heißt, sie sind auf eine einzige Funktion beschränkt. Mit ihnen kann man darüber verhandeln, ob es Regen gibt oder nicht (sie wechseln den Ort). Aber bei Erdbeben... Ich weiß nicht, die Auswirkung scheint mir beträchtlich für Wesen, die das zu ihrer Unterhaltung zu tun scheinen...

Sonderbar.

Ich kann es nicht sagen, sie haben keine Form, man sieht keine Form, aber sie haben ein Bewusstsein, das sich ausdrücken kann. In unserem Bewusstsein drückt es sich durch Worte und besonders durch Bilder aus - durch Bilder und Launen.

Aber ich erinnere mich, ich nahm es gar nicht ernst, ich sagte: "Ach, das hat doch keinen Sinn! Es hat keinen Sinn, es hat keine Daseinsberechtigung." Das schien auszureichen, denn eigentlich geschah nichts Schwerwiegendes.

 

***

 

16. Dezember 1967

 

 

Gestern Abend bat mich Pavitra um eine Botschaft für die heutige Eröffnung der Schule. Ich war nicht in sehr guter Stimmung und schickte ihn weg. Heute morgen um fünf kam eine Botschaft, so schrieb ich sie auf; kaum hatte ich sie aufgeschrieben, kamen drei andere! Also schrieb ich sie alle auf, dann schickte ich sie um sieben an K mit der Bitte, dass jeder Lehrer oder jede Klasse selber eine davon auswählen solle (sie betreffen alle dasselbe Thema und dieselbe Idee, nur unter einem verschiedenen Blickwinkel dargestellt).

Um acht Uhr wussten es schon alle. Das spricht sich rasch herum... N sagte mir: "Aber die Botschaften sind für verschiedene Klassen, und es wurde keine Auswahl getroffen." - Ich sagte: "Nein, nicht ich wähle, der Lehrer der Klasse soll wählen." Ich fügte noch hinzu: "Das ist viel amüsanter für mich!" Damit schickte ich ihn fort.

Es ist wahr, man nähert sich der gleichen Idee (es ist keine "Idee"), der gleichen Aspiration, dem gleichen Bedürfnis entsprechend dem Zustand, in dem man sich befindet, entsprechend dem Zustand seines Bewusstseins (für die gewöhnlichen Menschen ist es ihre "Denkweise"), von der einen oder anderen Seite.

Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, was ich schrieb... Wie immer ist es ein Anruf an die Wahrheit.

 

[[

1) Die Wahrheit möge euer Meister und Führer sein!

2) Wir streben nach der Wahrheit und ihrem Triumph in unserem Wesen und unseren Handlungen.

3) Möge die Aspiration zur Wahrheit die Antriebsfeder unserer Handlungen sein.

4) O Wahrheit! Wir wollen von dir geleitet werden. Dein Reich möge auf die Erde kommen!

16.12.1967) ]]

 

(Schweigen)

Etwas erscheint paradox, ist aber sehr interessant (Mutter nimmt ein Stück Papier und schreibt):

 

Die beste Art der Vorbereitung, um die göttliche Liebe zu empfangen, ist, sich integral an die Wahrheit zu halten.

 

(Dann schreibt Mutter eine zweite Notiz)

 

Halte dich völlig an die Wahrheit, und du wirst bereit sein, die göttliche Liebe zu empfangen.

 

Nun, den braven und intelligenten Leuten wird es schwindlig, wenn man ihnen das zeigt. (Mutter lacht)... Ich muss sagen, es amüsiert mich sehr, sie schwindlig zu machen.

Außerdem ist es wahr. Es ist wahr, so ist es. Jedes Mal, wenn ein... es ist mehr als Aspiration, viel mehr als Wille, auf englisch nennt man es urge: ein Drang aufkommt, die göttliche Liebe sich komplett, total und überall ausdrücken zu lassen, ist die notwendige Basis und das günstige Terrain dafür: die Wahrheit.

Natürlich sagte Sri Aurobindo das. Er sagte es, er schrieb es schwarz auf weiß (ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Formulierung):"The pure divine love can manifest safely only in a... on a ground (es ist nicht ground...) of Truth  [Die göttliche Liebe kann sich nur auf einem Boden der Wahrheit sicher manifestieren]. Ich erinnere mich nicht mehr. Wenn man es poetisch ausdrücken wollte, würde man sagen: In a land of Truth [in einem Land der Wahrheit].

Bevor wir verkünden können:  "Liebe, manifestiere dich, bringe den Sieg!"  muss also der Boden der Wahrheit bereit sein.

In der Schule sagte ich das zu allen: Strebt nach der Wahrheit! Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, was ich schrieb... (Mutter sucht). Eine Notiz lautet:  "Möge die Wahrheit unser Meister und Führer sein",  es gibt noch zwei andere und dann: "O Wahrheit..." Ich erinnere mich nicht mehr.

Ein äußerst bemerkenswertes Phänomen zeigt sich: eine Sekunde zuvor ist es absolut blank, leer, kein Wort, kein Gedanke, keine Idee, nichts, ich denke an nichts. Werde ich um eine Botschaft gebeten, sage ich: "Ich habe nichts zu sagen." Dann kommt etwas zwingend; wenn ich kann (das heißt, wenn Mutter frei ist), schreibe ich es auf, und damit ist es beendet; wenn ich es nicht schreiben kann (das heißt, wenn Mutter mit Leuten beschäftigt ist), kommt es hartnäckig solange wieder, bis es niedergeschrieben wird. Ist es einmal niedergeschrieben: verschwunden! Nichts mehr da. Eine andere Art, es zu präsentieren, zeigt sich, eine andere Form, und sofort danach: auch das, verschwunden!...

Weißt du, hier (Geste an die Stirn) ist es wie eine leere Schachtel (sehr angenehm), eine leere, ruhige Schachtel: nicht verschlossen, nicht gedrängt, sondern offen, aber eine leere Schachtel - sie ist leer; innen ist es ganz weiß, nichts bewegt sich. Ich bemühe mich nicht einmal, etwas herabkommen zu lassen, nichts: "Das ist nicht meine Sache." Fragt man mich, so sage ich: "Nichts, ich habe nichts zu sagen", oder aber irgend etwas macht ganz schnell so (aufmerksame, wache Geste), hält sich aufrecht und bleibt aufmerksam. Ein, zwei, zehn Minuten später (ich weiß es nicht), plötzlich, paff! kommt es dann, worauf ich es aufschreibe. Beim Herabkommen sammelt es Worte und bildet einen Satz. Manchmal kommt es auf französisch, manchmal auf englisch - das hängt vor allem vom Fragesteller ab, aber auch vom Thema. Wenn ich Papier und Bleistift habe, schreibe ich es auf, und damit hat sich's (deshalb habe ich überall Papier und Bleistift); wenn ich es nicht aufschreibe und sage: "Ach, ich notier mir das später", kommt es beharrlich immer wieder... bis es niedergeschrieben ist. Danach: verschwunden!

Aber es gibt... (wie nennt es Sri Aurobindo [[Censor - einen Kritiker.]] ?), auf französisch könnte man es einen "Kritiker" nennen - immer ist da ein Kritiker, der sagt: "Hast du wirklich das richtige Wort benutzt? Willst du nicht anstelle von diesem jenes nehmen? Ist es genau das richtige?" Und danach: "Bist du sicher, dass keine orthographischen Fehler darin sind, hast du es gut lesbar geschrieben?" In der Art. Wirklich nervenaufreibend. Manchmal sage ich ihm: "Lass mich in Ruhe!" (nicht einmal auf so höfliche Art). Manchmal gebe ich jemandem das Papier, dann nehme ich es zurück und sage: "Ich werde sehen" - bis er zufrieden ist. Manchmal ist ein Wort nicht ganz deutlich geschrieben, worauf er sagt: "Aha! Siehst du, da hast du dich getäuscht." Manchmal gibt es Rechtschreibfehler: "Siehst du, siehst du, du hast dich geirrt!"

Jetzt weiß ich nicht einmal mehr, was ich für die Schule geschrieben habe. Ich weiß, dass eine Notiz in der Form eines Wunsches war (zwei oder drei sind so), und eine ist in der Form eines Gebets, nämlich direkt an die Wahrheit gerichtet: O Wahrheit...

Aber es ist sehr angenehm, diese Leere zu haben, oh, sehr erholsam.

Wenn die Leute dies von außen mit Briefen, Neuigkeiten und Forderungen anfüllen (es häuft sich an), habe ich nur ein Mittel, ein sehr einfaches Mittel, und zwar die Einnahme dieser Haltung (Geste der Hingabe): "Hier..." (Sri Aurobindo nennt es surrender), "Hier, das ist nicht meine Sache, das betrifft mich nicht." Damit hat sich's.

***

(Mutter tritt in eine lange Kontemplation, die mehr als eine halbe Stunde andauert, dann sagt sie in einem noch etwas "entrückten" Zustand auf englisch:)

Ich sah ein seltsames Tier aus der Richtung kommen (Mutter zeigt zu ihrer linken Seite), es drehte ein Runde um dich und verschwand: ein Pferd mit einem Löwenkopf.

Ein wunderbares Tier! Ein Löwe mit so einem Kopf, der vordere Teil war ein Löwe und der hintere ein Pferd. Es war das Symbol von... ein symbolisches Tier von etwas. In dem Augenblick verstand ich es sehr gut. Ich sagte, ah! und...

Sehr würdevoll. Es kam aus der Richtung (die gleiche Geste von links), umkreiste dich und verschwand. Es war für dich. Der Löwe bedeutet Kraft, und das Pferd... [[Nach Sri Aurobindo bedeutet das Pferd Lebensenergie oder die Kraft des Fortschritts; er sagt auch, es sei "die Kraft der Tapasya, die zur Verwirklichung galoppiert" - je nach Farbe.]]

Es erscheint albern, aber es war sehr schön und von einer wundervollen Farbe. Sehr würdevoll.

Ach!... (Mutter bemerkt, dass sie Englisch spricht) Sri Aurobindo sagte dir all das. Komisch, wie es auf diese Weise kommt.

Es kam, um dir etwas anzukünden. Ein Wesen, aber... Es muss solche Wesen geben. Ganz im Licht, und... es kam, um dir etwas mitzuteilen.

Aber so echt!

 

***

 

20. Dezember 1967

 

 

(Mutter kommt eine dreiviertel Stunde zu spät.)

Offensichtlich herrscht irgendwo ein Wille, den Zeitsinn auszulöschen, denn... Es ist wirklich interessant, ich habe allerlei solche Erfahrungen. Normalerweise habe ich Arbeit für sechsunddreißig Stunden am Tag, so verspäte ich mich natürlich jeden Tag mehr und mehr: Immer später lege ich mich schlafen, ich dass die Arbeit der Nacht verrichten, und manchmal bin ich morgens verspätet, ich kam sogar schon eine ganze Stunde zu spät. Aber mit einer bestimmten Konzentration kann ich morgens in einer halben Stunde erledigen, was mich normalerweise eine Stunde kosten würde. In dieser Hinsicht habe ich viel gelernt.

Jetzt, um diese Zeit (10:45) sehe ich, dass die einzige Ermüdung darin besteht, dass ich das Gefühl habe, verspätet zu sein, sonst könnte ich unbegrenzt arbeiten. Da gibt es etwas zu lernen. Ich sage dir das, weil es mir eben in den Sinn kam: Der Zweck ist wohl, den Schlüssel zur Meisterung der Zeit zu finden: nicht regelmäßig zu sein, sondern alles - über kurz oder lang -, in einer verkürzten oder verlängerten Zeitspanne zu tun - damit die Zeit ihre konkrete Realität verliert.

Für mich wäre das sehr leicht; die Schwierigkeit liegt in all den Leuten um mich herum, die (lachend) ein chaotisches, sinnloses Leben führen. Es gibt einen unzusammenhängenden Anschein. Ich kann nicht jemandem sagen: "Ich treffe Sie um die und die Zeit", denn es ist nicht wahr; ich weiß nicht, wann ich ihn sehen werde. Da die Leute aber zu einer festgesetzten Zeit essen, schlafen und arbeiten und alles geregelt ist, schafft es eine schreckliche Verwirrung - aber was soll ich tun?

Es ist unbequem. Wenn man ganz allein ist, macht es nichts, aber wenn man mit vielen Leuten zu tun hat, wird es sehr schwierig.

Es herrscht das Gefühl einer Elastizität der Zeit, das heißt, dass sie keine konkrete Realität hat; nur die menschlichen Organisationen geben ihr eine konkrete Realität... Bleibt noch die Sonne, aber im Augenblick stört sie nicht sehr, denn für meine Arbeit brauche ich kein Tageslicht; ich kann mich egal wann ausruhen und egal wann arbeiten, aber das organisierte Leben, so wie es ist...? Ich weiß nicht.

Etwas muss gefunden werden.

Eine Lösung wäre, den Schlaf zu verkürzen und die Müdigkeit beheben zu können.

Das genügt nicht. Das genügt nicht, denn ich habe diese Erfahrung gemacht: Es gelang mir, mich jede Nacht nur noch zwei Stunden auszuruhen, und das führte zu absolut nichts - absolut nichts. Je mehr Zeit man hat, um so mehr Arbeit erhält man.

Ja.

Jetzt ist es jeden Tag ein wirklicher Ansturm. Täglich kommen vierzig, fünfzig, sechzig Leute. Ohne all die Dinge zu zählen, die ich unterzeichnen und um die ich mich kümmern dass, und dann die finanzielle Seite, die besonders... (lachend) interessant ist, das heißt, je mehr ich arbeite, um so weniger Geld habe ich. Ich zahle fast von Stunde zu Stunde, und trotzdem schulde ich noch Leuten Geld, die stürmisch danach verlangen... denn für Leute, die auf Geld warten, um ihr Essen zu bezahlen, ist es nicht sehr angenehm, wenn sie es nicht erhalten.

Aber es ist eine Art Gewaltakt, um all das abzuschaffen, was man für die normalen und natürlichen Regeln hält. Voilà.

Ich möchte dir damit keine Erklärung für meine Verspätung abgeben, denn ich versuche, rechtzeitig zu kommen. In der Hinsicht lasse ich mich wirklich nicht gehen, ganz und gar nicht; aber da ist gewiss ein viel wirksamerer Wille als der meine.

(Dann reicht Mutter Blumen)

Das ist "die göttliche Reinheit" [[Lobelia longiflora]]. Was soll "göttliche Reinheit" bedeuten?... dass das Göttliche nur seinen eigenen Einfluss empfängt!... Ich verstehe. Oder dass das Individuum nur den göttlichen Einfluss empfängt - hier mein Kind (Mutter gibt Satprem die Blume).

***

(Etwas später)

Habe ich mit dir die Botschaft zum 21. Februar besprochen? Nein? Kam es nicht im Gespräch mit dir?...

Es geht nur darum, Formeln zu brechen, weißt du, Gedankenformeln, mentale Kategorien, das ist nicht meine Schuld (ich will sagen, ich tat es nicht absichtlich). Es kam so. (Mutter liest ihre Botschaft):

 

Das sicherste Mittel, die Manifestation der göttlichen Liebe zu beschleunigen, ist, am Triumph der Wahrheit mitzuarbeiten.

 

Für eine oberflächliche Geisteshaltung... Was uns betrifft, wir wissen, dass das stimmt, denn, wie Sri Aurobindo sagte, die Wahrheit muss wirklich begründet sein und herrschen, bevor die Göttliche Liebe sich in ihrer ganzen Macht und Herrlichkeit manifestieren kann... ohne alles niederzureißen.

Sri Aurobindo drückte es noch stärker aus, er sagte, sonst würde sie "alles zerschmettern".

Ich werde diese Botschaft geben.

***

(Dann kommt Mutter auf den Beginn der Unterhaltung zurück:)

Ach, die Korrespondenz hat ungeheure Ausmaße angenommen! Fünfundzwanzig, dreißig, manchmal vierzig Briefe täglich. Natürlich bemühe ich mich vergeblich... Ist es nur eine kurze Notiz, geht es gut, aber ich kann täglich höchstens auf acht oder zehn Briefe antworten: ich habe nur eineinhalb Stunden zur Verfügung, das ist nicht viel - nicht einmal das. Nein, nein, das ist eine Stunde zu viel: ich habe nur eine halbe Stunde! Aber ich dehne sie aus: ich habe Zeit von sieben bis halb acht abends, aber ich verlängere täglich bis acht Uhr. Das Abendessen ist für halb acht vorgesehen, und ich nehme es um acht zu mir. Ich sollte eigentlich um halb zehn schlafen gehen und um halb fünf aufstehen; gestern war es fast elf, als ich zu Bett ging, das passiert häufig, das heißt, eine Stunde zu spät. Manchmal stehe ich zu spät auf. Zwischen ein und zwei Uhr morgens habe ich den ersten Abschnitt der Konzentration beendet, damit der Körper ruhen kann. Danach beginne ich meine Arbeit. Vor der Arbeit eine kleine Konzentration, um dann, wie auch immer die Arbeit beschaffen ist, um halb fünf zurückzukehren. Manchmal ist es allerdings später, manchmal wird es Viertel vor fünf. Danach habe ich Zeit für die Morgentoilette, und da habe ich wirklich interessante Erfahrungen: Mit einer gewissen Konzentration (sie hat nichts mit dem Willen zu tun: eine gewisse Art von Konzentration und Kontaktaufnahme mit der Gegenwart) und einem Gefühl der Relativität, der wirklich beachtlichen Relativität der materiellen Zeit, da kann man dieselbe Sache sehr viel schneller verrichten. Ich fand heraus, dass man die Zeit um mehr als die Hälfte verkürzen kann, einfach durch eine Konzentration. Man tut die Dinge auf genau die gleiche Art, aber es nimmt keine Zeit in Anspruch - wie?... die Geheimnisse sind noch nicht offenbart. Aber das Phänomen besteht.

Genau dasselbe... es ist kein "Prinzip", sondern eine Art, die Dinge zu tun, oder eine Seinsweise, und dasselbe gilt für alle Dinge: für die Müdigkeit, das Einsetzen einer Krankheit, d.h. die Ursache der Krankheiten (die innere Störung oder die Empfänglichkeit für äußere Störungen), all das spielt sich auch auf dieselbe Weise ab. Wenn man dem die Intensität eines Glaubens oder einer Verehrung hinzufügt, ist es viel leichter, aber es spielt sich auf die gleiche Weise ab. Was geschieht also? Für die innere Wahrnehmung, die Wahrnehmung des Bewusstseins, ist es ein Prinzip der Störung - ein Prinzip oder fast ein Geschmack daran, ich weiß nicht, es liegt zwischen einer Gewohnheit und der Vorliebe für Störungen - und dies wird ersetzt durch... ja (um so allgemein wie möglich zu sein) durch eine Schwingung der Harmonie. Aber diese Schwingung der Harmonie ist voller Licht, voller Süße, voller... Wärme, Intensität und einer wunderbaren Ruhe. Wenn "das" nun jenes andere ersetzt, löst sich alles auf, was der Welt der Störung angehört. UND die Starrheit der Zeit verschwindet [[Es ist interessant zu bemerken, dass das gleiche Prinzip sowohl für die Starrheit der Zeit als auch für die Krankheiten zutrifft.]]. Die Zeit... vielleicht könnte man sagen (es ist nur eine Redensart), die Zeit wird ersetzt durch eine Folge... (Mutter verharrt eine lange Zeit in innerer Betrachtung)

Das ist ein Merkmal der materiellen Welt.

Nimm die einfachsten und konkretesten Dinge, zum Beispiel das Zähneputzen. Dies ist ein äußerst flexibler Vorgang, und meistens geschehen die Dinge nicht gewohnheitsmäßig sondern durch eine absichtliche Routine, die auf persönlicher Erfahrung basiert, damit es keiner speziellen Konzentration bedarf - so kann es fast automatisch geschehen. Aber dieser Automatismus ist sehr flexibel, sehr plastisch, denn eben entsprechend der Intensität der Konzentration variiert die Zeit (indem man vorher und nachher auf die Uhr schaut, wird es einem klar): man kann die Zeit gewiss um mehr als die Hälfte verkürzen, aber die Dinge werden dabei auf genau die gleiche Weise getan: man lässt nichts aus, man tut sie auf dieselbe Weise. Um sicher zu sein, kann man zum Beispiel zählen, wie viel Male man die Zähne bürstet oder den Mund ausspült - ich nehme absichtlich das Banalste, denn bei anderen Aktivitäten besteht eine natürliche Flexibilität in der Ausführungszeit, die sie länger oder kürzer machen kann (da ist es leichter verständlich), aber bei den konkretesten und den banalsten Dingen ist es auch so. Es gibt kein: "Oh, heute lasse ich das aus" oder: "Ich übergehe das" - nichts dergleichen: alles geschieht auf die gleiche Weise, aber mit einer Art Konzentration und einem ständigen Ruf - da ist ein ständiger Ruf. Dieser Ruf könnte sich materiell durch das Sprechen des Mantras ausdrücken, aber es ist nicht einmal das: es ist das GEFÜHL des Rufens, einer Aspiration - vor allem ein Ruf. Ein Anruf. Wenn das Mental Sätze formulieren will, sagt es: "Herr, nimm Besitz von Deinem Königreich." Ich erinnere mich, bei gewissen Dingen, bei gewissen Störungen, wenn etwas nicht gut geht (und mit der Wahrnehmung eines sehr geschärften Bewusstseins kann man sehen, ob die Störung zum Beispiel der natürliche Ursprung einer Krankheit oder der Beginn von etwas sehr Ernstem ist), und mit diesem Ruf, der Konzentration und der Antwort... [löst es sich auf]. Es ist fast eine Unterwerfung, denn es ist eine Hingabe ohne Hintergedanken: Die geschädigte Stelle öffnet sich dem Einfluss, nicht mit der Idee, geheilt zu werden, sondern einfach so (Geste einer sich öffnenden Blume), bedingungslos - das ist die machtvollste Geste.

Sobald man es in Worten formuliert, wird es künstlich - es ist viel aufrichtiger, viel wahrer, viel spontaner als irgend etwas mental Formuliertes oder Formulierbares. Keine Formel kann die Aufrichtigkeit, Einfachheit und Spontaneität der materiellen Bewegung wiedergeben - etwas ohne Berechnung. Es gab eine Zeit, wo das Formulieren sogar eine sehr unangenehme Empfindung verursachte, als ob etwas Künstliches über etwas spontan Wahres gelegt würde; dieses Unbehagen konnte erst durch die höhere Erkenntnis behoben werden, dass man, sobald etwas formuliert ist, darüber hinausgehen muss. Zum Beispiel ERHEISCHT jede ausgedrückte oder beschriebene Erfahrung einen neuen Fortschritt, eine neue Erfahrung, es beschleunigt die Bewegung. Das war ein Trost, denn gerade bei der alten Empfindung von etwas sehr Stabilem, sehr Solidem und Unbeweglichem aufgrund der Trägheit (der vergangenen Trägheit, die gerade transformiert wird, aber Spuren hinterlassen hat), wegen dieser Trägheit besteht eine Tendenz, die Solidität der Dinge zu bevorzugen. Somit ist da eine Freude, gezwungen zu sein: "Nein, nein, kein Ausruhen, kein Anhalten, vorwärts! - immer weiter und weiter"... Wenn eine Erfahrung sehr fruchtbar und erfreulich war und eine große Kraft und eine große Wirkung hatte, ist die erste Bewegung die, sich zu sagen: "Davon rede ich nicht, ich will sie für mich behalten." Danach kommt: "Ich werde darüber sprechen, um noch weiter voranzuschreiten" - um weiterzugehen, immer weiter und weiter...

Es liegt eine Stabilität in dem Entschluss und der Aspiration, die man allein hier findet (Mutter schlägt auf den Boden). Das ist die Charakteristik der Materie. Weißt du, wenn sie sich hingibt und Vertrauen hat, wird das so beständig, so konstant und... eine Freude, eine Art Erweiterung, eine leuchtende Ausdehnung - dies wird ein solch beständiges Bedürfnis, wie es in keinem anderen Teil des Wesens jemals der Fall war. Es hat sich wirklich ETABLIERT - ohne Anstrengung, spontan, natürlich, wie etwas Normales. Wenn diese Materie wirklich göttlich wird - wirklich göttlich -, kann man voraussehen, dass ihre Manifestation unendlich viel vollständiger, vollkommener in allen Details und dauerhafter sein wird als sonst wo.

***

(Gegen Ende des Gesprächs geht Mutter zur englischen Übersetzung der Botschaft für den 21. Februar 1969 über und zögert bei einer Redewendung:)

Mir ist aufgefallen, dass die Engländer jetzt sprachlich viel flexibler sind als diejenigen, die das Englisch der viktorianischen Zeit lernten, das viel starrer war.

Gewöhnlich brauche ich nur hinzuhören, und Sri Aurobindo sagt es mir... Sri Aurobindos Englisch war sehr flexibel, und die Puristen diskutierten über bestimmte Formulierungen. Ich erinnere mich, dass er mir über gewisse Kritiker sagte: "Aber das liegt daran, dass sie nicht verstehen! Wenn ich es so ausdrücke, bedeutet es das, und wenn ich es anders ausdrücke, etwas anderes. Wenn ich ein Wort in meinem Satz umstelle, verändert das den Sinn." Er war sehr genau.

Nimmt man solche kleinen Worte (Mutter zögerte zwischen "am Triumph der Wahrheit mitarbeiten" und "für den Triumph der Wahrheit mitarbeiten"), so besteht ein subtiler Bedeutungsunterschied, wenn man das eine oder das andere benutzt. Die klassische Formulierung ergibt meistens den banalsten, gewöhnlichsten, oberflächlichsten Sinn.

 

***

 

27. Dezember 1967

 

 

(Mutter sieht sich eine Vergrößerung derselben Fotografie des Darschans vom 24. November an, von der schon die Rede war.)

Ich beginne zu denken, dass es eine Art "Prototyp einer Seinsweise" ist. Ein Prototyp einer Seinsweise dort oben. Ich weiß nicht, vielleicht trifft dies zu, vielleicht auch nicht; ich kann es nicht erklären... Es macht auf mich den Eindruck der Fotografie eines "Seelenzustandes", wie man es auf banale Weise ausdrücken könnte - eine Art universeller Seinsweise.

Auf jeden Fall ist es sehr seltsam.

(Lachend) Man könnte sagen: Die Art, wie eine Mutter ihre Nachkommenschaft betrachtet, oder die Art, wie der Schöpfer seine Schöpfung betrachtet!... Das ist sehr seltsam. Man hat uns immer das Bild eines seligen und zufriedenen Gottes gegeben, der sagt: "Und es war gut." Und hier (lachend) ist es... "Ach, ach!"

Voilà.

***

(Etwas später)

Eine Änderung vollzieht sich. Du weißt, dass der Ex-Bruder A von diesem Priester erzählte, der Grobheiten über den Aschram von sich gab - diesem Priester wurde bedeutet, sich stillzuhalten und keine üble Nachrede zu betreiben. Das gilt allgemein, man spricht nicht mehr über den Aschram. Du weißt, dass man auf Anordnung des Papstes alle Altäre umdrehte. Man beauftragte U mit dieser Arbeit, und er führte sie in allen Kirchen Pondicherrys aus. Der Erzbischof schickte ein paar Zeilen, worin er sagte: "Dankt der Mutter, denn ihre Kinder haben gute Arbeit geleistet." Verstehst du, das kommt einer Änderung gleich. Es bedeutet, dass sie Anweisungen bekommen haben.

Vom Ex-Bruder A erhielt ich ein so freundliches Briefchen (er hatte einen Korb zu Weihnachten bekommen), eine reizende kleine Notiz, das heißt, etwas Gefühltes, wo er sagt, "in meiner Gegenwart mache sich immer das Beste in ihm fühlbar". Wahrhaftig ein innerer Wandel.

Ich habe den starken Eindruck, dass sie Anordnung von oben erhalten haben. Das bewirkt eine große Änderung in der Atmosphäre für mich.

***

(Über den heftigen Widerstand im Süden Indiens gegen die Verordnung der Hindi-Sprache des Nordens als offizielle Sprache für ganz Indien. Derselbe Konflikt hatte 1965 eine Attacke gegen den Aschram provoziert, in deren Verlauf Schüler verletzt und Gebäude angezündet wurden. Damals hatte der Gouverneur die Angriffe gegen den Aschram zugelassen, ohne einzugreifen. Es sei daran erinnert, dass die Mehrzahl der Schüler vom Norden Indiens stammen. Seit einigen Tagen steckt man Züge, Autobusse und Postämter in Brand...)

Hast du die Polizei an der Tür bemerkt?... Der Minister kam hierher und gab den Befehl an den Gouverneur, den Aschram zu beschützen.

(Schweigen)

Gäbe es doch eine Möglichkeit (gerade daran arbeite ich seit einiger Zeit), dieser ganzen Jugend verständlich zu machen, dass Zerstörung nicht aufbaut - mit diesem Mittel können sie rein gar nichts bewirken. Natürlich wollen sie den Zustand der Dinge verändern - vielleicht sehen sie nicht sehr deutlich, in welche Richtung zu gehen ist, doch die Tatsache, dass sich etwas ändern muss, ist unbestritten. Aber zu diesem Mittel zu greifen, ist völlig unsinnig... Sie warfen schon wieder eine Bombe auf die arme Indira! Sie war in einer Universität in Shantiniketan, um dort eine Rede für eine Preisverteilung zu halten (so etwas Ähnliches), und man warf eine Bombe. Aber diesmal passierte ihr nichts.

Dies war das Mittel der feindlichen Kräfte, um zu beweisen, dass die Schöpfung schlecht ist: sie waren nicht zufrieden mit der Schöpfung, und so begannen sie, so zu handeln - das taten sie in großem Maßstab. Aber es beweist nichts! Sie begründeten den Tod und die Zerstörung, sie schürten die Gewalt und den ganzen Hass, kurz sie verdrehten alles und dachten, auf diese Weise würde die Welt zu einer höheren Welt - das ist idiotisch.

Alle diese Leute folgen einander im Gänsemarsch, ohne zu wissen, was sie tun, weder warum noch wie, gar nichts. Sie handeln im Namen der Freiheit oder im Namen, ja, des freien Fortschritts, weil man ihnen ein willkürliches Gesetz auferlegen will (das Hindi) - das willkürliche Gesetz ist idiotisch, aber ihr Handeln ist noch dümmer.

Ja, aber all die Politiker sind schuld daran.

Oh, ja.

Die Studenten folgen nur den Anweisungen.

Ich habe Neuigkeiten über den Hintergrund. Ich kenne junge Leute, die diesen aufrührerischen Bewegungen angehören, aber sie sind intelligent und sie selbst wollen keine Gewalttaten - sie wollen nur eine Änderung herbeiführen. Da gibt es viele sehr interessante Dinge. Darunter sind junge Leute, die bei ihren Familien leben; ich kenne einige aus verschiedenen Gegenden und verschiedene Typen; aber kürzlich gab es einen (aus der Gegend von Kalkutta), dessen Vater sich Sorgen machte (ich kenne den Vater sehr gut), er war ein Freund einer hochgestellten Persönlichkeit der Polizei; er ließ ihn kommen, und dieser Mann befragte den Sohn. Er sagte dem Vater: "Ihr Sohn ist bemerkenswert, hoch intelligent, sehr bemerkenswert..." Dadurch kam zutage, dass die Polizei Spione hat, die Lügen über Leute verbreiten, um sich selbst zu profilieren. Viele Berichte sind falsch - das weiß ich seit langer Zeit, aber hier wurde es sehr klar und ganz offensichtlich. Zum Beispiel hatte man Berichte abgefasst, dass dieser Junge in Gewalttaten verwickelt gewesen sei: Er war nie mit so etwas in Berührung gekommen! Dieser Mann, der ihn verhörte, war völlig von seiner Unschuld überzeugt, denn es ist ein Junge, der so etwas nie tun könnte. Er sagte: "Ich missbillige das gänzlich." Aber die Polizeiberichte hatten es gesagt. Das kompliziert natürlich die Situation: Die Lüge ist überall und allem beigemischt.

Ganz offensichtlich sind die von oben verantwortlich, denn es sind keine wahren Persönlichkeiten: Sie haben weder das Wissen noch die Vision oder die nötige Weisheit, um zu regieren. Zum Beispiel beklagte sich Indira anscheinend; eine ihrer Freundinnen (eine nahe Freundin) ist eine meiner sehr guten Schülerinnen. Eines Tages beklagte sich Indira bei ihr, die Menschen und die Regierung befänden sich in einem schrecklichen Zustand, worauf ihr die andere entgegnete: "Aber warum fragst du nicht Mutter um Rat? Sie wird dir Weisheit geben." Da sagte Indira: "Ich wage es nicht." [[Indira wird Mutter im Oktober 1969 treffen. Vor Antritt ihres Amtes war sie im September 1955 einmal in Begleitung ihres Vaters, Jawaharlal Nehru, gekommen.]]

Die ganze Konfusion und all die Störungen, das soll die Leute offenbar auf etwas vorbereiten, das bisher nicht einmal als Möglichkeit denkbar war: sich einer uneigennützigen Weisheit zuzuwenden, um zu regieren. Sie sind alle von ihrem Kalkül verblendet: "Wenn ich dies tue, habe ich jene gegen mich; wenn ich das tue, die anderen..."

(Schweigen)

Im Grunde stehen sich zwei Tendenzen oder zwei Auffassungen gegenüber. Die erste sagt: "Es ist schlecht gemacht: Lasst es uns zerstören und neu beginnen", von oben bis unten. Die andere sagt: "Es ist nicht so, wie es sein soll, wir müssen es transformieren." Diese zwei Meinungen stehen sich gegenüber: die Bemühung um Fortschritt und Transformation, oder aber der brutale und dumme Weg, der alles zerstört, wodurch alles von vorn beginnt, und so geht das endlos weiter.

Es reduziert sich auf den Kampf zwischen Leben und Tod; das fortschrittliche und immer göttlichere Leben und der Tod, der systematisch alles zerstört, was nicht göttlich ist. Denn nur das Göttliche entgeht ihm.

Aber dieser Vorgang ist... endlos.

Die Macht der fortschreitenden Transformation muss der Materie eingeflößt werden.

 

***

 

30. Dezember 1967

 

 

(Mutter entnimmt einem Haufen von Papieren, Briefen und allerlei Umschlägen eine Notiz über Auroville, die aus dem Gedächtnis nach ihren Worten verfasst worden war.)

(Lachend) All das hängt wunderbar zusammen!

(Satprem liest die Notiz)

 

Auroville wird eine materiell unabhängige Stadt sein.

Alle, die dort leben, werden sich an ihrem Leben und ihrer Entwicklung beteiligen.

Diese Teilnahme kann passiv oder aktiv sein.

Es wird keine Steuern als solche geben, aber jeder wird durch Arbeit, Güter oder Geld zum allgemeinen Wohlergehen beisteuern.

Bereiche wie Industrien, die aktiv teilnehmen, werden einen Teil ihres Einkommens zur Entwicklung der Stadt beisteuern, oder wenn sie etwas für die Bürger Nützliches herstellen (wie Nahrungsmittel), werden sie in Sachwerten zur Stadt beitragen, die für die Ernährung ihrer Einwohner verantwortlich ist.

Es werden keine Regeln oder Gesetze aufgestellt. Die Dinge werden sich von selbst in dem Maße formulieren, wie die zugrundeliegende Wahrheit der Stadt sich entwickelt und Gestalt annimmt. Wir greifen nicht vor.

 

Ist das alles?

Ich glaubte, wir hätten mehr darüber gesagt. Denn innerlich habe ich viel über die Organisation der Ernährung, usw. gesagt. Man wird Versuche anstellen.

Manche Dinge sind wirklich interessant. Zum Beispiel möchte ich, dass... Zunächst wird jedes Land seinen Pavillon haben, in dem es eine Küche des Landes geben wird, das heißt, die Japaner können japanisch essen, wenn sie wollen, usw., aber in der Stadt selbst wird es Nahrung für Vegetarier und Nicht-Vegetarier geben und auch eine Art Versuch, die "zukünftige Ernährung" zu finden. Die ganze Arbeit der Assimilierung, die einen so schwer werden lässt (sie nimmt so viel Zeit und Energie des Wesens in Anspruch), sollte VORHER getan sein: die Leute sollten etwas bekommen, das sofort assimiliert wird, so wie es jetzt schon erhältlich ist; zum Beispiel gibt es sofort assimilierbare Vitamine und auch... (wie nennt man das? - Mutter sucht - ich nehme sie täglich... die Worte und ich stehen nicht auf gutem Fuß)... Proteine. Ernährungsprinzipien, die sich in bestimmten Dingen finden und die nicht voluminös sind - man braucht sonst eine gewaltige Menge, um sehr wenig zu assimilieren. Auf dem Gebiet der Chemie sind sie jetzt weit genug, das könnte vereinfacht werden. Die Leute mögen das nicht aus dem einfachen Grund, weil sie ein intensives Vergnügen am Essen haben. Aber wenn man sich nicht mehr am Essen freut, sollte man sich ernähren können, ohne viel Zeit damit zu verlieren. Man verliert enorm viel Zeit damit: Zeit zu essen, Zeit zu verdauen usw. Ich möchte, dass es eine Versuchsküche gibt, eine Art "kulinarisches Labor" als Versuch. Die Leute könnten hierhin und dorthin gehen, je nach Geschmack und Neigung.

Man bezahlt nicht für sein Essen, aber man gibt seine Arbeit oder Zutaten: Diejenigen, die zum Beispiel Felder besitzen, könnten die Produkte ihrer Felder geben; die Besitzer von Fabriken würden von ihren Produkte abgeben; oder man gibt die eigene Arbeit als Gegenleistung für das Essen.

Das unterbindet den internen Geldaustausch schon sehr beträchtlich.

Für alles könnte man Dinge dieser Art finden... Im Grunde soll es eine Stadt für Studien sein - Studien und Forschung, wie man zugleich einfach leben kann und die höheren Qualitäten MEHR ZEIT haben, sich zu entwickeln. Voilà.

Das ist nur ein kleiner Anfang.

(Dann übersetzt Mutter den Text Satz für Satz)

 

" Auroville wird eine materiell unabhängige Stadt sein"

 

Ich möchte auf der Tatsache bestehen, dass es ein Experiment sein wird: Der Zweck ist, Experimente zu machen - Experimente, Forschungen, Studien.

Eine experimentelle Stadt?

Ja... Auroville wird eine Stadt sein, die versuchen wird oder danach strebt oder den Willen hat, "autark" zu sein, das heißt...

Autonom?

"Autonom", darunter versteht man eine Art Unabhängigkeit, die die Verbindung mit der Außenwelt abschneidet, das will ich nicht sagen.

Diejenigen, die Nahrungsmittel herstellen (wenn wir fünfzigtausend geworden sind, wird es schwierig sein, die Bedürfnisse abzudecken, aber im Moment werden es höchstens einige Tausend sein, nicht mehr), nun, eine Fabrik produziert immer viel zu viel... Also wird sie nach auswärts verkaufen und Geld dafür einnehmen. Nimm eine Fabrik wie Aurofood: Aurofood möchte eine besondere Beziehung zu den Arbeitern haben, gar nicht nach dem alten System - eine Art Verbesserung des kommunistischen Systems, eine viel ausgeglichenere Organisation als das sowjetischen System oder der Kommunismus, das heißt, etwas, das weder zu sehr zur einen noch zur anderen Seite tendiert.

Die Idee von Aurofood ist gut, und sie versuchen, Propaganda unter den Industriellen zu machen.

Ich wollte sagen, die Beteiligung am Wohlergehen oder an der Existenz der ganzen Stadt ist keine einheitliche Angelegenheit: Jedes Individuum muss soundso viel geben. Nein, das wird sich nach den Mitteln, der Tätigkeit und den Produktionsmöglichkeiten richten; keine demokratische Idee, die alles in gleichkleine Stücke schneidet wie eine absurde Maschine - es wird sich nach den Mitteln richten: wer viel hat, gibt viel, wer wenig hat, gibt wenig; wer kräftig ist, arbeitet viel, wer es nicht ist, tut etwas anderes. Etwas Wahreres und Tieferes. Deshalb versuche ich nicht, es sofort zu erklären, denn die Leute werden alle möglichen Einwände bringen. Es muss sich AUTOMATISCH vollziehen, sozusagen mit dem Wachsen der Stadt, mit der wahren Geisteshaltung. Deshalb ist diese Notiz sehr knapp.

Zum Beispiel dieser Satz:

 

"Alle, die dort leben, werden sich an ihrem Leben und ihrer Entwicklung beteiligen..."

 

...entsprechend ihren Fähigkeiten und ihren Mitteln, nicht mechanisch soundso viel pro Einheit. Darum geht es. Es muss eine lebendige und WAHRE Sache sein, keine mechanische Routine. Das heißt, wer über materielle Mittel verfügt, so wie sie eine Fabrik liefert, wird proportional zu seiner Produktion beisteuern: nicht soundso viel pro Kopf.

 

"Diese Teilnahme kann passiv oder aktiv sein."

Ich verstehe nicht, was sie unter "passiv" verstehen (ich sprach nämlich französisch, und es wurde ins Englische übertragen). Was meinen sie mit "passiv"?... Es wäre mehr eine Frage verschiedener Bewusstseinsebenen.

Du wolltest sagen, dass diejenigen, die im Grunde Weise sind und in ihrem Inneren arbeiten, nicht verpflichtet sind...

Ja, so ist es. Diejenigen, die ein höheres Wissen haben, müssen nicht unbedingt mit ihren Händen arbeiten, das meine ich.

 

" Es wird keine Steuern als solche geben, aber jeder wird durch Arbeit, Güter oder Geld zum allgemeinen Wohlergehen beisteuern."

 

Das versteht sich: es wird keine Steuern und Abgaben geben, aber jeder soll durch seine Arbeit, Güter oder Geld zum allgemeinen Wohlergehen beitragen. Diejenigen, die nichts anderes als Geld haben, werden Geld geben. Die Arbeit kann ja auch eine innere Arbeit sein (aber das lässt sich nicht aussprechen, weil die Leute nicht aufrichtig genug sind), die Arbeit kann okkulter Natur sein, rein innerlich, aber dafür muss man wirklich aufrichtig, wahrhaftig und fähig sein: keine Anmaßung. Es muss jedenfalls nicht unbedingt eine materielle Arbeit sein.

 

"

Bereiche wie Industrien, die aktiv teilnehmen, werden einen Teil ihres Einkommens zur Entwicklung der Stadt beisteuern, oder wenn sie etwas für die Bürger Nützliches herstellen (wie Nahrungsmittel), werden sie in Sachwerten zur Stadt beitragen, die für die Ernährung ihrer Einwohner verantwortlich ist. "

 

(Schweigen)

Das sagten wir schon. Die Industrien werden aktiv teilnehmen und beitragen. Industrien, die Güter herstellen, die man nicht ständig braucht oder die in zu großer Menge produziert werden, werden nach auswärts verkaufen - diese sollen natürlich ihren Beitrag in Form von Geld leisten. Als Beispiel nehme ich die Ernährung: Diejenigen, die Nahrungsmittel herstellen, werden das Nötige an die Stadt abgeben (natürlich im Verhältnis zu ihrer Produktion), und die Stadt ist für die Ernährung aller verantwortlich. Das heißt, man braucht seine Nahrung nicht mit Geld zu kaufen, aber man muss sie verdienen.

Es ist eine Art Adaptation des kommunistischen Systems, aber nicht im Sinne einer Gleichmacherei sondern entsprechend der Fähigkeit, der Stellung... weder psychologisch noch intellektuell, aber je nach der INNEREN Stellung eines jeden.

Bei den Demokraten und den Kommunisten ist es eine Gleichmacherei von unten her: Alle werden auf ein gleich niedriges Niveau gebracht.

Ja, genau.

Wahr daran ist, dass jedes menschliche Wesen materiell das Recht hat... (aber es ist kein "Recht"...) Die Organisation soll so beschaffen sein, dass die materiellen Bedürfnisse von allen nicht nach der Idee des Rechts und der Gleichheit abgedeckt werden, sondern sich auf die elementarsten Notwendigkeiten stützen; wenn dies einmal gewährleistet ist, soll jeder frei sein, sein Leben, nicht entsprechend seinen geldlichen Mitteln, sondern entsprechend seinen inneren Fähigkeiten zu organisieren.

 

"

Es werden keine Regeln oder Gesetze aufgestellt. Die Dinge werden sich in dem Maße von selbst formulieren, wie die zugrundeliegende Wahrheit der Stadt sich entwickelt und Gestalt annimmt. Wir greifen nicht vor."

 

 

Ich will sagen, dass die Menschen (bis jetzt und immer mehr) entsprechend ihren Konzeptionen und ihrem Ideal gewohnheitsmäßig mentale Regeln aufstellen und sie dann anwenden (Mutter senkt ihre Faust, um die Welt unter der Fuchtel des Mentals zu zeigen). Das ist absolut falsch, willkürlich und irreal; die Folge ist, dass die Dinge revoltieren, oder sie verkümmern und verschwinden... Die Erfahrung des Lebens SELBST soll langsam die Regeln ausarbeiten, und zwar so ELASTISCH und so WEIT wie möglich, so dass sie immer fortschreitend sind. Nichts soll festgelegt werden. Das ist der große Irrtum der Regierungen, man fixiert einen Rahmen und sagt: "Das ist der Rahmen, nun habt ihr darin zu leben." So erdrückt man natürlich das Leben und hindert es am Fortschreiten. Das Leben selbst sollte in dem Maße, wie es progressiv in Richtung Licht, Bewusstsein und Macht fortschreitet, allmählich möglichst allgemeine Regeln begründen, so dass diese äußerst anpassungsfähig bleiben und sich bedarfsweise ebenso schnell ändern können, wie die Gewohnheiten und Bedürfnisse wechseln.

Im Grunde läuft das Problem auf folgendes hinaus: Die mentale Herrschaft der Intelligenz soll durch die Herrschaft eines spiritualisierten Bewusstseins ersetzt werden.

Das ist eine äußerst interessante Erfahrung: Wie die gleichen Handlungen, die gleiche Arbeit, die gleichen Beobachtungen, die gleiche Beziehung zur Umgebung (nah oder fern) im Mental durch die Intelligenz und im Bewusstsein durch Erfahrung geschehen. Genau das lernt der Körper gerade: die mentale Herrschaft der Intelligenz durch die spirituelle Herrschaft des Bewusstseins zu ersetzen. Das bewirkt einen enormen Unterschied (es sieht nach nichts aus, man nimmt es kaum wahr), insofern als es die Möglichkeiten des Körpers verhundertfacht... Ist der Körper Regeln unterworfen, auch wenn sie noch so weit und umfassend sind, wird er zum Sklaven dieser Regeln, und seine Möglichkeiten werden durch diese Regeln eingeschränkt. Ist er aber vom Geist und vom Bewusstsein geleitet, so gibt ihm das eine unvergleichliche Möglichkeit und Flexibilität. Genau dies wird ihm die Möglichkeit geben, sein Leben, sein Fortbestehen zu verlängern: die mentale, intellektuelle Herrschaft wird ersetzt durch die Herrschaft des Geistes und Bewusstseins - DES Bewusstseins. Äußerlich scheint es keinen großen Unterschied zu machen, aber meine Erfahrung ist so, denn jetzt gehorcht mein Körper überhaupt nicht mehr dem Mental oder der Intelligenz - er versteht nicht einmal mehr, wie diese funktionieren -, stattdessen folgt er immer mehr und immer besser der Leitung, dem Impuls des Bewusstseins. So sieht er in fast jeder Minute den ungeheuren Unterschied... Zum Beispiel hat die Zeit ihren Wert verloren (ihren starren Wert): man kann die genau gleiche Sache entweder in sehr kurzer oder sehr langer Zeit tun. Notwendigkeiten haben ihre Macht eingebüßt: man kann sich so oder so einrichten. Alle Gesetze - wie die "Naturgesetze" - haben ihre Zwangsherrschaft verloren, ja, man kann sagen: sie gelten nicht mehr. Es genügt, immer elastisch, aufmerksam und... "antwortend" zu sein (wenn es das gibt), offen für den Einfluss des Bewusstseins - des Bewusstseins in seiner Allmacht -, um mit außerordentlicher Geschmeidigkeit durch alles hindurchzukommen.

Diese Entdeckung mache ich mehr und mehr.

Eine wunderbare Entdeckung, wirklich wunderbar!

Es ist wie ein fortschreitender Sieg über alle Gebote, alle Naturgesetze. Alle menschlichen Gesetze, alle Gewohnheiten, alle Regeln, all das wird geschmeidiger, um schließlich inexistent zu werden. Trotzdem kann man einen regelmäßigen Rhythmus einhalten, der die Aktion erleichtert - das steht nicht im Gegensatz zu dieser Geschmeidigkeit. Aber es tritt eine Geschmeidigkeit in der Ausführung, in der Anpassung ein, die alles verändert. In hygienischer, gesundheitlicher und organisatorischer Hinsicht - die Beziehungen mit den anderen betreffend, all das hat nicht nur seine Aggressivität verloren (denn dafür genügt es, weise zu sein: weise, überlegt und ruhig), sondern auch seine Absolutheit, seine zwingende Gesetzmäßigkeit ist vollkommen verschwunden.

So sieht man: in dem Maße, wie der Prozess immer vollkommener wird - "vollkommen" im Sinne von integral, total, nichts zurücklassend -, ergibt sich NOTWENDIGERWEISE und unvermeidlich der Sieg über den Tod. Nicht, dass die Auflösung der Zellen, was den Tod bewirkt, zu existieren aufhört, aber sie würde nur noch existieren, wenn sie notwendig wäre: nicht als absolutes Gesetz, sondern als einer der Prozesse, wenn es erforderlich ist.

Vor allem wird alles, was das Mental an Starrheit, Absolutem und fast Unbezwingbarem brachte... einfach verschwinden, indem die Oberherrschaft an das Höchste Bewusstsein abgetreten wird.

Vielleicht wollten das die alten Weisen sagen, als sie davon sprachen, die Kraft der Natur oder der Prakriti an den Puruscha weiterzugeben. Vielleicht drückten sie das auf diese Weise aus.

 

***

 

Gebete des Bewusstseins der Zellen

 

 

(Dies ist die Fortsetzung der "Gebete des Bewusstseins der Zellen" nach 1959, wie Mutter sie Satprem 1970, unter diesem Titel gesammelt, übergab)

 

 

Juli 1965

 

 

Ich bin unserer Unwürdigkeit müde. Aber es ist nicht die Ruhe, wonach der Körper strebt, sondern die Pracht Deines Bewusstseins, die Pracht Deines Lichtes, die Pracht Deiner Macht und vor allem die Pracht Deiner allmächtigen und ewigen Liebe.

 

[[Siehe Agenda Bd. 6, 21. Juli 1965.]]

 


 

I am tired of our unworthiness. But it is not to rest that this body aspires, it is to the glory of your consciousness, the glory of your light, the glory of your power, and above all, to the glory of your all-powerful and eternal love.

 

 

***

 

 

Om, Höchster Herr, Gott der Güte und der Barmherzigkeit.

Om, Höchster Herr, Gott der Liebe und der Glückseligkeit.

Ich bin unserer Unfähigkeit müde, aber dieser Körper strebt nicht nach Ruhe, er strebt nach der Fülle Deines Bewusstseins, er strebt nach der Pracht Deines Lichtes, er strebt nach der Großartigkeit Deiner Macht - über alles hinaus strebt er nach der Pracht Deiner allmächtigen und ewigen Liebe.

 


 

Om, Supreme Lord, God of kindness and mercy.

Om, Supreme Lord, God of love and beatitude.

I am tired of our infirmity, but it is not to rest that this body aspires, it aspires to the plenitude of Your consciousness, it aspires to the splendor of Your light, it aspires to the magnificence of Your power - above all, it aspires to the glory of Your all-powerful and eternal love.

 

***

 

Die anderen Seinsebenen - das Vital und das Mental - können sich mit mittelbaren Kontakten zufriedengeben.

Mich kann nur der höchste Herr befriedigen.

 


 

The other states of being, the vital, the mind, may enjoy the intermediary contacts.

The supreme Lord alone can satisfy me.

 

 

22. November 1967

 

Das Gebet der Zellen im Körper

 

 

Jetzt, da wir durch die Wirkung der Gnade langsam aus der Unbewusstheit auftauchen und zu einem bewussten Leben erwachen, steigt ein brennendes Gebet in uns auf nach mehr Licht und mehr Bewusstsein:

 
 

"O Höchster Herr des Universums,

wir flehen Dich an, uns die Stärke, die Schönheit

und die harmonische Vollkommenheit zu geben,

die notwendig sind, um Deine göttlichen Instrumente

auf Erden zu sein!"

 

 
 

 

 
 

Now that by the effect of the Grace we are slowly emerging out of inconscience and waking up to a conscious life, an ardent prayer rises in us for more light, more consciousness:

"O Supreme Lord of the Universe,

We implore Thee, give us

the strength and the beauty,

the harmonious perfection

needed to be Thy divine instruments upon earth."

 

 

 

Ohne Datum

 

Mögest Du es ihm [dem Körper] ermöglichen, das Werk der Transformation zu ertragen.

 


 

Makest for it possible to bear the work of transformation.

 

 

Ohne Datum

 

 

...denn ich kenne niemanden, der einen erwachsenen Körper fertigen könnte, in den ich eintreten könnte, ohne mein Bewusstsein zu verlieren.

 

 

 

...because I do know nobody who could make a grown-up body into which I could step without losing my consciousness.

 

 

Ohne Datum

 

...weil der Zustand der Natur, der das notwendig macht, überschritten werden muss.

Wir streben eine Zeit an, da Sri Aurobindo nicht mehr sterben muss.

 


 

... because the state of Nature that makes this necessary must be surpassed.

We aspire for the time when it will no longer be necessary for Sri Aurobindo to die.

 

 

Ohne Datum

 

 

Die Aufgabe, Sri Aurobindos Vision zu vervollständigen, wurde Mutter gegeben. Die Schöpfung einer neuen Welt, einer neuen Menschheit, einer neuen Gesellschaft, die das neue Bewusstsein ausdrückt und verkörpert, hat sie als Aufgabe übernommen. Wegen der Natur der Dinge selbst ist es ein Ideal, das danach trachtet, die Basis dieses Versuchs, Harmonie zwischen Körper und Seele, Geist und Materie zu schaffen, auszuweiten...

 


 

The task of completing Sri Aurobindo's vision has been given to the Mother. The creation of a new world, a new humanity, a new society expressing and embodying the new consciousness is the work she has undertaken. Because of the very nature of things, it is an ideal that seeks to broaden the base of the attempt to establish harmony between body and Soul, Spirit and Matter, ...

 

 

 

Ohne Datum

 

Die Aufgabe, Sri Aurobindos Vision eine konkrete Form zu geben, wurde Mutter übertragen.

 


 

The task of giving Sri Aurobindo's vision a concrete form has been given to the Mother.

 

 

***

Gebete des Bewusstseins der Zellen

 

 

(Dies ist die Fortsetzung der "Gebete des Bewusstseins der Zellen" nach 1959, wie Mutter sie Satprem 1970, unter diesem Titel gesammelt, übergab)

 

 

Juli 1965

 

 

Ich bin unserer Unwürdigkeit müde. Aber es ist nicht die Ruhe, wonach der Körper strebt, sondern die Pracht Deines Bewusstseins, die Pracht Deines Lichtes, die Pracht Deiner Macht und vor allem die Pracht Deiner allmächtigen und ewigen Liebe.

 

[[Siehe Agenda Bd. 6, 21. Juli 1965.]]

 


 

I am tired of our unworthiness. But it is not to rest that this body aspires, it is to the glory of your consciousness, the glory of your light, the glory of your power, and above all, to the glory of your all-powerful and eternal love.

 

 

***

 

 

Om, Höchster Herr, Gott der Güte und der Barmherzigkeit.

Om, Höchster Herr, Gott der Liebe und der Glückseligkeit.

Ich bin unserer Unfähigkeit müde, aber dieser Körper strebt nicht nach Ruhe, er strebt nach der Fülle Deines Bewusstseins, er strebt nach der Pracht Deines Lichtes, er strebt nach der Großartigkeit Deiner Macht - über alles hinaus strebt er nach der Pracht Deiner allmächtigen und ewigen Liebe.

 


 

Om, Supreme Lord, God of kindness and mercy.

Om, Supreme Lord, God of love and beatitude.

I am tired of our infirmity, but it is not to rest that this body aspires, it aspires to the plenitude of Your consciousness, it aspires to the splendor of Your light, it aspires to the magnificence of Your power - above all, it aspires to the glory of Your all-powerful and eternal love.

 

***

 

Die anderen Seinsebenen - das Vital und das Mental - können sich mit mittelbaren Kontakten zufriedengeben.

Mich kann nur der höchste Herr befriedigen.

 


 

The other states of being, the vital, the mind, may enjoy the intermediary contacts.

The supreme Lord alone can satisfy me.

 

 

22. November 1967

 

Das Gebet der Zellen im Körper

 

 

Jetzt, da wir durch die Wirkung der Gnade langsam aus der Unbewusstheit auftauchen und zu einem bewussten Leben erwachen, steigt ein brennendes Gebet in uns auf nach mehr Licht und mehr Bewusstsein:

 
 

"O Höchster Herr des Universums,

wir flehen Dich an, uns die Stärke, die Schönheit

und die harmonische Vollkommenheit zu geben,

die notwendig sind, um Deine göttlichen Instrumente

auf Erden zu sein!"

 

 
 

 

 
 

Now that by the effect of the Grace we are slowly emerging out of inconscience and waking up to a conscious life, an ardent prayer rises in us for more light, more consciousness:

"O Supreme Lord of the Universe,

We implore Thee, give us

the strength and the beauty,

the harmonious perfection

needed to be Thy divine instruments upon earth."

 

 

 

Ohne Datum

 

Mögest Du es ihm [dem Körper] ermöglichen, das Werk der Transformation zu ertragen.

 


 

Makest for it possible to bear the work of transformation.

 

 

Ohne Datum

 

 

...denn ich kenne niemanden, der einen erwachsenen Körper fertigen könnte, in den ich eintreten könnte, ohne mein Bewusstsein zu verlieren.

 

 

 

...because I do know nobody who could make a grown-up body into which I could step without losing my consciousness.

 

 

Ohne Datum

 

...weil der Zustand der Natur, der das notwendig macht, überschritten werden muss.

Wir streben eine Zeit an, da Sri Aurobindo nicht mehr sterben muss.

 


 

... because the state of Nature that makes this necessary must be surpassed.

We aspire for the time when it will no longer be necessary for Sri Aurobindo to die.

 

 

Ohne Datum

 

 

Die Aufgabe, Sri Aurobindos Vision zu vervollständigen, wurde Mutter gegeben. Die Schöpfung einer neuen Welt, einer neuen Menschheit, einer neuen Gesellschaft, die das neue Bewusstsein ausdrückt und verkörpert, hat sie als Aufgabe übernommen. Wegen der Natur der Dinge selbst ist es ein Ideal, das danach trachtet, die Basis dieses Versuchs, Harmonie zwischen Körper und Seele, Geist und Materie zu schaffen, auszuweiten...

 


 

The task of completing Sri Aurobindo's vision has been given to the Mother. The creation of a new world, a new humanity, a new society expressing and embodying the new consciousness is the work she has undertaken. Because of the very nature of things, it is an ideal that seeks to broaden the base of the attempt to establish harmony between body and Soul, Spirit and Matter, ...

 

 

 

Ohne Datum

 

Die Aufgabe, Sri Aurobindos Vision eine konkrete Form zu geben, wurde Mutter übertragen.

 


 

The task of giving Sri Aurobindo's vision a concrete form has been given to the Mother.

 

 

***

 









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